Die Bilderverehrung — eine Kontroverse
IRGENDWO in Polen ist ein Mann im Begriff zu verreisen. Doch vorher muß er noch etwas Wichtiges erledigen. Er kniet vor einem Jesusbild nieder, bringt eine Gabe dar und betet darum, auf seinen Reisen beschützt zu werden.
In Bangkok (Thailand), Tausende von Kilometern entfernt, kann man am Vollmondtag im Mai Zeuge des ersten Festes des buddhistischen Festkalenders werden. Bei diesem Fest wird eine Buddhastatue durch die Straßen getragen.
Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Verehrung von Bildern, wie eben beschrieben, weit verbreitet ist. Buchstäblich Milliarden beugen sich vor Bildern nieder. Seit Jahrtausenden gelten Bilder als eine wesentliche Hilfe, sich Gott zu nahen.
Wie denkst du über die Verwendung von Bildern bei der Anbetung? Ist es richtig, Bilder zu verehren, oder ist es unangebracht? Wie denkt Gott darüber? Gibt es Beweise dafür, daß Gott eine solche Anbetung annimmt? Vielleicht hast du selbst noch nie ernsthaft über diese Fragen nachgedacht. Wenn du aber Wert auf ein gutes Verhältnis zu Gott legst, müßtest du dich darüber informieren.
Zugegeben, vielen ist es nicht leichtgefallen, in dieser Angelegenheit zu einem Schluß zu kommen. Sie hat schon seit Jahrtausenden Anlaß zu hitzigen Kontroversen gegeben und manchmal sogar zu kriegerischen Auseinandersetzungen geführt. Im Jahr 1513 v. u. Z. zerstörte zum Beispiel Moses, der Anführer der Hebräer, das goldene Bild eines Kalbes und ließ 3 000 Männer, die es angebetet hatten, mit dem Schwert hinrichten (2. Mose, Kapitel 32).
Doch nicht nur die Juden waren gegen die Verwendung religiöser Bilder. Durch alte weltliche Geschichtsschreiber ist uns die Legende über Takhmūrūp, einen persischen Herrscher, erhalten geblieben, der Jahrhunderte vor der Zeit Mose ausgedehnte Kreuzzüge gegen die Bilderverehrung durchgeführt haben soll. In China soll ein alter legendärer König einen militärischen Angriff auf die Statuen verschiedener Götter unternommen haben. Nach der Zerstörung der Statuen verurteilte er die Verehrung der aus Ton gemachten Götter als Torheit. Später, als Muhammad noch ein Kind war, bekämpften gewisse Araber den Gebrauch von Bildern bei der Anbetung. Unter ihrem Einfluß entwickelte Muhammad in späteren Jahren seine Einstellung zum Götzendienst. Gemäß dem Koran lehrte Muhammad, daß Götzendienst eine unverzeihliche Sünde ist, daß für Götzendiener nicht gebetet werden darf und daß die Heirat mit einem Götzendiener verboten ist.
Selbst in der Christenheit waren im zweiten, dritten, vierten und fünften Jahrhundert namhafte kirchliche Persönlichkeiten wie Irenäus, Origenes, Eusebius von Cäsarea, Epiphanius und Augustinus gegen die Verwendung von Bildern bei der Anbetung. Um den Beginn des vierten Jahrhunderts faßten in Elvira (Spanien) eine Anzahl Bischöfe eine Reihe wichtiger Beschlüsse gegen die Bilderverehrung. Die Beschlüsse dieses bekannten Konzils führten zu einem Verbot von Bildern in Kirchen und zur Festlegung von strengen Strafen für Bilderverehrer.
Die Bilderstürmer
Diese Entwicklungen bildeten den Hintergrund für eine der größten Kontroversen der Geschichte — den Bildersturm des achten und neunten Jahrhunderts. Nach einem Historiker „dauerte diese heftige Kontroverse eineinhalb Jahrhunderte und war der Anlaß zu unsäglichem Leid sowie die unmittelbare Ursache für die Teilung des Reiches in das Ost- und Westreich“.
Jene bilderfeindliche Bestrebung führte in ganz Europa zur Beseitigung und Zerstörung von Bildern. Mehrere bilderfeindliche Gesetze wurden erlassen, um den Gebrauch von Bildern bei der Anbetung auszumerzen. Die Bilderverehrung wurde zu einem heißumstrittenen politischen Problem, das Kaiser und Päpste, Generäle und Bischöfe in einen regelrechten theologischen Krieg verwickelte.
Dabei ging es nicht nur um einen Wortstreit. In einem Nachschlagewerk heißt es, daß, nachdem Kaiser Leo III. ein Edikt gegen die Verwendung von Bildern in den Kirchen erlassen hatte, „die Masse des Volkes sich gegen das Edikt erhob und gewalttätige Auseinandersetzungen, besonders in Konstantinopel“, an der Tagesordnung waren (J. McClintock und J. Strong, Cyclopedia of Biblical, Theological, and Ecclesiastical Literature). Zusammenstöße zwischen kaiserlichen Truppen und dem Volk führten zu Hinrichtungen und Massakern. Mönche wurden grausam verfolgt. Hunderte von Jahren danach, im 16. Jahrhundert, fanden in Zürich eine Anzahl öffentlicher Disputationen über die Frage der Bilder in den Kirchen statt. Das Ergebnis war ein Dekret, das die Entfernung sämtlicher Bilder aus den Kirchen verfügte. Einige Reformatoren sind bekannt für ihre scharfe und oft von Gewalttätigkeit begleitete Verurteilung des Bilderkults.
Selbst heute bestehen unter den Theologen noch große Meinungsverschiedenheiten in der Frage des Gebrauchs von Bildern bei der Anbetung. Der folgende Artikel gibt Aufschluß darüber, ob Bilder einem Menschen wirklich helfen können, sich Gott zu nahen.