Die geliebte Frau im Hohenlied
„Alles an dir ist schön, o meine Gefährtin, und kein Makel ist an dir.“ — Hohel. 4:7, NW.
1. Welche Liebe kann die Liebe eines Mannes zu einer Frau übertreffen, und wie sehr liebte Christus die Gruppe von Nachfolgern, die er heranbildete und um sich versammelte?
DIE LIEBE zu einer Frau kann von der Liebe zu einer aus Männern und Frauen bestehenden Organisation übertroffen werden. Ebenso kann die Liebe einer Organisation zu einem Mann oder zu ihrem Führer so stark sein, daß nichts in dieser Welt sie zu überwinden vermag. Der außergewöhnlichste Mann, der jemals auf der Erde lebte, der Führer, dem mehr als 800 000 000 Gläubige auf dem Erdenrund zu folgen behaupten, war Jesus Christus, der in Bethlehem, im Nahen Osten, vor mehr als 1900 Jahren geboren wurde und im Jahre 33 der christlichen Zeitrechnung den Märtyrertod erlitt. Verliebte er sich jemals in eine Frau und nahm sie sich zum Weibe? Nein; im Alter von dreiunddreißigeinhalb Jahren starb er unverheiratet und kinderlos. Er gründete jedoch eine Organisation, scharte Männer und Frauen um sich und brachte ihnen als Glieder der Organisation innige Liebe entgegen. Ja er legte sein Leben für diese Männer und Frauen nieder und auch für Männer und Frauen, die noch Glieder der Organisation werden sollen.
2. Mit welchen Worten erkannte Jesus den an, der ihm eine Organisation von Nachfolgern gab?
2 Jesus erhielt diese Organisation, bestehend aus seinen Nachfolgern, nicht von Joseph, dem Zimmermann von Nazareth, der sich ihm gegenüber wie ein irdischer Vater verhielt. Gott, sein Vater im Himmel, gab ihm diese Organisation. Jesus selbst erkannte diese Tatsache an. Er sagte: „Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich sandte, ihn zieht.“ (Joh. 6:44, NW) „Was mein Vater mir gegeben hat, ist größer als alles andere, und niemand kann sie [die Schafe] der Hand meines Vaters entreißen.“ (Joh. 10:29, NW) Zu seinem himmlischen Vater sagte Jesus im Gebet: „Ich habe deinen Namen den Menschen kundgemacht, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du gabst sie mir.“ (Joh 17:6, NW) Der himmlische Vater gab sie seinem Sohn Jesus auf eine Weise, wie ein Mädchen seinem künftigen Mann als Ehegefährtin versprochen wird.
3. Welche sinnbildliche Ausdrucksweise benutzten Johannes der Täufer und der Apostel Paulus, um diese Organisation von Nachfolgern zu bezeichnen?
3 So wurde denn von der Organisation oder der Versammlung, die aus Männern und Frauen besteht, als von seiner Braut gesprochen, einer Organisation gleich einer Frau, die einer in der Zukunft liegenden Zeit im Heime seines himmlischen Vaters mit ihm vermählt oder untrennbar vereint werden sollte. Sein Vetter, Johannes, der Sohn des Priesters Zacharias, sagte hierüber: „Der die Braut hat, ist der Bräutigam. Der Freund des Bräutigams aber, der dasteht und ihn hört, ist hocherfreut über die Stimme des Bräutigams. Dies hat sich fürwahr zu meiner Freude erfüllt.“ (Joh. 3:29, NW) Der christliche Apostel Paulus, der viele Nachfolger für Jesus Christus gewann, bediente sich einer Sprache wie Johannes und sprach zu diesen Nachfolgern wie der Freund des Bräutigams, wenn er sagte: „Ich eifere um euch mit göttlichem Eifer, denn ich persönlich habe euch e i n e m Manne zur Ehe versprochen, damit ich euch dem Christus als eine keusche Jungfrau darstellen kann.“ (2. Kor. 11:2, NW) Der Apostel Paulus spornte sie an, in ihrer Liebe und Hingabe gegenüber Christus, ihrem Bräutigam, treu zu sein.
4. (a) In welchem Maße hat Christus seine Liebe zu der Organisation bewiesen? (b) Wie weitgehend muß die Liebe der Versammlung zu Christus bewiesen werden, wobei welcher Organisation entgegengetreten werden muß?
4 Die Liebe, die Jesus Christus zu der Organisation oder der Versammlung hat, die sein himmlischer Vater ihm zum Weibe gibt, hat er dadurch bewiesen, daß er für sie starb. Paulus sagt: ‚Auch ist der Christus das Haupt der Versammlung, da er ein Erretter dieses Leibes ist. … auch der Christus liebte die Versammlung und gab sich selbst für sie dahin, damit er sie heilige, sie reinigend im Wasserbad mittels des Wortes, damit er die Versammlung in ihrer Herrlichkeit vor sich hinstelle, ohne Flecken oder Runzeln oder etwas dergleichen, sondern so, daß sie heilig und ohne Makel sei.‘ (Eph. 5:23, 25-27, NW) Die Liebe der Versammlung zu Christus, dem Bräutigam, muß jedoch bewiesen werden, bis das letzte der 144 000 Glieder der Versammlung alle Prüfungen bestanden hat. Es gibt viele religiöse Organisationen, die sich den Namen „christlich“ beilegen und die bekennen, Christus zu lieben. In den Vereinigten Staaten allein sind 265 solcher religiösen Sekten gezählt worden; in Südafrika gibt es mehr als tausend solcher Sekten. Durch ihre Werke beweisen sie aber, daß sie diese Welt mehr lieben als Jesus Christus und das Königreich, für das sein himmlischer Vater, Jehova Gott, ihn gesalbt und als König auf den Thron gesetzt hat. Diese religiösen Sekten werben um die Gunst der heutigen unmoralischen Welt. Der Jünger Jakobus fragt alle Christen, die eine solch geteilte Liebe an den Tag legen: „Ihr Ehebrecherinnen! Wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer immer daher ein Freund der Welt sein will, macht sich selbst zu einem Feinde Gottes.“ — Jak. 4:4, NW.
5. Wie viele Versammlungen sind tatsächlich mit Christus verlobt, und wie werden die Übriggebliebenen der Klasse der Verlobten ihre Liebe und Ergebenheit, beweisen?
5 Es gibt jedoch nur e i n e Versammlung, die in Wahrheit mit Jesus Christus verlobt ist, um sich mit ihm in den königlichen Himmeln zu vermählen, und zu dieser sagte Jesus: „Wenn die Welt euch haßt, so wißt, daß sie mich vor euch gehaßt hat. Wenn ihr ein Teil der Welt wäret, so würde die Welt das Ihrige lieben. Weil ihr aber kein Teil der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, deswegen haßt euch die Welt.“ (Joh. 15:18, 19, NW) Die wahre Versammlung der 144 000 Treuen liebt diese verderbte, vergehende Welt nicht. Sie ist ausschließlich Jehova Gott, dem himmlischen Vater, ergeben und schenkt seinem Sohn, Jesus Christus, ihre ganze Liebe, die ihm, ihrem himmlischen Bräutigam, gebührt. Während der vergangenen 1900 Jahre hat der himmlische Vater Gläubige, die ihm wirklich hingegeben sind, durch seinen heiligen Geist gezeugt und sie so seinem geliebten Sohne verlobt. Heute, da alle Beweise zeigen, daß er seinen Sohn, den Bräutigam, im Jahre 1914 in dem himmlischen Königreich inthronisiert hat, befindet sich nur noch ein Überrest der Brautversammlung auf Erden. Solange die alte Welt besteht, die sich jetzt in ihrer drangsalvollen „Zeit des Endes“ befindet, müssen diese Überrestglieder noch das volle Maß ihrer Liebe und Ergebenheit gegenüber Christus, ihrem himmlischen Bräutigam, beweisen. Das werden sie tun, weil sie ihm mit glühender, unauslöschlicher Liebe zugetan sind. Das schöne Buch der Bibel, das als das Lied Salomos oder „Das Hohelied“ bekannt ist, bestätigt dies.
DAS LIED SALOMOS (DAS HOHELIED)
6. Ist das Lied Salomos (das Hohelied) ein Teil der inspirierten Schrift, und welchen Beweis haben wir dafür?
6 In den Tagen, da Jesus auf Erden weilte, wurde das Hohelied von der jüdischen Versammlung als ein Teil der inspirierten Schriften anerkannt, und es war in dem Katalog ihrer heiligen hebräischen Manuskripte mit aufgeführt. Ebenso wurde es von der Versammlung der ersten Christen als echter Teil der Heiligen Schriften angenommen. Richtig verstanden, ist es ein Buch, dessen Studium für uns segensreich ist. Als der Apostel Paulus sagte: „Alle Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich zum Lehren, zum Überführen, zum Richtigstellen der Dinge, zur Zucht in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes völlig geschickt sei, vollständig ausgerüstet für jedes gute Werk“, schloß er das Hohelied mit ein. (2. Tim. 3:16, 17, NW) Der jüdische Rabbi Akiba, der im ersten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung lebte, drückte seine Wertschätzung für dieses Buch in folgenden Worten aus: „Die ganze Welt war nicht würdig des Tages, an dem Israel dieses herrliche Lied gegeben wurde; denn wenn auch alle Schriften heilig sind, so ist doch dieses erhabene Lied hochheilig.“ — Mischna, in der sechsten Abteilung unter „Yadaim“, Artikel 3, Abschnitt 5.
7. Was ist das sogenannte Lied Salomos, wann wurde es geschrieben, und welches Thema liegt ihm zugrunde?
7 Der Schreiber des Liedes jedoch, König Salomo von Jerusalem, sagt in dem Eingangsvers seines Gedichts: „Das Hohelied, das von Salomo (verfaßt ist).“ Gemäß dem hebräischen Wort-für-Wort-Text ist es „das Lied der Lieder“, das heißt das schönste, das vorzüglichste Lied. Es ist nicht eine Sammlung von Liedern, sondern es ist e i n Lied, obwohl es gewöhnlich in acht Kapitel aufgeteilt ist. Es wurde von König Salomo geschrieben, nachdem er den wunderbaren Tempel für Jehova Gott in Jerusalem gebaut und nachdem er geheiratet hatte. Somit entstand das Lied ungefähr im Jahre 1010 vor der christlichen Zeitrechnung. Durch das ganze Lied zieht sich ein einziges Thema, das der Liebe, das ein Mädchen vom Lande aus dem Dorfe Sunem oder Sulem einem Hirtenjungen entgegenbrachte. König Salomo verliebte sich in dasselbe Mädchen, aber die Liebe des Mädchens zum Geliebten, dem Hirten, blieb bestehen, und König Salomo zog den kürzeren. Das Lied könnte deshalb mit Recht als „Das Lied der verschmähten Liebe Salomos“ bezeichnet werden.
8. Welche Bedeutung maßen die alten Hebräer dem Liede zu, doch wie zeigt die Geschichte, ob ihre Auffassung richtig war oder nicht?
8 Die alten Hebräer maßen dem Buche eine symbolische Bedeutung bei. Sie glaubten, daß das Mädchen die jüdische Kirche von den Tagen des Propheten Moses an darstelle. Die Liebe jener Kirche galt Jehova Gott, der daher durch ihren Freund, den Hirten, dargestellt wurde. Aber eine Überprüfung der jüdischen Kirche während der vergangenen 1900 Jahre offenbart die traurige Tatsache, daß sie in ihrer Liebe zu Jehova, ihrem Gott, untreu war; sie hat längst aufgehört, die Kirche der Zeugen für Jehova Gott zu sein. Ihre eigene Geschichte, die in den Hebräischen Schriften aufgezeichnet ist, bezeugt, daß die Israeliten die Propheten verwarfen, die er in seinem Namen sandte. Und die Christlichen Griechischen Schriften zeigen, daß ihre Verwerfung der Wortführer Gottes das Maß vollmachten, als sie sich weigerten, Jesus Christus anzunehmen, der gekommen war, um ihnen im Namen Jehovas zu predigen, und als sie ihn schließlich eines furchtbaren Todes am Marterpfahl sterben ließen. Das offenbarte keine wahre, unerschütterliche Liebe zu Jehova, dem großen Hirten seiner Herde.
9. Auf welche geschriebene Warnung lenkt Paulus unsere Aufmerksamkeit, und in Verbindung mit wem erfüllt sich das Lied?
9 Als der Apostel Paulus im ersten Jahrhundert an die Christenversammlung schrieb, berichtete er über einige Fälle, in denen die Israeliten von der Liebe Gottes, Jehovas, abgefallen waren, und äußerte dann: „Diese Dinge nun widerfuhren ihnen fortgesetzt als Vorbilder, und sie wurden als Warnung … aufgezeichnet.“ Als Warnung für wen? „Für uns … über denen die vollendeten Enden der Systeme der Dinge angebrochen sind.“ (1. Kor. 10:11, NW) Das Hohelied muß sich also in Verbindung mit der Christenversammlung erfüllen, zu der der Apostel Paulus in jenem Jahrhundert gehörte, als das jüdische System der Dinge nicht mehr Gottes Gunst besaß und endete und als Jehova Gott dann seine Liebe und Güte auf die Christenversammlung übertrug, die er mit seinem Sohne, Jesus Christus, als ihrem Bräutigam verlobte.
10. Wen stellt das geliebte Mädchen im bildlichen Liede dar, wen der sie liebende Hirte, und wessen Beispiel muß der Überrest heute nachahmen?
10 So stellt denn das geliebte Mädchen im Liede die wahre Christenversammlung, die 144 000 verlobten Glieder, dar, und ihr Hirte, ihr Freund, muß der Herr Jesus Christus sein, der jetzt im Himmel verherrlicht ist, in den er wegen seiner glühenden Liebe zu seinem himmlischen Vater erhoben wurde. Am dritten Tage, nachdem er am Marterpfahl getötet worden war, hatte ihn der allmächtige Gott von den Toten auferweckt, so daß er wiederum ein geistiger Sohn war, nun aber ein unsterblicher, der hoch erhöht wurde über das menschliche Fleisch, in dem er einst gelebt hatte. Nach vierzig Tagen ließ ihn Jehova Gott in die Himmel auffahren, wo er seinen Thron hat. Er ließ ihn zu seiner Rechten sitzen, damit er unter anderem die Vermählung im Himmel mit seiner Braut, der Versammlung, abwarte, die zu der von seinem himmlischen Vater festgesetzten Zeit stattfinden wird. Seit seiner Himmelfahrt sind die Glieder seiner Braut, der Versammlung, mit ihm im Glauben verlobt worden. An solche schrieb der Apostel Petrus: „Obwohl ihr ihn nie gesehen habt, liebt ihr ihn. Obwohl ihr ihn jetzt nicht seht, übt ihr Glauben an ihn aus und freut euch mit unsagbarer und herrlicher Freude, weil ihr das vollendete Ende eures Glaubens, die Errettung eurer Seelen davontragt.“ (1. Pet. 1:8, 9, NW) Dasselbe trifft heute auf die kleine Überrestschar seiner Versammlung zu, die ihre Liebe zu dem unsichtbaren Christus beweisen muß, so wie die Sulamitin sie gegenüber ihrem Freund bewies.
11. Was stellte Salomo durch eigene Erfahrung in bezug auf einen Mann im Gegensatz zu einem Weibe fest, und wen muß die Versammlung, was die Treue ihrer Liebe betrifft, nachahmen?
11 Als der Versammler seines Volkes berichtet König Salomo in dem Buch „Der Prediger“ über das, was er durch seine eigene Erfahrung feststellte. Er schrieb: „‚Siehe! Dies habe ich gefunden‘, spricht der Versammler, ‚eins nach dem anderen [betrachtet], um zu einem Ergebnis zu kommen, was meine Seele fortwährend suchte, ich aber nicht gefunden habe. E i n e n Mann unter tausend habe ich gefunden, aber ein Weib unter diesen allen habe ich nicht gefunden.‘“ (Pred. 7:27, 28, NW) Wiewohl König Salomo in dem Liede die eigenen erfolglosen Bemühungen seiner Liebe zu der Sulamitin beschreibt, so fand er doch in ihr — wenn auch zu seiner Enttäuschung — eine Frau von echter Lauterkeit, was ihre Liebe zu einem Manne betraf, der äußerlich nicht so bezaubernd war wie er. Wenn König Salomo im ersten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung gelebt hätte, so hätte er bestätigen müssen, daß er in Jesus Christus den „e i n e n Mann aus tausend“ gefunden habe, ja zweifellos den Mann, der alle Männer, die jemals auf Erden lebten, übertroffen hat. Die Versammlung, die mit Jesus Christus verlobt ist, muß ihn nachahmen. Indem sie ihm treue Liebe entgegenbringt, muß sie beweisen, daß sie eine außergewöhnliche Frau von Lauterkeit ist, eine seltene Frau, unter allen Religionssystemen der Christenheit die einzige Braut-Organisation, die treu bleibt und ihre Jungfräulichkeit in dieser Welt bewahrt, damit sie der himmlischen Vermählung mit Christus als würdig erachtet werde.
DIE PERSONEN UND DIE VERSCHWÖRUNG
12. Welche Personen werden im Liede erwähnt oder haben darin Sprechrollen?
12 In dem Liede stellt sich Salomo vor und spielt die Rolle des Königs von Jerusalem, der Stadt, die wegen ihrer Festung oder Zitadelle, die diesen Namen trägt, auch Zion genannt wurde. Die Hauptperson im Liede ist das namenlose Mädchen vom Lande, nämlich aus Sunem oder Sulem, das König Salomo die Sulamitin nennt. (Hohel. 6:13, NW) Das Dorf Sunem, heute Sôlem genannt, lag an der Südwestgrenze des Gebietes des Stammes Issaschar, etwa 24 Kilometer südwestlich des Sees von Galiläa, d. h. etwa 88 Kilometer nördlich von Jerusalem. Das schöne Mädchen namens Abischag wurde in Sunem gefunden und in den Palast von Salomos Vater, König David, gebracht, damit es ihm in seinem hohen Alter als Pflegerin diene. (1. Kön. 1:1-4; 2:17-22) In Sunem hielt die wohlhabende Frau eines alten Mannes, die kinderlos war, in einer kleinen Dachkammer für den Propheten Elisa, sooft er durchzog, eine Unterkunft bereit. (2. Kön. 4:8-10) Die Mutter der Sulamitin wohnte in Sunem. Sie wird in dem Liede erwähnt, nicht aber der Vater. Das Mädchen hatte einige Brüder, die in dem dramatischen Liede mitwirken. Eine weitere Hauptperson ist der geliebte Hirte. Andere Personen in dem Liede, die Sprechrollen haben, sind Damen vom Hofe Salomos, „Töchter Jerusalems“ genannt, ferner Stadtbewohnerinnen, die „Töchter Zions“ genannt werden. (Hohel. 1:5; 2:7; 3:5, 10, 11) Die im Liede vorkommenden Personen werden an dem erkannt, was sie sagen oder was zu ihnen gesagt wird.
13. Wo begegnete der Hirte dem sulamitischen Mädchen, und woran erinnerte ihn dies?
13 Wie begegnete die Sulamitin dem Hirten? Sie ruft es sich ins Gedächtnis zurück und sagt: „Unter dem Apfelbaume weckte ich dich auf. Dort befand sich deine Mutter mit dir in Geburtswehen. Dort litt unter Geburtswehen, die dich gebar.“ (Hohel. 8:5, NW) Dieser Baum erinnerte den Hirten an seine eigene niedrige Geburt, die draußen auf dem Felde stattgefunden hatte, wo die Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten eines Heims fehlten. Aber seine Mutter war stark und hatte ihn zu dem stattlichen jungen Mann herangezogen, der er jetzt war. Beim Zusammentreffen an dem Orte seiner Geburt fand der Hirtenjunge das, was an dem sulamitischen Mädchen liebenswert war, und sie fand das, was an dem Hirten lieblich war.
14. Wie verhielten sich die Brüder der Sulamitin ihr gegenüber, und weshalb wurden sie einst über sie zornig?
14 Doch so wie der Apostel Paulus um die Christenversammlung besorgt war, waren auch die Brüder der Sulamitin um ihre Schwester besorgt. Sie waren daher bestrebt, die Jungfräulichkeit ihrer Schwester zu schützen, weil sie ihrer Beständigkeit nicht ganz sicher waren. Sie wollten sie vor Versuchungen bewahren. Einmal glaubten sie, Grund zu haben, mit ihr zu zürnen. Das war zweifellos zu der Zeit, als der Hirte an ihre Seite eilte und vorschlug, hinauszuziehen und umherzuwandern, um sich der Schönheit des jungen Frühlings zu erfreuen. Sie sagte zu den Frauen am Hofe des Königs Salomo: „Die Stimme meines Geliebten! Siehe, da kommt er, er steigt auf die Berge, er springt über die Hügel. Mein Geliebter gleicht einer Gazelle oder einem Reh [einem Jungen der Hirsche, PB]. Siehe! er steht hinter unserer Mauer, schaut durch die Fenster, blickt durch die Gitter. Mein Geliebter antwortete und sprach zu mir: ‚Stehe auf, du, meine Gefährtin, meine Schöne, und komm mit! Denn siehe! die Regenzeit selbst ist vorüber, die Regengüsse haben aufgehört, sie haben sich verzogen. Die Blumen sind schon im Lande hervorgekommen, die Zeit zum Beschneiden der Reben ist gekommen, und die Stimme der Turteltaube hat sich hören lassen in unserem Lande. Der Feigenbaum hat durch seine Frühfeigen ein reifes Aussehen (Farbe) bekommen; und die Weinstöcke stehen in Blüte, sie spenden [ihren] Duft. Mache dich auf, komm, o meine Gefährtin, meine Schöne, komm mit! O meine Taube in der Zurückgezogenheit der Felsenklüfte, am verborgenen Ort des steilen Pfades, zeige mir deine Gestalt, laß mich deine Stimme hören, denn deine Stimme ist angenehm und deine Gestalt anmutig.‘“ — Hohel. 2:8-14, NW.
15. Was taten ihre Brüder, um sie daran zu hindern, mit dem Hirten auf die Wanderung zu gehen?
15 Die Brüder der Sulamitin werden ärgerlich über ihren Wunsch, seiner Einladung Folge zu leisten. Um zu verhindern, daß sie und der Hirte allein zusammen ausgehen und in Versuchung kommen, betrachten sie es jetzt als dringende Notwendigkeit, daß in ihren Weinbergen zum Schutze vor den kleinen Füchsen, die den Weinstöcken Schaden zufügen, weil sie unter ihnen Höhlen graben, Wächter aufgestellt werden. Daher rufen die Brüder aus: „Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weingärten verderben; denn unsere Weingärten stehen in Blüte.“ — Hohel. 2:15, NW.
16. Was bewirkte es, daß sie ihrer Wächterpflicht in den Weingärten nachkam, wie sie es den „Töchtern Jerusalems“ erzählte?
16 Die Brüder machen sich das, was die Jahreszeit fordert, zunutze und verlangen, daß ihre Schwester in den Weinbergen bleibe und zum Schutze vor den verderblichen kleinen Füchsen Wache halte. Sie selbst erzählt es den „Töchtern Jerusalems“, die an Salomos Hofe sind: „Die Söhne meiner Mutter wurden über mich zornig; sie bestellten mich zur Hüterin der Weinberge, [obwohl] ich meinen eigenen Weinberg nicht hütete.“ (Hohel. 1:6, NW) Dies erklärt, warum sie ihre schöne helle Hautfarbe verloren hat. „Ich bin schwarz, aber anmutig, o ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte von Kedar [aus schwarzen Haaren], [doch] wie Salomos [schöne] Zeltbehänge. Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne mich angeblickt [verbrannt, Elb] hat.“ (Hohel. 1:5, 6, NW) Da sie im Weinberg Wache gestanden hatte, war sie den Sonnenstrahlen ausgesetzt gewesen.
17. In welche andere Gefahr geriet jedoch die Sulamitin, weil König Salomo in der Nähe sein Lager aufgeschlagen hatte?
17 Aber während diese Sicherheitsmaßnahme ihrer Brüder sie zur Frühlingszeit von ihrem Freund, dem Hirten, fernhielt, brachte sie sie in eine andere Gefahr. König Salomo selbst kam in die Nähe von Sunem oder Sulem und schlug seine Zelte mit ihren schönen Behängen nicht weit von ihrem Heim und den Weingärten auf. Eines Tages befand sich die Sulamitin in der Nähe des Ortes, wo König Salomo sein Lager aufgeschlagen hatte. Sie war nicht dort hingegangen, um ihre Reize zur Schau zu stellen und ihre Schönheit vor König Salomo oder vor den sechzig mächtigen Männern Israels zu zeigen, die alle geübte Krieger waren und Schwerter an ihren Hüften trugen, noch vor den Wagenlenkern. (Hohel. 3:7, NW) Sie hatte nicht aus Wankelmut ihren geliebten Hirten vergessen sowie die Tatsache, daß ihre Reize nur ihm gehörten, sondern, wie sie selbst später König Salomo erklärte: „Zum Nußgarten war ich hinabgegangen, um die Knospen im Tale des Wildbaches zu betrachten, um nachzusehen, ob die Weinstöcke gesproßt, ob die Granatapfelbäume geblüht hatten. Unvermutet hatte mich meine eigene Seele zu den (Triumph-) Wagen meines willigen Volkes geführt.“ (Hohel. 6:11, 12, NW) Weil sie ihren Dienstaufgaben nachkam, war sie, ohne es zu wollen, auf das Lager des Königs von Israel gestoßen.
18. Wie gelangte die Sulamitin in das Lager Salomos, und was löste das bei ihr aus?
18 Dann wurde sie entweder von König Salomo selbst gesehen, oder sie wurde ihm von den Dienern seines Lagers, die sie sahen, empfohlen. Salomo nahm sie nun von ihrer Mutter, ihren Brüdern und ihren Weingärten weg und brachte sie in sein prächtiges Lager. Dort, inmitten der überwältigenden Erhabenheit und Pracht des königlichen Lagers, von der erwartet werden konnte, daß dadurch ein einfaches Mädchen vom Lande mit ehrfurchtsvoller Scheu erfüllt würde, äußerte der herrliche König Salomo seine Bewunderung für sie und schlug vor, daß sie mit ihm zurück nach Jerusalem komme und eine seiner Frauen werde. Nicht beeindruckt von dem königlichen Reichtum ihrer Umgebung, fühlt sie sich fremd, nicht zu Hause und auch nicht zum König hingezogen. Voll Sehnsucht nach ihrem Einziggeliebten spricht sie so, als ob sie ihn dort anrede:
19. Welche Worte richtete sie an ihren abwesenden Freund, den Hirten?
19 „Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes, denn deine Liebesbezeugungen sind besser als Wein. Wegen ihres Duftes sind deine Salböle gut. Wie ein ausgegossenes Salböl ist dein Name. Darum haben dich auch die Mädchen geliebt. Zieh mich mit dir; beeilen wir uns. Der König hat mich in seine inneren Gemächer geführt! Wir wollen frohlocken und uns deiner freuen, wollen deine Liebesbezeugungen erwähnen, mehr als Wein! Mit Recht haben sie dich geliebt. Tu mir kund, du, den meine Seele geliebt hat, wo du die Herde hütest, wo du sie mittags lagern läßt. Warum denn sollte ich wie eine Frau werden, die sich unter den Scharen deiner Genossen in Trauer gehüllt hat?“ — Hohel. 1:2-4, 7, NW.
20. Wie antworten ihr die „Töchter Jerusalems“, und wie verhält sie sich zu den Anträgen Salomos?
20 Auf diese Frage erwidern die Hofdamen, die „Töchter Jerusalems“: „Wenn du dich selbst nicht auskennst, du Schönste unter den Frauen, so geh doch hinaus, den Fußspuren der Herde nach, und weide deine Zicklein den Hütten der Hirten entlang.“ Sie wußten, daß die Sulamitin das Lager Salomos verlassen mußte, um dort hinzugehen, wo ihr Geliebter seine Schafe weidete. Aber Salomo war nicht willens, sie gehen zu lassen. Er begann, seine Bewunderung für sie zu äußern und ihr Versprechungen darüber zu machen, wie er sie in dem Palast der Stadt schmücken werde. Er sagte zu ihr: „Mit einer meiner Stuten an Pharaos (Pracht-)Wagen vergleiche ich dich, o meine Gefährtin. Deine Wangen sind anmutig unter den Haarflechten, dein Hals in einer Perlenkette. Goldene Armreifen werden wir dir machen, mit Silber beschlagen.“ Aber die Sulamitin widersteht den Annäherungsversuchen Salomos und läßt ihn wissen, daß die einzige Liebe, die sie empfindet, einem anderen gehört. Sie sagt: „Solange der König bei seiner Tafelrunde weilt, spendet meine Narde ihren Duft. Mein Geliebter ist mir wie ein Myrrhenbeutel; zwischen meinen Brüsten wird er die Nacht verbringen. Wie ein Büschel Henna inmitten der Weingärten von En-gedi ist mir mein Geliebter.“ (Hohel. 1:8-14, NW) Die Sulamitin sehnt sich danach, ihren Freund, den Hirten, umarmen zu können.
VERLOCKUNGEN MATERIELLER ART
21. Was müssen die Überrestglieder, was ihre Liebe und Zuneigung betrifft, jetzt in Anbetracht der Ereignisse tun, die sich im Jahre 1914 einstellten?
21 Inwiefern paßt denn all das Gesagte auf den treuen Überrest der Brautversammlung Christi von heute? Jehova Gott erhob im Jahre 1914 seinen Sohn Jesus Christus in den Himmeln auf den Thron, doch hat Christus den Überrest immer noch nicht zu sich genommen. Daher sind diese Verlobten von ihm abwesend. Sie befinden sich in der Welt, aber sie wagen es nicht, sich zu einem Teil dieser Welt zu machen und in die Welt zurückzugehen, aus der sie zu Christus hingezogen wurden. Sie müssen sich wie eine keusche Jungfrau bewahren, die sich von dieser Welt nicht beflecken läßt. In Übereinstimmung mit der äußeren Herrlichkeit, die Salomo als König besaß, hat diese Welt viele äußere Reize. Dadurch versucht sie die Zuneigungen des verlobten Überrests von Christus wegzuziehen. Aber der Überrest gehorcht dem Gebot, nicht die Dinge dieser Welt zu lieben, „die Begierde des Fleisches und die Begierde der Augen und die augenfällige Zurschaustellung der Mittel, die jemand zum Leben besitzt“. (1. Joh. 2:15, 16, NW) In den Tagen des Apostels Paulus ließen sich einige Christen von dem Gedanken verleiten, daß sie nun — wie Salomo — als Könige herrschen könnten, ohne auf die Zeit zu warten, da der regierende König Jesus Christus sie am Ende ihres Laufes zu einem Platz auf seinem Thron erhöbe. „Ihr seid wohl schon reich? Ihr habt wohl ohne uns als Könige zu herrschen begonnen?“ so fragt Paulus. — 1. Kor. 4:8, NW.
22. Wie bekundet der Überrest, daß er jetzt den Hirten dem Königtum vorzieht?
22 Aber der Überrest weiß heute, daß er nicht berufen ist, während der gegenwärtigen bösen Welt auf dieser Erde zu herrschen. Wir sind berufen worden, Jehovas Rechtem Hirten, Jesus Christus, dem Meister, nachzufolgen, der die verlorenen Schafe fand, sie weidete und schützte, ja der selbst sein irdisches Leben für sie niederlegte. Die Überrestglieder erliegen weder dem Einfluß des Materialismus dieser Welt noch der äußeren Herrlichkeit der politischen Herrschaftsformen dieser Welt. Sie folgen nicht den Königen dieser Welt, sondern Jehovas Rechtem Hirten. Sie ahmen also ihn nach, indem sie Hirtenarbeit verrichten, wie er es auf Erden tat, indem sie seine Schafe einsammeln und sie weiden, weil sie ihn lieben, und indem sie seine Schafe in Frieden und Einheit zusammenhalten und sie vor selbstsüchtigen, wölfischen Menschen dieser Welt beschützen, die jene tyrannisieren und ausbeuten wollen. (Joh. 21:15-17) Die Überrestglieder richten ihren Sinn auf die Dinge droben, nicht auf die Dinge auf Erden, und fahren so fort, zuerst nach den Dingen die droben sind, nämlich nach dem Königreich Gottes und der Gerechtigkeit, zu trachten, die er ihnen durch Christus zukommen läßt. Ihre Liebe, die sie ihrem himmlischen Bräutigam von ganzem Herzen darbringen, veranlaßt sie, die verführerischen Anträge, die diese Welt mit ihrem Materialismus ihnen macht, entschieden zurückzuweisen.
23. Inwiefern verhalten sich die Überrestglieder wie die Sulamitin, was die Liebesbezeugungen des Hirten betrifft, und wie bekundet die Sulamitin ihre Empfindungen hinsichtlich des Lagers Salomos?
23 Die Überrestglieder handeln wie die Sulamitin: es ist ihnen an den Liebesbezeugungen ihres Hirten Jesus Christus gelegen. Diese wiegen den Haß dieser Welt auf. Sie sind hocherfreut, die Beweise zu haben, daß er, obwohl unsichtbar, mit ihnen ist, so wie der Hirte, der Freund der Sulamitin, sich in das Lager Salomos begab und mit ihr in Verbindung trat und sie in folgenden Worten mit seiner Liebe überschüttete: „Siehe, du bist schön, o meine Gefährtin. Siehe! du bist schön. Deine Augen sind [die Augen von] Tauben.“ Die Sulamitin zieht die Nähe ihres Geliebten, die Vereinigung mit ihm draußen auf den Feldern und in den Wäldern, unter den Zedern und Wacholderbäumen [Zypressen, Elb], allem anderen vor. Das prächtige Lager des Königs Salomo hat keinen Reiz für sie. Zeigend, daß sie sich nicht geschmeichelt oder beeindruckt fühlt, weil sie sich im königlichen Lager befindet, das von solch materieller äußerer Herrlichkeit ist, sagt sie zu dem Hirten: „Siehe! du bist schön, mein Geliebter, ganz holdselig. Auch aus Laubwerk besteht unser Diwan. Zedern sind die Balken unseres großen Hauses, unser Sparrenwerk Wacholderbäume [Zypressen, Elb].“ — Hohel. 1:15-17, NW.
24. (a) Als was sieht die Sulamitin sich selbst an, doch als was betrachtet ihr Freund sie? (b) Womit vergleicht sie ihn, und weswegen beschwört sie die „Töchter Jerusalems“?
24 In der Sulamitin finden wir eine demütige Frau, die nicht nach irdischer Größe trachtet. Sie sagt: „Nur ein Krokus der Küstenebene bin ich, eine Lilie der Täler.“ Nur eine Feldblume, die ohne Pflege wächst! Ihr Freund, der Hirte, denkt, daß sie mit niemandem zu vergleichen ist, wenn er sagt: „Wie eine Lilie unter Dornen, so ist meine Gefährtin unter den Töchtern.“ Die Sulamitin zeigt, daß sie ihn mehr als alle anderen schätzt, indem sie ihn mit einem fruchtbaren, schattigen, breit ausladenden Baum unter den gewöhnlichen Bäumen eines Waldes vergleicht. „Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes, so ist mein Geliebter unter den Söhnen. Seinen Schatten habe ich leidenschaftlich begehrt, und dort habe ich mich niedergesetzt, und seine Frucht ist meinem Gaumen süß gewesen. Er brachte mich in das Haus des Weines, und sein Panier über mir war die Liebe. Erfrischt mich mit Traubenkuchen, stärkt mich mit Äpfeln, denn ich bin krank vor Liebe! Seine linke Hand ist unter meinem Haupte und seine Rechte umfängt mich.“ Wie hätte sie mit einer solchen Liebe zu ihrem geliebten Hirten ihr Herz wetterwendisch auf einen anderen richten können? So ersucht sie denn die Frauen vom Hofe des Königs Salomo ernstlich: „Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder den Hindinnen des Feldes, daß ihr nicht versucht, [in mir] die Liebe zu wecken oder zu erwecken, bis sie sich dazu geneigt fühlt.“ (Hohel. 2:1-7, NW) Bei allem also, was schön und anmutig ist, macht sie es den Frauen des Hofes zur feierlichen Pflicht, nicht zu versuchen, in ihr die Liebe zum König Salomo zu wecken, damit sie sich gegenüber ihrer ersten Liebe, der Liebe zu ihrem Hirten, nicht als untreu erweise.
25. Wofür haben die Überrestglieder in der Beständigkeit der Liebe der Sulamitin ein vorzügliches Beispiel, und wie verhalten sie sich gegenüber den Überredungskünsten materialistisch gesinnter Personen?
25 In der Beständigkeit ihrer Liebe zum Hirten haben die Überrestglieder heute ein vorzügliches Beispiel dafür, wie unveränderlich, wie unerschütterlich sie in ihrer Liebe zu Christus, dem Rechten Hirten Gottes, Jehovas, sein sollen. Nichts in dieser Welt oder auf dieser Erde sollte sie in ihrer Liebe zu Christus schwächen oder sie von ihm abzulenken vermögen. Alle Überredungskünste von seiten materialistisch eingestellter Personen, durch die eine Liebe oder ein selbstsüchtiger Wunsch für irgend etwas anderes als den Rechten Hirten und seine geliebten Schafe entfacht werden sollte, sollten fehlschlagen. Vielmehr erkenne man uns als Personen, die andere Menschen, welche es mit weltlichen Überredungskünsten versuchen, daran erinnern, daß unsere Liebe Christus, dem Rechten Hirten, dem Bräutigam, gehört und daß wir ihm und nicht dieser materialistischen Welt und ihrer äußeren Herrlichkeit folgen.
26. Auf welche Weise müssen die Überrestglieder gleich der Sulamitin treue Weinbergswächter sein, und welches Zeugnis gleich dem der Sulamitin müssen sie von Außenstehenden haben?
26 Die Sulamitin war eine zuverlässige Arbeiterin, die über die Weingärten ihrer Familie wachte. Ihr neuzeitliches Gegenbild, der verlobte Überrest, ist ebenso damit beauftragt, in dem Weinstock, in Jesus Christus, zu bleiben und als dessen Zweige zu dienen, die zur Verherrlichung des großen Weingärtners Jehova viel Frucht hervorbringen. Dies dient zur Sicherheit des Überrests. (Joh. 15:1-8, NW) Die Sulamitin hatte bei Außenstehenden, die also nicht zur Familie gehörten, einen guten Ruf. Die „Töchter Jerusalems“, Personen vom Hofe, nannten sie die „Schönste unter den Frauen“. Selbst König Salomo sagte, daß sie schön sei, „wie die liebliche Stadt, anmutig wie Jerusalem, ehrfürchtig wie Heere, um Banner geschart“. Die Frauen der Stadt, die Königinnen und die Nebenfrauen, sagten, daß sie aussehe „wie das Morgenrot, schön wie der Vollmond, rein wie die glühende Sonne“. (Hohel. 1:8; 6:1, 4, 9, 10, NW) In nicht geringerem Maße müssen die Glieder des verlobten Überrests ebenfalls „von Außenstehenden ein günstiges Zeugnis haben“. Sie müssen ‚ehrbar wandeln vor den Außenstehenden‘, und dürfen so keine Ursache dafür geben, daß man an der Wahrheit Fehler finde, sondern müssen sie vielmehr durch ihren Wandel empfehlen. — 1. Tim. 3:7; 1. Thess. 4:12, AB.
27. Warum müssen der verlobte Überrest und die große Menge seiner Gefährten weiterhin im Glauben wandeln, obwohl der Bräutigam schon zu herrschen begonnen hat?
27 Die Regierung des Bräutigams und Königs ist eine unsichtbare, himmlische Herrschaft, die zur Rechten des himmlischen Vaters ausgeübt wird. Sie steht weit über den geistigen Engeln und allen anderen Herrschaftsstufen, denn „Engel und Gewalten und Mächte wurden ihm unterworfen“. (1. Pet. 3:22, NW) Wir müssen darum fortfahren, im Glauben zu wandeln, obwohl die Beweise dafür, daß er seit dem Jahre 1914 auf dem himmlischen Berg Zion regiert, es uns zur lebendigen Wirklichkeit machen, daß er auf seinem Throne sitzt und sein Zepter der Macht handhabt. (Ps. 110:1, 2) Freudig rufen wir ihm als dem regierenden König Heil zu, und die große Volksmenge, die Gefährten des verlobten Überrest, winken sozusagen mit Palmzweigen und bezeugen damit, daß sie ihn öffentlich anerkennen und ihm loyal ergeben sind. Aber immer noch ist der verlobte Überrest von seinem Bräutigam, dem Hirten, wie durch einen großen Berg getrennt, denn die Überrestglieder sind noch im Fleische, sind also noch nicht mit herrlichen geistigen Leibern von den Toten auferstanden. — 1. Kor. 15:42-44; 2. Kor. 5:1-8.
28. Inwiefern empfinden die Überrestglieder gleich der Sulamitin, wenn sie ihre Sehnsucht nach ihrem Freund, dem Hirten, äußern?
28 Aus diesem Grunde müssen sich die verlobten Überrestglieder immer noch danach sehnen, daß der Bräutigam komme und sie durch eine Auferstehung im Himmel zu sich nehme und so ihrem Getrenntsein von ihm ein Ende setze. Sie empfinden so wie die Sulamitin, als sie sagte: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein. Er hütet die Herde unter den Lilien. Bis der Tageswind weht und die Schatten entflohen sind, wende dich um, o Geliebter, sei gleich der Gazelle oder gleich dem Reh [dem Jungen der Hirsche, PB] auf den trennenden Bergen!“ (Hohel. 2:16, 17, NW) Der Apostel Johannes drückt dieses Sehnen ganz am Schluß der Bibel wie folgt aus: „Amen! Komm, Herr Jesus!“ — Off. 22:20, NW.
29. Wo können wir ihn in diesen Tagen seiner zweiten Gegenwart finden, und wo können wir Gemeinschaft mit ihm pflegen?
29 In diesen Tagen seiner zweiten Gegenwart, seit dem Jahre 1914, können wir nach Christus suchen, wo wir wollen, wir werden ihn nirgends auf Erden finden. Er ist auf seinem himmlischen Thron anwesend und hat den ‚Stab seiner Macht‘ über diese Erde ausgestreckt, so daß seine Feinde hier auf Erden seine Macht verspüren. Wir können jedoch mit ihm Gemeinschaft pflegen, wenn wir hinausgehen und mit seinen Nachfolgern in ihren Versammlungen zusammenkommen, denn er sagte: „Wo sich zwei oder drei in meinem Namen versammelt haben, da bin ich in ihrer Mitte.“ (Matth. 18:20, NW) Dadurch mag es oft nötig werden, daß wir abends ausgehen, um den Zusammenkünften seiner Nachfolger beizuwohnen, und auch, um die „anderen Schafe“ zu besuchen, die er jetzt einsammelt, um mit ihnen Bibelstudien durchzuführen, damit sie im Namen des Rechten Hirten geweidet werden können. — Joh. 10:16.
30. Auf welche Weise beschreibt die Sulamitin, wie der Überrest danach strebt, sich der besonderen Gemeinschaft mit seinem Hirten in der Versammlung zu erfreuen?
30 Auf diese Weise erfreut sich der verlobte Überrest einer besonderen Gemeinschaft mit seinem Hirten und König in der Versammlung, nämlich in der Organisation der geistigen Mutter, des himmlischen Zion, des „Jerusalem droben“. Die Sulamitin, die in Salomos Lager zurückgehalten wurde, beschreibt ihren Gemütszustand auf folgende Weise: „Auf meinem Lager in den Nächten habe ich den gesucht, den meine Seele geliebt hat. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. Laßt mich bitte aufstehen und in der Stadt umhergehen; auf den Straßen und auf den öffentlichen Plätzen laßt mich den suchen, den meine Seele liebt. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. Die Wächter, die in der Stadt umhergingen, fanden mich: ‚Habt ihr den gesehen, den meine Seele liebt?‘ Kaum war ich an ihnen vorübergegangen, da fand ich ihn, den meine Seele liebt. Ich hielt ihn fest und ließ ihn nicht gehen, bis ich ihn in das Haus meiner Mutter gebracht hatte und in das innere Gemach derjenigen, die mit mir schwanger gewesen war. Ich habe euch beschworen, o Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hindinnen des Feldes, daß ihr nicht versucht, [in mir] die Liebe zu wecken oder zu erwecken, bis sie sich dazu geneigt fühlt!“ (Hohel. 3:1-5, NW) All unsere geistige Gemeinschaft mit Christus, die bedingt, daß wir uns anstrengen, stärkt uns in unserem Entschluß, unsere Liebe zu ihm, die wir ihm mit ganzer Seele entgegenbringen, durch keine andere Liebe auf Erden verdrängen zu lassen.
DIE PRÜFUNG IN DER STADT JERUSALEM
31. Wohin wurde die Sulamitin nun mitgenommen, was für sie eine weitere Prüfung bedeutete, und wie wird der Zug nach diesem Ort beschrieben?
31 Die Prüfung, in die die Sulamitin in dem Lager des Königs Salomo nahe bei ihrem Dorfe Sunem kam, erreichte ihren Zweck nicht, so tief war ihre Liebe zu einem einfachen Hirten. Wie würde sie nun von den verlockenden Anträgen des Königs im Königspalast in der Hauptstadt Jerusalem berührt werden? Als sein Lager nach Jerusalem, etwa 88 Kilometer südwärts, zurückverlegt wurde, ließ König Salomo, die Sulamitin mitnehmen. Die Frauen der Hauptstadt, die „Töchter Zions“, sehen zu, wie sich der Zug der Stadt nähert. Eine von ihnen sagt: „Was ist dies, das wie Rauchsäulen von der Wüste heraufkommt, umduftet von Myrrhe und Weihrauch, ja von allerlei wohlriechenden Pulver des Krämers?“ Eine andere antwortet: „Siehe! es ist sein Ruhebett, dem Salomo zu eigen, rings umgeben von sechzig mächtigen Männern, von den mächtigen Männern Israels. Alle von ihnen besitzen ein Schwert, sind in der Kriegführung unterwiesen, wegen nächtlicher Schrecken ein jeder mit seinem Schwert an der Hüfte.“ Noch eine andere ruft aus: „Es ist die Sänfte, die sich König Salomo aus den Bäumen des Libanon hat machen lassen. Ihre Säulen ließ er von Silber machen, ihre Tragstangen von Gold. Ihr Sitz besteht aus rötlicher, purpurn gefärbter Wolle; ihr Inneres haben die Töchter Jerusalems liebevoll ausgestattet.“ Eine andere Frau der Stadt ruft aus: „Geht hinaus, o Töchter Zions, und betrachtet den König Salomo mit dem Kranz, den seine Mutter am Tage seiner Vermählung für ihn geflochten hat und am Tage seiner Herzensfreude.“ (Hohel. 3:6-11, NW) Der Sulamitin steht eine Schlußprüfung bevor!
32. Wie wird der Überrest darauf vorbereitet, den verführerischen Angeboten dieser Welt zu widerstehen, und wie wird dies nun im Falle der Sulamitin gezeigt?
32 In dieser „Zeit des Endes“ nehmen die Prüfungen wegen des Materialismus, der in dieser Welt herrscht, zu. Um den verführerischen Angeboten dieser aufgeputzten alten Welt zu widerstehen, bereitet uns unser Hirte auf sie vor und stärkt uns, indem er uns zusichert, daß er uns fortwährend liebt, und indem er seine Bewunderung für unsere christlichen Werke zum Ausdruck bringt, die von rechter Art sind. Dies ist genauso, wie es der Freund, der Hirte, tut, wenn er Salomos Zug nach Jerusalem folgt und dort mit der Sulamitin, die jetzt verschleiert ist, in Verbindung tritt und zu ihr sagt: „Siehe, du bist schön, o meine Gefährtin. Siehe! du bist schön. Hinter deinem Schleier sind deine Augen [wie Augen von] Tauben. Dein Haar gleicht einer Herde Ziegen, die von der gebirgigen Gegend von Gilead heruntergesprungen sind. Deine Zähne sind wie eine Herde frischgeschorener [Mutterschafe], die der Schwemme entstiegen sind, die alle Zwillinge gebären, und keines von ihnen hat seine Jungen verloren. Deine Lippen sind wie eine scharlachrote Schnur, und deine Sprache ist angenehm. Wie das Schnittstück eines Granatapfels schimmern deine Schläfen hinter deinem Schleier. Dein Hals ist wie der Turm Davids, in Steinschichten gebaut, daran tausend Schilde hängen, all die runden Schilde der mächtigen Männer. Deine beiden Brüste sind wie zwei Rehe, wie Zwillinge einer Gazelle, die inmitten der Lilien weiden.“ Die Sulamitin sagt ihrem Hirten, daß sie frei werden und die Stadt verlassen möchte. „Bis der Tageswind weht und die Schatten entflohen sind, werde ich meines Weges gehen zum Myrrhenberge und zum Weihrauchhügel.“ — Hohel. 4:1-6, NW.
33. Wie kann der Hirte zu den Überrestgliedern sagen, ihre Lippen seien wie eine scharlachrote Schnur und ihre Sprache sei angenehm, und was bedeutet für ihn diese ganze Art, wie sie sich äußern?
33 Kann heute der Rechte Hirte inmitten der weltlichen Verlockungen des Materialismus zu seinem verlobten Überrest sagen: „Deine Lippen sind wie eine scharlachrote Schnur, und deine Sprache ist angenehm“? Ja, denn mit ihrem Munde geben die Überrestglieder eine öffentliche Erklärung für den Namen Jehovas ab, und diese Handlungsweise führt sie zur Errettung und zur Vereinigung mit ihrem Bräutigam. (Röm. 10:8-10) Ihre Lippen sind schön, weil sie Jehova lobpreisen, dessen Herrlichkeit über ihnen aufgegangen ist und von ihnen in die finstere Welt zurückgestrahlt wird. Sie sind Jehovas Zeugen. (Jes. 43:10, 12) Ihre Sprache ist ihrem Rechten Hirten angenehm, weil sie so sprechen, daß sich dadurch sein eigenes prophetisches Gebot, das an sie ergangen ist, erfüllt: „Diese gute Botschaft vom Königreich wird gepredigt werden auf der ganzen Erde, allen Nationen zu einem Zeugnis, und dann wird das vollendete Ende kommen.“ (Matth. 24:14, NW) Dies ist für den himmlischen Bräutigam wie Liebesbezeugungen, wie ein entzückender Duft, wie die Süße des Honigs. Mit den Worten des Hirten an die Sulamitin sagt er: „Alles an dir ist schön, o meine Gefährtin, und kein Makel ist an dir … Wie schön deine Liebesbezeugungen sind, o meine Schwester, meine Braut! Wieviel besser sind deine Liebesbezeugungen als Wein und der Duft deiner Salböle als alle Arten von Wohlgerüchen. Wabenhonig träufeln deine Lippen beständig, o [meine] Braut. Honig und Milch sind unter deiner Zunge, und der Duft deiner Gewänder ist wie der Duft des Libanon.“ — Hohel. 4:3, 7-11, NW.
34. Was zu tun, laden die Überrestglieder ihren Hirten ein, indem sie für das Königreich Zeugnis geben? Und welche Ermutigung spenden freundlichgesinnte Personen dadurch, daß sie die Frauen Jerusalems nachahmen?
34 Durch liebreiches, mutiges Zeugnisgeben für das Königreich des lieben Sohnes Gottes laden die Überrestglieder ihren geliebten Hirten und Bräutigam ein, zu kommen, und von den Königreichsfrüchten zu essen, die sie darreichen. Er kommt auch und freut sich über diese öffentlichen Äußerungen der Liebe zu ihm und sagt: „Ich habe meine Wabe samt meinem Honig gegessen; ich habe meinen Wein samt meiner Milch getrunken.“ Wie die Frauen von Jerusalem, so sprechen auch viele freundliche Menschen, die die öffentlichen Äußerungen der Hingabe des Überrests ihrem himmlischen Bräutigam gegenüber sehen, den Überrestgliedern Mut zu für ihr Liebeswerk, durch das sie die „anderen Schafe“ des Hirten einsammeln, damit der Überrest und der Bräutigam fortfahren, sich ihrer gegenseitigen Liebe zu erfreuen. Sie sagen: „Eßt, o Gefährten! Trinkt und werdet trunken von Liebesbezeugungen!“ — Hohel. 4:16; 5:1, NW.
35. Wie zog sich der Überrest dadurch, daß er während der Zeit des ersten Weltkrieges nur langsam reagierte, prüfungsreiche Erfahrungen zu, wie sie die Sulamitin in ihrem schweren Traume machte?
35 Einst, nachdem im Jahre 1914 die Gegenwart des Bräutigams in seines Vaters Königreich Tatsache geworden war, reagierte der Überrest wegen der hinderlichen Finsternis jener Zeit nicht schnell genug auf die Einladung des Bräutigams, sich ihm im Einsammeln seiner Schafe anzuschließen. Das geschah zur Zeit des Höhepunktes des ersten Weltkrieges, besonders im Jahre 1918. Die Erfahrung ist nun wie der schwere Traum, den die Sulamitin den Hofdamen im Palast Salomos erzählt: „Ich schlafe, aber mein Herz wacht. Horch! mein Geliebter! er klopft!“ Im Traume hört sie ihn draußen vor der Tür bitten: „Öffne mir, o meine Schwester, meine Gefährtin, meine Taube, meine Vollkommene! Denn mein Haupt ist voller Tau, die Locken meines Haares voll von den Tropfen der Nacht.“ Sie antwortet ihm, daß sie sich zu Bett begeben hat, indem sie sagt: „Ich habe mein Kleid schon abgelegt. Wie kann ich es wieder anziehen? Ich habe mir die Füße gewaschen. Wie kann ich sie wieder beschmutzen?“ Als sie schließlich aufsteht, um ihm zu öffnen, ist er in der Nacht verschwunden. Dann spricht sie die Worte: „Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht; ich rief nach ihm, aber er antwortete mir nicht. Die Wächter, die in der Stadt umhergingen, fanden mich. Sie schlugen mich, sie verwundeten mich. Die Bewacher der Mauern nahmen mir [auf unverschämte Weise] den weiten Überwurf weg.“ Wie die Sulamitin wurde der Überrest krank am Herzen, als seine Hoffnung, im himmlischen Königreich mit dem Bräutigam vereint zu werden, sich nicht verwirklichte und er statt dessen von seiten der Wächter der Christenheit Verfolgung erlitt. — Hohel. 5:2, 3, 6, 7, NW.
36. Wie hat der Überrest öffentlich bezeugt, daß er krank war vor Liebe zu dem himmlischen Bräutigam, und welche Frage steigt dadurch in Menschen guten Willens auf?
36 Seit jener Erfahrung, die wie ein Alptraum war, hatten die Überrestglieder, wie die Sulamitin in ihrem Traum, öffentliche Beweise geliefert, ohne sich zu schämen, daß sie krank vor Liebe nach ihrem himmlischen Bräutigam waren. Indem sie im Gehorsam gegenüber dem Gebot ihres Hirten die gute Botschaft des Königreiches der ganzen bewohnten Erde zu einem Zeugnis zu verkünden, ausgezogen sind, haben sie besonders die Christenheit davon in Kenntnis gesetzt, daß sie ihren Bräutigam, den Hirten, lieben. „Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, daß ihr, wenn ihr meinen Geliebten findet, ihm sagt, ich sei krank vor Liebe.“ Sie wollen seine Schafe einsammeln, damit diese eingesammelten Schafe wie geschriebene „Empfehlungsbriefe“ seien und ihre unvergängliche Liebe zu ihm bezeugen. (2. Kor. 3:1-3) Menschen guten Willens sind verwundert und fragen, warum der Überrest wünscht, daß sie Christus suchen und so zeigen, daß sie das Ergebnis des liebenden Zeugniswerkes des Überrests sind. „Inwiefern ist dein Geliebter mehr als irgendein anderer Geliebter, daß du uns so beschwörst?“ — Hohel. 5:8, 9, NW.
37. Weshalb fürchten sich die Überrestglieder nicht davor, Christus vor den Menschen zu bekennen, und welchen Grund geben sie dafür an, daß sie ihn lieben?
37 Die Überrestglieder werden gewarnt, sich davor zu schämen, Christus vor den Menschen zu bekennen. Da sie ihn lieben, haben sie keine Furcht, dies zu tun. Sie beschreiben ihn den schafähnlichen Personen, die mit ihnen Christus suchen möchten, als den Hirten und als Gottes gesalbten König, der jetzt, seit dem Jahre 1914, im Himmel regiert. Sie geben den Grund an, warum sie ihn lieben, und beschreiben ihn auf die ansprechendste Art, mit den Worten der Sulamitin:
38. Wie beschrieb die Sulamitin ihren Freund den „Töchtern Jerusalems“?
38 „Mein Geliebter ist strahlend und rötlich, der Auffallendste unter zehntausend. Sein Haupt ist Gold, geläutertes Gold. Die Locken seines Haares sind Datteldolden, schwarz wie Raben [sein Haar]. Seine Augen sind wie Tauben an den Wasserkanälen, die sich in Milch baden, innerhalb der Einfassung sitzen. Seine Wangen sind wie ein Gartenbeet mit Würzkräutern, Türme von duftenden Kräutern. Seine Lippen sind Lilien, triefend von flüssiger Myrrhe. Seine Hände sind Goldzylinder, gefüllt mit Chrysolithen. Sein Leib ist eine Elfenbeinplatte, bedeckt mit Saphiren. Seine Schenkel sind Marmorsäulen, gegründet auf Sockeln von geläutertem Gold. Sein Anblick ist wie der Libanon, auserlesen wie die Zedern. Sein Gaumen ist lauter Süßigkeit, und alles an ihm ist begehrenswert. Dies ist mein Geliebter und das mein Gefährte, o Töchter Jerusalems! … Ich gehöre meinem Geliebten, und mein Geliebter gehört mir. Er hütet die Herde unter den Lilien.“ — Hohel. 5:10-16; 6:2, 3, NW.
39. (a) Zu welchen Nutzen gereicht es dem Überrest, wenn er Christus in solcher Weise öffentlich bekennt? (b) Welche Schlußprüfung kommt nun in Jerusalem über die Sulamitin, und welche Frage steigt in ihr auf?
39 Wenn die Überrestglieder eine solche öffentliche Erklärung über Jesus Christus abgeben, der jetzt seine „anderen Schafe“ einsammelt, so behalten sie ihn und ihr Verlöbnis mit ihm im Sinn. Es stärkt sie, den Verlockungen irdischen Ruhmes und den Vergnügungen, die weltliche Reichtümer bieten, zu widerstehen. Eine solche Prüfung der Liebe zu dem Hirten und zu seinem Einsammlungswerk ist in dieser materialistischen Zeit über den Überrest gekommen, genauso wie sie über die Sulamitin kam, die in Jerusalem von König Salomo zurückgehalten wurde. Zu jener Zeit war Salomo schon mit Königinnen und Nebenfrauen verheiratet. Seine Liebe zu der Sulamitin war weder seine erste Liebe, noch war es eine ungeteilte Liebe. Er wollte sie als eine weitere Nebenfrau haben, nicht als die einzige Frau, der er eheliche Zuneigung schenkte. Er konnte ihr nicht das anbieten, was ihr Freund, der Hirte, ihr anbot. Nachdem sie den Hofdamen erzählt hat, daß sie nur ihrem Freund, dem Hirten, gehört und nur ihn „begehrenswert“ findet, nähert sich ihr der König Salomo. Er drückt seine Bewunderung für sie aus und findet sie außergewöhnlich lieblich, lieblicher als die sechzig Königinnen und achtzig Nebenfrauen. Er würde ihr in seiner Liebe den ersten Platz einräumen. Solche Äußerungen von dem weltberühmten König Salomo hätten manchem gewöhnlichen Mädchen den Kopf verdrehen können, nicht aber der Sulamitin. Sie sagt ihm, daß sie seine Gesellschaft nicht gesucht habe, und wendet sich ab. „Komm zurück, komm zurück, o Sulamitin! Komm zurück, komm zurück, damit wir dich betrachten können!“ ruft Salomo. Die Sulamitin fragt darauf, was er und seine Leute denn an ihr, einem Dorfmädchen von Sunem, finden! — Hohel. 6:4-13, NW.
40. Wie beantwortet Salomo ihre Frage, und welches Beispiel gibt die Sulamitin dem Überrest, damit er heute dieser Anziehungskraft widerstehen kann?
40 König Salomo benutzt diese arglose Frage, um ihr zu sagen, wie lieblich sie ihm von den Fußsohlen bis zum Scheitel erscheint. „Wie schön bist du und wie lieblich bist du, o geliebtes Mädchen, unter auserlesenen Wonnen!“ Er möchte sie zu eigen haben, um sich an ihr zu ergötzen. (Hohel. 7:1-9, NW) Welche Gelegenheit für sie, sich in der Hauptstadt des Wohllebens zu erfreuen, der Ehre und Herrlichkeit sowie der Stellung einer Gemahlin des Königs selbst! Wie gut dies heute die Lockungen des Materialismus darstellt! Welches Beispiel gibt denn die Sulamitin dem verlobten Überrest in ihrem Verhalten gegenüber dieser Anziehungskraft?
TRIUMPH DURCH DIE „FLAMME JAHS“
41. Was tut die Sulamitin auf die Liebeswerbung Salomos hin, und was tut darauf Salomo?
41 In dem entscheidendsten Augenblick ihres Lebens weist die Sulamitin die Werbungen des obersten Würdenträgers des Landes zurück. „Ich gehöre meinem Geliebten, und nach mir steht sein Verlangen“, erwidert sie mutig. Sie wendet sich von dem glorreichen König vor ihr ab und bricht in einen Ruf nach ihrem Freund, dem Hirten, aus, daß er kommen und sie fortnehmen möge. O daß er wäre wie ihr Bruder, der die Brüste ihrer Mutter gesogen! Sie würde ihn ohne Furcht vor öffentlichem Spott küssen und ihn zum Hause ihrer Mutter bringen, die sie die Grundsätze der Lauterkeit und Treue gelehrt hat. Sie hat ihren Entschluß gefaßt, und sie bittet die Hofdamen, sich nicht auf die Seite Salomos zu stellen in dem Versuch, in ihr Liebe für Salomo zu wecken oder zu erwecken, wenn sie sich nicht spontan dazu geneigt fühlt. (Hohel. 7:10 bis 8:4, NW) König Salomo, der Mächtige, hat verloren. Weitere Versuche, sie für sich zu gewinnen, sind hoffnungslos. Er läßt sie heimkehren.
42. Als die Brüder der Sulamitin sahen, daß ihre Schwester sich Sunem näherte, kam ihnen welche Frage in den Sinn, die sie einst ihretwegen gestellt hatten, in Verbindung mit der Entscheidung, die über sie zu treffen sei?
42 Ihre Brüder in Sunem sehen sie kommen, doch ist sie nicht allein. Sie fragen: „Wer ist diese Frau, die aus der Wüste heraufkommt, an ihren Geliebten gelehnt?“ Es war ihnen nicht bewußt gewesen, daß ihre einstmals kleine Schwester von solcher Lauterkeit und Beständigkeit in der Liebe sein könnte. In früheren Jahren hatte einer der Brüder von ihr gesagt: „Wir haben eine kleine Schwester, die noch keine Brüste hat. Was sollen wir für unsere Schwester tun an dem Tage, da man [zur Ehe] um sie werben wird?“ Auf diese Frage erwiderte ein anderer Bruder: „Wenn sie eine Mauer sein sollte, werden wir darauf eine silberne Zinne bauen, ist sie aber eine Tür, so werden wir sie mit einer Zedernbohle verschließen.“ (Hohel. 8:5, 8, 9, NW) Ihre Erfahrung mit König Salomo war eine tiefgehende Prüfung, die zeigen sollte, ob sie in der Liebe und in der Tugend unbeständig wäre wie eine Tür, die sich in ihren Angeln dreht und die mit einer starken Zedernbohle verschlossen werden muß, wenn verhindert werden soll, daß sie sich vor einer schädlichen, unwillkommenen Person öffnet.
43. Was konnte sie, ohne sich selbst zu bewundern, von sich nun sagen und damit ihre Brüder veranlassen, richtig zu handeln?
43 Da sie über alle Verführungskünste eines glorreichen Königs triumphiert, indem sie allen Verlockungen der künstlichen materiellen Dinge dieser Welt standhält wie eine Mauer, hat sie ihren vollen Wuchs bewiesen, hat gezeigt, daß sie eine völlig reife Frau mit Brüsten ist, die feststeht in den tugendhaften Grundsätzen, die ihre Mutter sie gelehrt hat. Ohne sich selbst zu bewundern, kann sie mit Recht sagen: „Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme [auf der Mauer]. In diesem Falle bin ich in seinen Augen geworden wie eine, die Frieden findet.“ (Hohel. 8:10, NW) So mögen ihre Brüder auf ihr, in Anerkennung ihrer Lauterkeit, eine silberne Zinne bauen. Mögen sie nun in ihre Ehe mit ihrem Hirten, ihrem Freund, einwilligen!
44. (a) Bis zu welchem Ereignis müssen die Überrestglieder die Prüfung ihrer Liebe zu Christus bestehen? (b) Wie werden sie gemäß den Worten der Sulamitin die Prüfung siegreich bestehen können?
44 Bis zu dem Zeitpunkt, da die Schlacht von Harmagedon dem Materialismus dieser alten Welt ein Ende bereiten wird, muß der verlobte Überrest Christi, des Hirten, die Prüfungen seiner unerschütterlichen Liebe zu ihm bestehen. Auf welche Weise werden die Überrestglieder in dieser durchgreifenden Erprobung triumphieren? Dadurch, daß sie zu ihm eine Liebe haben, wie sie die Sulamitin zu ihrem geliebten Hirten hatte. Möge König Salomo tausend Weingärten haben — solche materiellen Besitztümer locken sie nicht. Sie ist zufrieden mit ihrem eigenen Weingarten. (Hohel. 8:11, 12) Warum? Weil sie einen liebt, der ihr wirklich teuer ist, und solche Liebe kann nicht mit Dingen von materiellem Wert erkauft werden. „Lege mich“, so sagt sie zu ihm, „wie ein Siegel auf deinen Arm; denn die Liebe ist so stark wie der Tod, Beharrlichkeit in der ausschließlichen Ergebenheit ist so unnachgiebig wie der Scheol. Ihre Gluten sind wie Feuergluten, die Flamme Jahs. Selbst viele Wasser vermögen die Liebe nicht auszulöschen, noch können Ströme sie hinwegschwemmen. Wenn ein Mann [selbst König Salomo] alle wertvollen Dinge seines Hauses für die Liebe geben wollte — man würde sie bestimmt verschmähen.“ — Hohel. 8:6, 7, NW.
45. Was will ihr Freund, der Hirte, nun hören, und welches Verlangen nach ihm bringt sie zum Ausdruck?
45 Eine solch unüberwindliche Liebe sicherte ihr die Liebe des Hirten. Er möchte ihre Stimme hören, die aus einem treuen Herzen spricht: „Oh, die du in den Gärten wohnst; die Gefährten horchen auf deine Stimme. Laß sie mich hören.“ Nach dieser Einladung drückt sie den Wunsch aus, daß er eilends kommen und die Berge überspringen möge, die sie trennen, um sie auf die duftenden Berge, auf die herrlichen Höhen der Vereinigung mit ihm, zu versetzen. „Enteile, mein Geliebter, und sei gleich einer Gazelle oder einem Reh [dem Jungen der Hirsche, PB] auf den würzigen Bergen.“ — Hohel. 8:13, 14, NW.
46. Womit wurde die Sulamitin gekrönt, weil sie ihrem Geliebten treu geblieben war, und wofür wird der Überrest ebenfalls gekrönt werden, und wer wird an der mit Freude gekrönten Erfahrung teilhaben?
46 Wir sehen die Sulamitin, die Geliebte im Hohenliede des Königs Salomo, mit Freude gekrönt. Mit Freude gekrönt wird auch der verlobte Überrest werden, wenn er dem weltlichen Materialismus standhält und dem Hirten-Bräutigam treu bleibt. Alle „anderen Schafe“, die „Jungfrauen hinter ihr her, ihre Gefährtinnen“, werden an der Freude des treuen Überrests teilhaben. Jehova Gott sei Dank für dieses inspirierte Lied, das uns alle anspornt, die Lauterkeit in unserer Liebe zu seinem Rechten Hirten, zu Jesus Christus, zu bewahren!