Höhepunkte des vergangenen Jahres
Die jährlichen Kongresse der Zeugen Jehovas gehören zu den herausragenden Ereignissen des Jahres. Die Bezirkskongreßserie, die Mitte 1999 begann, hatte das Thema „Gottes prophetisches Wort“. Das Programm unterstrich, wie nützlich das tägliche Bibellesen ist, und untermauerte den Nutzen durch ein Drama, in dem es um Jakob und Esau ging. Die Vorträge beinhalteten einen Überblick über Prophezeiungen, die im Buch Daniel zu finden sind, sowie eine eingehende Betrachtung des Buches Habakuk. Im Programm wurde hervorgehoben, wie nahe das Ende des alten Systems ist. Außer einer Besprechung des heute durchgeführten Zeugniswerkes wurden unsere Gedanken auf die begeisternden Aussichten gelenkt, die Jehovas herzerfreuende Verheißung umfaßt, ‘alle Dinge neu zu machen’ (Offb. 21:5).
Die Kongreßteilnehmer freuten sich über das neue Buch Die Prophezeiung Daniels — Achte darauf!, das in 47 Sprachen freigegeben wurde. In Korea war die Freude noch größer — ja, die Besucher waren sogar überaus begeistert —, als sie ihr Exemplar der Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift in Koreanisch erhielten.
In Jugoslawien war es erstaunlicherweise möglich, die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in Serbisch freizugeben, obwohl monatelang der Krieg getobt hatte. Zufolge enger internationaler Zusammenarbeit konnten in Nachbarländern die Christlichen Griechischen Schriften auch in Kroatisch und in Mazedonisch freigegeben werden. Diese Publikationen wurden unter Freudentränen entgegengenommen.
Besonderen Grund zur Freude gab es in Jugoslawien. Im März hatte man sich im Land auf Krieg eingestellt. Die Bombardierung von Belgrad könnte die Unterbrechung von Telefonverbindungen zur Folge haben, so daß es schwierig werden würde, übersetzten Text von Belgrad nach Deutschland zur Druckerei zu schicken. Am Dienstag, den 23. März war es so gewiß, daß mit den Luftangriffen begonnen werden sollte, daß sich die Brüder, die in Belgrad an dieser Kongreßfreigabe arbeiteten, entschlossen, die ganze Nacht durchzuarbeiten. Am nächsten Morgen waren die notwendigen elektronischen Dokumente bereits unterwegs. Ein paar Stunden später begann die Bombardierung. Das Übersetzungsteam war trotz des Zwangsaufenthalts in den Luftschutzräumen glücklich!
Die Freude der Übersetzer erreichte ihren Höhepunkt, als vier Monate später die Freigabe der gedruckten Bibel auf dem Kongreß in Belgrad mit großer Begeisterung aufgenommen wurde. Nachdem jeder Besucher sein Exemplar erhalten hatte, war die Kongreßstätte im Nu leer. Die Brüder kehrten in ihre Unterkünfte zurück, um in der Bibel zu lesen. Inmitten einer Welt, in der ethnische und religiöse Entzweiung zu Mord und loderndem Haß führten, waren sie davon überzeugt, daß sie kein schöneres Geschenk hätten bekommen können.
In Indonesien, einem größeren Land im Fernen Osten, das ebenfalls von Gewalttätigkeiten religiöser und politischer Splittergruppen geplagt wird, wurde am darauffolgenden Wochenende der erste von acht aufeinanderfolgenden Kongressen abgehalten. Auf dem Kongreß in Jakarta waren 15 666 Personen aus vielen Teilen des Landes anwesend. Zum ersten Mal wurde die Taufe direkt auf dem Kongreßgelände durchgeführt, und es herrschte große Begeisterung, als auf großen Bildschirmen die Taufe der 430 Personen mitverfolgt werden konnte. Die Begeisterung erreichte jedoch ihren Höhepunkt, als bekanntgegeben wurde, daß die vollständige Neue-Welt-Übersetzung in Indonesisch bereits gedruckt sei und sie wohl bald für die Verbreitung zur Verfügung stehen werde.
Gottes Weg des Lebens gehen
Natürlich fing das Dienstjahr 1999 schon im September 1998 an. In den ersten Monaten des Dienstjahres dauerte die Serie internationaler Kongresse „Gottes Weg des Lebens“ noch an. Viele waren bereits in den Vereinigten Staaten und in Europa abgehalten worden. Aber von September bis Januar sollten noch 13 internationale Kongresse in Afrika, Asien, Australien und Mittelamerika stattfinden.
Der erste dieser Kongresse im Dienstjahr 1999 wurde vom 18. bis 20. September 1998 in São Paulo (Brasilien) abgehalten. Es fanden gleichzeitig Kongresse im riesigen Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro und an 15 weiteren Orten statt. Tausende von Delegierten kamen aus 15 Ländern. Unter ihnen befanden sich 54 Missionare — darunter 23, die von Brasilien nach Mosambik gesandt worden waren, um dort zu dienen. Als man am Sonntag eine Resolution vortrug, in der erklärt wurde, daß Gottes Weg der beste Lebensweg ist, wurde sie auf diesen 17 Kongressen von den insgesamt 516 333 Anwesenden — eine erstaunliche Zahl — mit einem donnernden Sim (Ja) angenommen.
An demselben Wochenende füllten 63 886 weitere Delegierte das Olympiastadion in Seoul (Korea). In den Tagen vor dem Kongreß wurden auf dem Flughafen 3 046 Delegierte aus Übersee von Hunderten koreanischen Zeugen, darunter Schwestern in ihrer farbenfrohen traditionellen Kleidung, willkommen geheißen. Als die ausländischen Delegierten nach der Schlußansprache zu ihren Bussen strömten, bildeten Tausende Kongreßteilnehmer einen Gang, den einige als Korridor der Liebe bezeichneten; und als die Delegierten den Gang entlangliefen, riefen die koreanischen Zeugen ihren Besuchern zu: „Wir sehen euch im Paradies wieder!“ Und: „Wir lieben euch!“ Vielen standen Freudentränen in den Augen.
Die Tränen der Delegierten in Seoul waren noch nicht ganz getrocknet, als der Hurrikan Georges Puerto Rico heimsuchte. Der nächste internationale Kongreß sollte in Puerto Rico am folgenden Freitag beginnen. Würde das möglich sein? Man rechnete damit, daß die ganze Insel nach dem Sturm wochenlang ohne Strom wäre. Das Wasser war abgestellt; der Flughafen San Juan war geschlossen; die Wohnungen der einheimischen Zeugen, in denen eigentlich Hunderte von Delegierten aus Übersee untergebracht werden sollten, waren davon betroffen. Wegen der Katastrophe blieb nur eine der vier vorgesehenen Kongreßstätten — das Hiram-Bithorn-Stadion — zur Nutzung übrig. Überraschenderweise wurden jedoch alle Probleme gelöst, und zwar eins nach dem anderen. Die Anwesendenhöchstzahl bei dem Kongreß betrug 15 065!
Vom 30. Oktober bis 1. November — mehr als einen Monat später — wurden in Australien (in Brisbane, Melbourne und Sydney) drei internationale Kongresse abgehalten. John Barr, Milton Henschel, Lloyd Barry und Theodore Jaracz von der leitenden Körperschaft waren auf diesen Kongressen anwesend. Die beiden letztgenannten hatten früher in Australien gedient. Viele eifrige Missionare, die von Australien aus ausgesandt worden waren, waren ebenfalls anwesend.
Weitere internationale Kongresse wurden gegen Ende 1998 in Afrika abgehalten. Brüder aus 16 verschiedenen Ländern freuten sich, zu den 24 502 Anwesenden gezählt zu werden, die sich im Dezember im Moi International Sports Centre in Nairobi (Kenia) versammelten.
In der darauffolgenden Woche wurden vier internationale Kongresse mit insgesamt 83 858 Anwesenden in Südafrika (in Kapstadt, Durban, Johannesburg und Pretoria) abgehalten, und 1 626 ließen sich taufen. Den internationalen Kongressen folgte eine Serie von 18 Bezirkskongressen. Sie wurden von 53 901 Personen besucht, und 1 065 weitere ließen sich taufen. Dieses Mal wurde die vollständige Neue-Welt-Übersetzung in Tsonga freigegeben. Die offenkundige Liebe und Einheit unter allen Kongreßteilnehmern war ein sichtbarer Beweis dafür, daß sie wirklich der Beschreibung entsprechen, die Jesus gab, als er sagte: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt“ (Joh. 13:35).
An demselben Wochenende, Ende Dezember, wurde ein Kongreß in Abidjan (Côte d’Ivoire, Westafrika) abgehalten. Das Programm wurde in Französisch, Englisch und Twi dargeboten. Obwohl es im Land nur etwa 6 000 Verkündiger gibt — und vielleicht 500 von außerhalb kamen —, wurde die erstaunliche Zahl von 16 009 Anwesenden gezählt, die über Gottes Weg des Lebens etwas lernen wollten.
Am Schluß dieser weltweiten Serie von 32 internationalen Kongressen freuten sich die 19 000 Verkündiger Costa Ricas darüber, daß sich 34 431 Personen an den ersten drei Tagen des Jahres 1999 versammelt hatten. Etwa 4 000 einheimische Zeugen beteiligten sich daran, die Delegierten der 42 internationalen Flüge auf dem Flughafen willkommen zu heißen. Sie bildeten einen Korridor von Zeugen, die die ankommenden Delegierten mit Beifall und mit “¡Bienvenidos, hermanos!” (Willkommen, Brüder!) begrüßten. Die Zuneigung, welche die Brüder zum Ausdruck brachten, veranlaßte einen Verkäufer auf dem Flughafen sogar, um ein Bibelstudium zu bitten.
Die Serie der internationalen Kongresse wirkte sich positiv auf viele Nichtzeugen aus, die die Liebe unter den Delegierten beobachteten. Gestärkt wurden auch die internationalen Bande unter Jehovas Zeugen. Die Kongreßserie war ein sichtbarer Beweis dafür, daß Jehova tatsächlich ‘eine große Volksmenge aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Zungen’ einsammelt — Menschen, die von Jehova und von seinem Sohn, Jesus Christus, Rettung erwarten und die die Aussicht haben, in seine gerechte neue Welt zu gelangen (Offb. 7:9, 10).
„In Tat und Wahrheit“ lieben
Die Liebe, die Zeugen Jehovas einander entgegenbringen, geht über das Lächeln und Händeschütteln in ihren Königreichssälen hinaus. Sie zeigt sich nicht nur in der Gastfreundschaft gegenüber Kongreßdelegierten aus anderen Ländern. Als Erforscher der Bibel wissen Jehovas Zeugen sehr gut, was in 1. Johannes 3:17, 18 geschrieben steht: „Wer immer ... die Mittel dieser Welt zum Lebensunterhalt hat und seinen Bruder Not leiden sieht und dennoch die Tür seiner Gefühle innigen Erbarmens vor ihm verschließt, wie bleibt da die Liebe Gottes in ihm? Kindlein, laßt uns lieben ... in Tat und Wahrheit.“ Viele, die zum Volk Jehovas gehören, sind im vergangenen Jahr durch verheerende Wirbelstürme, Dürren oder Bürgerkriege in Not geraten. Wie hat die internationale Bruderschaft reagiert?
Im September 1998 wurde der Staat Chiapas in Mexiko von Überschwemmungen verwüstet. Wenige Wochen später fegte Hurrikan Georges über St. Kitts, Nevis, Puerto Rico, die Dominikanische Republik und Haiti hinweg und suchte dann den südlichen Teil der Vereinigten Staaten heim. Ungefähr einen Monat danach raste Hurrikan Mitch mit Geschwindigkeiten von 290 Kilometern pro Stunde über Honduras dahin, setzte ganze Landstriche in Nicaragua unter Wasser, schlug eine Schneise der Verwüstung in El Salvador und Guatemala, bis er in Mexiko schließlich abebbte. Neben 50 Königreichssälen und 2 Kongreßsälen wurden über 1 800 Wohnungen von Zeugen Jehovas entweder zerstört oder schwer beschädigt. Ernten wurden vernichtet. Persönlicher Besitz wurde zerstört. An manchen Orten mußten ganze Versammlungen evakuiert werden.
Der Bedarf an Lebensmitteln, Wasser, Kleidung und Medikamenten war groß. Die Zeugen aus den Regionen, die von den Wirbelstürmen verschont geblieben waren, reagierten prompt. Mancherorts standen sie — kaum daß sie von den Schäden gehört hatten — bereits mit Lebensmitteln, Kleidung und Geld vor dem Zweigbüro, um ihren Glaubensbrüdern zu helfen. Wo die Brüder nicht mit Autos oder Lkws in die Katastrophengebiete hineinkamen, um die Hilfsgüter anzuliefern, benutzten sie Kanus, Fahrräder und Rucksäcke. Die Ältesten vor Ort taten ihr Bestes, um die Häuser der Brüder wieder einzudecken. Zeugen, die Ärzte sind, stellten ihre Dienste zur Verfügung.
Die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas koordinierte die finanzielle Hilfe sowie die Zustellung dringend benötigter Lebensmittel, Kleidung und Baumaterialien aus benachbarten Ländern. Für die Hilfslieferungen wurden Flugzeuge und Schiffe gechartert und Lkws gemietet. Die Brüder und Schwestern in den Katastrophengebieten äußerten immer wieder tiefe Wertschätzung für die Liebe der weltweiten Bruderschaft.
Für den Bau von Königreichssälen eingerichtete regionale Baukomitees wurden mobilisiert, um bei den Aufräumarbeiten und den Reparaturen der Häuser zu helfen. Sieben Trupps mit jeweils ungefähr 30 Freiwilligen aus den Vereinigten Staaten reisten auf eigene Kosten nach St. Kitts und Nevis, um ihren Glaubensbrüdern eine Woche lang bei den Reparaturen zu helfen. Weitere 600 freiwillige Helfer flogen nach Puerto Rico, um dort die Wiederaufbau- und Reparaturarbeiten zu unterstützen. In Übereinstimmung mit dem biblischen Grundsatz aus Galater 6:10 halfen sie in erster Linie ihren Glaubensbrüdern. Aber sie reparierten auch das Dach einer Schule und die Häuser etlicher älterer Nachbarn, die keine Kinder hatten, die ihnen helfen konnten. In der Dominikanischen Republik säuberten einheimische Zeugen das Gelände eines Krankenhauses.
In Puerto Rico fuhr eine Gruppe Brüder in die Gebirgsstadt Yabucoa, um das Haus einer Zeugin wieder aufzubauen, deren Mann kein Zeuge Jehovas war. Die Nachbarn hatten sie ausgelacht, weil sie gesagt hatte, sie sei sicher, daß ihre Glaubensbrüder kommen, um ihr zu helfen. Als die Brüder eintrafen, war sie überglücklich. In wenigen Stunden hatten sich in der Straße rund 200 Zuschauer versammelt. Sie schauten den ganzen Tag lang den Brüdern bei der Arbeit zu. Nachdem die Brüder die Haustür eingehängt hatten, übergaben sie unserer Schwester einen Blumenstrauß und die Schlüssel zu ihrem wiederhergerichteten Haus. Als sie das Licht anmachte, klatschten die Nachbarn Beifall. Nach diesem Tag waren viele Bewohner dieser Straße, die früher den Zeugen aus dem Weg gegangen waren, bereit, sich die Königreichsbotschaft anzuhören.
Unterdessen kam es in der westlichen Ukraine im November zu schweren Überschwemmungen, und ein Erdbeben in Kolumbien richtete im Januar ebenfalls Verwüstungen an. Auch hier griff Jehovas Volk den Betroffenen liebevoll unter die Arme.
Als sich der Bürgerkrieg in Angola 1999 erneut zuspitzte, gab es über 1 700 000 Flüchtlinge. Unter großem Einsatz sorgten die Zeugen dafür, daß ihre Glaubensbrüder, die aus ihrer Heimat fliehen mußten, und viele andere das Lebensnotwendigste hatten. Der italienische, portugiesische und südafrikanische Zweig schickten 34 Tonnen Lebensmittel und Kleidung; diese Sachen wurden unter all denen verteilt, die ihre Häuser und Städte verlassen mußten. Es war sogar möglich, einige dieser Vorräte in die Kriegsgebiete zu liefern, wo monatelang Bomben fielen.
Zu Beginn des Dienstjahres teilte das Zweigbüro im Kongo (Kinshasa) der leitenden Körperschaft mit, daß als Folge des Bürgerkriegs Hilfsgüter für über 200 000 Menschen benötigt würden. Sofort wurde dafür gesorgt, daß die Zweige in Großbritannien, Belgien, Frankreich, der Schweiz und Südafrika Lebensmittel verschickten und Gelder bereitstellten, mit denen in anderen afrikanischen Ländern weitere Hilfsgüter gekauft werden konnten. Über 75 Tonnen Hilfsgüter wurden von Zeugen Jehovas in Europa gesammelt und auf dem Luftweg verschickt.
Aber die Kämpfe im Kongo dauerten an. Es kam zu neuen Krisensituationen. Am 7. Februar 1999 erhielt die Bethelfamilie in der Weltzentrale in New York folgende Mitteilung über die Situation in der Demokratischen Republik Kongo: „Infolge des Bürgerkriegs sind 30 000 Verkündiger im Osten des Landes auf Hilfsgüter angewiesen. Das Zweigbüro in Kinshasa kann auf Grund des Krieges keinen Kontakt zu den Brüdern dort herstellen. Die leitende Körperschaft hat jedoch ihre Zustimmung dazu gegeben, daß Belgien mit dem Flugzeug Hilfsgüter dorthin schickt. Die erste Ladung wird noch während dieser Woche in die Region geflogen werden, eine zweite Hilfsaktion beginnt am 20. Februar. Zur Unterstützung der zweiten Hilfsaktion wird auch ein Ärzteteam mitfliegen.“ Brüder aus Europa arbeiteten mit 11 offiziell ernannten Hilfskomitees zusammen, die von Zeugen Jehovas aus dem Osten Kongos gebildet wurden.
Etliche Flüchtlinge waren in die Nachbarländer geflohen. So waren Tausende ins benachbarte Sambia geflohen. Die Hilfsorganisationen dort leisteten viel Hilfe; die Zeugen ergänzten diese Hilfe durch Decken, Kleidung, Küchenutensilien und landwirtschaftliche Geräte. Als ein älterer Bruder eine Decke erhielt, wurde er ohnmächtig. Er hatte nie zuvor eine neue Decke geschenkt bekommen. Auf dem Weg nach Sambia entdeckte ein Kreisaufseher unter einem Baum einen behinderten Bruder. Er setzte ihn auf sein Fahrrad und schob ihn. Wenn es zu steil wurde, glitt der Bruder vom Fahrrad herunter und ging — die Knie und Hände durch Reifenfetzen geschützt — unter großen Anstrengungen auf allen vieren weiter, bis sie oben waren. Irgendwann kamen sie sicher in Kaputa (Sambia) an. Der Zweig versorgte alle Flüchtlinge mit Literatur in Suaheli, die sie für die Versammlungszusammenkünfte benötigten. Im April konnten Brüder aus dem Zweigbüro mit über 2 000 Flüchtlingen eine Zusammenkunft abhalten und sie liebevoll im Glauben stärken. Die Flüchtlinge — sowohl Erwachsene als auch Kinder — sangen, zumeist ohne Liederbuch, aus voller Kehle Lieder wie „Jehova sorgt für das Entrinnen“, „Jehova ist uns Zuflucht“, „Hab Dank, Herr Jehova“ und „Gott hat ein Paradies verheißen“.
Eifer beim Predigen der guten Botschaft
Noch weitaus bemerkenswerter ist allerdings die Liebe, die Jehovas Zeugen dadurch zeigen, daß sie die gute Botschaft von Gottes Königreich verkündigen. Unter der Anleitung Jesu Christi bemühen sie sich, so viele Menschen wie nur irgend möglich mit der guten Botschaft zu erreichen (Mar. 13:10). Großzügig stellen sie dafür sich selbst und ihre Mittel zur Verfügung. Im vergangenen Jahr beteiligte sich eine Höchstzahl von 5 912 492 Verkündigern an diesem Dienst, und sie widmeten ihm 1 144 566 849 Stunden. Viele haben ihre Angelegenheiten so geregelt, daß sie den allgemeinen Pionierdienst oder den Hilfspionierdienst durchführen können.
Diese Pioniere befinden sich in den unterschiedlichsten Lebensumständen. Darunter sind Tausende von jungen Leuten, die entweder die Schule abgeschlossen haben oder es sich so eingerichtet haben, daß sie während der Schulzeit Pionier sein können. Zu den Pionieren gehören Hausfrauen und auch Männer, die für eine Familie zu sorgen haben. Ein christlicher Ältester und Familienoberhaupt auf St. Lucia ist in der Lage, Pionier zu sein, weil er sehr darauf bedacht ist, ‘ein lauteres Auge zu bewahren’ (Mat. 6:19-22). Als sich ihm vor kurzem die Gelegenheit zu einer lukrativen Karriere bot, nutzte er diese nicht, denn das hätte für ihn bedeutet, länger zu arbeiten, christliche Zusammenkünfte zu versäumen, ein halbes Jahr von seiner Familie getrennt zu sein und den Pionierdienst aufzugeben. Er wollte statt dessen zuerst das Königreich suchen, und zwar im vollen Vertrauen darauf, daß Jehova seine Bemühungen, für die Familie zu sorgen, weiterhin segnen wird.
Eine 95jährige Witwe auf Antigua hat schon, solange sie sich zurückerinnern kann, immer ein- bis zweimal im Jahr im Hilfspionierdienst gestanden. Als Erklärung dafür, warum sie dies nach wie vor tut, sagt sie: „Jehova hat mir besonders viel Kraft und Energie geschenkt, und ich betrachte das als eine Gelegenheit, ihm meine Liebe zu zeigen.“
Eine Schwester in Dänemark, die auf die 70 zugeht, beschloß, Hilfspionier zu werden. Warum? Sie erklärt: „Ich denke, es war das Bibellesen, was mich dazu veranlaßte. ... Ich bin davon überzeugt, daß genauso, wie sich zum Beispiel das Fernsehen schlecht auf einen auswirken kann, es sich positiv bemerkbar macht, wenn man täglich in Jehovas Wort liest. Das Bibellesen hat mich sehr motiviert.“
Weil es überall immer schwerer wird, in angebrachter Weise für den Lebensunterhalt zu sorgen, änderte die leitende Körperschaft im Januar 1999 das Stundenziel für allgemeine Pioniere und für Hilfspioniere. (Es wurde von 90 auf 70 beziehungsweise von 60 auf 50 Stunden heruntergesetzt.) Das hat sich wirklich als ein Segen erwiesen! Dadurch konnten etliche, die bereits Pionier waren, im Pionierdienst bleiben, und Tausende haben ihn aufgenommen. Für viele war dies ein weiterer Beweis dafür, daß „der Herr gütig ist“ (1. Pet. 2:3).
In den Monaten, die auf die Änderung folgten, gab es im australischen Zweig eine Zunahme von über 400 Prozent an neuen allgemeinen Pionieren. Kolumbien erlebte eine Zunahme von nahezu 300 Prozent. In der Ukraine stieg die Zahl der Pioniere Monat für Monat stetig an, und aus dem Bericht geht hervor, daß die Zunahme gegenüber dem vergangenen Jahr 42 Prozent betrug. In Mikronesien kam im Durchschnitt auf jede Versammlung ein neuer Pionier. In Liberia, wo die meisten Brüder von der Hand in den Mund leben, wobei sie sich von einem Tag zum anderen mit kümmerlichen Geschäften über Wasser halten, folgten auf die Änderung des Stundenziels acht aufeinanderfolgende Höchstzahlen an allgemeinen Pionieren.
Die Zahl der Hilfspioniere vergrößerte sich 1999 ebenfalls. In Österreich waren es in den ersten drei Monaten 56 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im gleichen Zeitraum berichteten in Malaysia 103 Prozent mehr Hilfspioniere. Dänemark hatte im ersten Halbjahr eine 91prozentige Zunahme. In Korea, wo der Januar ein beliebter Monat für vermehrte Tätigkeit ist, verrichteten 57 Prozent aller Verkündiger eine der verschiedenen Arten des Pionierdienstes.
Währenddessen führt das Programm „Pioniere helfen anderen“ nach wie vor zu guten Ergebnissen. Eine Schwester aus der filipinosprachigen Versammlung in Anchorage (Alaska) sagt: „Seit elf Jahren bin ich nun mit der Wahrheit verbunden. Predigtdienst war für mich lediglich eine Routineangelegenheit; ich ging in den Dienst, ohne dabei ein bestimmtes Ziel zu verfolgen.“ Nachdem sie jedoch eine Zeitlang mit einer Pionierin zusammengearbeitet hatte, wurde ihr Dienst wesentlich sinnvoller. Sie erkannte die Dringlichkeit des Werkes. Auch interessierte sie sich viel mehr für die Menschen und konnte Heimbibelstudien einrichten. In Südafrika half eine Pionierin einer Verkündigerin, Passanten anzusprechen, anstatt darauf zu warten, endlich jemand über die Sprechanlage zu erreichen. Dadurch wurde der Dienst viel befriedigender. Außerdem setzten sie sich zusammen und besprachen verschiedene Ziele des Predigtdienstes. Am Ende des sechsmonatigen Programms stand die Verkündigerin selbst im Pionierdienst. Gemeinsam mit der Schwester, die ihr behilflich war, hat sie nun mehr Freude im Dienst als je zuvor.
Die biblische Wahrheit in gedruckter Form
Von Moses’ Tagen an hat Jehova für geistige Unterweisung in schriftlicher Form gesorgt. Dies ist stets durch mündliche Unterweisung untermauert worden. Druckschriften sind jedoch ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung der guten Botschaft. Sowohl die Bibel als auch bibelerklärende Schriften sind in großen Mengen veröffentlicht worden. Allein im vergangenen Jahr wurden 1 026 706 628 Exemplare der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! gedruckt; 41 579 805 Bücher und 71 221 759 Broschüren sowie eine große Anzahl Traktate wurden von Jehovas Zeugen hergestellt. Das erfolgte in 332 Sprachen.
An vielen Orten haben die Menschen aus dieser Tätigkeit Nutzen gezogen. Auf den Atollen Tuvalus gibt es nur 9 403 Einwohner. Der Wachtturm wird in ihrer Sprache gedruckt, und 45 Personen sind jetzt Anbeter Jehovas. Obwohl die Zentralafrikanische Republik von der industrialisierten Welt abgeschnitten ist, sind die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! dort weit verbreitet — in Arabisch, Englisch, Französisch, Lingala, Sango und Zande. Es gibt dort 2 305 Zeugen, und mehr als 5mal so viele Personen kamen im vergangenen Jahr zum Gedächtnismahl. Angola ist zwar vom Bürgerkrieg zerrissen, und viele Menschen sind mittellos, aber seit dem letzten Jahr erscheint Der Wachtturm monatlich in Umbundu zum Nutzen der zwei Kreise der Zeugen Jehovas in Angola und der vielen anderen, denen sie in geistiger Hinsicht helfen. In der Ukraine wurden im vergangenen Jahr über 26 Millionen Zeitschriften verbreitet. Ein Mann, der 20 Jahre lang den wahren Gott gesucht hatte, war nach dem Lesen einer einzigen Ausgabe der Zeitschrift Erwachet! davon überzeugt, daß er die Wahrheit gefunden hatte. Die 107 045 Verkündiger in der Ukraine freuten sich sehr über die 12 320 Personen, die sich während des Jahres taufen ließen.
In Kolumbien wurde einer verzweifelten Frau das Traktat Welche Hoffnung gibt es für geliebte Verstorbene? überreicht. Sie hatte sich nie für Religion interessiert, aber ihr Sohn war durch ein Erdbeben ums Leben gekommen, und nun interessierte sie dieses Thema. Das führte zu einem Bibelstudium. In Litauen gab ein Zeuge einer Frau die Broschüre Kümmert sich Gott wirklich um uns? Die Frau benötigte dringend die Hilfe, die nur Gott geben kann. Sie stimmte einem Heimbibelstudium zu, und bald gab sie sich Jehova hin und ließ sich taufen. Ja, die Publikationen werden von vielen geschätzt, und sie sind bei der Bekanntmachung der guten Botschaft wertvolle Werkzeuge.
Von Jehova belehrt
Jehova belehrt seine Diener weiterhin in umfangreicher und unterschiedlicher Form, um sie sowohl für die Aufgaben auszurüsten, die sie gegenwärtig verrichten, als auch auf künftige Tätigkeit vorzubereiten (Jes. 54:13). Zusätzlich dazu ergeht an Menschen in mehr als 230 Ländern und Territorien die persönliche Einladung, aus Jehovas wunderbarem Bildungsprogramm Nutzen zu ziehen. Millionen Menschen, „die zum ewigen Leben richtig eingestellt“ sind, haben günstig darauf reagiert, und im vergangenen Jahr wurden mit solchen Personen monatlich 4 433 884 kostenlose Heimbibelstudien durchgeführt (Apg. 13:48). Welche Segnungen ihnen doch zuteil wurden, als sie feststellten, daß ihnen die Bibel auf eine Art und Weise erschlossen wurde, die sie wirklich verstehen konnten!
Die Belehrung, für die Jehova durch seine Organisation sorgt, beinhaltet außerdem spezielle Schulungen verschiedener Art. Auch in diesem Jahr zogen Tausende Nutzen aus der Pionierdienstschule, nachdem sie mindestens ein Jahr im allgemeinen Pionierdienst gestanden hatten. Im Verlauf des Dienstjahres wurde zudem in 40 Zweigen die Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung ausgerichtet. Insgesamt 2 174 befähigte Brüder vom amerikanischen Kontinent, aus Asien, Europa, Afrika und von den Inseln des Meeres — aus insgesamt 89 Ländern — erhielten diese besondere Schulung. Mitglieder von Zweigkomitees aus 43 Ländern wurden zu einem speziellen zweimonatigen Schulungsprogramm in das Wachtturm-Schulungszentrum in Patterson (New York) eingeladen. Studenten, die die Gileadschule besuchten, wo sie ein umfassendes fünfmonatiges Studium der Bibel genossen, wurden als Prediger und Lehrer des Wortes Gottes in 31 Länder gesandt.
Im Wachtturm-Schulungszentrum wurde außerdem eine neue Schule für reisende Aufseher ins Leben gerufen. Die erste Klasse mit 48 Teilnehmern schrieb sich im Mai für den achtwöchigen Kursus ein. Eingeladen waren Kreis- und Bezirksaufseher aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada. Die Schulung, die sie erhielten, war aufgeteilt in theoretische Unterweisung und praktische Arbeit in der Dienstabteilung. Jedem Bereich ihrer Aufgabe wurde Aufmerksamkeit geschenkt, und dies wird von großem Nutzen sein für die Tausende von Brüdern und Schwestern in den Versammlungen und Kreisen, denen sie dienen. Die Frauen der reisenden Aufseher, die ihre Männer begleiteten, arbeiteten einen Teil der Zeit im Bethel in Patterson mit und verbrachten den Rest im Predigtdienst zusammen mit den Versammlungen in der Umgebung. Jede Woche wohnten diese Schwestern auch einem Vortrag in der Schule bei, der für sie und für die Brüder besonders nützlich war.
„Es wird ... zu einem Zeugnis ausschlagen“
Jesus sagte voraus, man werde seine Nachfolger ‘vor Könige und Statthalter schleppen’. An den Ausmaßen, die dies im 20. Jahrhundert rund um den Erdball angenommen hat, ist ebenfalls erkennbar, daß wir in den letzten Tagen leben. Warum geschieht das? Es liegt nicht daran, daß Jehovas Zeugen etwa gesetzlos wären. Im Gegenteil, es geschieht ‘um des Namens Jesu Christi willen’ — weil sie Christus als himmlischen König anerkennen und weil sie wie Jesus selbst „kein Teil der Welt“ sind. Jesus sagte auch voraus, es werde „zu einem Zeugnis ausschlagen“ (Luk. 21:12, 13; Mat. 24:9; Joh. 17:16). Ohne jeden Zweifel ist genau das im vergangenen Dienstjahr eingetreten. Durch die intensiven Bemühungen, das Recht der Zeugen Jehovas auf ungehinderte Ausübung ihrer Religion zu verteidigen, ist Behördenvertretern in vielen Ländern ein Zeugnis gegeben worden.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigte sich 1998 mit einem Fall, der Jehovas Zeugen in Bulgarien betraf. Wie kam es dazu? Die bulgarische Regierung hatte Jehovas Zeugen ebenso wie etwa 20 anderen Religionsgemeinschaften die rechtliche Anerkennung verweigert. Eine Berufung vor dem obersten bulgarischen Gerichtshof wurde unter anderem aus dem Grund zurückgewiesen, weil Jehovas Zeugen nicht an die Dreieinigkeit und an andere unbiblische Lehren der Christenheit glauben. Daraufhin kam es zu Verhaftungen, man löste gottesdienstliche Zusammenkünfte auf und beschlagnahmte religiöse Schriften. Das europäische Gericht forderte Bulgarien auf, sich mit Jehovas Zeugen auf einen Vergleich zu einigen. Das führte dazu, daß Bulgarien Jehovas Zeugen im Oktober 1998 erneut die rechtliche Anerkennung gewährte. So konnten vier Missionare von der 106. Klasse der Gileadschule nach Bulgarien gesandt werden, damit sie die einheimischen Verkündiger darin unterstützen, mit ihren Mitmenschen über die gute Botschaft vom Königreich zu sprechen.
Auch in Frankreich resultierte aus rechtlichen Schwierigkeiten, denen sich Jehovas Zeugen gegenübersahen, ein umfassendes Zeugnis. Dort sind die Zeugen öffentlich verunglimpft worden. Vereinigungen von Sektengegnern haben negative Medienberichte über sie lanciert. 1996 stufte ein Parlamentsbericht Jehovas Zeugen als „gefährliche Sekte“ ein, und im Januar 1999 belegte die Regierung alle erhaltenen Spenden mit einer 60prozentigen Steuer, während keiner anderen Religion dergleichen auferlegt wurde. Jehovas Zeugen reagierten mit einem dreitägigen Feldzug, bei dem sie vom 29. Januar 1999 an 12 Millionen Exemplare eines Traktats mit dem Titel Français, on vous trompe! (Franzosen, Ihr werdet getäuscht!) verbreiteten.
Bei einer Pressekonferenz am ersten Tag der Kampagne wurde erklärt, worum es ging. Schon am Mittag verbreiteten Rundfunk- und Fernsehsender die Informationen. Mehr als 60 nationale und regionale Zeitungen und Zeitschriften berichteten unter Schlagzeilen wie „Jehova ruft Frankreich als Zeugen auf“ und „Operation ‚Wahrheit‘ der Zeugen Jehovas“ über die Tätigkeit.
Zehntausende Verkündiger verteilten am ersten Tag die Traktate vor Bahnhöfen, Fabriken, Bürogebäuden, Geschäften, Märkten und anderswo. Kaum jemand weigerte sich, ein Exemplar entgegenzunehmen.
Ein Bruder wurde beim Predigen in der Nähe eines Gefängnisses von einem Wärter angesprochen. Als er ihm ein Traktat anbot, sagte der Wärter: „Das reicht mir nicht; da drinnen sind eine Menge Leute.“ In einem anderen Fall äußerten sich einige ältere Personen, die mit dem Bus zu ihrem Altenwohnheim zurückkehrten, enttäuscht darüber, daß sie kein Traktat erhalten hatten. Der Busfahrer sagte, jeder, der ein Exemplar wünsche, solle sich melden; dann fuhr er zu einer Stelle, wo er einen Zeugen gesehen hatte, und bat um die benötigte Anzahl Traktate.
Dagegen fing eine Frau auf einem Markt in Grenoble an, den Bruder, der ihr ein Traktat gegeben hatte, übel zu beschimpfen. Unser Bruder blieb ruhig. Standbesitzer und Kunden aber, die durch das Geschrei der Frau aufmerksam geworden waren, riefen ganz plötzlich aus: „Vive Jéhovah!“ (Es lebe Jehova!). Daraufhin verschwand die Frau.
Welche Ergebnisse brachte die Aktion insgesamt? Versammlungen in ganz Frankreich wurden durch diese Tätigkeit wachgerüttelt. Hunderte Verkündiger, die untätig geworden waren, fühlten sich von Herzen angespornt, sich an der besonderen Kampagne zu beteiligen. Verkündiger in allen Teilen des Landes äußerten sich zutiefst befriedigt, auf diese Weise ihren Glauben verteidigen zu können. Im Zweigbüro gingen Tausende Anrufe und Briefe aus der Öffentlichkeit ein. Manche zeigten sich intolerant; viele äußerten sich beifällig. Das ganze Wochenende über baten Personen um einen Besuch, und viele Heimbibelstudien konnten begonnen werden.
Wie steht es um die von der Regierung erhobene Steuer? Auf Grund dieser Maßnahme haben sich hohe Beamte mit einer ausführlichen rechtlichen Dokumentation über Jehovas Zeugen beschäftigen müssen — wirklich ein Zeugnis! Gegen den Steuerbescheid wurden Rechtsmittel eingelegt, und wenn nötig wird die Angelegenheit durch alle Instanzen bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht.
Seit Jahren hat die Gemeindeverwaltung von Oradell (New Jersey) in den USA das Predigen der guten Botschaft behindert. Die Verwaltung vertrat den Standpunkt, Jehovas Zeugen könnten ihren öffentlichen Dienst nur unter der Voraussetzung durchführen, daß sie zuerst eine Genehmigung einholten und ein bestimmtes Abzeichen trügen. Wiederholte Versuche, den Bürgermeister und den Gemeinderat von der Verfassungswidrigkeit dieser Bedingungen zu überzeugen, blieben erfolglos. Um die Gemeindeverordnung anzufechten, wurde schließlich Klage vor dem Bundesbezirksgericht von New Jersey erhoben. Es war das erste Mal seit 50 Jahren, daß in den Vereinigten Staaten eine solche Maßnahme erforderlich wurde, um unser Recht auf den öffentlichen Predigtdienst zu verteidigen. In unserer Klageschrift an das Gericht wurde passenderweise das Wesen unserer Tätigkeit und die biblische Grundlage dafür erklärt und so ein gutes Zeugnis gegeben.
Am 8. März 1999 kam der Bundesbezirksrichter mit Vertretern unserer Rechtsabteilung und mit Gemeindevertretern von Oradell zusammen und wies die Gemeinde an, ihre Verordnung zu ändern. Am 16. März verabschiedeten der Gemeinderat und der Bürgermeister bei einer Gemeinderatssitzung eine Resolution, wonach Religionsgemeinschaften von der Verpflichtung ausgenommen sind, eine Genehmigung einzuholen und ein Abzeichen zu tragen. Nun kann die gute Botschaft auch in Oradell wieder ohne verfassungswidrige Einschränkungen gepredigt werden.
Jedesmal, wenn Jehovas Name oder das Volk, das seinen Namen trägt, vor Gericht, bei einer Parlamentssitzung oder bei einer Anhörung durch Regierungsvertreter erwähnt wird, erhalten Personen „in hoher Stellung“ ein Zeugnis, die sonst vielleicht selten von der Königreichsbotschaft hören (1. Tim. 2:2). Manchmal aber bieten sich noch viel direktere und ausführlichere Gelegenheiten, Zeugnis zu geben. Dazu kam es kürzlich in Rußland.
In einem beengten Gerichtssaal in Moskau wurden vom September 1998 bis zum März 1999 entschlossene Anstrengungen unternommen, die religiöse Tätigkeit von Jehovas Zeugen in Moskau verbieten zu lassen. Statt jedoch Jehovas Zeugen zum Schweigen zu bringen, wurde genau das Gegenteil erreicht: Dieser Gerichtssaal bot ein einzigartiges Forum für ein gewaltiges Zeugnis.
Die Moskauer Staatsanwaltschaft, später unterstützt von der Moskauer Justizbehörde, erhob zusammen mit einer Antisektenvereinigung, die Verbindungen zur russisch-orthodoxen Kirche unterhält, unbegründete Anschuldigungen in der Absicht, die Moskauer Versammlung der Zeugen Jehovas zu liquidieren. Normalerweise würde sich ein Gericht, das über eine Zivilklage zu entscheiden hat, nicht für zuständig halten, im Rahmen eines Verfahrens religiöse Lehren und Glaubensansichten einer kritischen Analyse zu unterziehen. Weil aber die Glaubensansichten der Zeugen Jehovas und ihre Tätigkeit Inhalt der Anklage waren, rückten sie in den Mittelpunkt des Verfahrens.
Der Anwalt der Klagepartei brachte im Verfahren vor, unsere Veröffentlichungen stachelten zu religiösem Haß auf. Inwiefern? Insofern als wir lehrten, die wahre Religion zu haben. Darauf gab ein Anwalt der Verteidigung, der selbst Zeuge Jehovas ist, der Richterin und dem gegnerischen Anwalt jeweils eine Bibel und las dann Epheser 4:4, 5 vor, wo es heißt: „Da ist ... e i n Herr, e i n Glaube, e i n e Taufe.“ Weiter widerlegte unser russischer Bruder andere Anschuldigungen des Klägeranwalts an Hand der Bibel, indem er beispielsweise Jakobus 1:27, Johannes 17:16 und Offenbarung 18:1-4 zitierte und nachwies, daß sich Christen ‘von der Welt getrennt’ halten müssen. Der Klägeranwalt erwiderte, die letzte Bibelstelle, wo von Babylon der Großen die Rede ist, beleidige die Religion anderer, wenn man sie auf dieselbe anwende. Später jedoch erklärte ein Philosophieprofessor, der an einer Universität lehrt: „Wenn die Fachleute Jehovas Zeugen wegen ihrer Lehren anklagen, merken sie nicht, daß sie in Wirklichkeit Anklagen gegen die Bibel vorbringen.“
Das Verfahren bot Gelegenheit, dem Gericht aus Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas vorzulesen, die die Anklage in der Klageschrift aufgeführt hatte. Diesmal jedoch wurden die Zitate im Zusammenhang vorgelesen, so daß unsere Lehren richtig dargestellt und den Anschuldigungen strafbaren Verhaltens jegliche Grundlage entzogen wurde. Führende russische Wissenschaftler unterbreiteten nicht weniger als fünf wissenschaftliche Untersuchungen, die die Behauptungen der Anklage widerlegten. Nachdrücklich wurde auch auf Urteile von Gerichten in aller Welt und auf internationale Verträge und Vereinbarungen hingewiesen, die es gebieten, die Religionsfreiheit zu respektieren.
Wie wäre es Jesus nach dem russischen Gesetz von 1997 ergangen, auf das die Anklage ihre rechtlichen Schritte stützte? Darüber sprach ein kanadischer Anwalt der Verteidigung (ebenfalls ein Zeuge Jehovas) während der Verhandlung. Er sagte dem Gericht, daß Jesus tatsächlich die religiösen Führer seiner Tage kritisierte, indem er ihnen sagte, was in Johannes 8:44, 45 aufgezeichnet ist: „Ihr seid aus eurem Vater, dem Teufel.“ Wie aus Matthäus 15:2-9 hervorgeht, verurteilte Jesus Überlieferungen, die Gottes Wort widersprachen. Dann fragte der Anwalt, ob Jesus durch seine in Matthäus 10:34-37 aufgezeichnete Aussage Familien habe zerstören wollen. Nein, Jesus stellte lediglich fest, welche unausweichlichen Folgen die Reaktion mancher Menschen haben werde. Auch gehe aus Lukas 18:15, 16 hervor, daß Jesus kleine Kinder zu sich kommen ließ. Verführte Jesus Teenager und minderjährige Kinder, sich dem Christentum anzuschließen? Und worin lag der eigentliche Grund, weshalb Jesu religiöse Gegner seinem Predigen Einhalt gebieten wollten? Aus Johannes 11:47, 48 geht hervor, daß viele Jesus nachfolgten und die jüdische Geistlichkeit daher befürchtete, Mitglieder zu verlieren. Dazu, so der Anwalt, gebe es heute durchaus Parallelen. Es liegt auf der Hand, daß die Anklagen, die gegen Jehovas Zeugen in diesem Fall vorgebracht wurden, genauso gegen Jesus Christus vorgebracht würden, wenn er heute in Moskau predigte. Doch wer ist im Unrecht? Offensichtlich diejenigen, die die Anklagen vorbringen, denn Jesus „beging keine Sünde“ (1. Pet. 2:22).
Auf Fragen eingehend, die die Anklage in bezug auf Lehren von Jehovas Zeugen aufgeworfen hatte, las ein russischer Anwalt, der ein Bruder ist, aus der Bibel Daniel 2:44, 45 und 2. Timotheus 3:1-5 vor. Im weiteren Verlauf des Nachmittags sagte ein Zeuge Jehovas aus, dessen Großeltern schon Zeugen waren und dessen Lebensgeschichte beweist, daß Jehovas Zeugen schon seit Jahrzehnten in Rußland vertreten sind. Seine Aussagen erinnerten auch an das Leid, das Zeugen Jehovas durch die Verbannung nach Sibirien und durch andere Unterdrückungsmaßnahmen seitens des Sowjetregimes in den Jahren des Verbots zugefügt worden war. (Siehe Erwachet! vom 22. April 1999, Seite 20—25.)
Eine weitere Anwältin der Verteidigung ist selbst keine Zeugin Jehovas, zeichnet sich aber durch ihre Unvoreingenommenheit und ihre Erfahrung als Verteidigerin in Menschenrechtsfragen aus. Sogar ihr bot sich die Gelegenheit, die Bibel aufzuschlagen und dem Gericht verschiedene Passagen direkt vorzulesen. Nachdem sie auf Offenbarung 14:1; 16:16; 20:6 und Psalm 37:9, 10 hingewiesen hatte, forderte sie den von der Anklage bestellten „Sachverständigen“ für Religionsfragen auf, nachzuweisen, wo Jehovas Zeugen im Unrecht seien. Er war dazu außerstande.
Bemerkenswert ist, daß das nationale russische Justizministerium Jehovas Zeugen am 29. April 1999 erneut als religiöse Organisation gesetzlich registrierte. Daraufhin wurde das Verfahren in Moskau aber weder eingestellt noch zugunsten von Jehovas Zeugen entschieden. Statt dessen wartet dieses erstinstanzliche Gericht nun auf eine Analyse der Schriften von Jehovas Zeugen durch eine von der Richterin bestellte Gruppe von „Sachverständigen“. Ganz gleich, zu welchem Ergebnis sie kommen werden, können wir sicher sein, daß es „zu einem Zeugnis“ ausschlagen wird (Mat. 10:18).
Außer dem Zeugnis, das den Behördenvertretern im Gerichtssaal gegeben wurde, verbreiteten Zeitungen und Fernsehsender Informationen über den Gerichtsfall in ganz Rußland. Auch Jehovas Zeugen in Rußland gaben der Presse und der Öffentlichkeit jeden Tag Auskünfte über den Fortgang des Verfahrens. Ausführliche Zitate aus — von der Anklage entstellt wiedergegebenen — Veröffentlichungen der Watch Tower Society wurden ebenso zur Verfügung gestellt wie umfassende Hintergrundinformationen zur Geschichte der Zeugen Jehovas. Mindestens sieben prominente internationale Nachrichtendienste waren zu verschiedenen Zeiten während des Verfahrens durch Korrespondenten vertreten. Botschafter anderer Staaten und Menschenrechtsorganisationen bekundeten starkes Interesse an diesem Verfahren. Am 11. März verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der russische Offizielle aller Ebenen aufgefordert wurden, die Religionsfreiheit zu gewährleisten und damit die internationalen Vereinbarungen einzuhalten, die ihre Regierung mit unterzeichnet hat. Im darauffolgenden Monat unterzeichneten 11 Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ein weiteres Dokument, in dem sie ihre Besorgnis über die Entwicklung in Verbindung mit dem Moskauer Gerichtsfall ausdrückten.
Unterdessen sind sich die Brüder in Moskau und in ganz Rußland sehr wohl bewußt, daß sie „Gegenstand des Hasses“ von Gegnern der Königreichsbotschaft sind. In St. Petersburg kam es während einer Zusammenkunft zu einem Gasanschlag. Eine ältere Schwester wurde im Predigtdienst von einem Gegner mit einer Waffe angegriffen. Rund 2 000 Zeugen Jehovas in Moskau sahen sich gezwungen, nach neuen Zusammenkunftsstätten zu suchen, weil man ihnen die Mietverträge aufkündigte. Und als Jehovas Zeugen im August einen Kongreß in Moskau abhielten, obwohl versucht worden war, dies zu verhindern, mußte das Stadion am Samstag nachmittag wegen einer Bombendrohung evakuiert werden. Trotzdem ließen sich auf diesem Kongreß 600 Personen taufen, und am Sonntag kamen wieder mehr als 15 100, um das restliche Programm anzuhören.
In dem Bemühen, ihren Dienst zu verrichten, sehen sich Jehovas Zeugen weltweit immer stärkerem Druck ausgesetzt, der die unterschiedlichsten Formen annimmt. Daher war es angebracht, daß verantwortliche Brüder im April 1999 bei einer Zusammenkunft erörtern konnten, was gegenwärtig zur „Verteidigung und gesetzlichen Befestigung der guten Botschaft“ erforderlich ist (Phil. 1:7).
Jehovas Zeugen sind fest davon überzeugt, daß der biblischen Aussage gemäß keine Waffe, die man gegen Jehovas Diener bildet, Erfolg haben wird (Jes. 54:17). Und in Jeremia 1:19 finden wir die Zusicherung: „Sie werden gewiß gegen dich kämpfen, aber sie werden nicht die Oberhand über dich gewinnen, denn ‚ich bin mit dir‘, ist der Ausspruch Jehovas, ‚um dich zu befreien‘.“
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Daniel Sydlik bei der Freigabe des Buches „Die Prophezeiung Daniels — Achte darauf!“ in Englisch
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Chong-il Park bei der Freigabe der „Neuen-Welt-Übersetzung“ in Koreanisch
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Nairobi (Kenia) — einer der 32 internationalen Kongresse
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Oben links: In Belgien werden Hilfsgüter für Afrika verladen. Unten: Flüchtlinge aus dem Kongo hören ermunternde Worte und stimmen von ganzem Herzen in den Lobgesang für Jehova ein.
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