Veränderte Einstellung zu den Kirchen
VOR einigen Jahren waren die Kirchen im allgemeinen geachtet. Hast du hierin eine Änderung beobachtet? Fällt dir in dem, was du heutzutage über die Kirchen liest oder hörst, ein immer kritischerer Ton auf?
Es ist heute erstaunlich, wie häufig die Nachrichtenmittel, wenn sie nicht unmittelbar Kritik üben, doch schnell dabei sind, Schwierigkeiten der Kirchen zu beschreiben. Betrachte einige der jüngsten Berichte.
ZEITSCHRIFTEN ZEIGEN NIEDERGANG DER KIRCHE
In der Ausgabe vom 4. Oktober vergangenen Jahres stellte die Zeitschrift „Newsweek“ in großen weißen Buchstaben auf rotem Titelblatt die Frage: HAT DIE KIRCHE IHRE SEELE VERLOREN? Der Artikel in der Zeitschrift konzentrierte sich mit folgenden Worten auf die größte Religionsgemeinschaft der Christenheit: „‚Die katholische Kirche befindet sich in einem einzigen gottverdammten Durcheinander‘, klagt ein liberaler Monsignore, der den Bischöfen, für die er arbeitet, einen großen Teil der Schuld zuschreibt. Und in der ihnen eigenen zurückhaltenden Art stimmen einige Angehörige der Hierarchie zu. ,Die Kirche befindet sich in Unordnung‘, gab Bischof Joseph Bernardin zu.“
In der Ausgabe vom 19. Oktober der Zeitschrift „Look“ hieß es auf dem Titelblatt: DIE SCHWINDENDE MACHT DES VATIKANS. Innen war der gewagte Titel zu lesen: DIE MACHT UND DER GLANZ VERGEHEN. Im letzten Absatz des Artikels hieß es: „Die römisch-katholische Kirche hat drei Klassen von Mitgliedern — die Hierarchie, die Geistlichen und die Laien, bei denen die Verheerung gewaltig ist.“
Auch in der Zeitschrift „U.S. News & World Report“ vom 1. November stand unter der Artikelüberschrift NEU KONTRA ALT — DAS RINGEN UNTER DEN KATHOLIKEN in fettgedruckter Schrift: „Überall nehmen die Schwierigkeiten für die größte Kirche des Christentums zu.“ In dem Artikel hieß es, eine von einem Jesuiten durchgeführte Untersuchung zeige, daß in den Vereinigten Staaten die Zahl der „geweihten Diözesanpriester von 1 694 im Jahre 1965 auf 1 226 im Jahre 1970 sank — und daß die Zahl der Ausscheidenden in jenem Zeitraum von 166 auf 1 578 anstieg“.
KIRCHENFÜHRER ÄUSSERN BESORGNIS
Im Oktober brachten die Zeitungen fast täglich bedenkliche Berichte über das Treffen katholischer Kirchenführer in Rom. Unter der Überschrift SYNODE VON DER GEFAHR FÜR SEMINARE IN KENNTNIS GESETZT berichtete die in Boston erscheinende Zeitung „Herald Traveler“ vom 2. Oktober: „Kardinal Gabriel Marie Garrone aus Frankreich wies gestern die dritte internationale Synode römisch-katholischer Bischöfe warnend darauf hin, daß das System der Seminare zufolge der Zweifel, die die Priesterschaft erfaßten, zusammenzubrechen drohe. ...
‚Es besteht die Gefahr, daß die Seminare zu bestehen aufhören‘, sagte der französische Kardinal. ,Ihr Verfall geht langsam immer weiter.‘“
Unter der Überschrift SORGENVOLLE ZEITEN FÜR DEN PRIESTERBERUF hieß es in der „New York Times“ vom 10. Oktober: „Die Synodenväter ... führen erst seit einer Woche ihre Besprechungen, aber eine Tatsache ist bereits unbestreitbar: Die Kirche steht vor einer ernsten internationalen Krise für die Priesterschaft, und die Bischöfe wissen das. ...
Umfragen aus praktisch jedem hier vertretenen Land zeigen, daß es wenige Seminaristen gibt und daß von denen, die bereits die Priesterweihe empfangen haben, eine beträchtliche Anzahl ausscheidet.“
Am darauffolgenden Tag, am 11. Oktober, berichtete die in Los Angeles erscheinende Zeitung „Herald-Examiner“: „‚Laßt uns doch jetzt verheiratete Männer weihen‘, sagte der Erzbischof aus der Zentralafrikanischen Republik. ,Andernfalls werde ich innerhalb von 10 Jahren wieder Zwiebeln pflanzen müssen.‘
Ndayen äußerte die Befürchtung, daß die Priesterschaft austrocknen und die katholische Kirche selbst verdorren könnte.
Viele seiner 209 Mitdelegierten auf der dritten internationalen Bischofssynode stimmten dem zu.“
Aus Berichten geht hervor, daß auch andere Kirchen im Verfall begriffen sind. In der Zeitschrift „The Alabama Baptist“ hieß es: „Die Konfessionsführer sind bestürzt über die schnelle Abwanderung einiger ihrer am besten geschulten Geistlichen; gemäß einigen Schätzungen verlassen jedes Jahr bis zu 10 000 Pastoren und Priester die Kirchen amerikanischer Konfessionen, wie der erste Kaplan im Georgia Baptist Hospital, Atlanta, erklärte.“
Unter der Überschrift RABBINER ERKLÄRT DER GEMEINDE, SYNAGOGEN STÜNDEN VOR KRISE berichtete die in Los Angeles erscheinende „Times“: „‚In diesem Jahr gab es eine Flut von Artikeln und Erklärungen jüdischer Intellektueller, Laien, junger Leute und Rabbiner über die Leere des Synagogenlebens‘, sagte Rabbiner Lewis M. Barth.“
FEINDSELIGKEIT GEGEN KIRCHEN
In einigen Berichten kommt strenge Kritik an den Kirchen zum Ausdruck, die so weit geht, daß einige Personen sogar zur Feindseligkeit gegen sie aufgereizt werden können. Ein Beispiel dafür ist der im Oktober im „Reader’s Digest“ (engl.) erschienene Artikel: MÜSSEN UNSERE KIRCHEN DIE REVOLUTION FINANZIEREN? Darin wird behauptet: „Der Weltkirchenrat gebraucht die Macht und die Mittel der Kirchen, um in den Vereinigten Staaten und in Afrika den Aufruhr zu unterstützen.“
Auch die römisch-katholische Kirche hat die Revolution gutgeheißen, wenn sie dem Zweck dient, die „Tyrannei“ zu besiegen. Daher sind jetzt etliche Geistliche Revolutionäre. Zufolge ihrer Tätigkeit werden die Kirchen immer mehr angegriffen.
Im vergangenen Herbst enthielt ein Bericht der britischen Zeitung „The Guardian“ über die neue Militärregierung von Oberst Banzer die Überschrift: BOLIVIEN GEHT GEGEN KIRCHE VOR. Darin wurde berichtet: „Die vorherzusagenden Maßnahmen des neuen Regimes Banzer gegen die sogenannte progressive Kirche in Bolivien scheinen begonnen zu haben. Erste Hinweise waren der Tod von Pater Maurice Lefevre ... Weitere Priester halten sich noch versteckt und behaupten, es sei Befehl gegeben worden, sie sofort zu erschießen.“
Auf ähnliche Weise geht man in anderen Ländern vor. In der in Miami erscheinenden Zeitung „Herald“ vom 15. Oktober wurde berichtet: „In Panama sind gegen mehrere römisch-katholische Priester Ermittlungen wegen angeblicher regierungsfeindlicher Umtriebe im Gange.“
In einem Bericht aus Brasilien, den die in San Antonio erscheinende „Express/News“ brachte, hieß es, daß „in der vergangenen Woche vier Geistliche des Dominikanerordens aufgrund von Anklagen wegen Staatsgefährdung verurteilt“ worden seien.
Unter der Überschrift RAZZIA AUF WOHNUNGEN VON GEISTLICHEN UND LEHRERN IN SÜDAFRIKA wurde in der „New York Times“ vom 26. Oktober erklärt: „Die Sicherheitspolizei Südafrikas machte eine Razzia auf die Wohnungen von Geistlichen ... als eine das ganze Land umfassende Aktion gegen Staatsgefährdung.“
In der in Baltimore erscheinenden „Sun“ vom 4. Oktober wurde berichtet, daß in Argentinien „in der vergangenen Woche 47 Priester festgenommen und drei Tage in Haft gehalten wurden“. In der Zeitung hieß es, dies sei die jüngste Kundgebung der „Bereitschaft der Regierung, gewaltsam zu unterdrücken, was sie als revolutionäre Umtriebe von Radikalen in der Soutane betrachtet“.
Zwar ist dies in anderen Ländern allgemein nicht der Fall gewesen, doch haben kommunistische Regierungen schon lange unterdrückende Maßnahmen gegen die Kirchen ergriffen. Ein Sprecher erklärte: „Kommunistische Regierungsformen haben in den verschiedenen Ländern, in denen sie an der Macht gewesen sind, eine antireligiöse Politik betrieben.“
Über die Haltung der Sowjetunion gegenüber den Kirchen hieß es in der Novemberausgabe des „Reader’s Digest“ (engl.): „Es sind reichlich Beweise für Massenschließungen von Kirchen sowie dafür vorhanden, daß Tausende von Christen belästigt oder in Arbeitslager geschickt wurden, bloß weil sie eine Bibel hatten.“ China, das größte kommunistische Land, ist vielleicht noch feindseliger gegen die Kirchen eingestellt. In dem Werk „World Book Encyclopedia“ für 1970 wird erklärt: „Die Regierung verbietet missionarische Tätigkeit und offiziellen religiösen Unterricht in Kirchen, Wohnungen oder Schulen.“
Der Kommunismus beherrscht bereits ein Drittel der Weltbevölkerung, und sein Einfluß nimmt zu. Dies zeigte sich erneut am 25. Oktober, als das kommunistische China mit überwältigender Stimmenmehrheit in die internationale Organisation der Vereinten Nationen aufgenommen wurde. Auf diese Weise wird China neben der Sowjetunion ein ständiges Mitglied des mächtigen Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Bedeutsam ist auch der jähe Niedergang der Kirchen in Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten, den anderen ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates.
Was bedeutet dies? Wohin führt diese Tendenz der Feindseligkeit gegen die Kirchen überall in der Welt? Zweifellos ist eine große Veränderung in der Gesellschaftsordnung nahe. Könnte es sein, daß die Religion, die es versäumt hat, sich an die Bibel zu halten, von der Bildfläche verschwinden wird? Es würde sich für dich lohnen, dies zu untersuchen.