Gebete auf dem Berg Hiei — Ein Durchbruch zum Weltfrieden?
LÄSST sich durch Beten Weltfrieden schaffen? „Der Frieden wird nicht lediglich dadurch zustande kommen, daß man betet. So einfach ist die Sache nicht“, sagte Gijun Sugitani, ein Organisator der Gebetsversammlung, die im August 1987 in Japan stattfand. „Aber ich glaube auch nicht, daß der Frieden ohne Gebet zu realisieren ist.“ Seine Ansicht ist typisch für die Ansicht der etwa 500 japanischen Delegierten und der 24 Vertreter aus Übersee, die 1987 an dem Gipfeltreffen der Religionen in Kioto (Japan) teilnahmen.
Die buddhistische Tendai-Sekte hatte diese Gebetsversammlung als eine Fortsetzung der 1986 in Assisi (Italien) veranstalteten Versammlung angekündigt und sie auf den 1 200. Jahrestag der Eröffnung des Enryakuji-Tempels auf dem Berg Hiei festgesetzt. Vertreter von Buddhisten, nominellen Christen, Konfuzianern, Hindus, Muslimen, Juden, Sikhs und Schintoisten brachten auf dem Berg abwechselnd Gebete dar. War die Versammlung wirklich ein Durchbruch zum Weltfrieden?
Ein „Blumengesteck“
„Das Gipfeltreffen ist ein religiöses Blumengesteck“, erklärte Etai Yamada, Haupt der Tendai-Sekte und Ehrenvorsitzender. „Keine der Blumen verliert die ihr eigene Form und ihren Duft.“ Damit wollte er sagen, solange sich die Religionen in ihrem Wunsch nach Weltfrieden einig seien, könnten alle, vergleichbar mit einzelnen Blumen in einem Gesteck, an ihren einander widersprechenden Glaubensansichten festhalten.
Zu den prominenten „Blumen“ bei der Versammlung zählte die katholische Kirche, vertreten durch Francis Kardinal Arinze vom vatikanischen Sekretariat für Nichtchristen. Er verlas die Botschaft des Papstes, in der es hieß: „Der Friede kann ohne Gebet nicht zustande kommen. ... Krieg kann von wenigen Menschen begonnen werden, für den Frieden sind die Solidarität und das Zusammenwirken aller Menschen notwendig“ (Mainichi Daily News, 5. August 1987, Seite 12).
Wie mächtig ist wohl der Gott, zu dem sie beten, wenn der Weltfrieden „die Solidarität und das Zusammenwirken aller Menschen“ erfordert? Die Delegierten beteten um Frieden, aber sie glauben, er werde durch menschliche Bemühungen zustande kommen. Ihre Gebetsversammlung sollte wie ein dekoratives Blumengesteck imponierend wirken und von ihren eigenen Bemühungen zeugen.
Ein Blumengesteck ist nett anzusehen, doch bald nach dem besonderen Anlaß, für den es gedacht war, verwelken die wurzellosen Blumen, und ihre Pracht schwindet. Mit der Schönheit der einzelnen Blume und der Herrlichkeit des Gestecks ist es schnell vorbei. Man erwartet nicht, daß die Blumen Frucht hervorbringen. Endete dieses Gipfeltreffen ebenso wie ein „Blumengesteck“, nämlich fruchtlos?
Die teilnehmenden religiösen Führungspersönlichkeiten selbst waren mit den Ergebnissen nicht zufrieden. „Man hätte sich gewünscht, deutlichere Äußerungen zu hören, welche Maßnahmen die Religionen künftig ergreifen sollten, doch es hieß, für derartige Diskussionen stehe nicht genügend Zeit zur Verfügung“, schrieb die Zeitung Asahi Evening News. Aber mit einem solchen Ausgang war zu rechnen. „Unsere Absicht ist“, sagte Takaaki Kobayashi, einer der Organisatoren des Gipfeltreffens, „die Vorschläge jeder Religion zu hören, wie am besten Frieden herbeigeführt werden kann. Als Grundregel gilt, daß sich jeder Teilnehmer die Ansichten der anderen anhören soll, ohne sie zu kommentieren, darauf etwas zu erwidern oder darüber zu debattieren.“ Man bemühte sich bei der Gebetsversammlung lediglich, zuzuhören, nicht zu handeln. Daher wurde bei dem Treffen „nicht deutlich formuliert, wie die Ziele des Gipfels zu erreichen seien“.
War es etwas für wahre Christen?
Wer sich bemüht, Jesus Christus nachzufolgen, fragt sich vielleicht, ob ein Christ an einer solchen Gebetsversammlung teilnehmen sollte. Der Umstand, daß sie auf dem Berg Hiei, dem heiligen Berg einer buddhistischen Sekte, stattfand, gibt zu denken. Kann man sich vorstellen, Jesus Christus würde auf einen heiligen Berg der Buddhisten steigen, um für den Frieden zu beten?
Der Apostel Paulus warnte die Nachfolger Jesu Christi mit den Worten: „Laßt euch nicht in ein ungleiches Joch mit Ungläubigen spannen. Denn welche Gemeinschaft besteht zwischen Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Teilhaberschaft hat Licht mit Finsternis? Welche Harmonie besteht ferner zwischen Christus und Belial? Oder welchen Anteil hat ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welche Übereinkunft besteht zwischen Gottes Tempel und Götzen? ... ‚„Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab“, spricht Jehova, „und hört auf, das Unreine anzurühren“‘; ‚„und ich will euch aufnehmen“‘“ (2. Korinther 6:14-17).
Würde sich ein Christ nicht durch Gebete bei einem interreligiösen Treffen auf einem heiligen Berg der Buddhisten „in ein ungleiches Joch ... spannen“ lassen? Folgt daraus aber, daß sich wahre Christen passiv verhalten sollten, was das Beten um Frieden betrifft? Keineswegs!
Gebete um Frieden
Der Prophet Jesaja sprach in seiner Prophezeiung über den „Schlußteil der Tage“ von vielen, die sagen würden: „Kommt, und laßt uns hinaufziehen zum Berg Jehovas“ — nicht zum Berg Hiei, dem heiligen Berg der Buddhisten. Der „Berg Jehovas“ versinnbildlicht die wahre Anbetung des Gottes der Bibel. Was ist die Folge, wenn wir zu diesem Berg „hinaufziehen“? Nun, Jehova „wird uns über seine Wege unterweisen, und wir wollen auf seinen Pfaden wandeln“, sagte Jesaja. „Er [Jehova] wird gewißlich Recht sprechen unter den Nationen“, fügte der Prophet hinzu. Das würde zum Weltfrieden führen, denn Jesaja sagte voraus, daß die wahren Anbeter Gottes „ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden müssen und ihre Speere zu Winzermessern. Nation wird nicht gegen Nation das Schwert erheben, auch werden sie den Krieg nicht mehr lernen“ (Jesaja 2:2-4).
Dieser Zustand herrscht bereits unter Jehovas Zeugen, und er wird bald auf der ganzen Erde herrschen. Aber wie kommt es dazu? Nicht Menschen, sondern Jehova Gott wird durch sein Königreich dauerhaften Frieden schaffen. Das Königreich wird die Erde von allen Friedensstörern reinigen und ein Paradies herbeiführen (Offenbarung 11:15, 18). Im Gegensatz zu den Äußerungen auf einem religiösen Gipfeltreffen, das einem eindrucksvollen, aber fruchtlosen „Blumengesteck“ glich, kehrt das Wort Jehovas nie ergebnislos zu ihm zurück (Jesaja 55:11).
Warum sollten wir denn um Frieden beten, wenn Gott ihn doch ungeachtet menschlicher Anstrengungen herbeiführen wird? Wenn wir um das Kommen des Königreiches Gottes beten, bringen wir unser sehnliches Verlangen nach Frieden zum Ausdruck und beweisen unseren Glauben daran, daß Gott auf seine Weise Frieden auf der Erde schaffen wird (Matthäus 6:9, 10). Diesen von Gott bewirkten Frieden zu erleben hängt davon ab, daß wir „auf Jehova hoffen“. Begib dich also zum „Berg Jehovas“, und bete um den wahren Frieden, den er verheißen hat (Psalm 37:9, 11).
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Ein Blumengesteck ist nett anzusehen, aber man erwartet nicht, daß es Frucht trägt
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Der Berg Hiei, der heilige Berg der buddhistischen Tendai-Sekte, auf dem die Gebetsversammlung stattfand