Wende dich nicht der Wahrsagerei zu!
JEDER möchte gern wissen, was in der Zukunft geschieht. Es mag sich nur um das Wetter handeln. „Kann ich morgen säen?“ „Werde ich nächste Woche mähen können?“ „Wie wird das Wetter nächsten Monat während unseres Festes sein?“
Die Neugier, etwas über die Zukunft zu erfahren, ist auch nicht nur auf Wettervorhersagen beschränkt. Überall machen die Menschen sich Gedanken über künftige Ereignisse in nationalen und internationalen Angelegenheiten, in Handel und Gewerbe und besonders über Dinge, die sie persönlich und ihre Angehörigen berühren. Dieser starke natürliche Wunsch ist es, der so viele Menschen bewegt, sich der Wahrsagerei zuzuwenden, um Antworten auf ihre Fragen über die Zukunft zu erhalten.
Das englische Wort für Wahrsagerei, „divination“, kommt vom lateinischen divus („göttlich“), und das, was jemand durch Wahrsagerei erfährt, soll von den Göttern stammen. Die Wahrsagerei umfaßt den ganzen Bereich, mit Hilfe spiritistischer, dunkler Mächte geheimes Wissen zu erlangen, besonders über die Zukunft. Sie unterscheidet sich von der Zauberei, die sich der Magie bedient, dadurch, daß es bei der Wahrsagerei im allgemeinen nur darum geht, zu versuchen, künftige Ereignisse zu erfahren, statt daranzugehen, sie zu ändern und zu kontrollieren, wie es bei der Magie der Fall ist.
Wahrsager behaupten, übermenschliche Götter seien fähig, denen die Zukunft zu enthüllen, die darin ausgebildet sind, gewisse Zeichen und Omina zu deuten, die, wie sie sagen, auf unterschiedliche Weise übermittelt würden: durch Himmelserscheinungen (Stellung und Bewegung von Sternen und Planeten, Finsternisse, Meteore); durch Naturgewalten auf der Erde (Wind, Stürme, Feuer); durch das Verhalten von Lebewesen (Heulen von Hunden, Vogelflug, Bewegung von Schlangen); durch das Muster von Teeblättern in Tassen oder von Öl auf Wasser oder durch die Richtung fallender Pfeile; durch das Aussehen der Leber, Lunge und der Eingeweide von Opfertieren; durch Handlinien und durch die „Geister“ der Toten.
Das Gebiet der Wahrsagerei ist so umfassend, daß es aufgeteilt worden ist, und die Einzelgebiete der Wahrsagerei haben besondere Bezeichnungen erhalten. Zum Beispiel war unter den Römern die Beobachtung des Vogelflugs verbreitet; bei der Handlesekunst wird die Zukunft aus den Linien der Handfläche einer Person vorhergesagt; bei der Leberschau wird die Leber untersucht; das Haruspizium ist das Weissagen aus Eingeweiden; bei der Axinomantie wird mit Hilfe von Äxten wahrgesagt; bei der Belomantie werden Pfeile benutzt; die Rhabdomantie bedient sich der Wünschelrute; Oneiromantie ist Traumdeuterei; bei der Nekromantie werden angeblich die Toten befragt. Die Kristallschau und die Wahrsagerei mittels Orakeln sind noch weitere Formen, und die üblichste Form heute ist wohl die Astrologie.
GESCHICHTE DER WAHRSAGEREI ZEIGT, DASS SIE NICHT GUT IST
Die Geburtsstätte der Wahrsagerei war Babylon, das Land der Chaldäer, und von dort aus verbreiteten sich diese okkulten Bräuche durch die Züge der Menschen über die ganze Erde. (1. Mose 11:8, 9) Es heißt, daß in dem freigelegten Teil der Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal ein Viertel Ominatafeln enthalte, auf denen alle am Himmel und auf der Erde beobachteten Eigentümlichkeiten und auch alle Zufälle und Unglücksfälle des täglichen Lebens gedeutet werden. König Nebukadnezar traf seine Entscheidung, Jerusalem anzugreifen, erst, nachdem er zur Wahrsagerei Zuflucht genommen hatte, worüber geschrieben steht: „Er schüttelt die Pfeile, befragt die Teraphim, beschaut die Leber. In seine Rechte fällt die Wahrsagung ‚Jerusalem‘.“ — Hes. 21:26, 27.
Die Betrachtung der Leber bei der Ausschau nach Omina gründete sich auf den Glauben, daß sämtliche Lebenskraft, die Gemütsbewegungen und Gefühle ihren Mittelpunkt in diesem Organ hätten. Die Leber enthält ein Sechstel des Blutes des Menschen. Die Abweichungen ihrer Lappen, Gänge, Anhänge, Adern, Falten und Musterungen wurden als Zeichen oder Omina von den Göttern gedeutet. Man hat eine große Anzahl von Lebernachbildungen aus Ton gefunden; die älteste davon stammt aus Babylon und enthält Omina und Texte in Keilschrift, die von den Wahrsagern verwendet wurden. Die alten assyrischen Priester wurden baru genannt, was „Beschauer“ oder „der, der sieht“, bedeutet, weil die Leberschau in ihrer Religion der Wahrsagerei große Bedeutung hatte.
All die verschiedenen Formen der Wahrsagerei, ungeachtet ihrer Teilgebiete, stehen im scharfen Gegensatz zur Heiligen Schrift. Jehova warnte Israel durch Moses wiederholt streng davor, diese Bräuche der Wahrsagerei, die von den anderen Nationen gepflegt wurden, zu übernehmen, indem er sagte:
„Es soll keiner unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen läßt, keiner, der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier, oder Bannsprecher oder Totenbeschwörer oder Wahrsager oder der die Toten befragt. Denn ein Greuel für Jehova ist ein jeder, der diese Dinge tut; und um dieser Greuel willen treibt Jehova, dein Gott, sie vor dir aus.“ — 5. Mose 18:9-13; 3. Mose 19:26, 31.
Personen, die aufgrund von Träumen Wahrsagerei trieben, waren von der Verurteilung nicht ausgenommen, selbst wenn sich ihre prophetischen Zeichen und Voraussagen bewahrheiteten. (5. Mose 13:1-5; Jer. 23:32; Sach. 10:2) Die heftige Feindschaft der Bibel gegen Wahrsager wird durch ihre Verordnung gezeigt, nach der alle Wahrsager unbedingt zu Tode gebracht werden mußten. — 3. Mose 20:27.
Aber trotz dieser wiederholten Gebote standen Abtrünnige auf, um Jehova zu verhöhnen, nicht nur gewöhnliche Leute wie die Frau von Endor, sondern auch mächtige Könige wie Saul und Manasse und die Königin Isebel. (1. Sam. 28:7, 8; 2. Kö. 9:22; 21:1-6; 2. Chron. 33:1-6) Obwohl der gute König Josia in seinen Tagen die Wahrsager beseitigte, war dies nicht genug, um Juda vor derselben Vernichtung zu retten, die Judas Schwesterkönigreich Israel erlitten hatte. (2. Kö. 17:12-18; 23:24-27) Doch sandte Jehova in seiner liebenden Güte zuerst seine Propheten, um diese Nationen wegen ihrer Abscheulichkeiten zu warnen, ebenso wie seine Propheten die Mutter aller Wahrsagerei, Babylon, gewarnt hatten. — Jes. 3:1-3; 8:19, 20; 47:9-15; Jer. 27:9; 29:8; Hes. 13:6-9; Micha 3:6-11.
Die Wahrsagerei war auch während der Zeit des irdischen Dienstes Jesu und der Apostel weit verbreitet. Auf der Insel Zypern kam der Apostel Paulus mit einem Zauberer namens Bar-Jesus zusammen, den der Apostel mit Blindheit schlug. Und in Mazedonien trieb Paulus einen Wahrsagerdämon aus einem lästigen Mädchen aus, sehr zur Bestürzung der Herren dieses Mädchens, die großen Gewinn aus seiner okkulten Macht der Vorhersage zogen. (Apg. 13:6-11; 16:16-19) Andere jedoch, wie Simon von Samaria, gaben ihre Ausübung magischer Künste freiwillig auf, und in Ephesus gab es so viele, die ihre Bücher der Wahrsagerei verbrannten, daß deren Wert sich, wie es heißt, auf fünfzigtausend Silberstücke (vielleicht 8 000 Dollar) belief. — Apg. 8:9-13; 19:19.
WAHRSAGEREI GEGEN GÖTTLICHE OFFENBARUNG
Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen der von Gott geoffenbarten Wahrheit und dem Aufschluß, den jemand durch Wahrsagerei erlangt. Personen, die sich als Wahrsager betätigen, werden oft von unsichtbaren dämonischen Mächten in heftige Krämpfe geworfen. Manchmal bringen sie sich durch wilde Musik und gewisse Rauschmittel in Raserei. Das griechische Wort für „Wahrsagen“ kommt von dem Verb mainesthai, das „rasen“ bedeutet, und es wird gebraucht, um jemanden zu beschreiben, der am Mund schäumt und dessen Haar wild durcheinander ist.
Origenes (drittes Jahrhundert u. Z.) antwortete auf den Angriff des heidnischen Philosophen Celsus, die Christen achteten die Orakel der pythischen Priesterin für nichts, folgendes:
„Von der pythischen Priesterin, deren Orakel die anderen an Glanz und Ansehen zu übertreffen scheint, wird also berichtet, daß diese Prophetin des Apollo, über der Öffnung der kastalischen Höhle sitzend, den Geist durch ihren Schoß in sich aufnimmt ... Aber auch das ist nicht das Werk eines göttlichen Geistes, daß er eine Person, die doch weissagen soll, in Verzückung und in einen rasenden Zustand versetzt, so daß sie gar nicht mehr weiß, was sie tut ... Wenn aber die Pythia, sobald sie weissagt, verzückt und nicht bei sich selbst ist, von welcher Art ist dann wohl ein Geist, der Finsternis auf den Verstand und die Denkkraft ausgießt, wenn nicht ein solcher, wie das Geschlecht der Dämonen ist ...?“ — Des Origenes acht Bücher gegen Celsus, Buch VII, Kap. 3 und 4.
Wahre Diener Jehovas erlebten keine derartigen Verrenkungen in körperlicher oder geistiger Hinsicht, wenn sie vom heiligen Geist bewogen wurden zu reden. (Apg. 6:15; 2. Petr. 1:21) Gottes Propheten sahen es als ihre Pflicht an, ohne Bezahlung frei zu reden. Die heidnischen Wahrsager dagegen handhabten ihr Gewerbe zu ihrem persönlichen selbstischen Gewinn.
Nirgends in der Bibel wird irgendeiner Art der Wahrsagerei eine gute Nebenbedeutung verliehen. Oftmals wird in denselben verurteilenden Texten von spiritistischen Bräuchen der Wahrsagerei und von Ehebruch und Hurerei gleichzeitig gesprochen. (2. Kö. 9:22; Nah. 3:4; Mal. 3:5; Gal. 5:19, 20; Offb. 9:21; 21:8; 22:15) In Gottes Augen ist die Wahrsagerei mit der Sünde der Rebellion vergleichbar. (1. Sam. 15:23) Es ist daher unbiblisch, von Jehovas Mitteilungen seinen Dienern gegenüber als von einer Kundgebung einer „guten“ Wahrsagerei zu sprechen.
Träume der Wahrsagerei waren etwas, wonach der Betreffende trachtete. Anders bei Träumen, die ihren Ursprung bei Jehova hatten. Diese waren entweder so klar und deutlich, daß kein Zweifel bestand, daß sie von Jehova kamen (1. Mose 20:3-7; Ri. 7:13-15; 1. Kö. 3:5; Matth. 1:20; 2:12, 13, 19, 22), oder aber kein Wahrsager konnte sie, wenn sie rätselhaft und geheim waren, verstehen, und nur Jehova hingegebene Diener konnten sie deuten. — 1. Mose 40:5-19; 41:1-32, 39; Dan. 2:1-47; 4:1-28.
Lose zu werfen war gestattet, wenn Jehovas Wille in einer Sache festgestellt werden sollte. „Das Los wird in den Busen geworfen, aber alle seine Entscheidung kommt von Jehova.“ (Spr. 16:33; 18:18; 3. Mose 16:7-10; 4. Mose 26:55, 56; Josua 14:2; Apg. 1:26) Die Bloßstellung des Übeltäters Achan und die Wahl Sauls zum König wurden möglicherweise durch das Los angezeigt. (Josua 7:13-19; 1. Sam. 10:20, 21) Die vom Hohenpriester getragenen Urim und Thummim, die in Gerichtsfällen gebraucht wurden (2. Mose 28:30; 4. Mose 27:21), die Gegenwart des Ephods (1. Sam. 23:9; 30:7) und Gideons Wasserprobe mit dem Wollvlies (Ri. 6:36-40) sind weitere Beispiele dafür, wie Jehova dem Menschen ohne Gebrauch dämonischer Wahrsagerei sein Vorhaben geoffenbart hat.
WAHRSAGER VON JEHOVA VERWORFEN
Jehovas unbeschränkte Macht im Vergleich zu der sehr begrenzten Macht der Magie treibenden Priester wird im Fall von Moses und Aaron, die vor Pharao standen, dramatisch dargestellt. Als Aarons Stab zu einer Schlange wurde, ahmten die ägyptischen Magier diese Tat durch ihre Geheimkünste nach. Aber wie sie doch zurückgewiesen wurden, als Aarons Stab die der Zauberer verschlang! Scheinbar verwandelten Ägyptens Priester Wasser in Blut und brachten Frösche über das Land. Aber als Jehova bewirkte, daß der Staub zu Stechmücken wurde, mußten die Zauberer zugeben, daß dies durch „Gottes Finger“ geschah. — 2. Mose 7:8-12, 19-22; 8:5-11, 16-19; 9:11.
Um die günstigste Zeit für die Ausrottung des Volkes Jehovas festzulegen, „warf man [offenbar ein Astrologe] das Pur, das ist das Los, vor [dem bösen] Haman, von Tag zu Tag und von Monat zu Monat“. (Esth. 3:7-9) Über diese Methode der Wahrsagerei lesen wir:
„Indem Haman sich dieser Methode, den günstigsten Tag für die Ausführung seines schrecklichen Plans festzustellen, bediente, handelte er so, wie es die Könige und Edlen von Persien immer getan hatten, die sich an keinem Unternehmen beteiligten, ohne die Astrologen zu befragen und Gewißheit bezüglich der Glücksstunde zu haben.“ — Commentary von Jamieson, Bd. II, S. 639.
Haman folgte seinen dämonischen Ratgebern und brachte unverzüglich seinen bösen Plan zur Ausführung. Doch Jehovas Macht, sein Volk zu befreien, zeigte sich aufs neue, und Haman, der auf Wahrsagerei vertraute, wurde an den Stamm gehängt, den er für Mordokai hatte herrichten lassen. — Esth. 9:24, 25.
Ein weiteres Beispiel der erhabenen Macht Jehovas über die okkulten Kräfte ist der Fall, in dem die Moabiter „mit dem Wahrsagerlohn in der Hand“ kamen, um Bileam, den Wahrsager aus Mesopotamien, zu dingen, Israel zu verfluchen. (4. Mose 22:7) Obwohl Bileam „auf Wahrsagerei aus“ war, ließ ihn Jehova nur Segnungen aussprechen. In einem seiner Sprüche gab Bileam unter der unwiderstehlichen Kraft Jehovas zu: „Da ist keine Zauberei wider Jakob, und keine Wahrsagerei wider Israel.“ — 4. Mose, Kapitel 23, 24.
Wie töricht ist es angesichts der schlechten Vergangenheit der Wahrsagerei in dieser „Zeit des Endes“, sich ihr zuzuwenden, um Rat für die Zukunft zu erhalten. Es ist ein natürlicher Wunsch des Menschen, die Zukunft zu kennen, und sein Wunsch kann am besten erfüllt werden, wenn er seinen großen Schöpfer anbetet und ihm dient. Schließlich ist Jehova der einzige Quell für zuverlässigen Aufschluß über die Zukunft. Nur er kennt von Anfang an das Ende. (Jes. 46:9, 10) Darüber hinaus offenbart er liebevoll durch seinen Mitteilungskanal und sein Wort, die Bibel, im voraus, was zu wissen für den Menschen gut ist. — Amos 3:7.
Wenn sich jedoch die Menschen von Jehova abwenden und dem einzigen, der die Zukunft kennt, entfremdet werden, fallen sie leicht spiritistischem, dämonischem Einfluß zum Opfer. Saul ist solch ein auffallendes Beispiel; zuerst schaute er zu Jehova auf, um etwas über künftige Ereignisse zu wissen, aber als ihm wegen Untreue keine Mitteilungen mehr zugingen, wandte er sich den Dämonen als Ersatz für göttliche Führung zu. (1. Sam. 28:6, 7; 1. Chron. 10:13, 14) Mache auf keinen Fall denselben Fehler!