Alle Menschen sind gleich — Inwiefern?
IST es für Männer und Frauen aus allen Nationen möglich, sich als Gleichgestellte zu betrachten — und dementsprechend zu handeln? Solange man die gegenwärtige Weltordnung als Maßstab nimmt, sicher nicht. Doch wir können überzeugt sein, daß es möglich ist. Wieso? Weil Millionen Christen bereits den Beweis dafür erbracht haben.
Es ist allgemein bekannt, daß das wahre Christentum auf Gleichheit basiert. Zum Beispiel schrieb der Apostel Paulus: „Da ist kein Unterschied mehr zwischen Juden und Griechen, zwischen Knechten und freien Herren, zwischen Mann und Frau. Ihr seid alle dasselbe: nämlich Gottes freie Menschen, so gewiß ihr Christus zugehört“ (Galater 3:28, Zink). Waren das aber nur idealistische Worte? Wie sah es in der Praxis unter den ersten Christen aus, die in einer Welt voller Ungleichheit lebten?
Es ist schon viel über den großen Einfluß geschrieben worden, den die ersten Christen auf die Welt ihrer Tage hatten, weil unter ihnen die von Jesus Christus gelehrte Brüderlichkeit tatsächlich praktiziert wurde. Eberhard Arnold sagt in seinem Buch The Early Christians After the Death of the Apostles (Die ersten Christen nach dem Tod der Apostel):
„Da alle Christen nach demselben Maßstab gerichtet wurden und alle dieselbe Berufung hatten, genoß jeder ihrer Mitverbundenen das gleiche Ansehen als Bruder. Daraus ergaben sich die Gleichheit und die Gemeinsamkeit in allen Dingen. Aufgrund des gleichen Ansehens hatten alle den gleichen Titel sowie die gleiche Verpflichtung zu arbeiten; alle hatten im Leben die gleiche Chance. ... Die gegenseitige Achtung der ersten Christen hatte eine soziale Solidarität zur Folge, die auf Liebe und auf einer völligen Gleichheit der Geburt gegründet war.“
Welch ein hervorragendes Zeugnis für eine von Gott gegebene Einheit!
Gleichgestellte in e i n e m Leib
Jedes Glied der Christenversammlung des 1. Jahrhunderts hatte gewisse natürliche Fähigkeiten und Eigenschaften. Einige mögen hervorragende Talente auf dem Gebiet der Musik gehabt haben, während andere vielleicht über ein besseres Erinnerungsvermögen oder über größere Körperkräfte verfügten. Außerdem wurden ihnen durch den heiligen Geist zwar unterschiedliche, aber sich ergänzende Gaben und Fähigkeiten verliehen. Paulus konnte daher schreiben: „Denn so, wie der Leib e i n e r ist, aber viele Glieder hat, und alle Glieder dieses Leibes, obschon ihrer viele sind, e i n Leib sind, so ist auch der Christus. Denn wahrlich, durch e i n e n Geist sind wir alle zu e i n e m Leib getauft worden, ob Juden oder Griechen, ob Sklaven oder Freie“ (1. Korinther 12:11-13). Alle waren Prediger, obwohl es recht verschiedene „Gaben in Form von Menschen“ gab, wie diejenigen, die die Herde hüteten, prophetisch genannt wurden (Epheser 4:8; Psalm 68:18).
Das griechische Wort für Aufseher — geistig reife Männer — lautet epískopoi. Über das verwandte Verb episkopéō (Aufsicht üben) sagt W. E. Vine: „Das Wort beschreibt nicht den Beginn einer solchen Verantwortung, sondern die Erfüllung dieser Aufgabe. Es geht nicht darum, eine Stellung zu übernehmen, sondern um das Ausführen der damit verbundenen Verpflichtungen.“ Mit den ernannten Aufsehern arbeiteten die diákonoi zusammen. Dieses griechische Wort wird mit „Diener“, „Dienstamtgehilfen“ oder „Diakone“ übersetzt. W. E. Vine zeigt, daß es „in erster Linie einen Diener beschreibt, ob er nun Sklavenarbeit verrichtet oder einen freiwilligen Dienst leistet, ohne besonders auf die Art der Tätigkeit Bezug zu nehmen“. Das Vorrecht des Dienens stand bei jedem Amt im Vordergrund. Es wurde kein Nachdruck auf die Stellung gelegt, da alle Anbeter vor Gott gleich waren; sie waren alle seine Diener.
Jesus wählte zwar 12 Männer als seine Apostel aus, doch es gab auch einige Frauen, die sich seiner Gemeinschaft erfreuten. Sie waren sehr eifrig, und von Maria Magdalene, Johanna und Susanna heißt es direkt, daß sie Jesus dienten. Zu Pfingsten 33 u. Z. wurden auch Frauen die Gaben des heiligen Geistes verliehen. Sie konnten öffentlich in fremden Sprachen sprechen und über die Wahrheiten ihres christlichen Glaubens Zeugnis ablegen. Die christlichen Schwestern übernahmen allerdings nicht die Führung beim Lehren in der Versammlung. Aber sie beteiligten sich zusammen mit den Brüdern an der öffentlichen Verkündigung des Wortes Gottes (Lukas 8:1-3; Apostelgeschichte 1:14; 2:17, 18; 18:26).
Die ersten Christen waren auch in persönlichen Belangen ein Vorbild dafür, wie man einander helfen kann. Als zum Beispiel zu Pfingsten 33 u. Z. in Jerusalem viele Besucher mit dem wunderbaren Werk der Apostel in Berührung kamen, blieben sie länger als vorgesehen, weshalb ihnen sowohl die Nahrungsmittel als auch das Geld ausgingen. Im Bibelbericht heißt es jedoch: „Nicht einer unter ihnen litt Not; denn alle, die Besitzer von Feldern oder Häusern waren, verkauften sie und brachten den Wert der verkauften Dinge“, damit sie unter der Leitung der Apostel verteilt werden konnten. Welch ein wunderbarer Geist wurde dadurch offenbar! Die ersten Christen bewiesen, daß sich die Liebe und die Gleichheit in die Tat umsetzen lassen. Sie hatten tatsächlich „alles gemeinsam“ (Apostelgeschichte 4:32, 34, 35).
Echte Gleichheit heute
Angesichts der trennenden Grenzen und sozialen Unterschiede, die heute in der Welt bestehen, ist es nicht leicht, die ersten Christen nachzuahmen. Aber genau das ist schon immer eines der Ziele der Zeugen Jehovas gewesen. Und es gibt ausreichend Beweise, daß sie ihren Vorbildern sehr erfolgreich nacheifern. In der Encyclopedia Canadiana heißt es:
„Das Werk der Zeugen Jehovas ist eine Neubelebung und Wiederherstellung des von Jesus und seinen Nachfolgern im ersten und zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung praktizierten Glaubens. ... Alle sind Brüder.“
Genau wie vor 1 900 Jahren leistet diese christliche Bruderschaft auch heute in Notsituationen praktische Hilfe. Als im November 1980 Teile von Italien durch ein schweres Erdbeben erschüttert wurden, traf noch am selben Abend der erste Lastwagen mit Hilfsgütern, die von Zeugen Jehovas zur Verfügung gestellt worden waren, in dem betroffenen Gebiet ein. Ein Bericht lautet wie folgt:
„Die Brüder waren überrascht, wie schnell die notwendige Hilfe eintraf. Wir stellten sofort unsere eigene Küche auf, von der aus das Essen, das Schwestern kochten, jeden Tag an die Brüder verteilt wurde. Die anderen Bewohner des Ortes hatten noch keine Unterstützung erhalten und halfen sich selbst, so gut es ging. Natürlich waren die Brüder nicht selbstsüchtig und teilten das Essen mit vielen Nichtzeugen.“
Nach dem Tod von König Sobhusa II. von Swasiland im August 1982 begann man, Jehovas Zeugen in diesem Land zu verfolgen, weil sie sich nicht an den traditionellen religiösen Trauerriten beteiligten. In Großbritannien wurden daraufhin ein weißer und ein schwarzer Zeuge Jehovas gemeinsam vor dem Hochkommissariat für Swasiland vorstellig, um für ihre Glaubensbrüder eine Erleichterung zu erwirken. Nachdem der swasiländische Beamte eine Weile zugehört hatte, wandte er sich an den schwarzen Zeugen, einen gebildeten Mann in leitender Stellung, und fragte ihn: „Aber warum sind Sie hier?“ Seine Antwort lautete: „Weil ich um das Wohlergehen meiner christlichen Brüder in Ihrem Land besorgt bin.“ Dem Beamten war es unverständlich, daß sich ein so wohlhabender Mann auf die gleiche Stufe mit Afrikanern stellen konnte, die in einem Land lebten, das er noch nicht einmal besucht hatte.
Sollte man angesichts dieser Tatsachen nicht einmal eine Zusammenkunft der Zeugen Jehovas in ihrem örtlichen Königreichssaal oder einen ihrer größeren Kongresse besuchen, um das alles selbst festzustellen? Du wirst dort eine Gemeinschaft vorfinden, in der du willkommen bist, ob du nun jung oder alt, arm oder reich bist, ob du eine Hochschulbildung oder gar keine Schulbildung genossen hast. Alle sind Brüder und Schwestern, und niemand wird an seiner Rasse, Vergangenheit oder weltlichen Stellung gemessen. Jeder wird wegen seiner christlichen Persönlichkeit und seiner Eigenschaften geschätzt.
Es gibt ernannte Älteste und Dienstamtgehilfen, da man sich, was das Lehren betrifft, an dem Muster der Christenversammlung des ersten Jahrhunderts orientiert. Und auf der ganzen Erde herrscht in den Zusammenkünften Gleichheit und Eintracht. So erklärte ein Geistlicher der Kirche von England:
„Jede Zusammenkunft, sei sie formell oder informell, dient der intensiven Unterweisung. Von den Mitgliedern wird erwartet, sich auf ihre Zusammenkunft am Sonntag vorzubereiten, indem sie den Wachtturm-Artikel durchlesen, die Bibelstellen nachschlagen und Antworten zu den Fragen ausarbeiten, die ihnen im voraus bekannt sind. Die Zusammenkünfte selbst zeichnen sich durch eine gute Beteiligung der Mitglieder aus. Sie werden durch das Wissen gestärkt, daß dieselbe Belehrung gleichzeitig in der ganzen Welt vermittelt wird.“
Wenn du die vorliegende Ausgabe des Wachtturms an dem auf Seite 2 angegebenen Datum zur Zusammenkunft im örtlichen Königreichssaal mitnimmst, kannst du eine solche Besprechung mitverfolgen.
Bei diesen Erörterungen wird oft über die Hoffnung der Versammlungsglieder gesprochen: ein Leben in einem irdischen Paradies. Dort wird es keine Kriege mehr geben, und die Menschen werden ihre Talente für konstruktive Tätigkeiten einsetzen können und sich wirklich an dem „Werk ihrer eigenen Hände“ erfreuen. Alle gehorsamen Menschen werden dann unter der Herrschaft des Königreiches Gottes leben. Es wird keinen Hunger mehr geben, da die Erde für alle Nahrung im Überfluß hervorbringen wird. Krankheiten werden der Vergangenheit angehören, und alle Bewohner der Erde werden sich in gleicher Weise ihres Lebens erfreuen, da sie vollkommen gesund sein werden (Jesaja 2:4; 33:24; 65:22, 23; Sacharja 8:11, 12).
Ja, diese Hoffnung ist für Christen eine Realität. Sie wissen auch, daß die gegenwärtige Struktur der Christenversammlung im erdenweiten Paradies weiterbestehen wird. Man wird auf der bereits gelegten soliden Grundlage zur völligen Abschaffung aller Rassenschranken und nationalen Grenzen aufbauen können. Warum sind wir in dieser Hinsicht so sicher? Weil die Bibel voraussagt, daß Christen „aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Zungen“ weiterhin Jehova in Wahrheit anbeten werden. Sie haben alle die gleiche Stellung vor ihm. Auch du kannst mit deiner Familie zu ihnen gehören (Offenbarung 7:9, 10).
[Bild auf Seite 7]
In den Zusammenkünften der Zeugen Jehovas wirst du beobachten, daß alle gleich sind