Hesekiel legt Nachdruck auf Jehovas Rechtfertigung
RETTUNG für Geschöpfe! Rettung für das Reich! Diese Gedanken beherrschen den Sinn der Judäer. Sie beten viele Götter an, um sich die persönliche Rettung zu sichern, und manche Pläne hecken sie aus, um die Nation zu bewahren. Die Zeiten sind stürmisch; da gibt es politische Umwälzungen und internationalen Druck. Ein harter Kampf hat nun seit einigen Jahren zwischen den Weltmächten Ägypten und Babylon um die Beherrschung Judas getobt. Zuerst dominierte Ägypten durch den Marionettenkönig Jojakim, doch nachdem Nebukadnezar die ägyptischen Heere im Jahre 625 v. Chr. in der Schlacht von Karchemis am Euphrat besiegt hatte, gingen die politischen Leitzügel in die Hände Babylons über. Der Marionettenkönig Jojakim lehnte sich jedoch dagegen auf, dass Babylon die Zügel in die Hand nahm, und dies bewirkte, dass die Horden der Kämpfer Nebukadnezars wider Jerusalem zogen. Jetzt, da die Judäer auf jene prüfungsreiche Zeit zurückblicken, die nur fünf Jahre zurückliegt, auf das Jahr 618 v. Chr., wie gut erinnern sie sich da der vielen Tausende wichtiger und einflussreicher Israeliten, die nach Babylon gefangen weggeführt wurden. Sie fürchten, dass die Babylonier wieder kommen und von neuem ein Blutbad anrichten und die Bewohner versklaven, und manche blicken hoffnungsvoll nach Ägypten um Rettung aus. Selbst manche der religiösen Propheten weisen auf Ägypten als den Quell der Rettung sowohl für den Staat wie für die einzelnen hin.
In diesem Jahre, 613 v. Chr., jedoch schauen nicht aller Augen nach Ägypten, und nicht alle heften ihren Sinn auf die Errettung der Geschöpfe und des Staates. Auge und Sinn Hesekiels sind hierfür ein auffallendes Beispiel. Während er drüben in Babylon unter den Gefangenen am Flusse Kebar weilt, gehen ihm in diesem Jahr seine Augen für Visionen auf, und er ahnt etwas weit Wichtigeres als die Rettung seiner Person oder der Nation es ist. Nicht nur sind seine Augen und sein Sinn rege zur Aufnahme dieser alles überragenden Wahrheit, sondern seine Hand ist am Werke, sie aufzuschreiben und seine Zunge daran, sie zu sagen. Es handelt sich um die Wahrheit, dass die wichtigste, vor dem ganzen Universum zu erledigende Streitfrage die Rechtfertigung des Namens Gottes Jehovas ist. All die Prophezeiungen, zu denen Hesekiel inspiriert wird, gipfeln in dem einen Thema, in Jehovas Rechtfertigung. Mehr als sechzigmal tritt die erhabene Feststellung hervor: „Sie werden wissen, dass ich Jehova bin.“
Die ersten drei Verse des Buches Hesekiels sagen uns, dass Hesekiel, der Sohn Busis, aus dem Range der Priester, als Gefangener nach Babylon weggeführt und im fünften Jahre dieser Gefangenschaft von Gott zum Prophezeien inspiriert wurde. Dies ereignete sich im Jahre 613 v. Chr., zu welcher Zeit er dreissig Jahre zählte. Er prophezeite mindestens zweiundzwanzig Jahre lang, das heisst bis 591 v. Chr. (Hes. 29:17) Die Prophezeiungen, die auszusprechen er inspiriert wurde, hielt er ebenfalls durch Inspiration schriftlich fest, und in diesen Aufzeichnungen hebt Hesekiel immer und immer wieder Jehovas Rechtfertigung hervor. Dem ist so, ungeachtet, welche der drei Teile seiner Prophezeiungen man auch ins Auge fasse, sei es der erste, worin das Augenmerk auf den Sturz und die Verödung Jerusalems gerichtet wird; oder der zweite, welcher ein Wehe über fremde Nationen ausspricht, oder der dritte, welcher begeistert von der herrlichen Wiederherstellung redet, die Israel widerfahren soll.
Der erste Teil umfasst die Kapitel 1 bis 24. Gleich am Anfang hat Hesekiel eine wunderbare Vision von Jehovas wagenähnlicher Organisation in Begleitung von Cherubim, und aus ihrem Thron hervor erschallt eine Stimme, die Hesekiel zum Propheten und Wächter für das Haus Israel bestellt.a Er soll die Worte aus dem Munde Jehovas hören, sie als Warnung Gottes vor Israel wiederholen und dies ungeachtet, ob die Völkerschaften hören oder es lassen. Auf vielerlei bildhafte Weise, durch symbolische Gleichnisse und Pantomime, veranschaulicht der Prophet die Belagerung und den Sturz Jerusalems und den Tribut, den das Schwert, der Hunger und die Pest darin fordern würden. Wie gerecht aber die Vernichtung ist, wird klar, wenn Visionen die empörenden Bräuche der Dämonenanbetung enthüllen, wie sie in Entehrung des Namens Gottes im Tempel zu Jerusalem betrieben werden. Auch wird die Barmherzigkeit veranschaulicht durch einen in Linnen gekleideten Mann, der den Männern mit den Schlachtwerkzeugen vorausgeht und die Menschen guten Willens kennzeichnet, die über die Greuel trauern, welche wider Jehovas Namen verübt werden. Hesekiel nimmt sich die Mühe, zu zeigen, dass der König, die Fürsten, die Propheten und das Volk, die den Bund mit Babylon brachen und von Ägypten Hilfe erwarteten, falsch handelten und dass jene, die ihre Haut und ihre Nation durch einen Bruch des Bundes mit Gott retten wollten, niedergeworfen würden.
Was aber in diesem ersten Teil die wichtige Sache in so vielen Worten beschreibt, ist Hesekiels Rückblick auf die Geschichte Israels, wobei er zeigt, dass es eine Geschichte der Empörungen wider Gott ist, während er gleichzeitig den Grund angibt, weshalb Jehova diesem Volke beständig Rettung verschafft hat. „Aber sie waren widerspenstig gegen mich und wollten nicht auf mich hören. Da gedachte ich meinen Grimm über sie auszugiessen, meinen Zorn an ihnen zu vollenden mitten im Lande Ägypten. Aber ich handelte um meines Namens willen, auf dass er nicht entweiht würde vor den Augen der Nationen, in deren Mitte sie waren, vor deren Augen ich mich ihnen kundgegeben hatte, um sie aus dem Lande Ägypten zu führen ... Aber das Haus Israel war widerspenstig gegen mich in der Wüste; ... Da gedachte ich, meinen Grimm über sie auszugiessen in der Wüste, um sie zu vernichten. Aber ich handelte um meines Namens willen, auf dass er nicht entweiht würde vor den Augen der Nationen, vor deren Augen ich sie ausgeführt hatte. Aber die Kinder waren widerspenstig gegen mich; ... Aber ich zog meine Hand zurück und handelte um meines Namens willen, ... Und ihr werdet wissen, dass ich Jehova bin, wenn ich mit euch handle um meines Namens willen, und nicht nach euren bösen Wegen und nach euren verderbten Handlungen, Haus Israel, spricht der Herr, Jehova.“ — Hes. 20:8-44.
Der zweite Teil, Kapitel 25 bis 32, wurde während der Zeit der Belagerung und des Sturzes Jerusalems übermittelt und richtet sich wider verschiedene heidnische Nationen wie Ammon, Moab, Edom, Philistäa, Tyrus, Sidon und Ägypten. Einige dieser Nationen werden besonders getadelt, weil sie sich über den Sturz Jerusalems freuten und in die Hände klatschten, weil sie die Israeliten schmähten, die Jehova nach seinem Namen zu nennen als gut erachtet hatte. Ihre Selbsterhöhung und ihre Spottreden wider das Volk des Namens Jehovas waren Verleumdungen des Allmächtigen, und die Vernichtung der Lästerer musste zur Rechtfertigung des Namens des Höchsten beitragen.
Im 33. Kapitel wird ein Blick auf Hesekiels Wächter-Pflichten geworfen, und klar wird seine Pflicht gezeigt, die Gesetzlosen zu warnen, damit sie von ihrem bösen Wege umkehren oder in ihrer Gesetzlosigkeit umkommen. Während einer solchen Betrachtung der Pflichten trifft ein Bote aus Jerusalem ein und erstattet Hesekiel und den Gefangenen in Babylon Bericht über den Sturz der Stadt. (Hes. 33:21) Hesekiels Prophezeiungen von der Verödung erfüllen sich, doch verliert er keine Zeit mit herausfordernden Reden wie: „Hatte ich es euch nicht gesagt?“ Statt dessen fährt er in diesen letzten 16 Kapiteln fort, in die Zukunft zu schauen und malt uns eine Reihe herrlicher Wiederherstellungsbilder vor Augen. Falsche Hirten, die sich auf Kosten der Vernachlässigung der Herde weideten und kleideten, werden von einer günstigen Berücksichtigung ausgeschlossen, und im Gegensatz dazu wird Jehova, der Grosse Hirte, als derjenige gezeigt, der sein Volk wie eine Herde weidet und es auf saftige Auen des Friedens und der Sicherheit führt. Die entwurzelten treuen Juden wird Jehova in ihrem Heimatland wieder ansiedeln lassen, indem er das Joch des Bedrängers zerbricht, die Ketten des Versklavers zerreisst und es so möglich macht, dass die wüsten Stätten wiedergebaut und die verödeten Städte wiederbevölkert werden. Ja, selbst fleischerne Herzen wird er an Stelle der steinernen Herzen der einstigen Empörer geben! Und welchem Zweck dient all diese wunderbare Wiederherstellung Israels? Lies es selbst, geradeso wie Hesekiel es beschrieben hat:
„So spricht der Herr, Jehova: Nicht um euretwillen tue ich es, Haus Israel, sondern um meines heiligen Namens willen, den ihr entweiht habt unter den Nationen, wohin ihr gekommen seid. Und ich werde meinen grossen Namen heiligen, der entweiht ist unter den Nationen, welchen ihr entweiht habt in ihrer Mitte. Und die Nationen werden wissen, dass ich Jehova bin, spricht der Herr, Jehova, wenn ich mich vor ihren Augen an euch heilige — Und ich werde euch aus den Nationen holen und euch sammeln aus allen Ländern und euch in euer Land bringen. Und man wird sagen: Dieses Land da, das verwüstete, ist wie der Garten Eden geworden, und die verödeten und verwüsteten und zerstörten Städte sind befestigt und bewohnt. Und die Nationen, welche rings um euch her übrigbleiben werden, werden wissen, dass ich, Jehova, das Zerstörte aufbaue, das Verwüstete bepflanze. Ich, Jehova, habe geredet und werde es tun ... Und sie werden wissen, dass ich Jehova bin.“ — Hes. 36:22-24, 35, 36, 38.
Jehova lässt durch Hesekiel mittels weiterer Gleichnisse und Bilder eine ermutigende Botschaft an die Gefangenen in Babylon ergehen, die sich nun um jene Tausende gemehrt haben, welche nach dem Sturz Jerusalems im Jahre 607 v. Chr. dorthin geführt worden sind. Hervorragend ist der Bericht über Gogs boshaften Angriff auf das wiederhergestellte, friedliche Israel und über die schliessliche Niederlage, die dieses gesetzlose Werkzeug Satans erfährt, sowie über die Aufräumungsarbeit durch den Überrest Israels nach diesem furchtbaren Kampfe. Die Schlusskapitel beschreiben Hesekiels Vision von Jehovas wiederhergestelltem Tempel im heiligen Lande, wo zum Lobe Gottes und zur weiteren Rechtfertigung seines Namens wahre Gottesanbetung gepflegt werden wird.
‚Hesekiel sei euch ein Zeichen!‘ (Hes 24:24) Seine Worte und Visionen, Gleichnisse und Pantomimen waren für das Volk ein Zeichen. Sie waren sowohl eine Warnung als auch eine Belehrung. Sie wiesen nicht auf Staaten hin als Urquell der Rettung, ja, sie hoben nicht einmal die Errettung der Geschöpfe hervor. Hesekiel legte Nachdruck auf die Rechtfertigung Jehovas, und jene, die er darstellt, tun heute dasselbe. Der Name Hesekiel bedeutet „Gott wird stärken, Stärke Gottes“. Der gegenwärtige geistliche Überrest, den er darstellt, ist „stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke“ und ‚gestärkt mit Kraft durch seinen Geist‘ (Eph. 6:10; 3:16) Jehovas Zeugen stehen als Wächter da und geben warnend bekannt, dass weder die Rettung der Nation noch die Rettung des einzelnen, sondern Jehovas Rechtfertigung die Streitfrage von universeller Bedeutung ist. In Harmagedon wird er seinen Namen rechtfertigen und danach auf Erden edenische Zustände wiederherstellen. Jehovas Rechtfertigung schliesst Errettung für Geschöpfe ein.
Weisst du es nicht? oder hast du es nicht gehört? Ein ewiger Gott ist Jehova, der Schöpfer der Enden der Erde; er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist sein Verstand. Er gibt dem Müden Kraft, und dem Unvermögenden reicht er Stärke dar in Fülle. Die auf Jehova harren, gewinnen neue Kraft, sie heben die Schwingen empor wie die Adler; sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht. — Jesaja 40:28, 29, 31.
[Fußnote]
a Siehe die Vorderseite des Wachtturms.