Fragen von Lesern
● Wie denken Jehovas Zeugen darüber, das Amt eines Geschworenen (in Deutschland auch Schöffen) zu bekleiden? — USA.
Jehovas Zeugen anerkennen, daß das, was jemand in Verbindung mit diesem Amt tut, eine persönliche Angelegenheit ist, in der er sich von dem leiten lassen sollte, was ihm sein Gewissen befiehlt.
Soweit es Jehovas Zeugen selbst betrifft, sind sie im allgemeinen nicht der Meinung, daß sie über andere Menschen zu Gericht sitzen sollten. Ihr Vorbild, der Herr Jesus Christus, lehnte es ab, einen Rechtsstreit zu schlichten, als man ihm die Gelegenheit dazu einräumte, und sagte: „Wer hat mich zum Richter oder Erbteiler über euch gesetzt?“ (Luk. 12:14) Ähnliche Fragen warf der Apostel Paulus in seinem Brief an die Korinther auf: „Was habe ich damit zu tun, die, die draußen sind, zu richten? Richtet ihr nicht die, die drinnen [in der Christenversammlung] sind, während Gott die richtet, die draußen sind?“ — 1. Kor. 5:12, 13.
Viele Personen, die in einem solchen Amt dienen, haben auch nicht den Wunsch, sich von den Gesetzen des Wortes Gottes leiten zu lassen, um zu einem Urteil zu kommen. Einige haben Horoskope zu Rate gezogen, sich von einem persönlichen Vorurteil leiten oder sich von anderen unter Druck setzen lassen, als sie eine Entscheidung fällten. So besteht also die Gefahr, an einem Fehlurteil beteiligt zu sein. Falls es um das Leben eines Angeklagten geht, könnte dies sogar bedeuten, Blutschuld auf sich zu laden. Man kann also erkennen, daß man als Schöffe in ernste Gewissenskonflikte geraten könnte.
Die gesetzlichen Bestimmungen darüber, wer zu einem solchen Amt berufen werden kann, und die Möglichkeiten, die für eine Befreiung bestehen, sind von Land zu Land verschieden. In Westdeutschland besteht für Gottes Diener die Möglichkeit, von der Liste der voraussichtlichen Schöffen bzw. Geschworenen unter Hinweis auf die Ungeeignetheit aus Gründen beruflicher Art (§ 34 I Z. 6 GVG) als Religionsdiener gestrichen zu werden.
Aber nicht in allen Ländern werden Befreiungen ausgesprochen. Wird jemand selbst dann nicht von seiner Berufung zu einem solchen Amt befreit, wenn er dem Richter die Gründe dafür erklärt hat, so kann er wenigstens seine gewissensmäßigen Bedenken zu einem Fall vortragen, wenn ihm die Juristen diesbezüglich vor Beginn des Prozesses Fragen stellen. Betrachtet man ihn seiner gewissensmäßigen Bedenken wegen für das Amt eines Geschworenen oder Schöffen nicht als ungeeignet, mag sich der Christ — um sein Gewissen nicht zu verletzen — veranlaßt sehen, das Amt abzulehnen. In diesem Fall sollte er bereit sein, alle Konsequenzen, die sich aus seiner Entscheidung ergeben, auf sich zu nehmen.
● Gemäß 5. Mose 6:8, 9 wurde den Israeliten geboten, ‘Gottes Gesetz als ein Zeichen auf ihre Hand zu binden’ und es ‘als ein Stirnband zwischen ihren Augen’ dienen zu lassen. Ist dies buchstäblich zu verstehen? — USA.
Viele jüdische Kommentatoren haben diesen ausdrücklichen Befehl buchstäblich angewandt. Diese Bibelstelle gehört zu den Texten, die als Stütze für das Tragen von Phylakterien (kleine Kapseln, die Texte aus der Heiligen Schrift enthalten) angeführt werden. Eine Untersuchung des Kontextes und anderer Schriftstellen weist jedoch deutlich auf eine übertragene Anwendung hin.
In 5. Mose, 6. Kapitel lesen wir von Vers 6 bis 9: „Es soll sich zeigen, daß diese Worte, die ich [Jehova] dir heute gebiete, auf deinem Herzen sind; und du sollst sie deinem Sohn einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du auf dem Wege gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst. Und du sollst sie als ein Zeichen auf deine Hand binden, und sie sollen als Stirnband zwischen deinen Augen dienen; und du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und an die Tore schreiben.“
Man sollte beachten, daß dieser Text nicht besagt, die Gebote seien auf etwas zu schreiben und dann zwischen den Augen oder an den Händen zu tragen oder an die Türpfosten und Tore zu heften. Die Gebote selbst sollten ‘als ein Zeichen auf die Hand gebunden werden’ und als ein ‘Stirnband zwischen den Augen’ dienen. Der Gedanke, der offensichtlich vermittelt werden soll, gleicht daher sehr demjenigen, der in Sprüche 7:2, 3 zum Ausdruck gebracht wird: „Bewahre meine Gebote, und bleibe am Leben, und mein Gesetz wie die Pupille deiner Augen. Binde sie an deine Finger, und schreibe sie auf die Tafel deines Herzens.“ Dies ist ganz offensichtlich nicht buchstäblich gemeint. Es wäre unmöglich, Gebote buchstäblich auf das Herz zu schreiben; und geschriebene Gebote um seine Finger zu binden würde sich beim Arbeiten nur als eine Behinderung auswirken. Es würde keinem sinnvollen Zweck dienen.
In ähnlicher Weise gebot Jehova den Israeliten in Verbindung mit dem Passah, der Feier zur Erinnerung an ihre Befreiung aus Ägypten: „Es soll dir als ein Zeichen auf deiner Hand und als ein Gedenkzeichen zwischen deinen Augen dienen, damit es sich erweise, daß Jehovas Gesetz in deinem Munde ist; denn mit starker Hand hat Jehova dich aus Ägypten herausgeführt.“ (2. Mose 13:9) Wiederum ist es offensichtlich, daß die Gedenkfeier selbst nicht buchstäblich auf ihre Hände gebunden werden noch als ein buchstäbliches Gedenkzeichen zwischen ihren Augen dienen konnte. Aber die Israeliten konnten sich das, was Gott für sie getan hatte, ständig vor Augen halten, als ob es auf eine Tafel zwischen ihren Augen oder als ob es als ein Zeichen auf ihre Hand geschrieben gewesen wäre.
In derselben Weise konnten sie Jehovas Gebote stets vor sich haben, ganz gleich, ob sie zu Hause oder in der Nähe der Stadttore waren, wo sich im allgemeinen die Menschen versammelten und die Stadtältesten Rechtsfälle behandelten. Die Israeliten sollten Gottes Gesetz nicht nur in ihrem Herzen behalten und es ihre Kinder lehren. Sie sollten auch durch ihr Handeln (was durch die Hände ausgedrückt wurde) zeigen, daß sie es befolgten. Sie sollten sich öffentlich als Verteidiger des Wortes Gottes erweisen, als ob Gottes Gesetz zwischen ihre Augen geschrieben wäre, so daß es jeder sehen konnte. Dadurch würden sie auf eine weit wirkungsvollere Weise ihre Treue bewahren, als es der Fall wäre, wenn sie Auszüge aus Gottes Gesetz buchstäblich bei sich tragen oder auf ihre Türpfosten oder Tore schreiben würden.
Selbst ein Heuchler könnte Kapseln, die Schrifttexte enthielten, tragen. Tatsächlich tadelte Jesus Christus die Pharisäer, da ‘sie die Schrifttexte enthaltenden Kapseln breit machten die sie als Schutzmittel trugen’. (Matth. 23:5) Sie wollten anscheinend andere mit ihrem Eifer für das Gesetz beeindrucken, indem sie diese Kapseln vergrößerten. Aber sie mißachteten die wirkliche Bedeutung des Gesetzes. Ihre Kundgebungen nach außen hin waren daher bedeutungslos.
Bestimmt sollten wir den Wunsch haben, uns heute als Personen zu erweisen, die Jehova von Herzen gehorsam sind und ihm dienen. Dies bedeutet, daß uns unser Herz bewegen sollte, voller Wertschätzung der Leitung es geschriebenen Wortes Gottes gehorsam zu folgen. Unser Sinn sollte bei Dingen verweilen, die von ernsthaftem Interesse, gerecht, liebenswert, tugendhaft, keusch und lobenswert sind. (Phil. 4:8) Was wir auch immer tun, so sollten wir doch „daran mit ganzer Seele als für Jehova und nicht für Menschen“ arbeiten. (Kol. 3:23) Ja, jede unserer Handlungen sollte beweisen, daß wir Gottes Gebote immer vor uns haben.