Ist die Bibel lediglich das Produkt menschlicher Weisheit?
FÜR viele ist die Bibel lediglich ein Buch, das weise Männer des Altertums geschrieben haben. Doch die Bibel selbst sagt dies nicht. Sie erhebt den Anspruch, ein von Gott inspiriertes Buch zu sein (2. Sam. 23:2; 2. Tim. 3:16; 2. Petr. 1:20, 21). Wenn das zutrifft, müßte sie überzeugende Beweise dafür enthalten, daß sie nicht lediglich das Produkt weiser Männer früherer Zeiten sein kann.
Gibt es solche Beweise? Enthält die Bibel ein genaueres Wissen über bestimmte Themen als andere Quellen aus alter Zeit? Ist sie frei von falschen Ansichten, die zu der Zeit vorherrschten, als die verschiedenen Teile der Bibel verfaßt wurden? Hält sie einer Untersuchung im Lichte des heutigen Wissens stand?
WISSEN ÜBER DIE ERDE
Heute wissen wir mit Sicherheit, daß die Erde nicht auf Stützen ruht. Doch zu der Zeit, als die älteren Teile der Bibel geschrieben wurden, hatten die Menschen im allgemeinen eine andere Vorstellung. Gemäß einer der damals weitverbreiteten Ansichten war die Erde eine runde Scheibe, die von vier Elefanten gestützt wurde, die wiederum auf einer großen Seeschildkröte standen.
Hatten solche Vorstellungen auf die Bibel einen Einfluß? Nein. In Hiob 26:7 heißt es: „[Gott] spannt den Norden aus über dem leeren Raum, hängt die Erde auf an nichts.“ Diese exakte Angabe hat schon vor langer Zeit Bibelgelehrte beeindruckt. So schrieb zum Beispiel F. C. Cook im neunzehnten Jahrhundert: „Sie [die Bibel] stellt einen ungewöhnlich energischen Protest gegen die unter allen Heiden weit verbreiteten abergläubischen Ansichten dar ... Hiob weiß nichts von festen Grundlagen, die die gewaltige Erde stützen. Wie Hiob von der durch die Astronomie erwiesenen Tatsache, daß die Erde im leeren Raum schwebt, erfahren hat, ist eine Frage, die wohl kaum jemand beantworten kann, der die Inspiration der Bibel leugnet.“
Was die Bibel über die Erde sagt, ist, verglichen mit ihrem Gesamtinhalt, nur etwas Beiläufiges. Die Bibel liefert vor allem vernünftigen Rat darüber, wie man ein Leben führen kann, das im Einklang mit Gottes Willen ist. Ihr Inhalt müßte daher logischerweise weit über dem stehen, was unvollkommene Menschen, die sich nicht an die Bibel halten, als Anleitung empfohlen haben oder noch empfehlen.
VERNÜNFTIGER MEDIZINISCHER RAT
Als Beispiel diene das Gesetz, das dem Volk Israel vor dreieinhalb Jahrtausenden durch Moses gegeben wurde. Es sollte unter anderem die Gesundheit und das Wohlergehen des Volkes schützen. Wenn sich die Israeliten gehorsam an dieses Gesetz hielten, würde es ihnen in gesundheitlicher Hinsicht gutgehen. (Vergleiche 2. Mose 15:26; 3. Mose 26:14-16.) Handelte es sich dabei um ein unbegründetes Versprechen, oder hatten die im mosaischen Gesetz geforderten Maßnahmen tatsächlich vorteilhafte Auswirkungen?
Selbst nachdem die Israeliten das Gesetz erhalten hatten, herrschten in den bedeutenden Kulturen auf medizinischem Gebiet keine allzu fortschrittlichen Vorstellungen. Der französische Arzt und Gelehrte Georges Roux schreibt: „Sowohl die Diagnose als auch die Prognose mesopotamischer Ärzte war eine Mischung aus Aberglauben und genauer Beobachtung.“ Von ägyptischen Ärzten und ihren Heilmitteln heißt es: „Aus den alten medizinischen Papyri, die erhalten geblieben sind und deren umfangreichster der Papyrus Ebers ist, wissen wir, daß das medizinische Wissen dieser Ärzte rein empirisch und völlig unwissenschaftlich war und größtenteils auf Magie beruhte. Obgleich sich ihnen genügend Gelegenheiten boten, die Anatomie des Menschen kennenzulernen, wußten sie so gut wie nichts darüber“ (The International Standard Bible Encyclopaedia, Bd. IV, S. 2393).
Die meisten im Papyrus Ebers aufgeführten Rezepte waren nicht nur wertlos, sondern viele davon waren auch ziemlich gefährlich. Das traf besonders auf Heilmittel zu, für die menschliche oder tierische Exkremente verwendet wurden. Zur Behandlung von Wunden, von denen der Schorf abgefallen war, wurde ein Breiumschlag empfohlen, der aus den Exkrementen eines Menschen, eines Schriftgelehrten, bestand, die gründlich mit frischer Milch vermischt werden sollten. Zur Entfernung von Splittern sollte folgendes Mittel dienen: „Blut von Würmern kochen und in Öl zerdrücken; Maulwurf töten, kochen und in Öl ausdrücken; Eselsmist mit frischer Milch vermischen. Auf die offene Stelle auftragen.“ Statt Erleichterung zu schaffen, konnte diese Anwendung von Mist nur zu verschiedenen gefährlichen Infektionen wie Tetanus (Wundstarrkrampf) führen.
Die Anweisungen des mosaischen Gesetzes waren nicht von irrigen Vorstellungen, wie sie im Papyrus Ebers zu finden sind, beeinflußt. Menschliche Exkremente wurden zum Beispiel im mosaischen Gesetz als etwas Unreines bezeichnet und sollten mit Erde bedeckt werden. In den für ein Heerlager bestimmten Vorschriften hieß es ausdrücklich: „Dir soll ein Platz außerhalb des Lagers sein! Dort tritt aus! In deinem Gürtel sollst du einen Spaten tragen! Grabe damit ein Loch, wenn du draußen niederkauern mußt, und bedecke wieder deinen Kot!“ (5. Mose 23:13, 14, Rießler, Storr). Der Unterschied zwischen dem mosaischen Gesetz und den ägyptischen Bräuchen ist wirklich erstaunlich, wenn man bedenkt, daß Moses, durch den Gott den Israeliten das Gesetz gab, „in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen“ worden war (Apg. 7:22).
Hätte man in den letzten Jahrhunderten eingesehen, daß durch bestimmte Vorkehrungen des mosaischen Gesetzes höhere Weisheit zum Ausdruck kommt, so wären viele Todesfälle zu vermeiden gewesen. Noch im vorigen Jahrhundert war die Sterblichkeitsziffer in Europa erschreckend hoch, weil die Ärzteschaft keine vernünftigen Hygienevorschriften kannte. Auf vielen Wöchnerinnenstationen starb ungefähr jede vierte Frau an Kindbettfieber. Was war der Grund? Medizinstudenten, die im Seziersaal mit Toten zu tun hatten, begaben sich gewöhnlich direkt auf die Wöchnerinnenstation und führten Untersuchungen durch, ohne sich auch nur die Hände zu waschen. So wurden Krankheitserreger von den Toten auf die Lebenden übertragen. Dem Arzt I. P. Semmelweis, der in der Wiener Gebärklinik arbeitete, fiel dies auf, und er ordnete an, daß Studenten vor einer Untersuchung ihre Hände in Chlorwasser zu waschen hätten. Die Todesfälle auf der Wöchnerinnenstation gingen daraufhin deutlich zurück. Es starb nun nur noch etwa jede achtzigste Frau statt ungefähr jede vierte.
Später setzte Semmelweis seine Arbeit in Ungarn, seinem Geburtsland, fort und erlangte für sein Verfahren die staatliche Anerkennung. Europas Ärzteschaft als Ganzes stand jedoch dem Händewaschen ablehnend gegenüber. Der Herausgeber der Wiener Ärztezeitung erklärte sogar, man müsse „dem Unsinn, die Hände in Chlorwasser zu waschen“, ein Ende bereiten. Im Jahre 1861 veröffentlichte Semmelweis eine Abhandlung über seine Ergebnisse und sein Verfahren und sandte sie an bekannte Geburtshelfer und an Ärztevereinigungen. Die medizinische Welt reagierte darauf ungünstig. Auf einer Konferenz deutscher Ärzte und Naturwissenschaftler sprachen sich die meisten Referenten gegen Semmelweis’ vernünftigen medizinischen Standpunkt aus.
Die europäischen Ärzte und Wissenschaftler des neunzehnten Jahrhunderts hielten sich für gelehrte Männer, doch lehnten sie — zweifellos unwissentlich — die höhere Weisheit ab, die Jahrtausende zuvor durch die Hygienevorschriften des mosaischen Gesetzes zum Ausdruck kam. In diesem Gesetz wurde erklärt, daß jeder, der einen Toten berührte, unrein wurde und sich einer Reinigung zu unterziehen hatte, indem er sich badete und seine Kleider wusch. Er sollte sieben Tage unrein sein und mußte während dieser Zeit jede körperliche Berührung mit anderen vermeiden. Jeder, den er zufällig berührte, sollte bis zum Abend des betreffenden Tages unrein sein. Durch diese Maßnahmen wurde verhindert, daß Erreger tödlicher Krankheiten von Leichen auf Lebende und von einer Person auf eine andere übertragen wurden (4. Mose 19:11-22).
Man stelle sich vor, wie viele Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn die Ärzteschaft des vergangenen Jahrhunderts das mosaische Gesetz als von Gott stammend betrachtet hätte! Zweifellos wäre man dann vorsichtiger mit den Lebenden und den Toten umgegangen.
Auf bestimmten Gebieten hat man erst in neuerer Zeit erkannt, wie weise die Erklärungen der Bibel sind. Ein Beispiel dafür ist das Gebot der Beschneidung, das Abraham gegeben wurde und das später auch im mosaischen Gesetz erschien. Es sah vor, daß die Beschneidung erst am achten Tage nach der Geburt eines Knaben erfolgen sollte (1. Mose 17:12; 3. Mose 12:2, 3). Aber weshalb am achten Tage?
Heute weiß man, daß es dafür vernünftige medizinische Gründe gibt. Man hat festgestellt, daß der Organismus eines Kleinkindes nicht vor dem fünften bis siebenten Tag die Normalmenge des Blutgerinnungsfaktors Vitamin K enthält. Prothrombin, ein weiterer wichtiger Gerinnungsfaktor, scheint am achten Tag in einer größeren Menge vorhanden zu sein als zu irgendeiner anderen Zeit im Leben eines Kindes. Gestützt auf diese Anzeichen, kommt S. I. McMillen, Arzt an einem College, zu dem Schluß: „Am vorzüglichsten eignet sich der achte Tag für die Beschneidung“ (None of These Diseases, S. 22, 23).
Fiel die Wahl rein zufällig auf diesen Tag? Es ist bemerkenswert, daß, obwohl bei anderen Völkern die Beschneidung schon lange üblich ist, nur diejenigen, die von der Bibel beeinflußt sind, ihre Knaben am achten Tag beschneiden. Ist es daher nicht vernünftig, die Erklärung der Bibel anzunehmen, daß der Schöpfer des Menschen diesen Tag bestimmt hat? Sollte man das nicht auch von dem Einen erwarten, der darauf hinwies, daß Gehorsam gegenüber seinem Gesetz der Gesunderhaltung des Volkes dienlich sei?
Es kann nicht geleugnet werden, daß die Bibel Erklärungen enthält, die von überragender Weisheit zeugen. Zweifellos gibt es deutliche Anzeichen dafür, daß sie nicht lediglich das Produkt menschlicher Weisheit sein kann. Ihre Aussagen zeugen von einer Weisheit, die die weisen Männer der Welt zur Zeit der Niederschrift der Bibel nicht besaßen. Es gibt jedoch noch einen gewichtigeren Faktor, der bezeugt, daß die Bibel ein Buch ist, das von Gott stammt. Worum handelt es sich dabei?
[Bild auf Seite 325]
Jahrhunderte bevor die Menschen die Erde vom Weltraum aus sahen, hieß es in der Bibel, die Erde ‘hänge an nichts’.
[Bild auf Seite 327]
Hätte die Ärzteschaft der Bibel geglaubt, so wäre das Leben vieler Mütter erhalten geblieben.