Beschnitten an Herz und Ohren
„Ihr Halsstarrigen und an Herzen und Ohren Unbeschnittenen, allezeit widersteht ihr dem heiligen Geist.“ — Apg. 7:51.
1. Welche Bedeutung ist der Beschneidung schon in frühester Zeit beigemessen worden, und warum?
DIE Beschneidung ist ein Brauch, der schon fast so lange bekannt ist und geübt wird, wie man Aufzeichnungen macht. Sie ist ein Thema, das sowohl vom hygienischen als auch vom religiösen Standpunkt aus sehr interessant ist. Wahrscheinlich wurde die Beschneidung hauptsächlich aus medizinischen Gründen notwendig, weil der Mensch durch den Sündenfall unvollkommen geworden war. Sobald sie aufkam, wurde ihr allem Anschein nach aber auch religiöse Bedeutung beigemessen. Eine Betrachtung des Bibelberichts macht dies klar. Der gefallene Mensch ‘brachte eher der Schöpfung Verehrung und heiligen Dienst dar als dem Schöpfer’. (Röm. 1:25) Das hatte natürlich zur Folge, daß der Geschlechtlichkeit und der Fruchtbarkeit sowie allem, was damit in Verbindung stand, ungebührend Beachtung geschenkt, ja daß damit sogar ein Kult getrieben wurde. Die Beschneidung (lat. circumcisio, „Umschneidung“) betrifft die Geschlechts- und Fortpflanzungsorgane und dient als ein bleibendes Kennzeichen und auch als Beweis für die Aufnahme in eine gesellschaftliche oder religiöse Gruppe. Wir fragen aber: Hat die Beschneidung auch einen angemessenen Platz in der wahren Religion? Wenn ja, dann möchten wir ihr, gestützt auf das richtige Verständnis, die entsprechende Aufmerksamkeit schenken. Um dieses Verständnis zu erlangen, müssen wir uns dem Worte Gottes, der Bibel, zuwenden, der einzigen zuverlässigen Informationsquelle.
2. Wann und in Verbindung mit wem gebot Gott die Beschneidung? Welche Einzelheiten werden erwähnt?
2 In der Bibel wird die Beschneidung zum erstenmal erwähnt, als Gott seinen Bund mit Abraham, der damals neunundneunzig Jahre alt war, schloß oder bestätigte. Gott sagte zu Abraham: „Dies ist mein Bund, den ihr halten werdet, zwischen mir und euch, auch deiner Nachkommenschaft nach dir: Alles Männliche von euch soll beschnitten werden. ... ihr sollt am Fleisch eurer Vorhaut beschnitten werden, und es soll zum Zeichen des Bundes zwischen mir und euch dienen.“ Dann gab er ihm folgende Einzelheiten bekannt: „Im Alter von acht Tagen soll alles Männliche von euch beschnitten werden ... Jeder in deinem Hause Geborene und jeder mit deinem Geld Erkaufte sollen unbedingt beschnitten werden ... Und ein unbeschnittener Männlicher, der das Fleisch seiner Vorhaut nicht beschneiden läßt, ja diese Seele soll von ihrem Volke abgeschnitten werden. Er hat meinen Bund gebrochen.“ Hätte sich also ein Sohn oder ein männlicher Sklave vorsätzlich geweigert, sich beschneiden zu lassen, so wäre er nicht nur aus dem Haus gewiesen worden, sondern es hätte für ihn den Tod bedeutet. — 1. Mose 17:10-14, 22-27, NW.
3. Welche beiden Fragen erheben sich aufgrund des Berichts in 1. Mose 17:10-14?
3 Hier erheben sich zwei Fragen. Gottes Recht in dieser Sache wird nicht angezweifelt, aber vielleicht fragen wir uns, warum er gerade die Beschneidung als Zeichen wählte, besonders da es sich dabei, vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, um eine ziemlich schmerzhafte und peinliche Operation handelt. Wenn Gott etwas als Zeichen oder Symbol zu tun gebietet, so ist dessen Zweckmäßigkeit gewöhnlich leicht zu erkennen, zum Beispiel bei der Wassertaufe, die ein Symbol dafür ist, daß sich der Betreffende Jehova hingegeben hat. Die andere Frage lautet: Warum galt dieses Gebot für die ganze Hausgemeinschaft, einschließlich aller männlichen Sklaven? Waren im Grunde genommen nicht nur Abraham und seine Nachkommen in den Bund aufgenommen worden? Sicherlich interessiert es uns zu erfahren, ob Gottes Wort Licht auf diese Fragen wirft.
4. (a) Welche Situation machte es nötig, daß Gott den in Josua 5:2-7 aufgezeichneten Befehl gab? (b) Inwiefern sind die Worte Jehovas in Josua 5:9 von besonderer Bedeutung?
4 Die Hebräischen Schriften zeigen, daß Abrahams Nachkommen, die Israeliten, sich ebenfalls an das obige Gebot hielten. Es wurde in das Gesetz, das ihnen durch Moses gegeben wurde, aufgenommen; es war für sie kein neues Gebot. (3. Mose 12:3) Während der vierzigjährigen Wüstenwanderung wurden die Knäblein, die zu jener Zeit geboren wurden, jedoch nicht beschnitten. Schließlich zog eine neue Generation über den Jordan in das Verheißene Land. Damals gebot Jehova Josua, alle Söhne Israels zu beschneiden. Als dieses Gebot erfüllt worden war, sprach Jehova die bedeutungsvollen Worte: „Heute habe ich die Schande Ägyptens von euch abgewälzt.“ (Josua 5:2-9) Da die Beschneidung bei den Ägyptern offenbar üblich war, mag dies bedeutet haben, daß die Ägypter nun keinen Grund mehr hatten, die Israeliten zu schmähen wegen ihrer vielen Männer, die nicht beschnitten waren. Auch wurde dadurch der jüngeren Generation des Volkes Jehovas die letzte Spur einer Verbindung mit Ägypten und seinen falschen Göttern sowie seiner falschen Religion gleichsam weggeschnitten, wenigstens in symbolischem Sinne. Das läßt uns erkennen, daß die Beschneidung — das „Zeichen des Bundes“, das Abraham gegeben worden war — auch im Falle Abrahams ein passendes Symbol der reinen Anbetung war, das diejenigen, die mit Jehova in einem Bundesverhältnis standen, als ein besonderes Volk kennzeichnete. Nach der Beschneidung in Gilgal befolgten die Israeliten (später als Juden bekannt) dieses Gebot weiterhin.
5. Sollte man die Bibel in zwei Teile teilen, indem man einen Unterschied macht zwischen dem Buchstaben und dem Geist des Gesetzes?
5 In den Christlichen Griechischen Schriften ist vom Einhalten einer ähnlichen Forderung die Rede, nur handelt es sich dabei um die Beschneidung des Herzens, beispielsweise in Römer 2:29. Du denkst vielleicht, es handle sich in diesem Fall um den ersten Hinweis, und bist in gewissem Sinne froh, vom buchstäblichen Gesichtspunkt, vom Buchstaben des Gesetzes, wegzukommen, und hoffst, nun die tiefere Bedeutung, den Geist des Gesetzes, kennenzulernen. Doch nein. Der erste Hinweis auf die Beschneidung des Herzens stammt von Moses, und von ihm erfahren wir auch die Grundbedeutung.
6. (a) In welchem Zusammenhang erwähnt Moses die Beschneidung des Herzens? (b) Wie zeigt Moses, daß es dabei auch um die Ohren geht, und was können wir daraus lernen?
6 Moses schrieb: „So beschneidet denn die Vorhaut eures Herzens und verhärtet euren Nacken nicht mehr!“ Diese Voraussetzung mußte erfüllt werden, nicht um den rituellen Forderungen, dem Buchstaben des Gesetzes, zu entsprechen, sondern um die auf echter Liebe beruhenden grundlegenden Forderungen zu erfüllen. Das geht aus der Aufforderung hervor: „Und nun, Israel, was fordert Jehova, dein Gott, von dir, als nur, Jehova, deinen Gott, zu fürchten, auf allen seinen Wegen zu wandeln und ihn zu lieben, und Jehova, deinem Gott, zu dienen mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele.“ Später appellierte Moses erneut an die Israeliten und zeigte, daß es um beides geht, um Herz und Ohren. Er sagte: „Jehova, dein Gott, wird dein Herz und das Herz deiner Nachkommen beschneiden müssen, damit du Jehova, deinen Gott, liebest mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, um deines Lebens willen.“ Er legte ihnen die Wahl vor mit den Worten: „Wenn du auf die Gebote Jehovas deines Gottes, hören wirst“, ja wenn sie ihn lieben und ihm gehorchen würden, dann würde er sie reichlich segnen. „Wenn sich aber dein Herz wegwendet und du nicht hörst und du tatsächlich verführt wirst und dich vor anderen Göttern niederbeugst und ihnen dienst, ... [werdet] ihr bestimmt umkommen.“ Mit anderen Worten, an Herz und Ohren beschnitten zu sein bedeutet, ein völlig aufrichtiges und demütiges Herz zu haben und freudig bereit zu sein, zu hören und zu gehorchen, um so auf dem Weg der reinen Anbetung zu bleiben. Wer aber ein Herz hat, das dazu neigt, sich abzuwenden, und wer zufolge von Stolz taube Ohren hat, was durch einen verhärteten, steifen Nacken angedeutet wird, der wird sich unweigerlich in die falsche Religion verstricken und wird umkommen. — 5. Mose 10:12, 16; 30:6, 15-18, NW; siehe ferner Josua 24:14, 15, 19.
7. Wie äußert sich Jeremia hierüber?
7 Jeremia sagte hierüber treffend: „Zu wem soll ich reden und wem Zeugnis ablegen, daß sie hören? Siehe, ihr Ohr ist unbeschnitten, und sie können nicht aufmerken; siehe, das Wort Jehovas ist ihnen zum Hohn geworden.“ In einer Zeit, in der Juda und Israel in besonderem Maße untreu geworden waren, richtete Jeremia Jehovas Botschaft aus, in der die Beschneidung am Fleische der geistigen Beschneidung gegenübergestellt wurde: „Ich [will] Abrechnung halten mit jedem [am Fleische] Beschnittenen, doch noch in Unbeschnittenheit, in Hinsicht auf Ägypten und auf Juda ...; denn alle Nationen sind unbeschnitten, und das ganze Haus Israel ist unbeschnittenen Herzens.“ — Jer. 6:10; 9:25, 26, NW.
8. Wann und wie gab Stephanus einen Überblick über die Geschichte Israels, welche Anklage erhob er, und was geschah danach?
8 Als der christliche Märtyrer Stephanus Jahrhunderte später vor dem Sanhedrin seine Verteidigungsrede hielt, sagte er von Abraham, Gott habe „ihm einen Bund der Beschneidung“ gegeben. Dann führte er Moses an und sagte: „Unsere Vorväter wollten ihm aber nicht gehorsam werden, sondern sie stießen ihn von sich und kehrten in ihren Herzen nach Ägypten zurück, indem sie zu Aaron sagten: ‚Mache uns Götter, damit sie vor uns hergehen.‘“ Schließlich brachte er jene Vorväter mit dem Sanhedrin (seinen Zuhörern) in Jerusalem in Verbindung und sagte: „Ihr Halsstarrigen und an Herzen und Ohren Unbeschnittenen, allezeit widersteht ihr dem heiligen Geist; wie eure Vorväter taten, so tut auch ihr.“ Stephanus sprach von dem „Gerechten [Jesus] ..., dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid“. Wie reagierte der Sanhedrin? „Es [ging] ihnen wie ein Stich durchs Herz [„sie wurden durchgesägt an den Herzen“ (Königreichs-Interlinearübersetzung), also nicht beschnitten].“ An ihren Ohren hatten sie kein überschüssiges Fleisch, das eine buchstäbliche Beschneidung nötig gemacht hätte. Was taten sie deshalb? Sie „hielten sich mit den Händen die Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn los“ und steinigten ihn zu Tode. — Apg. 7:8, 39-43, 51-58.
9. Worauf ist Unbeschnittenheit an Herz und Ohren zurückzuführen, und welche Folgen hat sie?
9 Welch furchtbare Anklage gegen jene geistlichen Führer! Ein unbeschnittenes Herz und unbeschnittene Ohren kennzeichnen Personen, die gefühllos, halsstarrig und hartnäckig sind und ein trotziges Gesicht, ein verhärtetes Herz und einen verhärteten Nacken haben. (Spr. 21:29; 28:14; 29:1) Die Hauptursache hierfür ist Stolz, und Stolz zieht immer schlimmere Folgen nach sich. Das bestätigen auch die Worte Daniels, der von Nebukadnezar sagte, daß „sein Herz hochmütig wurde und sein eigener Geist sich verhärtete, so daß er vermessen handelte“. Das gleiche trifft auf Pharao zu. — Dan. 5:20, NW; 2. Mose 7:22, 9:7; siehe ferner Hebräer 3:7-13.
10. (a) Welcher Unterschied besteht zwischen Sinn und Herz? (b) Wie kann man am Herzen beschnitten werden?
10 Sollten wir es daher nicht als wichtig und erstrebenswert ansehen, am Herzen beschnitten zu sein? Doch wie ist dies möglich? Im Unterschied zum Sinn, der die Fähigkeit hat, über empfangene Informationen nachzudenken und dann zu schlußfolgern, ist das Herz eng mit unseren Neigungen und Wünschen verbunden und wird daher zum Ausgangspunkt oder Sitz unserer Beweggründe. Von ihm gehen die Gefühle aus, und es kann uns zu einer bestimmten Handlungsweise drängen oder treiben. (2. Mose 35:21) Es kann den Sinn leicht beeinflussen. Das Herz ist das Zentrum oder die Haupttriebfeder unseres ganzen Wesens, unserer Persönlichkeit. Es ist unser wahres Selbst, die „verborgene Person des Herzens“, ‘der Mensch, der wir innerlich sind’. (1. Petr. 3:4; Röm. 7:22) Wie können wir am Herzen beschnitten werden? Wir können uns nach dem richten, was bei einer buchstäblichen Beschneidung geschieht. Bei einer aus gesundheitlichen Gründen vorgenommenen Beschneidung betrachtet man das Fleisch, das weggeschnitten wird, als überflüssig oder als Hindernis, als etwas, was der Bewahrung eines reinen und gesunden Zustandes im Wege steht. Am Herzen beschnitten zu werden bedeutet also, daß wir alles in unseren Wünschen und Beweggründen, was Jehovas Wünschen widerspricht, ausmerzen oder gewissermaßen wegschneiden. Es bedeutet, alles vollständig zu beseitigen, was als Hindernis wirkt, zum Beispiel Stolz, der bewirkt, daß man nicht mehr auf Jehova, auf seine Mahnungen und auf sein Wort hört.
11. (a) Welches vortreffliche Beispiel für eine Beschneidung an Herz und Ohren finden wir in der Bibel? (b) Wie kann diese geistige Operation vorgenommen werden?
11 Ein vortreffliches Beispiel für eine Beschneidung an Herz und Ohren finden wir in folgendem Bericht des Lukas: „Eine gewisse Frau namens Lydia, ... eine Anbeterin Gottes, hörte zu, und Jehova öffnete ihr das Herz weit, um den Dingen, die Paulus redete, Aufmerksamkeit zu schenken.“ (Apg. 16:14) Es war also kein Hindernis vorhanden. Aus eigener Kraft und mit unserer Weisheit könnten wir diese geistige Operation nicht vornehmen. Paulus sagt von einem echten Juden: „Seine Beschneidung ist die des Herzens durch Geist.“ Ja, wir benötigen Gottes Geist, und sein Wort zeigt uns, wie wir um eine neue Einstellung beten sollten: „Schaffe in mir auch ein reines Herz, o Gott, und lege einen neuen, einen festen Geist in mich.“ — Röm. 2:29; Ps. 51:10, NW.
EINE NEUE PERSÖNLICHKEIT
12. Was hängt mit dem Ablegen der alten Persönlichkeit und dem Anziehen der neuen Persönlichkeit alles zusammen?
12 Gott legt seinen Geist, seine unsichtbare wirksame Kraft, nicht automatisch in uns hinein. Wir müssen mit ihm zusammenwirken, indem wir unseren Geist oder unsere Denkweise und unsere Gefühle dem Einfluß und der Wirksamkeit seines Geistes unterordnen, der durch sein Wort wirkt. Dann haben wir einen neuen, einen festen, auf einer genauen Erkenntnis beruhenden Geist in unserem reinen Herzen, „so wie die Wahrheit in Jesus ist“. Wir werden ‘erneuert werden in der Kraft, die unseren Sinn antreibt’, und das wird uns helfen, ‘die alte Persönlichkeit, die unserem früheren Wandel entspricht’, abzulegen. Wir werden lernen, statt dessen ‘die neue Persönlichkeit anzuziehen, die nach Gottes Willen in wahrer Gerechtigkeit und Loyalität geschaffen worden ist’. Alle, die dies tun, werden „Nachahmer Gottes“ und ahmen das Gute nach. — Eph. 4:20-24; 5:1.
13. Bedeutet dies, daß man eine völlig neue Persönlichkeit werden müßte? Wie kann dies veranschaulicht werden?
13 Du magst denken, das sei leichter gesagt als getan. Wir möchten darum nun einmal einige Gesichtspunkte betrachten. Eine neue Persönlichkeit anzuziehen bedeutet nicht, eine völlig andere Persönlichkeit zu werden und dadurch die eigene Wesensart aufzugeben. Zugegeben, wir müssen das Schlechte in unserem Herzen und in unserem Leben an den Pfahl schlagen oder ertöten. (Gal. 5:24; Kol. 3:5) Es gibt aber Eigenschaften und Fähigkeiten, die, wenn nicht beherrscht, zwar nachteilig sind, die jedoch viel Gutes bewirken können, wenn sie beherrscht und in richtige Bahnen gelenkt werden. Ein reges Temperament hängt zum Beispiel mit einem regen Geist, verbunden mit starken Empfindungen, zusammen, und wenn beides nicht beherrscht wird, kann sich dies bald sehr nachteilig auswirken. Andererseits können ein reger Geist und die Eigenschaft, Mitleid oder Begeisterung spontan zum Ausdruck zu bringen, wenn von einem guten Beweggrund geleitet, eine große Hilfe sein, besonders beim Zeugnisgeben. Bei alledem sind Selbstbeherrschung und Beharrlichkeit erforderlich. Jakobus sagt: „Wer ... in das vollkommene Gesetz, das zur Freiheit gehört, hineinschaut und dabei bleibt, der wird glücklich sein, ... weil er nicht ein vergeßlicher Hörer, sondern ein Täter des Werkes geworden ist.“ — Jak. 1:25.
14. Wie kann eine natürliche Begabung nützlich angewandt werden?
14 Du magst auch denken, eine natürliche Gabe, zum Beispiel eine musikalische oder dichterische Veranlagung, müsse unterdrückt werden, da man dadurch abgelenkt und zu einem Träumer werden könnte, während heute doch so viel getan werden sollte. Das könnte allerdings leicht geschehen, wenn von dieser Gabe nicht richtig Gebrauch gemacht würde; doch die mit dieser Gabe verbundene besondere Fähigkeit kann zu einem guten Zweck angewandt werden. Eine Sinfonie zum Beispiel besteht aus verschiedenen sorgfältig aufgebauten Sätzen, die einen wohlausgewogenen Kontrast bilden, Schönheit und Harmonie zum Ausdruck bringen und durchweg gut moduliert sind, ohne langweilige Wiederholungen. Das gleiche kann von der Vorbereitung und dem Halten einer Ansprache über die Wahrheit gesagt werden. Je besser man das Wort Gottes und die von der Wachtturm-Gesellschaft herausgegebenen biblischen Lehrmittel im Zusammenhang versteht, desto mehr holt man für sich persönlich und zur Hilfe anderer daraus heraus. Auch die Belohnung ist weit größer. Während die Musik vorwiegend das Gefühl anspricht, richtet sich die Verkündigung der Wahrheit oder der Königreichsbotschaft in ausgeglichenem Maße sowohl an den Verstand als auch an das Gefühl. Vor allem aber wird dadurch Jehova, der große Schöpfer, geehrt.
15. (a) Was mag uns mitunter entmutigen? (b) Welchen Dienern Gottes muß ähnlich zumute gewesen sein, und was können wir von ihnen lernen?
15 Manchmal sinkt uns bei unserem Bemühen, die neue Persönlichkeit anzuziehen, der Mut. Immer wieder gewinnt die alte Persönlichkeit mit ihren eingefleischten Gewohnheiten und den inneren Belastungen — abgesehen von den äußeren, die durch die Welt Satans hervorgerufen werden — die Oberhand. Paulus sagte zwar: „Diese [der Geist und das Fleisch] sind einander entgegengesetzt, so daß ihr gerade die Dinge, die ihr tun möchtet, nicht tut“, aber er sagte auch: „Fahrt fort, durch den Geist zu wandeln, und ihr werdet das Begehren des Fleisches sicher nicht vollbringen.“ (Gal. 5:16, 17) Wenn wir daher von einer Verfehlung überwältigt worden sind, fühlen wir uns innerlich elend. Wir sind in dieser Hinsicht aber nicht allein. Stellen wir uns vor, wie Petrus zumute gewesen sein muß, als er erkannte, daß er gerade das getan hatte, was er versprochen hatte, nie zu tun: seinen geliebten Meister zu verleugnen. Oder stellen wir uns vor, wie ihm zumute gewesen sein muß, als er, nachdem er jahrelang in einer verantwortungsvollen Stellung gedient hatte, von Paulus öffentlich getadelt wurde. Oder stellen wir uns vor, wie Paulus zumute gewesen sein muß, als er, der damals noch Saulus war und „Drohungen und Mord gegen die Jünger des Herrn schnaubte“, plötzlich auf so eindrucksvolle Weise über den eigentlichen Sachverhalt aufgeklärt wurde. (Matth. 26:35, 75; Gal. 2:11-14; Apg. 9:1-9) Doch jene Diener Gottes verloren deswegen den Mut nicht, und was noch wichtiger ist, sie verhärteten ihr Herz nicht. Wir sollten es auch nicht tun. Wie tröstlich, die Worte des Johannes zu lesen: „Dadurch werden wir ... unsere Herzen vor ihm versichern im Hinblick auf das, worin uns unser Herz verurteilen mag, weil Gott größer ist als unser Herz und alles weiß.“! Wieso kann dies gesagt werden? — 1. Joh. 3:19, 20.
DIE EINLADUNG ZU KOMMEN
16. (a) Wer lädt uns nun ein, zu ihm zu kommen, und sind wir verpflichtet, die Einladung anzunehmen? (b) Wieso trifft Jehova als erster die Wahl, und mit welchen ermunternden Worten?
16 Bestimmt freust du dich sehr, wenn dich jemand zum erstenmal in sein Heim einlädt, da du darin eine Möglichkeit siehst, mit dem Betreffenden näher bekannt zu werden. Schon allein die Einladung gibt dir einen gewissen Auftrieb, und du fühlst dich wie ein anderer Mensch. Ist es dir nicht auch schon so ergangen, besonders in schweren Zeiten? Nun, in den gegenwärtigen ‘kritischen Zeiten, mit denen man schwer fertig wird’, läßt Jehova eine freundliche Einladung ergehen. (2. Tim. 3:1) Niemand wird gezwungen, sie anzunehmen. Wie bereits erwähnt, hast du die Wahl. Als erster trifft aber Jehova die Wahl, und das mit Recht. David schrieb: „Glücklich ist der, den du erwählst und herzunahen läßt, damit er in deinen Vorhöfen weile.“ Zum einen trifft Jehova die Wahl, indem er die Bedingungen stellt, die zu erfüllen sind. (Ps. 65:4, NW; 24:3, 4) Zum anderen ist die Einladung so gehalten, daß sie nur aufrichtige, von Herzen demütige, ja innerlich gebrochene Menschen anspricht. Das zeigt, daß Jehova größer ist als unser Herz. Er sagt: „Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.“ — Jes. 57:15; siehe ferner 2. Chronika 16:9.
17. In welcher Hinsicht ist von Gott Demut erforderlich, und wie hat er diese Demut bewiesen?
17 Wenn wir vor Jehova hintreten möchten, müssen wir demütig sein. Erstaunlicherweise beruht diese Demut auf Gegenseitigkeit. Hast du je daran gedacht, daß es von seiten Gottes Demut erfordert, sich gewissermaßen herabzuneigen, um die sündige Menschheitsfamilie zu beschauen? „Wer ist wie Jehova, unser Gott, ... der sich herabneigt, um auf die Himmel und auf die Erde zu schauen? Der aus dem Staube emporhebt den Geringen ...“ „Deine Rechte stützte mich, und deine Herablassung [Demut, NW] machte mich groß.“ Selbst an die Abgeirrten wendet sich Jehova mit den Worten: „Ich habe den ganzen Tag meine Hände ausgebreitet zu einem widerspenstigen Volke.“ Beachten wir auch die Worte Jesu: „Wie oft hatte ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel versammelt! Ihr aber habt nicht gewollt.“ Eine solche Langmut und soviel unverdiente Güte setzt bestimmt Demut voraus. — Ps. 113:5-7; 18:35; Jes. 65:2; Matth. 23:37.
18. Wohin lädt uns Jehova ein, und wieso wissen wir, wo dies heute ist?
18 Zweifle nicht daran, daß du eingeladen bist. Wohin denn? An den Ort, den Jehova erwählt hat. „Jehova hat Zion erwählt, hat es begehrt zu seiner Wohnstätte.“ David dachte an das irdische Zion, das Zentrum der reinen Anbetung. (Ps. 132:8, 13-18) Das erfüllt sich heute am himmlischen Berg Zion, wo Jehova im Jahre 1914 u. Z. seinen Sohn als König eingesetzt hat. Johannes sah in einer Vision das Lamm dort stehen „und mit ihm hundertvierundvierzigtausend“, die vollständige Christenversammlung. Von dieser Zionsklasse befindet sich immer noch ein Überrest auf der Erde, der Gottes Organisation vertritt. Dahin lädt Gott alle ein, die erkannt haben, daß sie einen Zufluchtsort benötigen, ähnlich der Vorkehrung, die Gott in den Tagen der Sintflut getroffen hatte. Er sorgte damals dafür, daß die Arche gebaut wurde, in der er „Noah ... mit sieben anderen in Sicherheit“ hielt. — Ps. 2:6; Offb. 14:1; 1. Mose 7:1; 2. Petr. 2:5.
19. (a) In welchem Zustand befindet sich Zion seit seiner Wiederherstellung? (b) Welche Voraussetzung müssen alle erfüllen, die zu Gottes Organisation kommen?
19 Als dieser Überrest des geistigen Israel wieder zusammengebracht wurde, nachdem er in den Jahren 1914 bis 1918 gezüchtigt worden war, erfüllten sich folgende wunderbare Verheißungen, in denen besonders die Reinheit und die Demut betont wurden: „Wache auf, wache auf; kleide dich, Zion, in deine Macht! Kleide dich in deine Prachtgewänder, Jerusalem, du heilige Stadt! Denn hinfort wird kein Unbeschnittener und kein Unreiner in dich eintreten.“ „Ich werde gewißlich in dir ein demütiges und geringes Volk übriglassen, und sie werden wirklich Zuflucht nehmen zum Namen Jehovas.“ (Jes. 52:1; Zeph. 3:12, NW) Alle, die zu Gottes Organisation kommen oder sich mit der Zionsklasse verbinden, müssen an Herz und Ohren beschnitten sein. Ah, jetzt können wir auch verstehen, warum selbst die Sklaven im Hause Abrahams beschnitten werden mußten. Jene ganze Hausgemeinschaft stellte Gottes heutiges organisiertes Volk dar. Es muß rein erhalten werden, die ganze „Schmach Ägyptens“ muß von ihm abgewälzt werden. — Josua 5:9.
20. Wie ist es für uns möglich geworden, für immer in Zion zu bleiben, und welcher Preis wurde bezahlt?
20 Wir sind Jehova sehr dankbar, daß er uns in seiner Güte eingeladen hat, nach Zion zu kommen, und zwar nicht nur zu einem Besuch, sondern um da zu bleiben. In der Sportwelt, zum Beispiel beim Fußball, wird oft eine große Summe bezahlt, um einen besonders guten Spieler zu veranlassen, von einer Mannschaft zu einer anderen hinüberzuwechseln. Eine solche Summe mag noch so hoch sein, sie läßt sich dennoch keineswegs mit dem Preis vergleichen, den Jehova zur Verfügung stellte und den sein Sohn in Form seines kostbaren menschlichen Opfers bereitwillig bezahlte. Paulus sagt: „Ihr seid um einen Preis erkauft worden.“ — 1. Kor. 6:20.
21, 22. (a) Wie können wir Wertschätzung für Jehovas Einladung beweisen? (b) Auf welch verschiedene Weise wird in Gottes Wort die Einladung zu kommen zum Ausdruck gebracht, und wie sollten wir darauf reagieren?
21 Wir können Wertschätzung für Jehovas Einladung beweisen, indem wir sie an andere weitergeben, und das sollten wir auch tun. Nachdem Lydia getauft worden war, bat sie Paulus und seine Gefährten inständig, in ihr Haus zu kommen und bei ihr zu bleiben. Lukas berichtet: „Sie nötigte uns dazu.“ Jesaja sagte dieses wunderbare Werk voraus mit den Worten: „Viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt und laßt uns hinaufziehen zum Berge Jehovas ... Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen, und das Wort Jehovas von Jerusalem.“ Beachten wir auch folgende uneingeschränkte Einladung: „He! ... kommet, kaufet ein und esset! ja, kommet, kaufet ohne Geld und ohne Kaufpreis Wein und Milch!“ Als Jesus auf der Erde war, lud er die Menschen ein mit den Worten: „Kommt zu mir alle, die ihr euch abmüht und die ihr beladen seid, und ich will euch erquicken.“ Er sagte voraus, daß er, wenn er wiederkomme, die schafähnlichen Menschen einladen werde mit den Worten: „Kommt her, die ihr den Segen meines Vaters habt, ererbt das Königreich, das seit Grundlegung der Welt für euch bereitet ist.“ Ja Gottes Wort schließt mit folgenden einladenden Worten ab und ermuntert alle, die sie hören, sie an andere weiterzugeben: „Und der Geist und die Braut sagen fortwährend: ‚Komm!‘ Und jeder, der hört, sage: ‚Komm!‘ Und jeder, den dürstet, komme; jeder, der wünscht, nehme Wasser des Lebens kostenfrei. Er, der von diesen Dingen Zeugnis ablegt, spricht: ‚Ja; ich komme eilends.‘ [Und Johannes erwidert:] ‚Amen! Komm, Herr Jesus!‘“ — Apg. 16:15; Jes. 2:3; 55:1; Matth. 11:28; 25:34; Offb. 22:17, 20.
22 Die Einladung zu kommen erscheint in der Bibel so oft und mit einem solchen Nachdruck, daß man sie wirklich als eine dringende Einladung bezeichnen kann. Wirst du sie annehmen? Wirst du selbst kommen und auch andere einladen zu kommen?