„Wirf deine Bürde auf Jehova“ — Wie?
DAVID, der bekannte König des Zwölfstämmereiches Israel aus alter Zeit, gab uns folgende Ermunterung: „Wirf deine Bürde auf Jehova, und er selbst wird dich stützen. Nie wird er zulassen, daß der Gerechte wanke“ (Psalm 55:22).
Warum konnte gerade König David einen solchen Rat geben? Und wie können wir ihn anwenden?
Das Leben Davids als Diener Jehovas war sehr ereignisreich. Er war noch ein Jugendlicher, als er einen Löwen, einen Bären und den Riesen Goliath tötete. David war in der Kriegführung hervorragend und dehnte die Grenzen des alten Israel so weit aus, wie Gott es bestimmt hatte. Außerdem war er ein Komponist ohnegleichen und schrieb viele Psalmen. Er erlebte jedoch nicht nur die Freuden, die der Erfolg und die Wohlfahrt mit sich bringen, sondern wußte auch, was es heißt, Gewissensbisse zu haben und Not zu leiden (1. Samuel 16:18; 17:34-36; 18:7).
Warum David ‘seine Bürde auf Jehova warf’
Als David sagte: „Wirf deine Bürde auf Jehova“, bezog er diese Worte in erster Linie auf sich selbst. Wieso kann das gesagt werden? Der Kontext läßt erkennen, daß David diesen Psalm schrieb, als er in seiner Laufbahn als König auf dem Tiefpunkt war, nämlich als es seinem ehrgeizigen Sohn Absalom fast gelungen war, seinem Vater den Thron zu entreißen.
Aus den Anfangsworten des 55. Psalms geht hervor, in was für einer verzweifelten Lage David sich befand: „Schenke doch Gehör, o Gott, meinem Gebet; und verbirg dich nicht vor meinem Flehen um Gunst. Merke auf mich und antworte mir. Ich werde rastlos umhergetrieben von meiner Besorgnis, und ich kann nicht anders als Unruhe bekunden.“ In den anschließenden sechs Versen setzt er diesen Gedankengang fort.
Warum befand sich David in dieser Situation? Schuld daran waren seine Feinde. Als nächstes bittet er Gott, etwas gegen sie zu unternehmen, und besonders erwähnt er einen Freund, der sich als Verräter entpuppt hatte. Das war zweifellos Achithophel, denn von ihm konnte mit Recht gesagt werden: „Denn es war nicht ein Feind, der daranging, mich zu schmähen ... Sondern du warst es, ... ein mir Vertrauter und mein Bekannter, denn wir pflegten uns trauten Umgangs zu erfreuen; zum Hause Gottes pflegten wir zu wandeln mit der dichten Menge“ (Vers 12-14).
Nachdem David seine Lage beschrieben und die Gründe dafür angegeben hat, kommt er u. a. auf sein Vertrauen zu Jehova zu sprechen: „Was mich betrifft, ich werde zu Gott rufen; und Jehova selbst wird mich retten“ (Vers 16). Danach gibt er sich selbst den Rat „Wirf deine Bürde auf Jehova“ und schließt dann den Psalm mit Worten ab, die ebenfalls sein Vertrauen zum Höchsten erkennen lassen: „Du selbst aber, o Gott, wirst sie hinabstürzen in die tiefste Grube ... Was aber mich betrifft, ich werde auf dich vertrauen.“ Davids Worte bewahrheiteten sich. Er regierte weiterhin als Gottes gesalbter König, während das Leben seines ehrgeizigen Sohnes Absalom und seines verräterischen Ratgebers Achithophel ein frühzeitiges Ende nahm (Vers 22, 23).
Bürden oder Verantwortlichkeiten
Vor der Betrachtung, wie man den von Gott inspirierten Rat Davids, seine Bürde auf Jehova zu werfen, anwenden kann, sollte noch erwähnt werden, daß man gewisse Verantwortlichkeiten selbst tragen muß. Der christliche Apostel Paulus schrieb: „Denn jeder wird seine eigene Last tragen“ (Galater 6:5). Solche ‘Lasten’ sind Verantwortlichkeiten, die wir als Ehemänner, Ehefrauen, Eltern, Kinder, Arbeitgeber, Zeugen Jehovas oder auch als ernannte Älteste in der Christenversammlung auf uns nehmen müssen. Wir können nicht verantwortungslos diese Lasten völlig auf Jehova werfen, sondern sollten sie bereitwillig selbst tragen. Ähnlich verhält es sich mit Entscheidungen, die wir zu treffen haben. Das Wort Gottes enthält zwar Gesetze und Grundsätze, aber unsere Aufgabe ist es, diese bei entstehenden Problemen anzuwenden. Natürlich können und sollten wir Gott um Weisheit, Kraft und seinen heiligen Geist bitten, wodurch uns geholfen wird, diese Lasten zu tragen. Wir dürfen jedoch nicht versuchen, sie abzuwerfen.
Welche Bürden können wir denn auf Jehova werfen? Dazu gehören Ängste, Sorgen, Enttäuschungen und Befürchtungen hinsichtlich der Zukunft, wie auch David sie hatte. Und Bürden, die wir aufgrund unserer Unvollkommenheiten und Schwächen zu tragen haben, sind ebenfalls damit gemeint, denn der Apostel Petrus sagte: „[Werft] alle eure Sorge auf ihn.“ Weshalb? „Denn er sorgt für euch“ (1. Petrus 5:6, 7).
Jesus Christus gab in der Bergpredigt einen ähnlichen Rat. „Inwiefern?“ magst du fragen. Nun, er sagte uns nicht nur, daß wir uns keine Sorgen darüber machen sollten, was wir essen, trinken oder anziehen werden, sondern erwähnte auch den Grund dafür. Jesus gab die Zusicherung: „Wenn ... Gott die Pflanzen des Feldes ... kleidet, wird er nicht vielmehr euch kleiden, ihr Kleingläubigen? ... euer himmlischer Vater weiß, daß ihr all diese Dinge benötigt“ (Matthäus 6:25-32).
Durch das Gebet
Wie können wir aber wirklich ‘unsere Bürde auf Jehova werfen’? Das regelmäßige Gebet ist uns dabei eine Hilfe. Stimmt es nicht, daß eine unserer täglichen Bürden das Bewußtsein ist, nicht allen gerechten Erfordernissen Gottes entsprochen zu haben? Ganz gewiß. Wenn wir das Gott jedoch im Gebet darlegen, können wir uns dieser Bürde entledigen. Um dies zu veranschaulichen, erzählte Jesus von einem Steuereinnehmer, der, weil er Gott demütig und aufrichtig um Gnade gebeten hatte, als gerechter erfunden wurde als ein heuchlerischer Pharisäer. Der Steuereinnehmer wurde dadurch von seiner Schuldenlast befreit. In diesem Zusammenhang muß jedoch erwähnt werden, daß wir, je nachdem, in welchem geistigen Zustand wir uns befinden, wie groß unsere Schuld ist und was für eine Sünde wir begangen haben, die Hilfe von anderen, z. B. von den Ältesten der Versammlung, in Anspruch nehmen müssen, um von unserer Bürde befreit zu werden (Lukas 18:9-14; Galater 6:2; Jakobus 5:14-16).
Wenn unsere Gebete uns helfen sollen, unsere Bürde auf Jehova zu werfen, muß das, was wir Jehova sagen, wirklich aufrichtig und ernst gemeint sein. Deshalb wird uns geboten: „Seid um nichts ängstlich besorgt, sondern laßt in allem durch Gebet und Flehen zusammen mit Danksagung eure Bitten bei Gott bekanntwerden.“ Das wird uns helfen, uns von unserer Bürde zu befreien, denn dann wird ‘der Friede Gottes, der alles Denken übertrifft, unser Herz und unsere Denkkraft behüten’ (Philipper 4:6, 7).
Beachte bitte, daß Paulus neben dem Gebet auch das Flehen erwähnt. Was versteht man unter Flehen? Man versteht darunter ein inbrünstiges Gebet. Und was bedeutet das Wort Inbrunst? Die ursprüngliche Bedeutung ist „innere Glut“. Ein inbrünstiges Gebet ist also ein Gebet, das mit einem glühenden Geist dargebracht wird, das von Herzen kommt und in dem Gefühle zum Ausdruck gebracht werden. Nur inbrünstige Gebete werden uns wirklich helfen, ‘unsere Bürde auf Jehova zu werfen’.
Wenn unsere Gebete wirklich ernst gemeint sind, werden wir auch im Gebet verharren. Nachdem der Herr Jesus Christus die Notwendigkeit, im Gebet zu verharren, veranschaulicht hatte, sagte er folgende anspornende Worte: „Ich [sage] euch: Bittet unablässig, und es wird euch gegeben werden; sucht fortwährend, und ihr werdet finden; klopft unaufhörlich an, und es wird euch geöffnet werden“ (Lukas 11:2-10). Ja, wir müssen unablässig bitten, suchen und anklopfen. Dann wird sich unser himmlischer Vater auch der Bürde annehmen, die wir passenderweise auf ihn werfen sollten.
Glaube und Werke
Auf unsere Gebete sowie auf jeden anderen Bereich unseres christlichen Lebens und Dienstes findet der Grundsatz Anwendung: „Euch geschehe gemäß eurem Glauben“ (Matthäus 9:29). Wir müssen Glauben haben, der Gott gefällt. Es genügt nicht, von ganzem Herzen zu glauben, daß er existiert, sondern wir müssen auch fest darauf vertrauen, daß er diejenigen, die ihn ernstlich suchen, belohnt (Hebräer 11:6). Wir müssen glauben, daß Gott uns erhört.
Um diesen starken Glauben zu haben, ist ein Studium des Wortes Gottes unerläßlich. Wir sollten uns bemühen, täglich die Bibel und bibelerklärende Schriften zu lesen. Es kann leicht passieren, daß wir die Ermahnungen und die großartigen Verheißungen der Bibel vergessen. So vieles, was nichts mit der Bibel zu tun hat, stürmt auf uns ein. Nur durch ein regelmäßiges Studium des Wortes Gottes können wir Jehova, seine wunderbaren Eigenschaften sowie die Art und Weise, wie er mit seinen irdischen Dienern gehandelt hat, wirklich kennenlernen. Immer wieder wird in seinem Wort hervorgehoben, wie liebevoll er sich um sein Volk kümmert. An vielen Stellen können wir lesen, wie er die Gebete seiner Diener erhört hat (1. Mose 20:17; Apostelgeschichte 12:5, 17). Und wir sollten nie vergessen, daß Jehova für immer der „Hörer des Gebets“ ist, auf den wir uns stets verlassen können (Psalm 65:2).
Es ist uns in vieler Hinsicht eine Hilfe, wenn wir uns Bibelverse gut einprägen, besonders solche, die uns Gottes Liebe und Schutz zusichern. Dazu gehören die zuvor erwähnten Bibeltexte sowie gewisse Psalmen, z. B. Psalm 23 und 103. Können wir auf eine bessere Weise unseren Sinn beschäftigt halten und Gedanken ausmerzen, die uns ablenken mögen, als dadurch, daß wir uns Bibelstellen in den Sinn zurückrufen? Haben wir Bibeltexte im Sinn, so können wir uns auch dann vom Worte Gottes geistig ernähren, wenn wir nicht in der Lage sind, die Bibel selbst zu lesen. Wir können beispielsweise über Bibelverse nachsinnen, wenn wir nachts nicht schlafen können. (Vergleiche Psalm 63:6.) Ja, all das ist uns eine Hilfe, ‘unsere Bürde auf Jehova zu werfen’.
Wollen wir ‘unsere Bürde auf Jehova werfen’, dann dürfen wir nicht versäumen, auch unseren Teil zu tun, denn „der Glaube ohne Werke [ist] tot“ (Jakobus 2:26). Jesus deutete in der Bergpredigt etwas Ähnliches an. Nachdem er den Rat gegeben hatte, sich keine Sorgen zu machen, sondern Glauben an Gott zu bekunden, gebot er: „Fahrt denn fort, zuerst das Königreich und Seine Gerechtigkeit zu suchen, und alle diese anderen Dinge werden euch hinzugefügt werden.“ Ja, das Befolgen dieses Rates wird uns davor bewahren, daß wir uns Sorgen machen (Matthäus 6:33).
Es ist ebenfalls nützlich, zu lernen, unseren Sinn in Zucht zu nehmen. Vielleicht haben wir uns negatives Denken zur Gewohnheit gemacht. Haben wir unsere Bitten Jehova in aller Aufrichtigkeit vorgetragen und unsere Sorgen auf ihn geworfen, dann sollten wir es auch dabei bewenden lassen und uns nicht ständig über diese Angelegenheit Gedanken machen. Außerdem müssen wir uns in dem, was wir sagen und tun, in Zucht nehmen. Es ist erforderlich, daß wir Fortschritte machen, und wir dürfen nicht immer wieder dieselben Fehler begehen oder uns sozusagen ständig im Kreis drehen. Vielmehr sollten wir das Beispiel des Apostels Paulus nachahmen, indem wir ‘unseren Leib zerschlagen und ihn zum Sklaven machen’. Darüber hinaus müssen wir den Rat Jesu beachten: „Wachet und betet unablässig“, denn der „Geist ist zwar voller Eifer, das Fleisch aber ist schwach“ (1. Korinther 9:27; Matthäus 26:41).
Wie können wir also ‘unsere Bürde auf Jehova werfen’? Indem wir ernsthaft im Gebet verharren, uns regelmäßig durch Gottes Wort geistig ernähren, zuerst nach Gottes Königreich trachten und uns selbst in Zucht nehmen. Dann wird Jehova seiner Verheißung gemäß niemals zulassen, daß wir wanken.