Berichte aus dem Jahrbuch 1959 der Zeugen Jehovas
WESTDEUTSCHLAND
Das Jahr 1958 war gekennzeichnet durch eine intensive Schulungs- und Lehrtätigkeit, denn „noch mehr oder tüchtigere Prediger“, lautete das Motto, das sich die Gesellschaft zur Wegleitung gewählt hatte. Und so erweisen sich die Verkündiger nun als gewandtere Arbeiter und können die Hindernisse, auf die sie von Zeit zu Zeit stoßen, besser überwinden. Unsere deutschen Brüder waren stets der Worte eingedenk: „Tatsächlich, wehe mir, wenn ich die gute Botschaft nicht verkündigte!“ (1. Kor. 9:16, NW) Sie haben die Botschaft verkündigt, und zwar mit Hilfe von Büchern, Broschüren und ganz besonders durch Zeitschriften. Wir freuten uns sehr darüber, daß 1626 unserer deutschen Brüder als Delegierte zum Kongreß nach New York kamen. Sie konnten seither auf den Bezirks- und Kreisversammlungen in Deutschland manches Erlebnis erzählen. Der Zweigdiener in Wiesbaden gibt uns in seinem ausführlichen Bericht einige interessante Erfahrungen wieder.
In dem persönlichen Gebiet einer Schwester befand sich ein evangelisches Altersheim, indem auch Menschen mit unheilbaren Krankheiten untergebracht sind. Lange Zeit überging sie dieses Haus, denn sie hatte Hemmungen, weil man ihr gesagt hatte, es sei völlig zwecklos, dort vorzusprechen, da Jehovas Zeugen früher schon sehr unhöflich abgewiesen worden seien. Doch eines Tages, als sie in Begleitung eines Bruders war, betrat sie dieses Gebäude trotzdem, denn sie fand, daß die gute Botschaft vom Königreich auch den Insassen dieses Hauses gepredigt werden müsse. Nach dem Zweck ihres Besuches befragt, antwortete sie: „Wir hätten gern mit den Leuten hier über Gottes Wort, die Bibel, gesprochen.“ Man gestattete den beiden den Zutritt zu diesem Hause mit den Worten: „Gehen Sie doch einmal auf Zimmer 10; dort liegt ein Mädchen, das sich für so etwas interessiert.“ Sie fanden dort tatsächlich ein Mädchen, das seit vielen Jahren völlig gelähmt ist. Diese Person zeigte großes Interesse für die Wahrheit und sagte, daß sie schon viel von Jehovas Zeugen gehört und oft gefragt habe, warum wohl nie jemand zu ihr käme. Sie hatte sogar schon daran gedacht, an die Gesellschaft zu schreiben, unterließ es dann aber, weil sie glaubte, Gott selbst werde ihr helfen, den Weg der Wahrheit zu finden. So wurde bei dem ersten Besuch bereits ein Heimbibelstudium begonnen. Seither hat dieses gelähmte Mädchen gute Fortschritte in der Erkenntnis des Wortes Gottes gemacht, und es ist auf dem besten Wege, ein Lobpreiser Jehovas zu werden.
Um die Zahl der Heimbibelstudien zu vermehren, ist große Aufmerksamkeit erforderlich. Die Verkündiger müssen jede Gelegenheit ausnutzen, ob sie günstig oder ungünstig erscheint, und oft ist nur ein Traktat der Ausgangspunkt zu einem Heimbibelstudium. Ein Bruder berichtet über den Besuch bei einer Frau, die Interesse zeigte, aber aus einem unbekannten Grunde dennoch keine Literatur annahm. Später stellte er fest, daß sie nichts genommen hatte, weil ihre Mutter, die eine Gegnerin der Wahrheit ist, anwesend war. Der Bruder ließ dennoch ein paar Traktate zurück, notierte sich sorgfältig die Adresse und machte bald einen Nachbesuch. Diesmal konnte er allein mit der interessierten Frau sprechen und ihr weitere Studienhilfsmittel übergeben. Beim zweiten Nachbesuch wurde bereits mit einem Studium begonnen. Bald erkannte die junge Frau ihre Verantwortung und erzählte anderen Menschen von der Hoffnung, die in ihr ist, und jetzt predigt sie schon allein von Haus zu Haus.
In einem anderen Ort konnte eine Schwester im Wartezimmer eines Arztes einer Frau gerade noch einen Traktat überreichen, bevor sie in das Zimmer des Arztes gerufen wurde. Ein Jahr später kam sie im Dienst von Haus zu Haus an die Tür jener Frau. Diese erkannte die Schwester sofort und war überaus glücklich, sie wiederzusehen. Eine Woche später wurde ein Heimbibelstudium mit ihr begonnen. Jetzt sind fünf Glieder der Familie getauft und predigen die gute Botschaft.
OSTDEUTSCHLAND
Wie passend treffen doch folgende Worte auf unsere Brüder hinter dem Eisernen Vorhang zu: „Zwei sind besser daran als einer, weil sie eine gute Belohnung für ihre Mühe erhalten; denn wenn einer fallen sollte, so kann der andere seinen Gefährten aufrichten. Aber wie wird es mit dem Einzelgänger sein, der fällt, wenn kein zweiter da ist, um ihn aufzurichten?“ (Pred. 4:9, 10, NW) So drängen denn die Zeugen Jehovas in Ostdeutschland in der Kraft Jehovas und mit der Hilfe ihrer Brüder eifrig voran. Eine ansehnliche Zahl unserer Brüder, die in Berlin wohnen, konnte den Kongreß besuchen. Diese Stadt liegt in Ostdeutschland, doch gehören Teile von ihr zum Westen. Hunderteinunddreißig Delegierte genossen das geistige Mahl von Fettspeisen und die herzliche theokratische Gemeinschaft mit ihren Brüdern, die als Glieder der Neuen-Welt-Gesellschaft aus der ganzen Welt gekommen waren, in vollen Zügen.
Im kommunistischen Ostdeutschland hat die Bedrückung unserer Brüder weiter zugenommen, denn im vergangenen Jahr wurden ungefähr achtzig eingekerkert gegenüber fünfzig im Vorjahr. Zur Zeit befinden sich 440 Brüder in ostdeutschen Zuchthäusern. Vor Gericht werden gegen Jehovas Zeugen immer wieder dieselben alten Lügen vorgebracht, um sie zu Gefängnisstrafen zu verurteilen. Man hört stets die gleichen stereotypen Äußerungen, wie: Diese Menschen arbeiten „unter gemeinster religiöser Tarnung“; sie sind „Hetzer, Boykotthetzer und Kriegshetzer“, „Agenten des amerikanischen Kapitalismus im Spionagedienst“; sie betreiben „üble Hetzpropaganda gegen die sozialistischen Staaten“, damit „die USA-Imperialisten ihre Atomkriegspläne leichter durchführen können“. Alle diese Anschuldigungen sind lächerlich, denn sowohl die Kommunisten als auch die übrige Welt kennen die strikt neutrale Haltung aller Zeugen Jehovas in politischen und militärischen Streitfragen.
Doch dieser furchtbare Druck und die Verfolgung vermögen die Schafe und auch die Menschen, die seufzen und jammern wegen der Greuel, die geschehen, nicht zu zerstreuen. Die Einsammlung geht weiter. Obwohl keine sichtbare Organisation besteht, faßt der Same der Wahrheit jeden Tag bei weiteren Menschen Wurzel. Ein junger Mann, der eine höhere Schule besuchte, studierte mit einem Verkündiger die Bibel. Vor seiner Schulentlassung erhielt er die Aufforderung, sich zum Dienst in der kommunistischen ostdeutschen Armee zu melden. Alle seine Klassenkameraden meldeten sich, nur er nicht. Er wurde von der Schulbehörde unter Druck gesetzt, aber er blieb standhaft und erklärte, er sei ein Zeuge Jehovas, obwohl er noch nicht getauft worden war. Er wurde deshalb vom Besuch ostdeutscher Schulen ausgeschlossen und mußte schließlich das Land als Flüchtling verlassen.
Die Brüder nutzen jede Gelegenheit aus, um Zeugnis zu geben, und so sprach ein Bruder an seinem Arbeitsplatz auch mit einer Frau. Sie zeigte sogleich Interesse an der schlimmen Weltlage. Bald darauf erfuhr der Zeuge, daß sie vor einiger Zeit die Bücher „Gott bleibt wahrhaftig“ und „Dies bedeutet ewiges Leben“ erhalten hatte. Sie war dann umgezogen und hatte dadurch die Verbindung mit jenem Zeugen verloren. Nun hat sie das Studium wiederaufgenommen und erzählt anderen Menschen von den wunderbaren Wahrheiten, die sie kennenlernt. Sie macht sich jetzt keine Sorgen mehr über die vielen Nöte auf Erden, denn sie hat durch die Zeugen die Wahrheit gefunden und möchte sich bei der nächsten Gelegenheit taufen lassen.
Vor einigen Jahren waren die Kommunisten bestrebt, alle Zeugen, die sie einsperrten, voneinander fernzuhalten, um so ihren Glauben zu schwächen. Aber die Gefängniswärter mußten bald feststellen, daß dies ein Fehler war. Die Zeugen schienen eher stärker als schwächer zu werden, denn sie predigten unaufhörlich ihren Mitgefangenen und bekehrten manche von ihnen. So änderte man die Verfahrensweise und sagte, das beste sei, man lasse die Zeugen alle beisammen, dann könnten sie in ihrem eigenen Fett schmoren, in der Annahme, daß niemand auf die Dauer Frieden halten könne. Aber zum allgemeinen Entsetzen begannen die Brüder nicht, miteinander Streit zu haben, sondern ermunterten sich gegenseitig und wurden so in ihrem geistlichen Verständnis gestärkt. Die neueingelieferten Brüder werden von denen, die schon im Gefängnis sind, stets freudig empfangen, weil diese ihnen immer etwas aus den neuesten Ausgaben des Wachtturms sowie Berichte über Kongresse oder andere theokratische Neuigkeiten bringen, so daß sie von der wunderbaren Wohlfahrt erfahren, die Jehova Gott seinem Volk in der ganzen Welt schenkt. Die Kommunisten können diese Denkweise nicht verstehen.
Natürlich nutzen die Zeugen Jehovas im Gefängnis jede Gelegenheit zum Predigen aus, und oft umschwärmen die Gefangenen sie wie Bienen, denn sie sehen die Freude und Zufriedenheit dieser Menschen und möchten auch daran teilhaben. Wenn sie auf die Wahrheit hören, lernen sie sie wirklich kennen. Nach und nach kommen ganze Familien ins Gefängnis, weil sie an die Bibel glauben und andere darüber belehren. Eine Schwester ließ uns einen Bericht über die Verhandlung zukommen, bei der sie zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Sie sagt darin: „Obwohl unsere Herzen vor Aufregung pochten, vertrauten wir unserem himmlischen Vater, daß er uns die richtigen Worte in den Mund legen würde.“ Dagegen bemerkte eine der Wärterinnen: „Dieses hirnverbrannte Gesindel gebärdet sich, als ginge es zu einer Hochzeit.“ Sagt nicht Jesus: „Glückselig sind die um der Gerechtigkeit willen Verfolgten, da das Königreich der Himmel ihnen gehört. Glücklich seid ihr, wenn die Leute euch um meinetwillen schmähen und euch verfolgen und lügnerisch allerlei Böses wider euch reden. Freut euch und springt vor Freude, da euer Lohn in den Himmeln groß ist; denn auf diese Weise verfolgten sie vor euch die Propheten.“ (Matth. 5:10-12, NW) Wir können tatsächlich sehen, daß Gottes heiliger Geist auf seine Diener hinter dem Eisernen Vorhang einwirkt und ihnen dieselbe Kraft verleiht, die die Apostel besaßen, so daß sie trotz Verfolgung und Geißelung frohlocken konnten. Diese ostdeutschen Brüder senden ihren Brüdern diesseits des Eisernen Vorhangs ihre herzlichsten Grüße.
FRANKREICH
In den vergangenen zwölf Monaten wurden in Frankreich dreiundzwanzig neue Versammlungen gegründet und viele Gruppen alleinstehender Verkündiger gebildet. Eine neue Höchstzahl von 12 141 Verkündigern wurde erreicht; aber es gibt in diesem großen Land immer noch viele brachliegende Gebiete. Es ist wahr, daß „die Zunge der Weisen Gutes wirkt mit Erkenntnis“ (Spr. 15:2, NW), und die Brüder in ganz Frankreich wissen, daß auf ihnen die große Verantwortung ruht, der Klasse der anderen Schafe die Erkenntnis über Gottes Königreich zu vermitteln. Viele sind von einem Teil des Landes in einen anderen gezogen, um in Gebieten zu dienen, wo Hilfe durch Verkündiger dringend not tut. Das Zweigbüro in Paris überwacht nicht nur die Tätigkeit in Frankreich, sondern erstattet auch Bericht über Algerien, Kamerun, Französisch-Guinea, Senegal und Tunesien. Was die Zahl der Verkündiger betrifft, sind einige dieser Länder klein; aber das große Werk, das heute in der ganzen Welt im Gange ist, hat ja auch kleine Anfänge gehabt. Der Bericht ist interessant.
Von Ferienpionieren ging folgender Brief ein: „Ich bin glücklich, Euch über unsere Tätigkeit als Ferienpioniere in einem nichtzugeteilten Gebiet zu berichten. Wir waren zehn Ferienpioniere; der jüngste war zehn und der älteste fünfundsechzig Jahre alt. Wir konnten in dem uns zugeteilten Gebiet keine Unterkunft finden, und so beschlossen wir, ungeachtet des unfreundlichen Wetters, in den verschiedenen Ortschaften zu zelten. Jehova lenkte unsere Schritte jedoch, so daß wir unser Zelt gar nicht brauchten. Als wir nämlich in unserem Gebiet ankamen, fanden wir einen Bauer, der uns seine Scheune zur Verfügung stellte. Dann trafen wir eines Tages eine ältere Schwester, die uns mit einer interessierten Familie in Verbindung brachte, bei der wir wohnen und die wir während unseres Aufenthalts in der Wahrheit stärken konnten. Von dieser Familie allein beteiligten sich fünf Personen am Felddienst; eine davon leistete in einer Woche achtzehn Stunden Dienst. Der Vater bat die Gesellschaft, ihnen jemand zu Hilfe zu schicken, und stellte für den betreffenden Verkündiger ein großes Zimmer zur Verfügung.“
In einem anderen Brief hieß es: „Nachdem wir anläßlich der Bezirksversammlungen den Aufruf der Gesellschaft gehört hatten, dort zu dienen, wo Hilfe not tut, beschlossen meine Frau und ich, unseren Heimatort zu verlassen und dort hinzugehen, wo Hilfe not tut. Wir hatten im Sinn, in ein Auslandsgebiet zu gehen, wo Hilfe dringend benötigt wird, aber da wir zwei Kinder im Alter von drei und vier Jahren haben, sahen wir uns gezwungen, von diesem Entschluß abzusehen. Nachdem wir die Sache mit dem Kreisdiener besprochen hatten, beschlossen wir, nach Annecy zu gehen, wo es nur eine Pionierschwester und eine kleine Gruppe alleinstehender Verkündiger gab. Wir setzten uns mit der Schwester in Verbindung, um Arbeit und eine Wohnung zu finden. Nach vielen Bemühungen fand sie eine Stelle für mich, aber keine Unterkunft. Dennoch beschlossen wir, unseren Heimatort zu verlassen, wo ich gut situiert war und wo wir in einem neuen Hause wohnten. Mein Arbeitgeber bot mir ein größeres Gehalt an, falls ich bei ihm bliebe und für ihn arbeitete. Aber wir hatten entschlossen, wegzuziehen.
Wir verkauften alles, was wir hatten, und kamen nach Annecy, wo wir die erste Nacht im Hotel verbringen mußten. Am nächsten Tag machte ich mich auf die Suche nach einem Zimmer. Noch am gleichen Tag fand ich zwei möblierte Zimmer für rund 160 DM im Monat. Und nun, nach fünf Monaten, haben wir eine nette Wohnung, und nächsten Monat werde ich eine andere Stelle antreten, denn ich habe etwas Besseres gefunden. Wir haben alles, was wir benötigen; es fehlt uns an nichts. Als wir ankamen, gab es in dieser Stadt keine Versammlung; nur die Pionierschwester und einige Menschen guten Willens waren da. Einen Monat später veranstalteten wir eine Taufe, bei der drei Brüder und eine Schwester getauft wurden. Kurz danach besuchte uns der Kreisdiener, worauf die Gründung einer Versammlung beantragt wurde. Sie wurde genehmigt, und jetzt haben wir eine Versammlung von siebzehn Verkündigern. Im April erhielten wir eine Zunahme von 100 Prozent. Es herrscht ein schöner Geist in der Versammlung, und wir wirken alle auf eine weitere Zunahme hin. Es gibt noch viel zu tun, um den Brüdern, die wir gefunden haben, zur Reife zu verhelfen. Meine Frau und ich hatten die Freude, bei einer Dame und ihren beiden Kindern ein Studium durchzuführen. Sie hatte die Wahrheit schon seit einiger Zeit gekannt, aber das Vorrecht, am Felddienst teilzunehmen, nicht wahrgenommen. Wir erklärten ihr, wie notwendig es ist, an der Einsammlung der ‚anderen Schafe‘ des Herrn teilzunehmen. Sie nahm die Erklärung dankbar an und war gern bereit, mit uns in den Felddienst zu gehen. Ihre Jungen kamen ebenfalls mit, und nun sind sie alle regelmäßige Verkündiger.“
Aus dem dichtbevölkerten Nordfrankreich, wo es am meisten Verkündiger gibt, schreibt ein Kreisdiener folgendes: „Ich möchte Euch etwas außerordentlich Interessantes berichten, das sich soeben in meinem Kreis zugetragen hat. Die Versammlung Wattrelos, die nun in drei Teilversammlungen aufgeteilt ist, arbeitet ihr Gebiet jeden Monat einmal durch. Die Brüder und selbst die Diener sagten, daß kaum noch Menschen guten Willens zu finden seien und es immer schwieriger werde, Schriften abzugeben. Doch als das Schulungsprogramm in Gang gebracht und vom Versammlungsdiener und von seinen Gehilfen strikte durchgeführt wurde, trat eine große Änderung ein. Ich hatte nämlich nach dem Kreisdiener-Auffrischungskurs in Paris damit begonnen, den Brüdern bezüglich des Schulungsprogramms Ratschläge zu erteilen. Im Verlauf von sieben Monaten haben in diesem Gebiet vierzig Menschen guten Willens begonnen, sich an der Verkündigung zu beteiligen, und anläßlich der Kreisversammlung symbolisierten aus einer Teilversammlung allein achtzehn Brüder ihre Hingabe durch die Wassertaufe. Ist das nicht wunderbar?“
LUXEMBURG
In diesem kleinen Land im Herzen Europas wird „diese gute Botschaft vom Königreich“ gepredigt, wie es auf der ganzen bewohnten Erde, unter „allen Nationen zu einem Zeugnis“, geschieht. (Matth. 24:14, NW) Es wurden schöne Fortschritte erzielt. Die Verkündiger der guten Botschaft haben sich große Mühe gegeben, und sechzehn von ihnen hatten die Freude, den internationalen Kongreß in New York zu besuchen. Die Delegierten kehrten voller Freude und Begeisterung zurück, und alle waren davon überzeugt, daß dieser Kongreß weitgehend dazu beitragen wird, das Königreichswerk in Luxemburg weiter auszudehnen und zu festigen. Vor zehn Jahren, im Jahre 1948, gab es dort erst sechzig Verkündiger, und jetzt sind es 268. Die Erfahrungen, die der Zweigdiener in seinem Bericht wiedergibt, zeigen, auf was diese ständige Zunahme zurückzuführen ist.
Im Zeitschriftendienst wurde eine Dame gefunden, die wegen der vielen Enttäuschungen, die sie in ihrem Leben durchgemacht hat, sehr entmutigt war. Sie nahm eine Zeitschrift entgegen, und dies öffnete den Weg für einen Nachbesuch. Gutgeplante Nachbesuche führten zu einem Heimbibelstudium mit dem Buche „Gott bleibt wahrhaftig“. Das regelmäßige Studium brachte die Frau rasch zur Erkenntnis, daß sie hier die wahre Religion gefunden hatte. Nach sechs Monaten fanden wir sie unter den Täuflingen der Bezirksversammlung. Längst vorher hatte sie begonnen, die Versammlungen zu besuchen, was sie auch für den Felddienst begeisterte.
Nach der Taufe führte die Schwester das Heimbibelstudium weiter, bis sie zusammen auch das Buch „Dies bedeutet ewiges Leben“ betrachtet hatten. Inzwischen waren acht Monate seit der Taufe verflossen, und unsere neue Schwester wollte mehr tun. Der Gedächtnismahl-Monat mit seiner besonderen Tätigkeit kam herbei; sie meldete sich zum Ferienpionierdienst und war vom Vorgeschmack des Vollzeitdienstes so befriedigt und begeistert, daß sie im folgenden Monat den allgemeinen Pionierdienst aufnahm, obschon sie das fünfzigste Lebensjahr bereits überschritten hat. Heimbibelstudien sind ein wunderbares Mittel, um Menschen guten Willens zu helfen, ihre Verantwortung in Jehovas Organisation zu erkennen.
Beim Dienst von Haus zu Haus wurde eine Frau gefunden, die sich für die Wahrheit interessierte und Schriften abnahm. Beim ersten Nachbesuch wünschte sie weitere Schriften, und auch ihr Mann zeigte Interesse. Kurz danach abonnierte sie die Zeitschrift Erwachet!. Dann wurde die Verkündigerin plötzlich krank und mußte ihren nächsten Nachbesuch schriftlich absagen. Ganz unerwartet erhielt sie darauf folgenden Brief: „Seitdem Ihr hier wart, befinden wir uns in einem seelischen Zwiespalt … Bisher sind wir fromm und brav durchs Leben gegangen, haben unsere Christenpflicht erfüllt. Und jetzt soll auf einmal alles anders werden. Und unser Bub? Wie erziehen wir ihn, wo alles in den Schulen katholisch ist? Das alles sind Probleme, die nicht zu übersehen sind. Mein Mann macht mir Vorwürfe, wir könnten uns vergehen. Er meint, es sei ja schließlich Christus Jesus, den wir bisher angebetet haben, und ohne Sonntagsmesse wäre er nicht mehr zufrieden. Wir verschaffen uns jetzt mal eine Hl. Schrift. Und die Broschüren werden wir gut studieren. Vielleicht finden wir von selbst den Weg, den wir gehen müssen …“. Das war am 29. Oktober 1957.
Als die Verkündigerin wieder gesund war, entschloß sie sich, diese Familie doch wieder zu besuchen. Zu ihrer frohen Überraschung wurde sie mit großer Freude empfangen. Inzwischen hatten der Mann und die Frau alle Broschüren, besonders aber Erwachet!, gelesen und waren überzeugt, daß dies die Wahrheit ist. Die Frau sagte: „Wenn Sie jetzt nicht zu uns gekommen wären, dann wären wir zu Ihnen gekommen.“ Ein Studium begann. Im Januar wurde der Film in ihrem Heim gezeigt. Am gleichen Tag begannen sie, die Versammlungen zu besuchen. Anläßlich der Kreisversammlung im April begleitete der Mann einen Verkündiger in den Felddienst. Heute sind sie beide tätige Prediger und planen, bei unserer Bezirksversammlung ihre Hingabe an Jehova durch die Wassertaufe zu symbolisieren. Liebe für die anderen Schafe, die sich in gewissenhaft durchgeführten Nachbesuchen zeigt, bringt gute Früchte.
ÖSTERREICH
In diesem vom Krieg zerrütteten Land haben Jehovas Zeugen Gott kennengelernt, „dessen Wille es ist, daß Menschen aller Arten gerettet werden und zu einer genauen Erkenntnis der Wahrheit kommen“. (1. Tim. 2:4, NW) Ganz Österreich hat ein glänzendes Zeugnis über Gottes Willen erhalten. Neunzig Brüder und Schwestern dieses Landes hatten die Freude, den internationalen Kongreß in New York zu besuchen und ihre Erlebnisse dann den 7019 Besuchern der österreichischen Bezirksversammlung „Göttlicher Wille“ zu erzählen. In den Städten, in den Tälern und auf den Bergen predigen die Verkündiger den Menschen von allen Arten die gute Botschaft und sammeln die anderen Schafe ein. Der Zweigdiener berichtet einige interessante Erfahrungen.
Zwei Sonderpioniere freuten sich sehr, als in ihrem Gebiet, das in den Bergen liegt, zehn Katholiken mit denen sie studierten, bald entschlossen Stellung für die Wahrheit beziehen und aus der katholischen Kirche austreten wollten. Um dies tun zu können, muß man den Behörden den katholischen Taufschein vorweisen. So begab sich einer dieser gutgesinnten Menschen zum Pfarrer, um gleich für alle den Taufschein zu holen. Er erklärte: „Wir haben nun die Bibel kennengelernt und haben festgestellt, daß die katholische Kirche manches davon weggenommen und manches hinzugefügt hat. Deshalb möchten wir mit dieser Kirche nichts mehr zu tun haben.“ Der Pfarrer gab ihm die Taufscheine jedoch nicht, sondern verlangte, daß alle zehn Personen vorbeikommen sollten. So besuchten sie ihn alle in Begleitung der Sonderpioniere. „Sie sind nicht eingeladen worden“, sagte der Pfarrer zu den Pionieren und forderte sie auf, sofort zu gehen. Aber sie blieben, und es folgte eine lange Diskussion, in deren Verlauf der Pfarrer u. a. sagte: „Es steht doch in der Bibel etwas von falschen Propheten.“ „Ja“, antwortete der eine Pionierbruder, „und auch ihre Merkmale werden angegeben.“ Dann las der Bruder aus 1. Timotheus 4 die Verse 1 und 2 vor. Als der Pfarrer die Worte hörte. daß „etliche von dem Glauben abfallen werden“, sprang er vor Freude von seinem Stuhl auf. „Wo steht das in der Bibel?“ fragte er. „Ich werde es in meiner Bibel anstreichen und am Sonntag von der Kanzel vorlesen.“ Aber der Bruder fuhr fort: „Der Apostel Paulus nennt auch die Merkmale. durch die sich die falschen Propheten kennzeichnen.“ Dann las er Vers 3 vor: „[die] verbieten, zu heiraten, und gebieten, sich von Speisen zu enthalten, welche Gott geschaffen hat zur Annehmung mit Danksagung.“ Der Pfarrer war verblüfft und geschlagen. Er sagte: „Das steht nicht in unserer Bibel.“ Und kurz darauf sagte er: „Oder vielleicht steht es auch drin.“ Er holte seine Bibel, und es stand genau dasselbe drin. Darauf wandte er sich an unsere neuen „Schafe“, die aufmerksam zugehört hatten: „Was sagen Sie dazu?“ Einer nach dem anderen stand auf: „Sie konnten nichts beweisen.“ „Ich habe genug.“ „Geben Sie uns unsere Taufscheine.“ Das waren die Worte, die der Pfarrer zu hören bekam, und die Grundlage für unsere Versammlung war gelegt. Heute befinden sich dort zwanzig Verkündiger.
Und nun eine Erfahrung, die zeigt, wie durch die Hilfe eines gewissenhaften Verkündigers eine andere Art von Menschen zu einer genauen Erkenntnis der Wahrheit kam. Ein Bruder führte bei einer netten evangelischen Familie ein Bibelstudium durch. Einige Zeit später stellte er fest, daß das Ehepaar nicht gesetzlich getraut war. So erklärte er ihm Gottes Grundsatz in dieser Sache. Die beiden entschlossen sich, den Willen Jehovas zu tun und sich trauen zu lassen, wollten aber zuerst noch aus der evangelischen Kirche austreten. Die Frau kannte den Pastor sehr gut, und als er sie fragte, weshalb sie aus der Kirche austreten wollten, sagte sie: „Weil Sie sich nie um unser Seelenheil gekümmert haben.“ Überrascht fragte der Pastor, wieso sie das sagen könne. Sie gab ihm zur Antwort, er habe ihre Kirchensteuer stets angenommen, habe ihnen aber nie gesagt, daß ihr Leben den göttlichen Anforderungen nicht entspreche und daß ihr Konkubinat von Gott nicht als Ehe anerkannt werde. „Jehovas Zeugen dagegen“, sagte sie, „haben uns das alles erklärt, und sie nehmen uns nicht auf, wenn wir nicht eine gesetzliche Ehe eingehen.“ Der Pastor wollte mit unserem Bruder sprechen, und so wurde dieser eingeladen. Zu Beginn der Diskussion fragte ihn der Pastor von oben herab, welche weltliche Bildung er genossen habe, damit er wisse, „auf welchem Niveau“ er sich mit ihm unterhalten könne. Nach einer langen Diskussion, in der der Pastor seine Behauptungen ganz und gar nicht mit der Bibel beweisen konnte, gab er seine Unkenntnis vor der ganzen Familie zu. Das überzeugte diese um so mehr davon, daß sie sich nun auf dem rechten Wege befand.
SCHWEIZ
In der schönen Schweiz, wo die Menschen so zufrieden sind, wird die gute Botschaft ebenfalls verkündigt, und manche werden dadurch aus ihrer Selbstgefälligkeit aufgerüttelt und erkennen, daß die Verkündigung des Wortes Gottes weit wichtiger ist, als sich behaglich niederzulassen und das Leben mit seinen materiellen Dingen zu genießen. Viele sehen ein, daß wir uns in einem Kampf befinden, und wissen, daß „die Waffen unserer Kriegführung nicht fleischlich sind, sondern durch Gott mächtig, um starke Verschanzungen niederzureißen“. (2. Kor. 10:4, NW) Mit Freuden führen Jehovas Zeugen dieses Einsammlungswerk weiter und finden dabei Menschen von allen Arten. Sie müssen aber das Schwert des Geistes gut zu schwingen wissen, wie das die Erfahrungen zeigen, die in der Schweiz gemacht wurden.
Der Spiritismus hat in dieser Zeit des Endes sehr stark zugenommen. Wie sich jemand äußerte, „ist er in den letzten Jahren in einem Ausmaß eingebrochen“, wie es „kaum zu glauben“ ist. Es fällt Personen, die sich mit Spiritismus befassen, sehr schwer, von ihm frei zu werden. Die Wahrheit vermag Menschen jedoch selbst von diesen Ketten zu befreien, wenn sie aufrichtig sind und die Wahrheit suchen. So kam eines Tages ein Arbeitskollege zu einem Bruder und sagte zu ihm: „Ich hätte einen interessanten Fall für Dich. Würdest Du einmal mit mir kommen, zu jemandem, der sich mit verschiedenen religiösen Fragen befaßt? Es würde mich interessieren, ob Du ihm Antwort geben kannst.“ Der Bruder sagte zu, und so besuchten sie an einem Abend einen jungen Mann, der Bücher über Joga, Hypnotismus und Spiritismus studiert hatte. Es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Der Bruder zeigte ihm, daß die Bibel den Spiritismus bloßstellt, und widerlegte einige seiner Ansichten. Das gab dem jungen Mann sehr zu schaffen, und er konnte die ganze darauffolgende Nacht nicht schlafen.
Am nächsten Tag besuchte ihn der Bruder wieder, legte ihm die Hoffnung auf die neue Welt dar und lud ihn zu sich nach Hause ein. Einige Tage später begann er mit ihm schon ein Bibelstudium, und sehr bald besuchte der junge Mann das Versammlungsbuchstudium. Eines Abends stand er mitten im Studium auf, ging auf den Studienleiter zu, legte einige Bücher auf den Tisch und erklärte: „Ich habe erkannt, daß das, was ihr hier studiert, die Wahrheit ist.“ Doch nun setzte für ihn ein heftiger Kampf mit den Dämonen ein. Er hielt aber an der gewonnenen Erkenntnis fest; die Dämonen ließen von ihm ab, und er gewann Ruhe. Bald ging er mit den Brüdern in den Dienst, und bei der nächsten Kreisversammlung ließ er sich taufen.
Wir haben immer noch mit rechtlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, obwohl die Fälle in letzter Zeit nicht mehr so zahlreich sind wie in früheren Jahren. Einige Fälle, in denen Verkündiger von der Polizei aufgeschrieben und wegen Hausierens ohne Bewilligung angeklagt wurden, konnten dadurch erledigt werden, daß die Beamten über unser Predigtwerk richtig aufgeklärt wurden. Zwei Fälle wurden jedoch an die Gerichte weitergeleitet und zu unseren Gunsten entschieden. Der erste Fall spielte sich in dem berühmten Kanton Waadt ab. Zwei Verkündiger wurden wegen Hausierens ohne Bewilligung und der Verletzung des Bundesgesetzes für Handelsreisende angeklagt. Die Anklage betraf das Anbieten von Abonnements und war wahrscheinlich ein neuer Versuch des Staatsanwaltes, unser Werk zu behindern. Als die Verhandlung eröffnet wurde, erschien die Frau des Polizisten im Gerichtssaal, um gegen den Verkündiger auszusagen. Andere Zeugen erschienen und sagten zugunsten des Verkündigers aus, und so wies der Richter nach einer gutbegründeten Beweisführung den Fall ab. Er sprach die Verkündiger frei und erklärte in seinem Entscheid, daß diese Tätigkeit nicht unter die Handelsgesetze falle. Durch diesen Entscheid ist unsere Stellung in jenem Gebiet, was die Verbreitung von Zeitschriften und das Aufnehmen von Abonnements betrifft, weiter gefestigt worden.
LIECHTENSTEIN
Es ist erfreulich, zu berichten, daß auch in diesem kleinen, an die Schweiz angrenzenden Land gewirkt wurde. Ein Sonderpionier kann seit einiger Zeit in Liechtenstein arbeiten. Ein Heimbibelstudium wurde begonnen, und eine beträchtliche Anzahl Stunden wurde auf die Verkündigung der guten Botschaft verwandt. Wir hoffen, daß durch die eifrigen Bemühungen dieses einen Predigers einige der Ansässigen die Wahrheit kennenlernen und Stellung beziehen. Seit Jahren hat es in den Gebieten um Liechtenstein herum Verkündiger gegeben, und wir hoffen, daß eines Tages auch dieses kleine Gebiet durch einen Diener des Höchsten vertreten sein wird.