Fragen von Lesern
● Werden durch das Lotteriespiel biblische Grundsätze verletzt? Ist es für einen Christen verkehrt, eine weltliche Stelle in einem Lotterieunternehmen zu bekleiden, wie z. B. in gesetzlich erlaubter Lotterie oder in einem Spielhause? — V. W., Haiti, Westindien.
Christen sollen für ihr Einkommen arbeiten. ‚Arbeitet mit euren Händen, so wie wir euch geboten haben, damit ihr anständig wandelt gegenüber Leuten, die draußen sind, und nichts bedürft.‘ „Als wir bei euch waren, pflegten wir euch diese Anweisung zu geben: ‚Wenn jemand nicht arbeiten will, soll er auch nicht essen.‘ Solchen Personen gebieten wir und ermahnen sie in dem Herrn Jesus Christus, daß sie, indem sie still arbeiten, das selbstverdiente Brot essen sollten.“ „Wir treffen redliche Fürsorge, nicht allein vor Jehova, sondern auch vor Menschen.“ „Sorget für das, was recht ist in den Augen aller Menschen.“ „Gewißlich, wenn jemand für die Seinigen und besonders für die Glieder seines Haushalts nicht sorgt, so hat er den Glauben verleugnet und ist schlechter als ein Ungläubiger.“ (1. Thess. 4:11, 12; 2. Thess. 3:10, 12; 2. Kor. 8:21; Röm. 12:17; 1. Tim. 5:8, NW) Um Geld zu spielen ist keine Dienstleistung für das Geld, das man gewinnt; man erlangt dadurch etwas für nichts von jemand, der nicht will, daß man es haben soll. Überdies wird das Spielen um Geld bei gewissen Leuten oft zu einer Leidenschaft, und sie verlieren so viel, daß sie nicht mehr imstande sind, für die Ihrigen zu sorgen.
Was aber, wenn sich der Spieler Verluste leisten kann, wodurch er nicht verhindert wird, für seine Familie zu sorgen oder anderen Verpflichtungen nachzukommen? Wenn er es sich leisten kann, Geld zu verlieren, gibt es da nicht bessere Verwendung dafür, als Berufsspieler und Gangster, Erpresser und Verbrecher zu bereichern? Selbst wenn der Gewinn dazu dient, den Staat zu unterstützen, ist nicht der Beweggrund des Spielenden verkehrt? Will er nicht Geld gewinnen, ohne dafür irgendwelchen Dienst zu leisten? Er will nicht dem Staate geben, sondern will von ihm etwas empfangen. Die meisten beklagen sich über die Steuern für den Staat, sie wollen nicht noch mehr geben. Es gibt eine bessere Verwendung für das Geld des Christen als das Spiel um Geld. Wenn er es sich leisten kann, Geld zu verlieren, kann er es sich auch leisten, es zu verschenken. Solange er geistliche Brüder hat, die arm sind, kann er sein überflüssiges Geld dazu gebrauchen, einer Pflicht nachzukommen: „In dem Falle, da irgendeiner deiner Brüder in einer deiner Städte in deinem Lande, das Jehova, dein Gott, dir gibt, arm werden sollte, sollst du dein Herz nicht verhärten noch deine Hand vor deinem armen Bruder verschließen.“ (5. Mose 15:7, NW) Besser, es deinem Bruder zu geben, als es an Spieler zu verlieren. Besser auch, es für das Werk Jehovas beizusteuern als für Spieler: „Ehre den Herrn [Jehova] mit deiner Habe.“ (Spr. 3:9, Al) Somit will ein Christ nicht spielen und etwas gewinnen, wofür er keinen ehrlichen Dienst leistet oder etwas dafür gibt, und er will nicht spielen und so Geld verlieren, das er für einen christlichen Gebrauch verwenden könnte.
Noch weitere biblische Gründe verbieten das Spielen um Geld. Jesus sagte: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Man sammelt doch etwa nicht Trauben von Dornen, oder Feigen von Disteln? Ebenso bringt jeder gute Baum edle Frucht hervor, aber jeder faule Baum bringt schlechte Frucht hervor; ein guter Baum kann nicht schlechte Frucht tragen, noch kann ein fauler Baum edle Frucht hervorbringen. Jeder Baum, der nicht edle Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. In der Tat also: an ihren Früchten werdet ihr diese Menschen erkennen.“ (Matth. 7:16-20, NW) Das Spielen appelliert an die Selbstsucht und schwächt die moralische Widerstandskraft, es verleitet viele zu Bräuchen des Übervorteilens und der Verderbtheit. Die Unternehmungen der Lotteriespiele werden weitgehend von Gangstern und Erpressern geleitet oder überwacht, und diese Schmarotzergesellschaft bringt faule Ernten der Gewalttat und des Mordes hervor. Christen wünschen nicht, Teilhaber ihrer Sünden oder Empfänger ihrer Plagen zu sein. „Die Geldliebe ist eine Wurzel aller Arten schädlicher Dinge, und dieser Liebe nachtrachtend, sind einige vom Glauben weg in die Irre geführt worden und haben sich selbst überall mit vielen Schmerzen durchstochen.“ — 1. Tim. 6:10, NW.
Hasardspielunternehmer erleiden auf die Dauer nie Verluste, und die Gesamtheit der Spieler gewinnt nichts. Die mathematische Wahrscheinlichkeit ist so berechnet, daß solche Unternehmen große Gewinne einstreichen. Um zu gewinnen, müssen die Spieler ihre Hoffnung auf ihr gutes Glück setzen und nicht auf geschicktes Spiel, auf Vorahnungen, nicht auf Logik. Demzufolge sind die meisten Spielenden abergläubisch eingestellt, spielen rein gefühlsmäßig und vertrauen auf ihr Glück, Schicksal und ihre Chance. Schon die Alten spielten, und sie hatten ihre Götter und Göttinnen, die sie um Glück anflehten. Als die Juden abtrünnig wurden, verfielen sie in die üblen Bräuche der heidnischen Nationen und opferten falschen Göttern und Göttinnen, von denen etliche die Gottheiten der Spieler waren. Bei einer solchen Gelegenheit sagte Jehova zu seinem pflichtvergessenen Volke: „Euch aber, die ihr Jehova verlasset, meinen heiligen Berg vergesset, die ihr dem Glücksgott einen Tisch zurichtet und der Bestimmungsgöttin einen Mischtrank einfüllet, euch will ich dem Schwert bestimmen, und ihr alle sollt euch zur Schlachtung ducken.“ (Jes. 65:11, 12, PB) Oder, wie die Henne-Bibel sagt: „. . . die ihr einen Tisch zurichtet dem Glücksgott und Würzwein der Schicksalsgöttin als Trankopfer darbringt.“ Moffatts Übersetzung sagt: „Dem Gut-Glück Tische decken, dem Schicksal Trankopfer ausgießen“ (s. auch Al). Die Juden gerieten in Schwierigkeiten mit Jehova, wenn sie den Göttern und Göttinnen von Spielenden opferten.
Sowohl katholische wie protestantische Kirchenorganisationen der Christenheit führen viele verschiedene Hasardspiele durch. Sie suchen dies mit verschiedenen Gründen zu rechtfertigen, wobei sie behaupten, dies schade der Moral nichts. Viele Regierungen aber denken, es schade ihr, und erklären das Spiel als ungesetzlich. An gewissen Orten, wo dem so ist, haben gewisse Kirchenbewegungen dem Gesetze getrotzt [z. B. in den USA] und es übertreten, um ihre Lotteriespiele durchzuführen. Statt in moralischen Dingen einen hohen Maßstab anzuwenden, sind viele Kirchen einer tiefstehenden Moral gefolgt und haben ihre Mitglieder ermutigt, mit ihnen auf dasselbe Niveau hinabzusteigen. Die schwächende Wirkung des Spiels auf die moralische Widerstandskraft der Menschen ist allen offenbar, die nicht durch ihre eigene Habsucht verblendet sind. Im Interesse guter moralischer Maßstäbe wurde Jehovas Gesetz gegeben, das gebot: „Du sollst nicht begehren.“ (Röm. 7:7; 2. Mose 20:17, NW) Spieler begehren Geld, das nicht ihnen gehört, und suchen Geld zu erhalten, ohne es verdient zu haben. Begehrlichkeit dient nicht zum moralischen Aufbau, sondern erniedrigt.
Die Kirchen benutzen die Ausrede, die Einsätze seien gering und daher für die Spieler belanglos. Jesus sagte: „Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, ist auch in vielem ungerecht.“ (Luk. 16:10, NW) Wenn es verkehrt ist, um Geld zu spielen, so ist der Betrag nicht der entscheidende Faktor. Wir dürfen keine Grundsätze verletzen. Satan gebraucht kleine und anscheinend unbedeutende Verletzungen als einen Keil, um den Weg für größere Sünden zu öffnen. Gewisse Dinge, z. B. Essen und Trinken, werden nur unrecht, wenn man sich ihnen im Übermaß hingibt, also ohne Mäßigung. Dies verhält sich aber nicht so beim Spiel. Kleine Verluste häufen sich und werden während einer gewissen Zeitspanne zu größeren Beträgen, die besser angewandt oder als Gabe verabfolgt werden könnten, statt daß sie einem abgezwackt werden durch das Ködermittel einer Hoffnung auf Gewinn. Aber noch schlimmer als dies: das Spielen im Kleinen kann sich zu einer Leidenschaft entwickeln und für den Spielenden traurige Folgen haben.
Religiöse Organisationen haben das Spielen um Geld zu rechtfertigen gesucht, indem sie darauf hinwiesen, daß das Volk Israel Lose geworfen habe. Allerdings warf Israel Lose, doch nicht als Spiel oder Vergnügen oder um materiellen Gewinnes willen. Da gab es keine Wetten oder Einsätze, keine Verluste oder Gewinne. Es wurde nicht getan zur Bereicherung des Tempels oder der Priester oder als Wohltätigkeit. Die Lose wurden lediglich benutzt, um Jehovas Entscheidung oder Leitung in einer Sache anzuzeigen: „Das Los wird in dem Busen geworfen, aber alle seine Entscheidung kommt von Jehova.“ (Spr. 16:33) Dies war ein Mittel, gewissen Streitereien ein Ende zu bereiten. „Das Los macht Streitigkeiten ein Ende, und zwischen Mächtigen entscheidet es.“ (Spr. 18:18, ZB) Es diente nicht zu Spielzwecken und sollte nicht so verdreht dargestellt werden.
Viele werden zugeben, daß das Spielen um Geld im allgemeinen verkehrt ist, doch denken sie, daß in dem Fall, da eine Kirche solches veranstalte, um ihr Werk zu finanzieren oder um Wohltätigkeit zu üben, alles in Ordnung sei. Indes ist dies tatsächlich ein Betteln auf schlechter Grundlage. Es appelliert an unrechte Beweggründe und verlockt und verführt das Opfer durch seine selbstsüchtigen Hoffnungen auf Gewinn. Der Geber will nicht geben; er will gewinnen; er will das Geld anderer Spieler haben, statt alles der Kirche zukommen zu lassen. Wenn die Spieler ohne Aussicht auf Gewinn spendeten, so könnte alles Geld für das Werk der Kirche verwendet werden, so daß nicht ein Teil abgeleitet würde und an die Spieler zurückginge. Das Spielen war im heidnischen Rom und durch dessen ganzes Reich im Schwange, aber weder Jesus noch die Apostel noch andere Christen ermächtigten jemand zum Spielen als Mittel eines Einkommens für die Kirche.
Die Bibel zeigt, wie Mittel zur Wohltätigkeit erlangt werden sollen: „Der Stehlende stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr hart und wirke mit seinen Händen Gutes, damit er dem Dürftigen etwas mitzuteilen habe.“ (Eph. 4:28, NW) Wir sollen aus Liebe geben, und nicht durchs Spiel verlieren. Als Paulus Geld sammelte, um die Not bedürftiger Brüder zu lindern, lobte er nicht trauernde Verlierer, sondern sagte: „Ein jeder tue, wie er es in seinem Herzen beschlossen hat, nicht widerwillig oder aus Zwang, denn Gott liebt einen fröhlichen Geber.“ (2. Kor. 9:7, NW) Jehova ist nicht an Verlusten interessiert, die sich durch das Spielen ergeben, sondern hat Interesse an fröhlich gespendeten Gaben. Wenn in Kirchen Lotteriespiele durchgeführt werden, sind die Gewinner die Glücklichen, und zwar weil das Geld ihnen zukam statt den bedürftigen Objekten der Wohltätigkeit. Sie freuen sich, die Gewinne einzustreichen, und nicht etwa daran, daß sie durch Verlust etwas spenden durften. Weil Kirchgänger nicht aus christlicher Liebe geben, veranstalten Geistliche Lotteriespiele, um die unchristliche Selbstsucht zu überwinden und Geld aus zugeknöpften Taschen herauszulocken. Wenn Wohltätigkeit durch die Verlockung zu irgendeinem Gewinn erzwungen wird, so ist sie nicht mehr christlich, nicht so, wie Jesus sagte, daß sie sein sollte: „Wenn du ein Mittags- oder Abendmahl bereitest, so rufe nicht deine Freunde noch deine Brüder noch deine Verwandten noch reiche Nachbarn. Vielleicht möchten auch sie dich einmal wieder einladen, und es würde dir Vergeltung zuteil. Sondern wenn du ein Festmahl bereitest, so lade Arme, Krüppel, Lahme, Blinde ein, und du wirst glücklich sein, weil sie nichts haben, dir zu vergelten; denn es wird dir vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten.“ (Luk. 14:12-14, NW) Die Spieler der Christenheit wollen mehr als nur Vergeltung, sie wollen eine Zahlung für nichts. Sie haben keinen Glauben, um eine Vergeltung durch die Auferstehung zu erwarten. Wahre Christen werden nicht gezwungen, Verluste auf sich zu nehmen, damit sie etwas schenken.
Kann ein Christ in einem Lotterieunternehmen beschäftigt sein, das gesetzlich anerkannt und erlaubt ist? Er mag denken, er könne dies tun, wenn er selbst vom Spielen absteht oder sich zurückhält, seine geistlichen Brüder zu veranlassen, durch seine Vermittlung zu spielen. Jemand mag fähig sein, nach seinem Gewissen so zu handeln, während ein anderer es nicht mit gutem Gewissen tun könnte. Ein jeder wird persönlich zu entscheiden haben, ob er solches mit gutem Gewissen tun kann oder nicht. Es ist ohne Zweifel vorzuziehen, der Atmosphäre, in der solche Dinge betrieben werden, fernzubleiben, und der Christ mag klugerweise eine Änderung seiner Beschäftigung vornehmen. Dies ist eine Sache, die jeder für sich entscheiden muß in Übereinstimmung mit seinen Verhältnissen und seinem Gewissen. Die Watch Tower Society entscheidet nicht darüber, womit eine Person sich beschäftigen soll, wie dies, schon früher im Wachtturm vom 1. Januar 1952, Seite 16, dargelegt worden ist.