Jehovas Diener sind anders
„Formt euch nicht mehr nach diesem System der Dinge, sondern werdet durch die Neugestaltung eures Sinnes umgewandelt, damit ihr euch selbst vergewissern könnt, was der gute und annehmbare und vollkommene Wille Gottes ist.“ — Röm. 12:2.
1, 2. (a) Vor welcher Neigung müssen Christen ihr unvollkommenes Herz bewahren, und warum? (b) Welcher Unterschied bestand in den Tagen Jesajas zwischen Jehovas Gedanken und Jehovas Wegen und den Gedanken und Wegen des Volkes Israel, und warum?
EINE der vielen Neigungen, vor denen Christen ihr unvollkommenes Herz bewahren müssen, ist die, allgemein beliebt oder bei jedermann, ganz gleich, wer es ist, angesehen sein zu wollen. Wegen dieser Neigung ist der größte Teil der Menschheit dem Konformismus zum Opfer gefallen, dem Streben, sich den Ansichten oder dem Verhalten seiner Umgebung anzupassen oder zu fügen. Alle, die Jehova Gott gefallen und in seinen gerechten neuen Himmeln oder auf seiner gerechten neuen Erde ewig leben möchten, müssen sich davor hüten, diesem Druck, sich anzupassen, nachzugeben. Warum? Jehova sagte zu einem abtrünnigen Volk in den Tagen seines Propheten Jesaja: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht Jehova. Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ — Jes. 55:8, 9.
2 „Wie der Himmel höher ist als die Erde“ — welch ein gewaltiger Unterschied! Ja, man könnte sogar sagen, daß es den größten Unterschied darstellt, den man sich vorstellen kann. Was war schuld an diesem großen Unterschied zwischen Jehova und seinem Volk? Sein Volk hatte aufgehört, Recht zu üben, Güte zu lieben und bescheiden zu wandeln mit seinem Gott. (Micha 6:8, NW) Es ging genau in der entgegengesetzten Richtung, indem es seine Religion und seine Moral der Religion und der Moral der Nationen ringsum anpaßte.
3. Wie zeigte sich die Neigung, sich der Umgebung anzupassen, beim Volk Israel schon zu Beginn seiner Geschichte?
3 Die Neigung, den gottlosen Wandel der Völker ringsum nachzuahmen, zeigte sich schon zu Beginn der Geschichte der Nation Israel. Als Moses 40 Tage auf dem Berge Gottes war, begannen die Israeliten, heidnischen Göttern zu dienen und sich an unsittlichen Handlungen der Heiden zu beteiligen. (1. Kor. 10:7) Kaum waren Josua und die älteren Männer, die ihn überlebt und „die das ganze große Werk Jehovas gesehen hatten, das er für Israel tat“, gestorben, da „verließen die Söhne Israels Jehova und nahmen den Dienst für Baal und die Aschtoreth-Bildnisse auf“. (Ri. 2:7-13, NW) In den Tagen des Richters Samuel wollten sich die Israeliten den Nationen ringsum anpassen, indem sie einen sichtbaren König verlangten: „... damit auch wir seien wie alle Nationen, und daß unser König uns richte und vor uns her ausziehe und unsere Kriege führe.“ Jehova gewährte ihnen ihre Bitte, obwohl sie ihm mißfiel. — 1. Sam. 8:7, 20; Hos. 13:11.
4, 5. (a) Wieso können Jehovas Diener nicht ihrem Gott gefallen und sich gleichzeitig ihrer Umwelt anpassen? (b) Welchen Rat gab Paulus daher passenderweise Christen?
4 Wie konnten Jehovas Diener so sein wie ihre Umwelt und ihm dennoch gefallen? Ist es nicht so, daß seit der Sünde Adams und Evas und deren Vertreibung aus Eden — abgesehen von einigen wenigen Jahren nach der Sintflut — die ganze Welt in der Gewalt des Bösen, Satans, des Teufels, des „Gottes dieses Systems der Dinge“, liegt? Ohne Zweifel! Die Anpassung an die Welt stellt daher für den Diener Jehovas eine große Gefahr dar. — 2. Kor. 4:4; 1. Joh. 5:19.
5 Es ist deshalb sehr passend, daß uns in Römer 12:2 der Rat gegeben wird: „Formt euch nicht mehr nach diesem System der Dinge, sondern werdet durch die Neugestaltung eures Sinnes umgewandelt, damit ihr euch selbst vergewissern könnt, was der gute und annehmbare und vollkommene Wille Gottes ist.“ Weniger buchstäbliche oder freiere Übersetzungen geben die Worte des Paulus wie folgt wieder: „Paßt euch nicht äußerlich den Normen dieser Welt an“ (Neues Testament 1968). „Gestaltet eure Lebensführung nicht nach der Weise dieser Weltzeit“ (Menge). „Laßt euch nicht von eurer Umwelt in ihre Form pressen“ (The New Testament in Modern English).
JEHOVAS VORSINTFLUTLICHE ZEUGEN WAREN ANDERS
6, 7. Warum sollten Jehovas Diener nicht davor zurückschrecken, anders zu sein, und wer ist uns in dieser Hinsicht als erster ein Beispiel?
6 Da die Menschenwelt seit der Vertreibung unserer Ureltern aus Eden gottlos gehandelt hat, muß gefolgert werden, daß alle Diener Jehovas — vom allerersten an — anders gewesen sein müssen als ihre Zeitgenossen, daß sie von ihnen abgestochen oder sich auffallend von ihnen unterschieden haben müssen. Diener Jehovas, die es heute nicht wagen, sich anders zu kleiden, anders zu handeln und Gott auf eine andere Weise anzubeten als ihre Mitmenschen, sollten beachten, was in Gottes Wort über die ersten treuen Diener Jehovas in diesem Zusammenhang berichtet wird.
7 Beginnen wir mit Abel, dem ersten treuen Zeugen Jehovas. Wir wissen nicht, wie viele Menschen es zu der Zeit gab, als Abel freimütig für die reine Anbetung Jehovas eintrat, aber wir wissen, daß Adam und Eva sowie Kain — die einzigen, die der göttliche Bericht namentlich erwähnt — unter dem Einfluß dessen standen, der böse ist, Satan, der Teufel. Abels Handlungsweise stand im Gegensatz zu ihrer Handlungsweise. Er hatte den Mut, anders zu sein, und wurde deshalb der erste treue Zeuge, der erste Märtyrer. — 1. Mose 4:3-11; Hebr. 11:4; 1. Joh. 3:12.
8. Welche Tatsachen zeigen, daß Henoch anders war als seine Umgebung?
8 Da war ferner Henoch. Auch er paßte sich dem vorsintflutlichen System der Dinge offensichtlich nicht an. Wieso kann dies mit einer solchen Sicherheit gesagt werden? In seinen Tagen war die falsche Anbetung bereits stark verbreitet, denn man hatte schon in den Tagen des Enos, des Enkels Adams, angefangen, den Namen Jehovas zu mißbrauchen oder heuchlerisch anzurufen. (1. Mose 4:26) Es ist auch daraus zu schließen, daß von Henoch besonders gesagt wird, er sei ‘weiterhin mit dem wahren Gott gewandelt’. (1. Mose 5:22, NW) Daß Henoch offensichtlich anders war als seine Zeitgenossen, geht ferner ganz deutlich aus der warnenden Prophezeiung hervor, die er im Auftrag Jehovas verkündigte und die von dem christlichen Jünger Judas in folgenden Worten wiedergegeben wurde: „Siehe, Jehova kam mit seinen heiligen Myriaden, um an allen das Gericht zu vollziehen und alle Gottlosen all ihrer gottlosen Taten zu überführen, die sie auf gottlose Weise begangen haben, sowie all der anstößigen Dinge, welche gottlose Sünder gegen ihn geredet haben.“ Der Inhalt dieser Botschaft zeigt deutlich, daß Henoch von Gottlosen umgeben war und deshalb wegen seines Mutes, anders zu sein, aufgefallen sein muß. — Jud. 14, 15.
9. Wie bewiesen Noah und seine Familie, daß sie anders waren als ihre Zeitgenossen?
9 Der inspirierte Geschichtsbericht erwähnt auch Noah und seine Familie. Während von Abel und Henoch nicht mit Bestimmtheit gesagt werden kann, sie seien zu ihrer Zeit die einzigen wahren Anbeter Jehovas gewesen (Abel mag zum Beispiel verheiratet gewesen sein, und seine Frau mag den gleichen Glauben gehabt haben wie er), läßt die Heilige Schrift keinen Zweifel darüber, daß Noah und seine Angehörigen damals die einzigen wahren Anbeter Jehovas, des allein wahren Gottes, waren. „Noah aber fand Gunst in den Augen Jehovas. ... Noah war ein gerechter Mann. Er erwies sich als untadelig unter seinen Zeitgenossen. Noah wandelte mit dem wahren Gott.“ Daß Noah in einer Zeit, in der „Jehova [sah], daß die Schlechtigkeit des Menschen ausnehmend groß war auf der Erde und daß jede Neigung der Gedanken seines Herzens allezeit nur schlecht war“, dieses Zeugnis erlangte, läßt erkennen, daß er offensichtlich anders war als die damalige Menschenwelt. Wie sehr müssen er und seine Angehörigen doch verspottet worden sein, während sie auf dem Trockenen jenen riesigen scheunenähnlichen Bau errichteten, in dem Noah selbst, seine Familie und die Vertreter der verschiedenen Tierarten die vorhergesagte Sintflut überlebten! Welchen Mut mußten sie doch während der vierzig bis fünfzig Jahre beweisen, in denen sie an diesem Unternehmen arbeiteten! Waren sie anders als die damalige Welt? Ganz bestimmt! — 1. Mose 6:8, 9, 5, NW.
DIE PATRIARCHEN WAREN ANDERS
10, 11. Wie bewiesen die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob, daß sie Fremde und zeitweilig Ansässige waren?
10 Da waren auch die Patriarchen oder unmittelbaren Familienhäupter der zwölf Stämme Israels. Der erste war Abraham. Wegen seines Glaubens an Jehova, den allein wahren Gott, unterschied er sich auffallend von seinen Mitbürgern, die die verschiedensten heidnischen Kulte pflegten und besonders den Mondgott Sin, den Stadtgott von Ur, verehrten. Ur, seine Heimatstadt, war als Hauptstadt des babylonischen Kultes und der babylonischen Religion in der Tat das reinste Mekka oder Rom. Als Jehova Abraham gebot: „Gehe aus deinem Lande und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause, in das Land, das ich dir zeigen werde“, zeigte es sich noch deutlicher, daß Abraham anders war. — 1. Mose 12:1-3.
11 Bestimmt mußte Abraham viel Spott ertragen, als seine Nachbarn und seine Bekannten ihn aus Ur ausziehen sahen, denn zweifellos hielten sie seinen Auszug für ein zum Scheitern verurteiltes Unternehmen. Isaak und Jakob erging es im großen und ganzen ebenso. Sie alle „erklärten öffentlich, daß sie Fremde und zeitweilig Ansässige im Lande“ seien. Sie hätten in ihr Land zurückkehren und sich dort wieder niederlassen können, aber sie wußten, daß das nicht Jehovas Wille war. Es wird Dienern Jehovas heute helfen, den Mut zu haben, anders zu sein als ihre Umwelt, wenn sie daran denken, daß auch sie, was das gegenwärtige System der Dinge und seine Angehörigen betrifft, Fremde und zeitweilig Ansässige sind. — Hebr. 11:8-15.
12. Wie zeigte Joseph auf beispielhafte Weise, daß er anders war, und wie wurde er belohnt?
12 Da war auch Joseph, der bevorzugte Sohn des Patriarchen Jakob. Sein Leben tritt in der Heiligen Schrift als leuchtendes Beispiel hervor. Wie leicht hätte er, nachdem er in die Sklaverei verkauft und dadurch von jeglicher Verbindung mit den wahren Anbetern Gottes abgeschnitten worden war, versucht sein können, seinen Wandel und seine Anbetungsform den heidnischen Anbetern in seiner Umgebung anzupassen und sich nach jenem System der Dinge formen zu lassen! Er hielt aber an der reinen Anbetung und an den göttlichen Grundsätzen fest und bewies so auf hervorragende Weise, daß ein Mensch, selbst wenn er noch so starken Versuchungen ausgesetzt ist, seine Lauterkeit bewahren kann. Ja er blieb sogar standhaft, als er wegen seiner Lauterkeit gegenüber Jehova ins Gefängnis geworfen wurde. Als er ganz allein war, hätte er wie so viele vor und nach ihm denken können: „Was nützt es?“ und hätte die Anbetungsform seiner Umgebung annehmen und ihren Wandel nachahmen können, aber er tat es nicht. Er ließ sich nicht nach jenem System der Dinge formen, sondern blieb Jehova treu, und Jehova segnete ihn deswegen sehr. Joseph wurde der Erstminister Ägyptens und dessen Retter sowie der Retter der Familie seines Vaters. — 1. Mose 37:1-36; 39:1 bis 45:28.
DAS BEISPIEL DER PROPHETEN
13, 14. Wie bewies Moses, daß Jehovas Diener anders sein müssen?
13 Zu den vielen anderen treuen Dienern Jehovas, die den Mut hatten, anders zu sein, und die sich nicht nach dem Beispiel ihrer ungläubigen Umgebung formen ließen, gehörten auch die hebräischen Propheten, von Moses bis Daniel und darüber hinaus. Moses hätte, nachdem er am Hof des Pharaos zum Mann herangewachsen war, leicht versucht sein können, sich seiner Umgebung anzupassen, seine hebräische Erziehung und Religion zu vergessen und weiterhin die Freuden, den Ruhm und den Einfluß eines Sohnes der Tochter des Pharaos zu genießen. Welche Aussichten hätte er doch gehabt, wenn man bedenkt, daß er „in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen“ und bekanntlich „mächtig in seinen Worten und Taten“ war! — Apg. 7:22.
14 Aber selbst das hielt ihn nicht davon zurück, anders zu sein! Wie sehr müssen doch seine früheren Bekannten am Hof den Kopf geschüttelt und sich darüber gewundert haben, daß der voraussichtliche Erbe es sich erwählte, „eher mit dem Volke Gottes übel behandelt zu werden, als den zeitweiligen Genuß der Sünde zu haben, weil er die Schmach des Christus für größeren Reichtum achtete als die Schätze Ägyptens“! (Hebr. 11:25, 26) Wegen dieser Handlungsweise erwarb er sich nicht nur einen guten Namen bei Jehova Gott, sondern wurde er von ihm auch wie kein anderer unvollkommener Mensch gebraucht, um große Machttaten zu vollbringen. Und besonders die treuen Propheten Jesaja, Jeremia und Hesekiel mußten großen Mut beweisen, um anders zu sein als die abtrünnigen Israeliten, unter denen sie lebten. — Jes. 20:3; Jer. 16:2; 7:16; Hesekiel, Kapitel 4 und 5.
15, 16. Wie bewiesen Daniel und seine drei Gefährten, daß sie anders waren als ihre Umgebung?
15 Auffallend war auch das Beispiel Daniels und seiner drei Gefährten. Wie leicht wäre es doch für sie gewesen, sich hinsichtlich ihrer Mahlzeiten dem königlichen babylonischen System der Dinge anzupassen! Doch nein, sie paßten sich ihrer Umgebung nicht an, sondern sie hatten den Mut, als wahre Anbeter Jehovas anders zu sein. So wird uns berichtet: „Aber Daniel [und seine drei Gefährten] beschloß in seinem Herzen, sich mit den Delikatessen des Königs und mit seinem Trinkwein nicht zu verunreinigen. Und er erbat sich vom obersten Hofbeamten wiederholt [ja, er brachte die Sache nicht nur einmal vor und beschwichtigte dann sein Gewissen damit, daß er es versucht hätte, sondern er erbat sich von ihm wiederholt], daß er sich nicht verunreinigen müsse.“ Schließlich hörte der Hofbeamte „auf sie hinsichtlich dieser Sache und stellte sie zehn Tage lang auf die Probe“. Jehova Gott segnete Daniel und seine drei Gefährten wegen ihres Mutes und ihrer Standhaftigkeit sehr. Sie mußten zwar den Spott und die Verachtung ihrer Umgebung ertragen, weil sie die Tafelkost des Königs ablehnten und einfache Gemüsegerichte (die kein Blut, kein Fett usw. enthielten) vorzogen, aber am Ende ihrer dreijährigen Ausbildung waren sie nicht nur gesünder, sondern auch weiser als die anderen Zöglinge. — Daniel, Kapitel 1, NW.
16 Und fielen die drei Freunde Daniels nicht auch dadurch auf, daß sie sich weigerten, vor dem Standbild, das der König Nebukadnezar in der Ebene Dura aufgerichtet hatte, niederzufallen? Die Blicke von vielen Tausenden, Hohen und Niedrigen, müssen auf sie gerichtet gewesen sein, als König Nebukadnezar sie zu sich rief, weil sie sich vor seinem Standbild nicht niederwarfen. Als es Daniels Rivalen gelungen war, ein Gesetz durchzubringen, durch das sie Daniel zu beseitigen hofften, hätte er nicht unbedingt dreimal täglich am offenen Fenster gegen Jerusalem hin zu beten und so alle Leute sehen zu lassen brauchen, daß er anders war als sie. Er hätte ebensogut heimlich zu Gott beten können. Er wollte aber bei niemandem den Eindruck erwecken, als ob er, wenn auch nur äußerlich, den gottfeindlichen Erlaß des Königs befolgen würde. Sowohl Daniel als auch seine drei Gefährten wurden dafür, daß sie den Mut hatten, anders zu sein, von Jehova durch eine übernatürliche Rettung und durch Beförderung reich belohnt. — Daniel, Kapitel 3 und 6.
DAS BEISPIEL JESU CHRISTI
17—19. Welche Begebenheiten aus dem Leben Jesu zeigen, daß er nicht zögerte, anders zu sein?
17 Aber nicht nur die Diener Jehovas, die vor dem Kommen des Messias, Jesu Christi, des Sohnes Gottes, lebten, mußten sich deutlich von ihren Zeitgenossen unterscheiden. Jesus kam zu Jehovas Volk, dem Volk, das mit Gott in einem Bundesverhältnis stand und von ihm sein Wort, sein Gesetz und eine Priesterschaft erhalten hatte und zu dessen Nutzen Johannes der Täufer sein Vorbereitungswerk durchführte. Doch welch ein Gegensatz bestand zwischen Jesus und den damaligen geistlichen Führern und zwischen seiner Handlungsweise und ihren religiösen Sitten und Bräuchen! Er dachte nicht im entferntesten daran, den Unterschied zwischen seinem „neuem Wein“ gleichenden Gottesdienst und der „alten Weinschläuchen“ gleichenden jüdischen Tradition totzuschweigen oder als unbedeutend abzutun, sondern beleuchtete ihn freimütig, so daß alle ihn erkennen konnten. — Matth. 9:14-17.
18 Einerseits unterschied sich Jesus durch die Art, wie er lehrte, nämlich mit Gewalt, und dadurch, daß er sich häufig unter das gewöhnliche Volk mischte. (Matth. 7:29; 9:11) Andererseits unterschied er sich aber auch auffallend durch das, was er lehrte. Aus seinen Worten war ohne weiteres zu erkennen, daß er nicht darauf ausging, Menschen zu gefallen, und daß er sich weder bei den oberen Schichten noch beim Volk populär zu machen suchte, obwohl er wegen seiner Wundertaten die populärste Persönlichkeit des Landes war und seine Feinde sich über ihn beklagten mit den Worten: „Seht! Die Welt ist ihm nachgelaufen.“ (Joh. 12:19) Freimütig sagte er: „Ihr habt gehört, daß gesagt wurde ... Ich aber sage euch ...“ (Matth. 5:27-48) „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“ „Wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen eßt und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch. selbst.“ „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: „Ehe Abraham ins Dasein kam, bin ich gewesen.“ Es war, als wollte er seine Zuhörer schockieren und aufrütteln. Er predigte nicht, was ihre Ohren gekitzelt hätte. — Joh. 2:19; 6:53; 8:58.
19 Selbst seine Jünger wunderten sich mitunter über seine Offenheit. Einmal sagten sie zu ihm: „Weißt du, daß die Pharisäer Anstoß nahmen, als sie hörten, was du sagtest?“ Wenn die Pharisäer schon Anstoß nahmen als Jesus ihnen sagte, sie hätten das Wort Gottes durch ihre Überlieferungen ungültig gemacht, wie mochten sie dann erst reagiert haben, als er sie Heuchler, Schlangen, Otternbrut und Söhne Satans, des Teufels, schalt? Jesus zögerte nie auch nur einen Augenblick, durch das, was er sagte, zu zeigen, daß er anders war. Er zeigte es aber auch durch das, was er tat, zum Beispiel dadurch, daß er zweimal die Kaufleute aus dem Tempel seines Vaters hinaustrieb. — Matth. 15:12; 23:13-39; Mark. 11:15-18; Joh. 2:13-17; 8:44.
JESU JÜNGER WAREN EBENFALLS ANDERS
20, 21. Wie bewiesen Jesu Apostel und seine ersten Jünger, daß sie anders waren als ihre Umgebung?
20 Da Jesu Jünger ihren Meister nachahmten und denselben Gott auf dieselbe Weise anbeteten wie er, müssen sie sich ebenso von ihren Zeitgenossen unterschieden haben wie er. Sie unterschieden sich nicht nur durch ihre ungewöhnliche Botschaft, die Botschaft, daß Jesus von Nazareth der langersehnte Messias war und daß Jehova Gott ihn von den Toten auferweckt hatte, sondern auch durch die Art, wie sie predigten. Als ihre Gegner sahen, wie furchtlos Petrus und seine Gefährten für Jesus Christus Zeugnis ablegten, „und bemerkten, daß sie ungelehrte, gewöhnliche Menschen waren, verwunderten sie sich“, ja sie fragten sich, warum sie wohl so anders seien als gewöhnliche ungelehrte Fischer. „Und sie begannen sie als solche zu erkennen, die mit Jesus gewesen waren.“ — Apg. 4:13.
21 Über keinen anderen der ersten Jünger Jesu wissen wir so viel wie über den Apostel Paulus: „Beschnitten am achten Tage, aus dem Familiengeschlecht Israels, aus dem Stamm Benjamin, ein Hebräer ... von Hebräern“, und „was das Gesetz betrifft: ein [strenger, fanatischer] Pharisäer.“ Wie ganz anders als seine früheren Freunde muß Paulus doch gewesen sein, nachdem er ein Christ geworden war! So ganz anders war er nun, daß die Juden in Thessalonich ihn und seine Mitarbeiter beschuldigten, „auf der bewohnten Erde umstürzlerisch gewirkt“ zu haben. Kein Wunder, daß Festus, als Paulus sich vor König Agrippa II. verteidigte, ausrief: „Du wirst wahnsinnig, Paulus! Die große Gelehrsamkeit treibt dich zum Wahnsinn!“ Paulus lehrte nicht nur andere Christen, sich dem gegenwärtigen System der Dinge nicht anzupassen, sondern er hielt sich selbst an das, was er lehrte. — Phil. 3:5, 6; Apg. 17:6; 26:24; Röm. 12:2.
AUCH CHRISTEN DER NACHAPOSTOLISCHEN ZEIT WAREN ANDERS
22—25. Wie unterschieden sich die Christen der nachapostolischen Zeit von ihren Zeitgenossen (a) durch ihre Religion, (b) durch ihr Verhältnis zum Cäsar, (c) durch ihre Sittenbegriffe und (d) durch ihre gegenseitige Liebe?
22 Obwohl kurz nachdem die Apostel im Tode entschlafen waren, ein Feind, Satan, der Teufel, kam und Unkraut auf das Weizenfeld säte, wurde dieses Weizenfeld nicht sogleich vom Unkraut überwuchert. (Matth. 13:25) Die frühchristlichen Kirchenhistoriker berichten daher, daß sich die Christen auch in den ersten Jahrhunderten noch von ihren Zeitgenossen unterschieden. Dieser Unterschied zeigte sich in mindestens vier verschiedenen Punkten. Die Christen unterschieden sich von den übrigen Menschen in erster Linie durch ihre Religion. Abgesehen davon, daß sie andere Glaubensansichten hatten und ihre Gottesdienste anders waren, vertraten sie als einzige auch den Standpunkt, nur sie hätten die wahre Religion, alle übrigen würden der falschen Religion anhängen. Es erforderte Mut, diesen Standpunkt zu vertreten. Ein Kirchenhistoriker schreibt: „Ein Christ hätte seinen Gott nie der Isis, dem Mithras oder dem Augustus gleichgestellt.“ Die römischen Kaiser waren anderen Religionen gegenüber nachsichtig, aber eine Religion, nach deren Lehre „die Götter Roms und die Götter aller übrigen Religionen falsche Götter waren“ und deren Anhänger „die ganze Menschheit für ihren Glauben gewinnen“ wollten, duldeten sie nicht.
23 Die ersten Christen waren auch hinsichtlich ihres Verhältnisses zu anderen Teilen des damaligen Systems der Dinge anders. Sie lehnten es ab, ein Amt in der Regierung zu bekleiden und im Heer des Cäsars zu dienen. Sie waren auch nicht mehr materialistisch eingestellt. Materielle Dinge waren nicht mehr das Ziel ihres Strebens, sondern sie dienten ihnen lediglich noch als Mittel zur Förderung ihrer Predigttätigkeit.
24 Die ersten Christen unterschieden sich von ihren Zeitgenossen auch durch ihre Sittenbegriffe. In der damaligen römischen und griechischen Welt war die Unmoral in den verschiedensten Formen verbreitet. Unsittliche Handlungen waren sogar mit ihrem Gottesdienst verbunden, und Perversitäten, zum Beispiel die Homosexualität, waren eine häufige Erscheinung. Geschichtsschreiber berichten darüber, wie sehr sich die ersten Christen auch in dieser Hinsicht von ihrer Umgebung unterschieden: „Es ist nachgewiesen, daß sie ein untadeliges Leben führten, in moralischer Hinsicht einwandfrei waren, sich als gute Bürger auszeichneten und christliche Tugenden übten.“
25 Schließlich unterschieden sich die ersten Christen von ihren Zeitgenossen auch durch ihre große selbstlose Liebe, die sie, wie Jesus sagte, unter sich haben sollten: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt.“ — Joh. 13:34, 35.
26. Was kann von Jehovas Dienern von der Zeit Abel bis zur nachapostolischen Zeit gesagt werden, und wie ist es heute?
26 Sowohl die inspirierten als auch andere Aufzeichnungen lassen somit keinen Zweifel darüber, daß Jehovas Diener von der Zeit Abels an bis zu den ersten Jahrhunderten der nachapostolischen Zeit anders waren als ihre Zeitgenossen. Wie ist es aber heute? Ist es immer noch so? Jawohl. Der folgende Artikel wird dies zeigen.
[Bild auf Seite 685]
Daniel und seine drei Gefährten hatten den Mut, anders zu sein und dadurch aufzufallen.