Der christliche Predigtdienst
„Geht daher hin und macht Jünger aus Menschen aller Nationen.“ — Matth. 28:19.
1. (a) Was beeindruckte die Bevölkerung von Galiläa im ersten Jahrhundert so besonders? (b) Wann begann Jesus zu predigen?
DIE Galiläer, die dem dreißigjährigen Mann zuhörten, der im ersten Jahrhundert in ihrem Gebiet als Prediger wirkte, waren von seinen Worten so beeindruckt, daß von ihm berichtet wird: „Und gute Kunde verbreitete sich von ihm in der ganzen Umgegend.“ (Luk. 4:14) Noch nie hatte ein Mensch mit einer solchen Weisheit und Gewalt zu ihnen gesprochen. Er hatte kurz nach seiner Taufe im Jordan, bei der Gottes Geist auf ihn gekommen war, zu predigen begonnen. Das Predigtwerk, das Jesus Christus damals begann, war etwas Neues, etwas, was es in der langen Geschichte des hebräischen Volkes noch nie gegeben hatte.
2. Welche Aufgabe hatten die hebräischen Propheten?
2 In den Tagen der hebräischen Propheten, von denen Maleachi der letzte war, dachte man nicht daran, eine sich mit der Zeit ausdehnende Vereinigung von Predigern zu gründen, die Jehovas Vorhaben hätten verkündigen und die Menschen über die biblischen Wahrheiten hätten belehren sollen. Gott sandte die Propheten vorwiegend als Reformer, nicht als Lehrer. Ihre Aufgabe bestand darin, die Menschen zur wahren Anbetung zurückzuführen und sie vor der Strafe zu warnen, die Gott an ihnen vollziehen würde, wenn sie sich weiterhin weigerten, ihm zu gehorchen. Gott inspirierte deshalb jeden von ihnen besonders. Diese Propheten unternahmen jedoch nichts, um eine Vereinigung von Predigern ins Leben zu rufen. Die als „Söhne der Propheten“ bekannte Gesellschaft war eine Gruppe von Propheten, die den Geist Jehovas bereits hatten. Sie predigten nicht, weil jemand anders ihnen gepredigt hatte, was bei den Nachfolgern Jesu Christi jedoch der Fall war.
3. Wieso war der Zweck der Predigttätigkeit Jesu für die Hebräer etwas Neues?
3 Zum Unterschied von den Propheten predigte Jesus, um ein Volk zu sammeln, das predigen würde. Das war etwas ausgesprochen Neues. Er wollte, daß diese Menschen zur bestimmten Zeit eine Organisation ergebener Anbeter Jehovas bilden würden, die „Gott ... mit Geist und Wahrheit anbeten“ und predigen würden. (Joh. 4:24) Somit war die Predigttätigkeit Jesu in Judäa und Galiläa der Ausgangspunkt des christlichen Predigtdienstes.
4. Wie zeigte Jesus, wozu er seine Nachfolger erwählte, und wozu wollte er sie heranbilden?
4 Jesus wählte schon zu Beginn seines Dienstes Männer aus, die später seine Apostel werden sollten. Elf von ihnen waren Galiläer, nur der zwölfte, der schließlich untreu wurde, war sehr wahrscheinlich ein Judäer. Was Jesus mit seinen Aposteln vorhatte, zeigte sich, als er die ersten zwei erwählte, die bereits zu seinen Jüngern gehörten. „Als er am Galiläischen Meer entlangwanderte, sah er zwei Brüder: Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, seinen Bruder, die ein Fischernetz in das Meer auswarfen, denn sie waren Fischer. Und er sagte zu ihnen: ‚Kommt mir nach, so will ich euch zu Menschenfischern machen.‘“ (Matth. 4:18, 19) Er wollte sie zu Predigern heranbilden, die dann gerechtigkeitsliebende Menschen ausfindig machen und mit ihm in Verbindung bringen könnten.
ALS PREDIGER AUSGESANDT
5. Warum waren im ersten Jahrhundert viele christliche Prediger erforderlich?
5 Da der christliche Predigtdienst einem anderen Zweck dienen sollte als die Predigttätigkeit der hebräischen Propheten, waren weit mehr Prediger erforderlich. Es mußte daher ein Belehrungswerk eingeführt werden, durch das aufnahmebereite Menschen versammelt wurden. Gottes Wort sollte sie dem neuen System der Dinge zuführen. Gott hatte beschlossen, durch Jesus Christus ein neues System der Dinge einzuführen, das das von Moses eingeführte jüdische System der Dinge ersetzen sollte. Das neue System sollte weit besser sein als das alte, weil es allen, die ihm zugeführt würden, ewiges Leben vermitteln sollte. Jesus verglich das Versammeln der Menschen zu diesem neuen System mit der Ernte eines Landmanns. Er sagte: „Ja, die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige. Bittet daher den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte aussende.“ (Matth. 9:37, 38) Jesus tat dies damals, denn er trug viel zur Förderung des christlichen Predigtdienstes bei.
6. Welche Anweisungen gab Jesus seinen Aposteln, als er sie in den Predigtdienst aussandte, und auf wen sollten sie damals ihre Predigttätigkeit beschränken?
6 Nachdem Jesus seine zwölf Apostel eine Zeitlang geschult hatte, sandte er sie in den Predigtdienst aus. „Diese Zwölf sandte Jesus aus und gab ihnen folgende Weisungen: ‚Begebt euch nicht auf die Straße der Nationen, und tretet nicht in eine samaritische Stadt ein, sondern geht statt dessen immer wieder zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Während ihr hingeht, predigt, indem ihr sagt: „Das Königreich der Himmel hat sich genaht.“ Heilt Kranke, weckt Tote auf, reinigt Aussätzige, treibt Dämonen aus! Kostenfrei habt ihr empfangen, kostenfrei gebt.‘“ (Matth. 10:5-8) Sie sollten ihre Predigttätigkeit auf die Juden, die natürlichen Nachkommen Abrahams, beschränken. Später sollten sie auch den Nationen oder Nichtjuden predigen. Da die Juden das Bundesvolk Gottes waren, sollten sie als erste die Gelegenheit erhalten, die Glieder der Christenversammlung zu werden, die schließlich das Vorrecht haben sollten, Priester Gottes zu sein und „als Könige über die Erde“ zu herrschen. — Offb. 5:10.
7. (a) Wieso war die Botschaft, die die Apostel predigen sollten, eine gute Botschaft? (b) Warum konnten sie sagen, das Königreich habe sich genaht?
7 Die Botschaft, die die Apostel predigen sollten, war eine erfreuliche Botschaft, denn sie kündigte Jehovas Königreich an. Die Israeliten hatten schon lange ein von Gott geschaffenes Königreich erwartet. Mehr als 500 Jahre vor Beginn der Predigttätigkeit Jesu hatte der Prophet Daniel bereits von diesem Königreich gesprochen. Als daher Jesus und seine Apostel verkündigten, es habe sich genaht, war das eine gute Botschaft. Jesus war der König dieses Königreiches. Schon vor seiner Geburt hatte ihn ein Engel als König dieses Reiches kenntlich gemacht. Der Engel hatte zu Maria gesagt: „Er wird für immer als König über das Haus Jakobs herrschen, und sein Königreich wird kein Ende haben.“ (Luk. 1:33) Da Jesus der König des Königreiches Gottes war, rückte seine Gegenwart die Aufrichtung dieses Reiches in unmittelbare Nähe. Es war durch ihn, das Haupt, vertreten; darum konnten die Apostel die gute Botschaft, das Königreich habe sich genaht, freudig verkündigen. — Dan. 2:44.
8, 9. (a) Wie bewiesen Jesus und seine Apostel, daß sie echte Vertreter Jehovas waren? (b) Wie wies Jesus darauf hin, wer ihm die Befugnis zum Predigen gegeben hatte, und was verrät das in bezug auf gewisse Religionsführer?
8 Als Beweis dafür, daß die Apostel Gottes Geist hatten und wirklich das verkündigten, was Gott die Juden wissen lassen wollte, erhielten sie die Fähigkeit, Wunderheilungen vorzunehmen und Tote aufzuerwecken. Während das Volk Jesus und seine Apostel im allgemeinen gern hörte und erkannte, daß sie Diener Gottes waren, weigerten sich viele religiöse Führer trotz der Wunder, die Jesus und seine Apostel wirkten, hartnäckig, ihre Befugnis, zu predigen, anzuerkennen. (Mark. 12:37) In einem Falle sagten diese Führer zu Jesus: „Mit welcher Befugnis tust du diese Dinge? Und wer hat dir diese Befugnis gegeben?“ (Matth. 21:23) Jesus hatte darauf hingewiesen, wer ihm diese Befugnis gegeben hatte, als er in der Synagoge zu Nazareth öffentlich aus dem Buch Jesaja (61:1, 2) folgendes vorlas:
9 „Jehovas Geist ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, um den Armen gute Botschaft zu verkünden, er hat mich ausgesandt, um den Gefangenen die Freilassung zu predigen und den Blinden die Wiederherstellung des Augenlichts, um die Zerschlagenen als Freigelassene wegzusenden, um Jehovas annehmbares Jahr zu predigen.“ Nachdem er das vorgelesen hatte, sagte er zu seinen Zuhörern: „Heute hat sich dieses Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“ (Luk. 4:18-21) Auf diese Weise bewies Jesus, daß Jehova ihn zum Predigen befugt hatte. Diese Befugnis galt weit mehr als jede Befugnis, die er von irdischen Religionsführern hätte erhalten können. Da Jesus seinen Auftrag von Gott empfangen hatte, brauchte er weder das Diplom einer Rabbinerschule noch eine Befugnis vom Hohenpriester Kaiphas oder von einem anderen Mitglied des Sanhedrins, um predigen zu dürfen. Er konnte beweisen, daß er die Befugnis zum Predigen von Jehova Gott empfangen hatte, und dasselbe konnten auch seine Apostel tun.
10. Was zeigte Jesus dadurch, daß er siebzig weitere Nachfolger in den Predigtdienst aussandte?
10 Nachdem die Apostel den christlichen Predigtdienst aufgenommen hatten, sandte Jesus siebzig weitere seiner Nachfolger als Prediger aus. Dadurch zeigte er, daß er nicht beabsichtigte, seinen Predigtauftrag nur auf die zwölf Apostel zu beschränken. „Nach diesen Dingen bezeichnete der Herr siebzig andere und sandte sie zu zweien vor sich her in jede Stadt und jeden Ort, wohin er selber zu gehen im Begriff war.“ Er gebot ihnen: „Sagt ferner zu ihnen: ‚Das Königreich Gottes hat sich euch genaht.‘“ (Luk. 10:1, 9) Wie die Apostel gingen auch diese siebzig zu den Menschen hin, um ihnen die Botschaft zu überbringen; sie warteten nicht, bis die Menschen zu ihnen kamen. Mit der Schulung und Aussendung dieser zweiundachtzig Personen begann Jesus das christliche Predigtwerk auszudehnen.
SCHNELLES WACHSTUM
11. (a) Was geschah mit dem Christentum von Pfingsten an? (b) Wieso war die Gründung einer Christenorganisation vor Pfingsten nicht möglich?
11 Nach der Ausgießung des heiligen Geistes zu Pfingsten, fünfzig Tage nach der Auferstehung Jesu, begann sich das Christentum mit ungeheurer Schnelligkeit auszubreiten. Allein an jenem Tag wurden 3000 Personen zu Jüngern. In den Tagen nach Pfingsten nahm die Zahl der Gläubigen täglich zu. Zum Unterschied von den Jüngern, die aufgrund der vor dem Tod Jesu durchgeführten Predigttätigkeit gläubig geworden waren, wurden sie zu einer Organisation zusammengeschlossen, die von dem jüdischen Religionssystem vollständig getrennt war. Das wäre vor dem Tod Jesu nicht möglich gewesen, weil damals der Gesetzesbund noch in Kraft war und Jesus keine Organisation hätte gründen dürfen, die der unter dem Gesetz bestehenden Einrichtung gleichsam Konkurrenz gemacht hätte. Nachdem sein Tod den Zweck des Gesetzes erfüllt und dem Gesetz ein Ende gemacht hatte, war jedoch die Zeit für die Schaffung der Christenorganisation gekommen. Sie wurde zu Pfingsten gegründet. Ihre ersten Glieder waren 120 Gläubige aus den Juden, und die Apostel bildeten die leitende Körperschaft.
12. Welchem Umstand ist das schnelle Wachstum der Christenorganisation zuzuschreiben?
12 Das schnelle Wachstum dieser neuen Organisation ist auf den Umstand zurückzuführen, daß alle, die Christen wurden, auch predigten und Gott ihre Bemühungen auf diesem Gebiet segnete. „Jehova [fuhr] fort, täglich solche zu ihnen hinzuzufügen, die gerettet wurden.“ (Apg. 2:47) Als diese neuen Nachfolger Jesu Christi nach Pfingsten in ihre Heimat zurückkehrten, verschwiegen sie nicht, was sie gelernt hatten. Wie die zweiundachtzig Jünger, die Jesus in den Predigtdienst ausgesandt hatte, beteiligten auch sie sich am christlichen Predigtdienst. Sie ließen das Licht der Wahrheit leuchten, wie Jesus es geboten hatte. „Man zündet eine Lampe an und stellt sie nicht unter ein Maßgefäß, sondern auf den Leuchter, und sie leuchtet allen, die im Hause sind. Ebenso laßt euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure vortrefflichen Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen.“ — Matth. 5:15, 16.
13, 14. (a) Zeige, wie die Verfolgung zur Ausbreitung des Christentums beitrug. (b) Welche Rolle spielte die syrische Stadt Antiochien in diesem Zusammenhang?
13 Die Steinigung des Stephanus, des ersten christlichen Märtyrers, löste eine Verfolgungswelle aus, die die junge Christenorganisation heftig erschütterte und bewirkte, daß ihre Glieder zerstreut wurden. Dadurch wurde der christliche Glaube noch mehr ausgebreitet und die Zahl der Gläubigen weiter erhöht. Überall, wohin sie kamen, predigten sie weiter. „Jene indes, die zerstreut worden waren, gingen durch das Land und verkündeten die gute Botschaft des Wortes.“ (Apg. 8:4) Einige dieser Nachfolger Christi kamen auch nach Antiochien in Syrien. Sie predigten dort den Juden und gründeten eine Versammlung. „Deshalb gingen jene, die durch die Drangsal zerstreut worden waren, welche wegen Stephanus entstand, bis nach Phönizien und Zypern und Antiochien, redeten das Wort jedoch zu niemand als nur zu den Juden.“ — Apg. 11:19.
14 Einige von denen, die nach dem Tod des Stephanus zerstreut worden waren, predigten griechisch sprechenden Juden und Proselyten. „Doch gab es unter ihnen einige Männer aus Zypern und Kyrene, die nach Antiochien kamen und zu den griechisch sprechenden Leuten zu reden begannen, indem sie die gute Botschaft vom Herrn Jesus verkündeten. Überdies war die Hand Jehovas mit ihnen, und eine große Zahl derer, die gläubig wurden, wandte sich dem Herrn zu.“ (Apg. 11:20, 21) Es ist bezeichnend, daß Antiochien — nachdem Barnabas und Saulus von Tarsus dort gelehrt hatten — zum Mittelpunkt der Ausbreitung des Christentums unter den nichtjüdischen Nationen wurde. Hier wurden die Nachfolger Christi auch zuerst Christen genannt.
15. Wie betrachtete Saulus von Tarsus den Predigtdienst, als er ein Christ wurde, und wie bewies er seinen Eifer dafür?
15 Ein bedeutsamer Faktor, der zur schnellen Ausbreitung des Christentums beitrug, war die Bekehrung des Saulus von Tarsus. Saulus von Tarsus war sich bei seiner Bekehrung bewußt, daß die Annahme des christlichen Glaubens zur Beteiligung am christlichen Predigtwerk verpflichtet, und er zögerte nicht, dieser Verpflichtung nachzukommen. Nichts weist darauf hin, daß er der Ansicht gewesen wäre, die Verkündigung des Wortes sei das ausschließliche Recht einiger religiöser Führer. Nachdem er eine Zeitlang bei den Jüngern in Damaskus geblieben war — wahrscheinlich um sich belehren zu lassen —, stürzte er sich mit einem beispielhaften Eifer in den Predigtdienst. Mit seinen ersten Predigten, die er in Damaskus hielt, als er offenbar immer noch in den dreißiger Jahren war, begann für ihn die Laufbahn eines eifrigen christlichen Predigers, und er widmete sich dieser Tätigkeit etwa dreißig Jahre. In all diesen Jahren ließ er das Licht der Wahrheit überall, wohin er kam, leuchten. Der Bericht über seine Tätigkeit zeigt, daß er ein sehr fruchtbarer Prediger war.
16. Wie ging Paulus vor, wenn er in einem neuen Gebiet zu predigen begann, und warum war diese Methode sehr günstig?
16 Begann Paulus in einem neuen Gebiet zu predigen, so konzentrierte er sich gewöhnlich auf Handelsstädte wie Ephesus, Thessalonich und Korinth. Diese Städte waren wichtige Zentren, zu denen die Leute aus der ganzen Umgebung kamen, um ihre Geschäfte abzuwickeln. Sie lagen an Handelsstraßen, die nach fernen Ländern führten. Ephesus lag zum Beispiel an der Hauptverkehrsstraße von Rom nach dem Osten, und Korinth, das auf einem schmalen Landstrich, Isthmus genannt, lag, war ein wichtiger Umschlagplatz Griechenlands. Der Aufenthalt in diesen Städten war weniger gefährlich als eine Reise um die oft von heftigen Stürmen heimgesuchten Kaps des südlichen Achaia. Diese Städte eigneten sich vorzüglich als Stützpunkte für das in neue Gebiete vordringende Christentum. Die Juden und Nichtjuden, die an diesen Orten Christen wurden, trugen dann die Wahrheit in die Nachbarstädte, ins Landesinnere und in weit entfernt gelegene Gebiete an den Handelsstraßen.
NICHT AUF EINE BESTIMMTE KLASSE BESCHRÄNKT
17. Welche Beweise aus dem ersten Jahrhundert haben wir dafür, daß Jesu Anordnung, alle Gläubigen zu Predigern zu machen, eine weise Vorkehrung war?
17 Die Anordnung Jesu, daß alle Gläubigen predigen sollten, war eine weise Vorkehrung. Das beweist die schnelle Ausbreitung des Christentums. In kurzer Zeit waren in dem ausgedehnten Römischen Reich überall Christen zu finden. Das bestätigt auch der christliche Schriftsteller Tertullian in seiner Schrift zur Verteidigung des Christentums gegen seine heidnischen Zeitgenossen. Er schreibt: „Die Stadt, schreit man, sei ganz damit erfüllt, auf dem Land, in den Burgflecken, auf den Inseln seien Christen, man beklagt es als einen Nachteil, daß Leute jeden Geschlechts, jeden Alters und Standes, ja sogar Leute von Rang zu diesem Bekenntnis übergehen.“ „Von gestern erst sind wir, und doch haben wir schon den Erdkreis und all das eurige erfüllt, die Städte, Inseln, Kastelle, Munizipalstädte ... und das Forum.“ Daß damals alle Christen Prediger waren, geht auch aus den Schriften des heidnischen Schriftstellers Celsus hervor. Wie der Geschichtsschreiber August Neander berichtet, spottete Celsus über das Christentum, weil „Wollarbeiter, Schuster, Gerber, die ungebildetesten und bäurischsten Menschen eifrige Verkündiger des Evangeliums“ seien.
18, 19. (a) Wie nahmen die ersten Christen das, was Jesus über das Bekenntnis zur Gemeinschaft mit ihm sagte, auf, und was meinte er mit diesen Worten? (b) Welchen weiteren Predigtauftrag gab Jesus, und wem gilt er?
18 Alle Gläubigen nahmen das, was Jesus über das Bekenntnis zur Gemeinschaft mit ihm sagte, ernst. „Ich sage euch nun: Jeder, der vor den Menschen bekennt, mit mir Gemeinschaft zu haben, mit dem Gemeinschaft zu haben, wird auch der Sohn des Menschen vor den Engeln Gottes bekennen.“ (Luk. 12:8) Wer mit Jesus Gemeinschaft haben wollte, mußte an die Wahrheiten, die er lehrte, glauben und sie predigen, wie er es tat. Wer nicht bereit war, am Predigtdienst teilzunehmen und dadurch zu beweisen, daß er den gleichen Glauben hatte und dieselben Ziele verfolgte wie Christus, bewies nicht die richtige Liebe zu ihm. Wie könnte Christus einen solchen Menschen vor Gott und den Engeln als ein Glied seines Leibes, seiner Versammlung, anerkennen?
19 Nach seiner Auferstehung und vor seiner Himmelfahrt gab Jesus seinen elf treuen Aposteln ein Gebot, das nicht nur ihnen, sondern allen Christen gelten sollte. Er sagte: „Geht daher hin und macht Jünger aus Menschen aller Nationen, indem ihr sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes tauft und sie lehrt, alles zu halten, was ich euch geboten habe.“ (Matth. 28:19, 20) Das taten die Apostel und alle übrigen Gläubigen, die zu Lebzeiten der Apostel Nachfolger Jesu wurden. Sie freuten sich über jede Gelegenheit, die sich ihnen bot, Menschen zu Jüngern zu machen, die dann wieder andere belehren konnten.
20. Wie kam es, daß die Predigt bei den Namenchristen zu etwas Seltenem wurde?
20 Einige Zeit nach dem Tod der Apostel und derer, die mit ihnen eng verbunden waren, begann unter den Namenchristen ein Abfall. Geistliche Orden entstanden, und die Allgemeinheit der Bekenner des christlichen Glaubens hörte auf zu predigen. Das Recht, zu predigen, wurde ausschließlich von einer Klasse von Geistlichen beansprucht. Die Bibel-Enzyklopädie von M’Clintock und Strong sagt hierüber: „Es sollte uns nicht überraschen, daß, als die rituellen Zeremonien nicht nur die Evangelisation, sondern sogar selbst den Gedanken daran verdrängten, schließlich auch die Predigt zu einer Zeremonie, und zwar zu einer immer seltener werdenden Zeremonie wurde. Nicht nur den Laien, sondern auch den Presbytern der Kirche war es untersagt, ohne ausdrückliche Genehmigung der Bischöfe zu predigen, während viele Bischöfe, die anmaßend behaupteten, allein das Recht zu haben zu predigen, diesen Brauch entweder aus Unwissenheit oder aus Trägheit schließlich völlig vernachlässigten.“ Die heutige Sitte, das Predigen der Geistlichkeit zu überlassen, während das Volk im allgemeinen stumm bleibt, wurde nicht von Jesus Christus, sondern von diesen abtrünnigen Christen eingeführt. — Apg. 20:29, 30.
EINE PFLICHT, DIE CHRISTEN AUCH HEUTE HABEN
21, 22. Warum müssen Christen auch heute predigen?
21 Obwohl seit den Tagen Jesu über 1900 Jahre vergangen sind, hat sich an dem biblischen Gebot, daß Christen predigen sollten, nichts geändert. Es gilt auch heute noch. Wer ein Christ sein will, muß auch heute das Licht der biblischen Wahrheit zum Nutzen anderer leuchten lassen. Die christliche Botschaft muß heute genauso gepredigt werden wie im ersten Jahrhundert, obwohl sich heute 30 Prozent der Weltbevölkerung zum Christentum bekennen. Die unchristlichen Handlungen der Mehrheit dieser angeblichen Nachfolger Christi lassen erkennen, daß das wahre Christentum nicht bis in ihre Herzen gedrungen ist. Sie gleichen den Israeliten der alten Zeit, von denen Gott sagte: „Dieses Volk naht sich mir nur mit seinem Munde. Es verehrt mich bloß mit den Lippen, aber sein Herz ist fern von mir.“ — Jes. 29:13, Br.
22 Die Namenchristen der Christenheit müssen über die Grundwahrheiten der Bibel belehrt werden. Sie müssen die gute Botschaft von Gottes Königreich erfahren. Die Hoffnung auf den Weltfrieden und die gerechte Herrschaft, die Gottes Königreich herbeiführen wird, muß in ihre Herzen gepflanzt werden. Sie gleichen den Israeliten, die Gott vergeblich verehrten und geistig hungerten. Obwohl sie sich zum Christentum bekennen, müssen sie von wahren Christen aufgesucht werden, die ihnen die nahrhaften geistigen Wahrheiten übermitteln. Es gibt heute solche Christen, die das tun. — Amos 8:11.
23. Wer hat heute erkannt, wozu ein Christ verpflichtet ist, und in welcher Beziehung gleichen sie den ersten Christen?
23 Da Jehovas Zeugen erkannt haben, daß jeder Christ verpflichtet ist zu predigen, lehren sie die Wahrheiten des Christentums „öffentlich und von Haus zu Haus“, wie die Apostel es taten. (Apg. 20:20) In 194 Ländern gehen sie, dem Beispiel Jesu folgend, zu den Menschen und predigen ihnen, ganz gleich, wo sie sie antreffen. Wie die ersten Christen schulen auch sie alle, die die gute Botschaft vom Königreich annehmen, so, daß diese wieder andere belehren können. Auf diese Weise werden alle, die sich der Neuen-Welt-Gesellschaft der Zeugen Jehovas anschließen, ermuntert, sich am christlichen Predigtdienst zu beteiligen. Jemand mag dieser Tätigkeit vielleicht nur wenige Stunden im Monat widmen können. Dennoch kann er dem Gebot Jesu zu predigen nachkommen. Diese neuzeitlichen Christen nehmen sich die Worte des Apostels Paulus zu Herzen: „Denn mit dem Herzen übt man Glauben zur Gerechtigkeit, mit dem Munde aber legt man eine öffentliche Erklärung zur Rettung ab.“ — Röm. 10:10; 2. Tim. 2:2.
24. Welcher Unterschied besteht zwischen der Predigttätigkeit Jesu und seiner Apostel und der heutigen Geistlichkeit?
24 Viele angebliche Christen hören es nicht gern, wenn Jehovas Zeugen sagen, jeder Christ müsse ein Prediger sein. Sie begnügen sich mit einer klubähnlichen Einrichtung, in der ein Geistlicher ihnen predigt, während sie geistig untätig bleiben. Dazu berief Jesus seine Nachfolger jedoch nicht. So sieht der christliche Predigtdienst nicht aus. Jesus begnügte sich nicht damit, nur seinen Aposteln zu predigen und sie lediglich zuhören zu lassen. Zum Unterschied von den heidnischen Lehrern Ägyptens und Griechenlands, die ihre Haine und Säulenhallen hatten, wo sie zu ihren Anhängern sprachen, sprach er in der Öffentlichkeit zu Menschen, die nicht alle seine Nachfolger waren. Manche waren sogar seine Feinde. Später, als Versammlungen entstanden, schlossen sich die Apostel nicht einfach verschiedenen Versammlungen an und beschränkten ihre Predigttätigkeit auf sie. Sie fuhren fort, auch Außenstehenden zu predigen, und gaben so allen, die sich Gott hingaben und Christen wurden, ein gutes Beispiel. Sie gingen als gute Führer voran und trugen so zur Erhaltung der geistigen Widerstandskraft und Gesundheit der verschiedenen Versammlungen bei. Diese Art auferbauender christlicher Tätigkeit ist heute genauso notwendig wie im ersten Jahrhundert.
25. (a) Wieso kann gesagt werden, die Form des Predigtdienstes, die Jesus Christus einführte, werde heute noch gepflegt? (b) Zu welchen Ergebnissen führt der christliche Predigtdienst heute?
25 Die Form des Predigtdienstes, die Jesus Christus einführte, ist von Jehovas Zeugen wiederbelebt worden. Dadurch erhalten Menschen von jeder Hautfarbe und Nationalität die Gelegenheit, Jehovas wunderbares Vorhaben mit der Menschheit kennenzulernen. Da alle Glieder der Neuen-Welt-Gesellschaft der Zeugen Jehovas aufgefordert werden, am Predigtdienst teilzunehmen, und da diese Einrichtung Gottes Segen genießt, wird heute eine große Volksmenge in die Organisation Jehovas hineingebracht. Diese gutgesinnten Menschen sehen im christlichen Predigtdienst eine Aufgabe, die sie erfüllen müssen und die ihnen Gott aufgetragen hat, damit sie geistig lebendig bleiben. Sie wissen, daß sie dieser Aufgabe nachkommen müssen, um nicht nur sich selbst, sondern auch die zu erretten, denen sie predigen. Durch die Predigttätigkeit verherrlichen sie Gott durch Christus. „Durch ihn laßt uns Gott stets ein Schlachtopfer der Lobpreisung darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die eine öffentliche Erklärung für seinen Namen abgeben.“ — Hebr. 13:15; Matth. 24:14.