KAPITEL ZWEI
Er prophezeite „im Schlussteil der Tage“
1, 2. (a) Welche Vision stimmte Jeremia auf das ein, was er prophezeien sollte? (b) Warum ist die Botschaft Jeremias für uns von Interesse?
„WAS siehst du?“, fragte Gott seinen neu ernannten Propheten. „Ein Kochtopf mit weiter Öffnung, der angeblasen wird, ist das, was ich sehe“, antwortete der junge Jeremia, „und seine Öffnung ist vom Norden abgewandt.“ Diese Vision verdeutlichte schon gleich zu Beginn seiner Tätigkeit, welche Art Botschaft er überbringen sollte. (Lies Jeremia 1:13-16.) Der Kochtopf wurde angeblasen, um die Flammen darunter anzufachen. Jehova wollte damit veranschaulichen, dass sich Unglück wie eine brodelnde Flüssigkeit über das untreue Juda ergießen würde. Warum war der Topf nach Süden geneigt? Weil das Unglück vom Norden her drohte. Von dort sollten die Babylonier einmarschieren. In seinen Jahren als Prophet erlebte Jeremia wiederholt, wie etwas von der brodelnden Flüssigkeit ausgeschüttet wurde. Und letztendlich wurde Jerusalem zerstört.
2 Heute gibt es Babylon schon lange nicht mehr. Trotzdem sind die Prophezeiungen Jeremias für uns von großem Interesse. Schließlich leben wir „im Schlussteil der Tage“, wo viele vorgeben, Christen zu sein, aber mitsamt ihren Kirchen vor Gott verurteilt dastehen (Jer. 23:20). In einem solchen Umfeld predigen wir wie Jeremia nicht nur eine Gerichtsbotschaft, sondern auch eine Botschaft voller Hoffnung.
3. (a) Wie ist das Bibelbuch Jeremia aufgebaut? (b) Was werden wir auf den nächsten Seiten erfahren?
3 Jeremia schrieb seine Erlebnisse nicht sofort auf, sondern ließ sie erst viel später von einem Sekretär festhalten (Jer. 25:1-3; 36:1, 4, 32). Das Bibelbuch Jeremia ist nicht chronologisch aufgebaut, denn Jeremia stellte viele Berichte thematisch zusammen. Deshalb liefern die nächsten Seiten den geschichtlichen Hintergrund zu den Bibelbüchern Jeremia und Klagelieder und schildern, wann sich was abspielte. Sieh dir dazu auch die Übersicht auf Seite 19 an. Wenn du weißt, welcher König wann in Juda regierte und welche Verhältnisse in der Region gerade herrschten, wirst du manches, was Jeremia sagte und tat, viel besser verstehen. Du kannst dann auch mehr mit den Botschaften anfangen, die Jeremia dem Volk Gottes überbrachte.
JEREMIA UND SEINE ZEIT
4—6. Wie erging es Gottes Volk in den Jahrzehnten, bevor Jeremia Prophet wurde?
4 Jeremia prophezeite in einer turbulenten Zeit, in der Assyrien, Babylon und Ägypten miteinander rivalisierten. 93 Jahre vor seiner Berufung hatten die Assyrer das nördliche Zehnstämmereich Israel besiegt und einen Großteil der Bevölkerung verschleppt. Damals beschützte Jehova Jerusalem und den treuen König Hiskia vor den assyrischen Streitkräften. Erinnerst du dich, dass ein Engel Gottes 185 000 Soldaten tötete? (2. Kö. 19:32-36). Nach Hiskia bestieg sein Sohn Manasse den Thron und regierte 55 Jahre lang. Während seiner Herrschaft wurde Juda von Assyrien abhängig (2. Chr. 33:10, 11). Höchstwahrscheinlich kam Jeremia in der Regierungszeit Manasses zur Welt.
5 In den Büchern 1. und 2. Könige, die Jeremia ebenfalls schrieb, lesen wir, dass Manasse die Höhen, die sein Vater vernichtet hatte, wieder aufbaute. Manasse errichtete auch Altäre für Baal und für das „Heer der Himmel“ — selbst im Tempel Jehovas. Dieser König vergoss viel unschuldiges Blut und brachte sogar seinen eigenen Sohn einem Götzen als Brandopfer dar. Kurz gesagt: „Er tat in großem Ausmaß, was böse war in Jehovas Augen.“ Wegen all dieser abstoßenden Taten beschloss Gott, Jerusalem und Juda eines Tages genauso ins Verderben zu stürzen wie Samaria und Israel (2. Kö. 21:1-6, 12-16). Nach dem Tod Manasses machte sein Sohn Amon mit dem Götzenkult weiter. Doch nach zwei Jahren wurde Amon umgebracht und sein 8-jähriger Sohn Josia kam auf den Thron. Das war im Jahr 659 v. u. Z.
6 Während der darauffolgenden 31-jährigen Regierungszeit Josias wurde Assyrien von Babylon aus seiner Vormachtstellung verdrängt. Josia sah darin eine Gelegenheit, Juda von der Fremdherrschaft zu befreien. Anders als sein Vater und sein Großvater diente er Jehova und leitete große religiöse Reformen ein (2. Kö. 21:19 bis 22:2). In seinem 12. Regierungsjahr zerstörte er die Höhen, die heiligen Pfähle und die Götzen in seinem ganzen Königreich. Später ließ er den Tempel Jehovas ausbessern. (Lies 2. Chronika 34:1-8.) Interessanterweise wurde Jeremia im 13. Jahr Josias (647 v. u. Z.) zum Propheten Gottes berufen.
Wie hättest du dich gefühlt, wenn du zur Zeit Jeremias Prophet gewesen wärst?
7, 8. (a) Worin unterschied sich die Regierung Josias von der seiner Vorgänger Manasse und Amon? (b) Was für ein Mensch war Josia? (Siehe den Kasten auf Seite 20.)
7 Als im 18. Jahr Josias der Tempel ausgebessert wurde, fand der Hohe Priester „das Buch des Gesetzes“. Josia ließ es sich von seinem Sekretär vorlesen. Dabei wurden dem König die Sünden seines Volkes bewusst. Er erkundigte sich bei der Prophetin Hulda, wie Jehova dachte, und forderte seine Untertanen eindringlich auf, die Gebote Gottes zu halten. Hulda ließ dem König sagen, dass Jehova über die Judäer Unglück bringen würde, weil sie ihn verlassen hatten. Doch da Josia die wahre Anbetung gefördert habe, werde diese Katastrophe nicht zu seinen Lebzeiten kommen (2. Kö. 22:8, 14-20).
8 König Josia unternahm einen erneuten Anlauf, um alles auszurotten, was mit Götzen zu tun hatte. Dabei drang er sogar in das ehemalige Nordreich Israel vor, wo er die Höhe und den Altar in Bethel niederriss. Auch veranstaltete er eine große Passahfeier (2. Kö. 23:4-25). Darüber muss sich Jeremia sehr gefreut haben. Es war jedoch alles andere als leicht, das Volk wirklich zur Umkehr zu bewegen. Manasse und Amon hatten einen abartigen Götzendienst eingeführt, sodass die Anbetung Jehovas an einem Tiefpunkt angelangt war. Trotz Josias Reformen sollte Jeremia den Judäern ausrichten: „Deine Götter sind so viele geworden wie deine Städte.“ Das Volk verhielt sich wie eine untreue Ehefrau. Es hatte Jehova verlassen und lief Götzen nach. Jeremia sagte: „So viele Altäre wie die Straßen Jerusalems habt ihr für die Schändlichkeit aufgestellt, Altäre, um dem Baal zu räuchern.“ (Lies Jeremia 11:1-3, 13.)
9. Was spielte sich gegen Ende der Regierung Josias auf der Weltbühne ab?
9 Leider konnte Jeremia die Judäer genauso wenig ändern wie die Rivalität der umliegenden Völker. 632 v. u. Z. nahmen die vereinten Streitkräfte der Babylonier und Meder die assyrische Hauptstadt Ninive ein. Drei Jahre später führte Pharao Necho seine Streitmacht nach Norden, um den bedrängten Assyrern zu helfen. Aus ungenannten Gründen versuchte Josia die Ägypter in Megiddo zurückzudrängen. Dabei wurde er tödlich verwundet (2. Chr. 35:20-24). Wie wirkte sich dieser traurige Vorfall auf die politische und religiöse Lage in Juda aus? Und vor welchen neuen Herausforderungen stand Jeremia jetzt?
DAS RELIGIÖSE KLIMA ÄNDERT SICH
10. (a) Worin ähnelt die Zeit nach Josias Tod unserer Zeit? (b) Warum wird es uns Mut machen, mehr über Jeremia zu erfahren?
10 Wie fühlte sich Jeremia, als er von Josias Tod erfuhr? Tieftraurig stimmte er eine Totenklage um den König an (2. Chr. 35:25). Es war eine problembeladene Zeit. Unter den Rivalen Ägypten, Assyrien und Babylon gab es einen erbitterten Kampf um die Vormachtstellung. Durch die allgemein instabile Lage wuchs der Druck auf Juda. Außerdem änderte sich mit Josias Tod das religiöse Klima im Land. Zuvor hatten für Jeremia einigermaßen günstige Bedingungen geherrscht. Doch von jetzt an sollte ihm ein rauer Wind entgegenwehen. In neuerer Zeit haben viele unserer Brüder einen ähnlichen Wechsel von relativer Freiheit zu Verfolgung und Verbot erlebt. Und wer weiß, wie viele von uns in Kürze etwas Ähnliches erleben werden. Wie werden wir dann reagieren? Was müssen wir tun, um Gott treu zu bleiben? Es wird uns guttun, zu erfahren, wie Jeremia die Situation gemeistert hat.
11. Was ereignete sich nach dem Tod Josias in Juda?
11 Die Judäer machten Josias Sohn Jehoahas zum König. Jehoahas, auch Schallum genannt, regierte aber nur drei Monate. Als Pharao Necho aus der Schlacht gegen die Babylonier zurückkam, setzte er den neuen König ab und brachte ihn nach Ägypten. Jeremia prophezeite, Jehoahas werde „nicht mehr zurückkehren“ (Jer. 22:10-12; 2. Chr. 36:1-4). Necho bestimmte Jojakim, einen anderen Sohn Josias, zum König. Jojakim unterschied sich sehr von seinem Vater. Statt die Reformen Josias fortzusetzen, wurde er zum Götzenanbeter. (Lies 2. Könige 23:36, 37.)
12, 13. (a) Welches religiöse Klima herrschte zu Beginn der Herrschaft Jojakims? (b) Wie behandelten die Priester und Propheten Jeremia?
12 Zu Beginn der Regierung Jojakims sollte Jeremia zum Tempel gehen, um dort die Schlechtigkeit der Judäer anzuprangern. Sie hielten den Tempel Jehovas für einen Glücksbringer, der sie beschützte. Doch falls sie weiter „stehlen, morden und Ehebruch begehen und falsch schwören und dem Baal räuchern und anderen Göttern nachgehen“ sollten, würde Jehova seinen Tempel verlassen, genauso wie er das mit der Stiftshütte in Silo zur Zeit des Hohen Priesters Eli getan hatte. Auch von den Heuchlern, die darin beteten, würde er sich zurückziehen. Juda würde „zu nichts als zu einer verwüsteten Stätte werden“ (Jer. 7:1-15, 34; 26:1-6).a Um diese Botschaft zu überbringen, musste Jeremia seinen ganzen Mut zusammennehmen. Wahrscheinlich sprach er in aller Öffentlichkeit vor prominenten, einflussreichen Leuten. Auch heute kostet es Mut, sich am Straßendienst zu beteiligen oder reichen, angesehenen Persönlichkeiten zu predigen. Wir können aber genauso wie Jeremia auf Gottes Unterstützung zählen (Heb. 10:39; 13:6).
13 Wie reagierte man in dem religiösen und politischen Klima, das in Juda herrschte, auf die Worte Jeremias? Er selbst berichtet: „Die Priester und die Propheten und alles Volk ergriffen [mich] und sprachen: ‚Du wirst ganz bestimmt sterben.‘ “ Jeremias Gegner tobten: „Diesem Mann gebührt das Todesurteil.“ (Lies Jeremia 26:8-11.) Doch das konnten sie nicht durchsetzen. Jehova war mit seinem Propheten, um ihn zu befreien. Auch wenn die Feinde noch so zahlreich waren, Jeremia ließ sich von ihnen keine Angst einjagen. Machen wir es ihm nach.
Wie würdest du die unterschiedlichen Verhältnisse unter der Herrschaft von Manasse, Amon und Josia beschreiben? Was kannst du daraus lernen, wie Jeremia seinen schwierigen Auftrag anging?
„DU SOLLST ALL DIE WORTE HINEINSCHREIBEN“
14, 15. (a) Womit begannen Jeremia und sein Sekretär Baruch ab dem 4. Jahr der Regierung Jojakims? (b) Was für ein Mensch war Jojakim? (Siehe den Kasten auf Seite 25.)
14 Im 4. Jahr Jojakims sollte Jeremia die Worte aufschreiben, die Jehova seit den Tagen Josias zu ihm geredet hatte. Jeremia diktierte seinem Sekretär Baruch alles, was Gott ihm in den vergangenen 23 Jahren mitgeteilt hatte. Seine Gerichtsbotschaften wandten sich an 20 Könige und Königreiche. Jeremia forderte Baruch nun auf, diese Aufzeichnungen im Haus Jehovas vorzulesen. Warum sollte er das tun? Jehova sagte: „Vielleicht werden die vom Hause Juda auf all das Unglück hören, das ich ihnen zu tun gedenke, damit sie umkehren, jeder von seinem schlechten Weg, und damit ich tatsächlich ihre Vergehung und ihre Sünde vergebe“ (Jer. 25:1-3; 36:1-3).
15 Schließlich ließ sich König Jojakim die Buchrolle von einem Hofbeamten vorlesen. Als Jojakim hörte, was darin stand, zerschnitt und verbrannte er sie. Dann befahl er, Baruch und Jeremia zu holen. „Aber Jehova hielt sie verborgen.“ (Lies Jeremia 36:21-26.) Jehova ließ durch seinen Propheten sagen, dass Jojakim wegen seiner Schlechtigkeit das „Begräbnis eines Esels“ haben würde. Er würde „herumgeschleift und hinweggeworfen [werden], fernab von den Toren Jerusalems“ (Jer. 22:13-19). Ob diese drastischen Worte Jeremias wohl eine Übertreibung waren?
16. Welche Lichtblicke enthielt Jeremias Botschaft?
16 Auch wenn Jeremia solche oder ähnliche Gerichtsbotschaften übermitteln musste, kann man nicht sagen, dass er ein Schwarzseher war. Seine Botschaften enthielten so manche Lichtblicke. Er prophezeite beispielsweise, dass die Israeliten nicht ausgelöscht, sondern aus der Faust ihrer Feinde befreit und in ihr Land zurückgeführt würden. Dort sollten sie dann in Sicherheit wohnen. Jehova würde mit seinem Volk einen „neuen“, „einen auf unabsehbare Zeit dauernden Bund“ schließen und sein Gesetz in ihr Herz schreiben. Er würde ihre Vergehungen vergeben und nicht mehr an ihre Sünden denken. Außerdem würde ein Nachkomme Davids „Recht und Gerechtigkeit im Land üben“ (Jer. 31:7-9; 32:37-41; 33:15). Diese Prophezeiungen sollten in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten eintreffen. Die Erfüllung berührt auch uns und gibt uns eine Zukunftsperspektive. Doch nun zurück zur Zeit Jeremias. Wie setzten die Feinde Judas ihre militärischen Operationen fort? (Lies Jeremia 31:31, 33, 34; Hebräer 8:7-9; 10:14-18.)
DER AUFSTIEG BABYLONS
17, 18. Was spielte sich in den letzten Jahren der Regierung Jojakims und Zedekias ab?
17 Im Jahr 625 v. u. Z. kam es bei Karkemisch am Euphrat, etwa 600 Kilometer nördlich von Jerusalem, zur Entscheidungsschlacht zwischen Babylon und Ägypten. Mit dem Sieg Nebukadnezars über die Streitkräfte Nechos endete der Einfluss Ägyptens in der Region (Jer. 46:2). Nebukadnezar beherrschte jetzt Juda, und König Jojakim wurde von ihm abhängig. Doch nach drei Jahren rebellierte Jojakim (2. Kö. 24:1, 2). Daraufhin marschierte König Nebukadnezar 618 v. u. Z. mit seiner Streitmacht in Juda ein und belagerte Jerusalem. Das muss eine turbulente Zeit gewesen sein — auch für Jeremia. Wahrscheinlich starb Jojakim während der Belagerung.b Sein Sohn und Nachfolger Jojachin ergab sich den Babyloniern, nachdem er nur drei Monate regiert hatte. Nebukadnezar raubte die Schätze Jerusalems und verschleppte Jojachin, seine Familie, die Edlen Judas, das heißt die starken Männer, und die Handwerker nach Babylon. Unter den Gefangenen waren Daniel, Hananja, Mischael und Asarja (2. Kö. 24:10-16; Dan. 1:1-7).
18 Nebukadnezar machte jetzt Zedekia, einen anderen Sohn Josias, zum König von Juda. Zedekia war der letzte Nachkomme Davids, der als König in Jerusalem herrschte. Er regierte bis zur Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 607 v. u. Z. (2. Kö. 24:17). Die 11-jährige Herrschaft Zedekias war von gesellschaftlichen und politischen Spannungen geprägt. In dieser Zeit musste sich Jeremia ganz besonders auf Jehova verlassen, den Gott, der ihn zum Propheten ernannt hatte.
19. Wie reagierten die Leute auf das, was Jeremia ihnen sagte, und warum ist das für uns von Interesse?
19 Wie hättest du dich an Jeremias Stelle gefühlt? Seit den Tagen Josias hatte er große politische Umwälzungen miterlebt. Er sah, wie der Glaube unter Gottes Volk immer mehr abnahm, und wusste, dass es noch schlimmer kommen sollte. Die Leute in seiner Heimatstadt befahlen ihm: „Du sollst nicht prophezeien im Namen Jehovas, damit du nicht durch unsere Hand stirbst“ (Jer. 11:21). Selbst als sich die Prophezeiungen Jeremias bereits erfüllten, sagten die Juden noch: „Was das Wort betrifft, das du zu uns im Namen Jehovas geredet hast, wir hören nicht auf dich“ (Jer. 44:16). Doch es stand Leben auf dem Spiel — und das ist heute genauso. Wie die Botschaft Jeremias stammt auch die Botschaft, die wir verkündigen, von Jehova. Wenn wir uns das vor Augen halten und erfahren, wie Jehova seinen Propheten in der Zeit kurz vor der Zerstörung Jerusalems beschützte, wird das unseren Eifer für den Predigtdienst steigern.
Wie verhielt sich Jeremia während der Regierungszeit Jojakims, und was lernen wir daraus? Welche herausragende Prophezeiung Jeremias reicht bis in die heutige Zeit?
DIE LETZTEN TAGE EINER DYNASTIE
20. Warum hatte es Jeremia unter der Herrschaft Zedekias besonders schwer? (Siehe den Kasten auf Seite 29.)
20 Als Zedekia an der Macht war, durchlebte Jeremia wahrscheinlich seine schwersten Jahre als Prophet. Zedekia tat wie schon viele seiner Vorgänger „fortgesetzt, was böse war in den Augen Jehovas“ (Jer. 52:1, 2). Er war von den Babyloniern abhängig, und Nebukadnezar ließ ihn im Namen Jehovas schwören, dem König von Babylon treu zu bleiben. Trotzdem lehnte sich Zedekia gegen Babylon auf. Und Jeremia wurde von seinen Feinden stark unter Druck gesetzt, die Rebellion zu unterstützen (2. Chr. 36:13; Hes. 17:12, 13).
21—23. (a) Welche politischen Lager gab es in Juda zur Zeit Zedekias? (b) Wie behandelte man Jeremia wegen seiner konsequenten Haltung, und was hat das mit uns zu tun?
21 Es war wahrscheinlich zu Beginn der Herrschaft Zedekias, als in Jerusalem Boten der Könige von Edom, Moab, Ammon, Tyrus und Sidon eintrafen. Anscheinend wollten sie Zedekia dazu bringen, sich mit ihnen gegen Nebukadnezar zu verschwören. Jeremia legte Zedekia jedoch dringend ans Herz, nicht gegen Babylon aufzubegehren. Den Boten gab er sogar Jochstangen, um ihnen vor Augen zu führen, dass auch sie sich den Babyloniern unterwerfen sollten (Jer. 27:1-3, 14).c Eine solche Botschaft wurde damals allerdings nicht gern gehört. Und der falsche Prophet Hananja machte es Jeremia auch nicht leichter. Er behauptete öffentlich im Namen Gottes, das babylonische Joch würde zerbrochen werden. Doch Jehova ließ diesem Betrüger durch Jeremia ankündigen, er werde innerhalb eines Jahres sterben, was dann auch geschah (Jer. 28:1-3, 16, 17).
22 Die Judäer waren jetzt in zwei Lager gespalten. Die einen beugten sich den Babyloniern, die anderen riefen zur Rebellion auf. 609 v. u. Z. bat Zedekia schließlich Ägypten um militärische Hilfe und lehnte sich damit offen gegen Babylon auf. Für Jeremia wurde die Lage immer schwieriger, zumal die Rebellen die patriotische Stimmung im Land aufheizten (Jer. 52:3; Hes. 17:15). Nebukadnezar kehrte daraufhin mit seinen Soldaten nach Juda zurück und schlug die Rebellion nieder. Er eroberte eine judäische Stadt nach der anderen und stand erneut vor den Toren Jerusalems. In dieser kritischen Situation sollte Jeremia Zedekia und seinen Untertanen mitteilen, dass Jerusalem an die Babylonier fallen wird. Wer in der Stadt bleibe, müsse sterben, wer jedoch zu den Chaldäern überlaufe, könne überleben. (Lies Jeremia 21:8-10; 52:4.)
23 Die Fürsten von Juda behaupteten, Jeremia stecke mit den Babyloniern unter einer Decke. Als er die Sache richtigstellte, schlugen sie ihn und brachten ihn hinter Schloss und Riegel (Jer. 37:13-15). Trotzdem war er nicht bereit, die Botschaft Jehovas abzuschwächen. Daraufhin überredeten die Fürsten den König, Jeremia zu Tode zu bringen. Sie warfen den Propheten in eine leere Zisterne, wo er im tiefen Schlamm sterben sollte. Er wurde aber von Ebed-Melech, einem Äthiopier am Königshof, befreit (Jer. 38:4-13). Auch wir sind heute Gefahren ausgesetzt, weil wir uns auf keinen Fall in politische Auseinandersetzungen hineinziehen lassen. Was Jeremia erlebt hat, kann uns in solchen Situationen Mut machen.
24. Was geschah 607 v. u. Z.?
24 Im Jahr 607 v. u. Z. durchbrachen die Babylonier die Mauer Jerusalems und die Stadt fiel in ihre Hände. Nebukadnezars Streitkräfte verbrannten den Tempel Jehovas, rissen die Stadtmauer nieder und massakrierten die Oberschicht Judas. Zedekia wurde auf der Flucht gefasst und vor Nebukadnezar gebracht. Er musste mit ansehen, wie man seine Söhne umbrachte. Danach stach man ihm die Augen aus und führte ihn gebunden nach Babylon (Jer. 39:1-7). Alles, was Jeremia über Jerusalem und Juda vorhergesagt hatte, war eingetroffen. Doch statt sich zu freuen, trauerte der Prophet über das Unglück, das über sein Volk gekommen war. Seine Gefühle hielt er in den Klageliedern fest. Es wird uns tief berühren, dieses Bibelbuch zu lesen.
UNTER DEN ÜBRIGGEBLIEBENEN IN JUDA
25, 26. (a) Was geschah nach der Zerstörung Jerusalems? (b) Wie reagierten die Judäer auf das, was ihnen Jeremia damals riet?
25 Wie erging es Jeremia in diesem ganzen Tumult? Die Fürsten Jerusalems hatten ihn gefangen gesetzt. Aber die angreifenden Babylonier behandelten ihn freundlich und setzten ihn auf freien Fuß. Später geriet er in eine Gruppe Gefangener, die nach Babylon geführt wurde. Er kam erneut frei, doch seine Aufgabe als Prophet war damit noch nicht zu Ende. Unter den Überlebenden gab es noch einiges zu tun. Nebukadnezar setzte Gedalja zum Statthalter über das eroberte Land ein und sicherte den zurückgelassenen Judäern Frieden zu, solange sie den Babyloniern dienen würden. Gedalja wurde allerdings von unzufriedenen Juden ermordet (Jer. 39:13, 14; 40:1-7; 41:2). Jeremia riet den Judäern dringend, im Land zu bleiben und den König von Babylon nicht zu fürchten. Ihre Anführer bezeichneten Jeremia aber als Lügner, flohen nach Ägypten und zwangen Jeremia und Baruch mitzugehen. Jeremia sagte jedoch vorher, dass Nebukadnezar auch Ägypten einnehmen und Unglück über die judäischen Flüchtlinge bringen würde (Jer. 42:9-11; 43:1-11; 44:11-13).
26 Wieder hörten die Judäer nicht auf den Propheten Jehovas. Sie sagten: „Von der Zeit an, da wir aufhörten, der ‚Himmelskönigin‘ zu räuchern und für sie Trankopfer auszugießen, hat es uns an allem gefehlt, und durch das Schwert und durch den Hunger ist es mit uns zu Ende gegangen“ (Jer. 44:16, 18). Sie hatten den Glauben an Jehova völlig verloren. Wie traurig! Gleichzeitig gibt es uns Mut, dass ein einfacher Mensch auch dann fest zu Jehova halten kann, wenn er von lauter Ungläubigen umgeben ist.
27. Was wissen wir über die letzten Jahre des Propheten Jeremia?
27 Das letzte Ereignis, von dem Jeremia berichtete, war die Freilassung Jojachins durch Nebukadnezars Nachfolger Ewil-Merodach im Jahr 580 v. u. Z. (Jer. 52:31-34). Damals muss Jeremia um die 90 gewesen sein. Es gibt keine zuverlässigen Quellen, die besagen, wie es Jeremia bis zu seinem Tod erging. Dieser treue Prophet, der mindestens 67 Jahre lang eine besondere Mission erfüllt hatte, verbrachte seinen Lebensabend wahrscheinlich in Ägypten. Er diente Jehova in einer Zeit, als die wahre Anbetung gefördert wurde, aber auch während einer langen Zeitspanne, in der man überall Götzen anbetete. Ein paar gottesfürchtige Menschen hörten zwar auf ihn, doch die meisten lehnten seine Botschaft ab und feindeten ihn sogar an. Hat Jeremia also versagt? Auf keinen Fall. Schon zu Beginn seines Dienstes sagte Jehova zu ihm: „Sie werden gewiss gegen dich kämpfen, aber sie werden nicht die Oberhand über dich gewinnen, denn ‚ich bin mit dir‘ “ (Jer. 1:19). Als Zeugen Jehovas haben wir heute einen ähnlichen Auftrag wie Jeremia, und auch die Reaktion der Leute ist ähnlich wie damals. (Lies Matthäus 10:16-22.) Was können wir von Jeremia lernen? Wie sollten wir an unseren Dienst herangehen? Das werden wir als Nächstes kennenlernen.
Wie erging es Zedekia und seinen Untertanen, die Jeremias Botschaft ablehnten? Welches Bild hast du von Jeremia?
a Durch die Ähnlichkeit zwischen Jeremia 7:1-15 und 26:1-6 sind einige zu dem Schluss gekommen, dass es sich um die gleiche Begebenheit handelt.
b Gemäß Daniel 1:1, 2 fiel Jojakim in seinem 3. Jahr (offensichtlich das 3. Jahr seiner Abhängigkeit von Babylon) in die Hände Nebukadnezars. Das könnte bedeuten, dass Jojakim während der Belagerung starb. Josephus berichtet, dass Nebukadnezar den König tötete und seine Leiche vor die Mauern Jerusalems werfen ließ, ohne sie zu begraben. Die Bibel selbst geht aber nicht darauf ein, wie sich die Prophezeiung über seinen Tod erfüllte (Jer. 22:18, 19; 36:30).
c In Jeremia 27:1 ist von Jojakim die Rede. Das ist womöglich auf einen Abschreibfehler zurückzuführen, da die Verse 3 und 12 auf Zedekia Bezug nehmen.