Ist 1. Johannes 5:7, 8 ein Beweis für die Dreieinigkeit?
Schon seit langer Zeit haben Bibelgelehrte die Echtheit bestimmter Worte aus 1. Johannes 5:7, 8 in Frage gezogen. Weil diese Worte jedoch im Textus receptus („allgemein angenommener Text“) erscheinen, findet man sie in früheren Ausgaben der Luther-Bibel, in der Übersetzung von Allioli und in anderen Übersetzungen. Obwohl sich die Beweise, daß diese Worte unecht sind, häufen, scheint es den Verfechtern der Dreieinigkeitslehre schwerzufallen, diese Worte aus ihren Bibelübersetzungen zu streichen.
So bemerkt zum Beispiel der bekannte katholische Bibelgelehrte Monsignore Knox in einer Fußnote zu seiner Übersetzung (1944): „Dieser Vers erscheint in keinem guten griechischen Manuskript. Aber in den lateinischen Übersetzungen mag der echte Text erhalten geblieben sein.“ In der katholischen Pattloch-Bibel lauten die Verse: „Denn drei sind es, die Zeugnis geben [im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese drei sind eins. Und drei sind, die Zeugnis geben auf Erden]: der Geist und das Wasser und das Blut, und diese drei beziehen sich auf das Eine.“ In einer Fußnote dieser Übersetzung heißt es: „Die in Klammern gesetzten Stücke von Vers 7f (das sog. ,Comma Joanneum‘) sind in den besten Textzeugen nicht überliefert und eine spätere Ergänzung, die sich im lateinischen Text verbreitet hat.“ In der katholischen Übersetzung des Neuen Testaments von Jakob Schäfer (vollständig neu bearbeitet von Nikolaus Adler, Imprimatur 1957) wird in einer Fußnote zu den Versen 6 bis 9 der Wortlaut der Vulgata wiedergegeben. Die Erläuterung dazu im Anhang dieser Ausgabe lautet: „Man beachte sehr die oben im Text angegebene Vulgatalesart zu dieser Stelle ... Nach Inhalt und Umfang bringt dieser Text in vollendetster und knappster Form das Dreifaltigkeitsdogma anschaulich zum Ausdruck. Wenn sich auch seine Echtheit heute wissenschaftlich nicht mehr verteidigen läßt, so bleibt er doch unter allen Umständen ein wichtiges Zeugnis der kirchlichen Tradition.“
Das Neue Testament von Otto Karrer (Imprimatur 1959) enthält zu Vers 7 eine Fußnote, in der unter anderem darauf hingewiesen wird, daß der in den griechischen Handschriften fehlende Text eine spätere Glosse darstelle und irrtümlich eingefügt worden sei. Dann heißt es aber: „Wenn auch dieser ausführlichere Text in den griechischen und ältesten lateinischen Handschriften fehlt, entspricht doch der Inhalt dem sonstigen Zeugnis des Joh und des Neuen Testamentes überhaupt und ist seit Jahrhunderten durch den Gebrauch in der Liturgie geheiligt.“ Die Jerusalemer Bibel (1968) gibt in einer Fußnote zu den Versen 7 und 8 ebenfalls den in der Vulgata erscheinenden Text wieder und bemerkt dazu: „Der Text dieser Verse ist in V[ulgata] durch einen Einschub erweitert ..., der in den alten griechischen Hss [Handschriften], den alten Üss [Übersetzungen] und den besten Hss von V fehlt und der als eine Randglosse erscheint, die später in den Text eindrang.“
Interessanterweise finden sich die betreffenden unechten Worte nicht in der 1972 erschienenen Übersetzung des Neuen Testaments von Ulrich Wilckens. Doch wie gelangten sie in die Bibelmanuskripte? Wahrscheinlich setzte sie ein übereifriger Abschreiber bewußt hinzu, um die Lehre von der Dreieinigkeit zu stützen. Doch weder hier noch an einer anderen Stelle in der Bibel findet sich ein Beweis für diese falsche Lehre.