Der vortrefflichere Weg der Liebe
„Einen noch weit vortrefflicheren Weg zeige ich euch.“ — 1. Kor. 12:31.
1. Wen müssen wir lieben, um ewiges Leben zu erhalten, und warum?
JEHOVAS Weg ist ein Weg der Liebe. Durch Liebe hat er sich gekennzeichnet, und nach den Grundsätzen der Liebe lenkt er das Universum. Dies ist ein ausgezeichneter Weg, auf dem er alle seine intelligenten Geschöpfe leitet. Auf diese Weise hält er alle seine treuen Geschöpfe in unerschütterlicher Anhänglichkeit an sich gekettet. Er gibt das Beispiel der Liebe und verlangt, dass alle seine intelligenten Geschöpfe ihn nachahmen. Nur die das tun, werden ewig leben dürfen. Sie müssen ihn lieben, weil er ihre ungeteilte Liebe und Ergebenheit verdient und weil sie dadurch seine eigene grosse Liebe zu ihnen recht erwidern. Sie müssen ihre Mitgeschöpfe ebenso lieben wie er. So sind sie Gott ähnlich. Der geliebte Sohn Gottes hat gesagt, die zwei grossen Gebote seien folgende: 1. „Du sollst Jehova, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft.“ 2. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (5. Mose 6:5 und 3. Mose 19:18; Matth. 22:37-40) Wer irgend von uns sich des ewigen Lebens in irgendeinem Teil des göttlichen Universums als würdig erweisen möchte, muss diese Gebote halten und diesem vortrefflichen Weg der Liebe folgen.
2, 3. Welche Organisation hat Gottes Liebe am meisten erfahren? Weshalb?
2 In der ganzen Schöpfung hat keine Organisation diese zarte Eigenschaft Gottes mehr verspürt und mehr Segen daraus empfangen als seine Gemeinde (Versammlung) oder Kirche. Obwohl diese Gemeinde oder Kirche im ersten Jahrhundert unserer gewöhnlichen Zeitrechnung ins Dasein gerufen wurde, war sie doch manche Jahrhunderte zuvor durch die Gemeinde des ehemaligen auserwählten Volkes Jehovas, die Nation Israel, vorgeschattet worden. Jehova sorgte für sie, wie er schon für ihre Vorfahren gesorgt hatte. Sein Prophet Mose hatte zu der Nation gesagt: „Weil er deine Väter geliebt und ihre Nachkommen erwählt . . . hat . . ., weil der Herr euch liebte und weil er den Eid hielt, den er euern Vätern geschworen, darum hat euch der Herr mit starker Hand herausgeführt und hat dich aus dem Sklavenhause befreit.“ — 5. Mose 4:37 und 7:8, rev. Zürcher B.
3 Nur ein kleiner Überrest jener begünstigten Nation erwies sich als würdig, in die neue Gemeinde oder Kirche hinübergenommen zu werden und ihren Grundstock zu bilden. Gemäss Gottes Willen sollte die neue, von ihm erwählte Organisation in ihrer Hingabe an ihn und in allen gottähnlichen Eigenschaften, besonders aber in der Liebe, vollkommengemacht werden. Mit dieser neuen Organisation meinen wir nicht das, was „Christenheit“ genannt wird, denn diese ist so wenig seine Organisation wie die übrige Welt, deren führender Teil sie ist. Wir meinen die wahre, messianische oder christliche Organisation, die „Kirche Gottes“, die im ersten Jahrhundert gegründet wurde. Ein grosser Unterschied besteht zwischen der Christenheit und der wahren Gemeinde Gottes Jehovas. Die Christenheit ist nie dem Wege der Vortrefflichkeit gefolgt, sondern ist selbstsüchtig, grausam und weltlich gewesen. Obwohl sich die wahre Kirche Gottes in der Christenheit befindet, ist sie doch kein Teil davon gewesen, sondern hat aufrichtig Gott nachzuahmen und seinem vortrefflichen Wege zu folgen gesucht. Die Christenheit hat wegen ihrer selbstischen, grausamen Weltlichkeit verfehlt, Jehova Gott nachzuahmen und der Menschheit zum Segen zu sein, und sie wird binnen kurzem, in der Schlacht von Harmagedon, vernichtet werden. Die wahre Kirche aber wird zum Ruhme Jehovas und zur Segnung aller Menschen guten Willens immerdar bestehen.
4, 5. Wie bewies Gott, dass er die neue Organisation übernommen hatte?
4 Es ist kein leichtes, eine neue Organisation aufzurichten und zu zeigen, dass Gott seine Gunst und seinen Segen auf diese übertragen hat, nachdem er sich während mehr als siebzehnhundert Jahren ausschliesslich mit einer älteren Organisation befasste. Um somit zu beweisen, dass die neugegründete christliche Kirche nun die von ihm erwählte Gemeinde sei, und um ihr durch die schwierige Zeit ihrer Kindheit und ihres Scheidens von der alten Einrichtung der Dinge, also des Hinüberwechselns zur neuen hindurchzuhelfen, verursachte Jehova Gott eine besondere Kundgebung seines Geistes, d. h. seiner wirksamen Kraft, die er auf die neue Organisation seines ihm ergebenen Volkes, der Nachfolger des Messias, Jesu Christi, ausgoss.
5 Ungefähr neunhundert Jahre vor den letzten Tagen des Altgewordenen und den Eröffnungstagen des Neuen, hatte Gott Joel zu einer Prophezeiung inspiriert, zu einer Weissagung über diese aufsehenerregende Wirksamkeit der aktiven Kraft Gottes an der christlichen Kirche. „Und danach wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgiessen werde über alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, eure Greise (alten Männer, engl. B.) werden Träume haben, eure Jünglinge werden Gesichte sehen. Und selbst über die Knechte und über die Mägde werde ich meinen Geist ausgiessen in jenen Tagen. — Und ich werde Wunder geben . . ., ehe der Tag Jehovas kommt, der grosse und furchtbare. — Und es wird geschehen, ein jeder, der den Namen Jehovas anrufen wird, wird errettet werden.“ (Joel 2:28-32) Die aufgezeichneten Geschichtsereignisse zeigen, dass sich diese Prophezeiung am Pfingsttage des Jahres 33 n. Chr. am jüdischen Überrest der Nachfolger Jesu zu erfüllen begann. In der Kraft dieses ausgegossenen Geistes Jehovas begannen diese jüdischen Nachfolger Jesu plötzlich auf wundersame Weise in fremden Sprachen zu reden. Unter dem Einfluss jener göttlichen Kraft erhoben sich zudem der Apostel Petrus und andere und prophezeiten oder erklärten der versammelten überraschten Menge einige Prophezeiungen über Jehova Gott und Christus Jesus. Durch dieselbe unsichtbare wirksame Kraft wurden ihnen ferner dort und damals gewisse Gaben der Erkenntnis verliehen, um jener Menge Erkenntnis zu vermitteln. Diese ganze vorausgesagte Kundgebung des Geistes Gottes bewies, dass Gott nun diese Gemeinde Jesu, des Messias, erwählt hatte und dass an jenem Tag etwa dreitausend Juden und Proselyten von dieser Tatsache überzeugt und von der verworfenen alten Organisation in die neue Christengemeinde hinübergenommen wurden. — Apg. 2:1-41.
EIN WEG DES WACHSTUMS DURCH GABEN
6. Was wurde der Urkirche mittels des Geistes verliehen?
6 So kam es, dass die neue Organisation aufgerichtet wurde und sich dadurch, dass ihre Glieder solch überzeugende Wundergaben seines Geistes empfingen, fortan als Gottes erwählte Organisation erwies. Eines ihrer späteren Glieder war der Apostel Paulus, und mehr denn irgendein anderer inspirierter christlicher Schreiber besprach er diese Wundergaben des Geistes. Im zwölften Kapitel seines ersten Briefes an die Christen zu Korinth schreibt er: „Was aber die geistlichen Gaben betrifft, Brüder, so will ich nicht, dass ihr unkundig seid. Es sind aber Verschiedenheiten von Gnadengaben (Gaben, Luther), aber derselbe Geist; und es sind Verschiedenheiten von Diensten, und derselbe Herr, und es sind Verschiedenheiten von Wirkungen, aber derselbe Gott, der alles in allen wirkt (inspiriert, Rev. Stand.-B.). Einem jeden aber wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen (zum gemeinsamen Guten, Rev. Stand.-B.) gegeben. Denn einem wird durch den Geist das Wort der Weisheit gegeben, einem anderen aber das Wort der Erkenntnis nach demselben Geiste; einem anderen aber Gnadengaben der Heilungen in demselben Geiste, einem anderen aber Wunderwirkungen, einem anderen aber Prophezeiungen, einem anderen aber Unterscheidungen der Geister; einem anderen aber Arten von Sprachen (Zungen, Fussnote), einem anderen aber Auslegung der Sprachen. Alles dieses aber wirkt ein und derselbe Geist.“ (1. Kor. 12:1, 4-11) Die verworfene alte jüdische Organisation widersetzte sich zwar der Kundgebung des Geistes Jehovas, die im Verleihen wunderbarer Gaben an die neuen christlichen Gläubigen bestand, konnte ihr aber nicht Einhalt tun, noch konnten dies die heidnischen Religionsorganisationen. Dem Neid und Widerstreben der jüdischen und heidnischen Ungläubigen zum Trotz zeigte Gott der Allmächtige, wer es war, auf dem seine Macht und sein Geist ruhten. So wurden die Gaben des Geistes während jener apostolischen Tage weiterhin den Nachfolgern seines Sohnes verliehen und von ihnen angewandt.
7, 8. Welche Fragen entstehen jetzt hinsichtlich des Fehlens von Gaben? Wie antworten wir?
7 Wenn Zeugen Gottes Jehovas seine Organisation in unserem zwanzigsten Jahrhundert betrachten, müssen sie zugeben, dass diese jene Wundergaben des Geistes weder besitzt noch anwendet, welche die Organisation seiner Zeugen in jenem ersten Jahrhundert kenntlich machte und auszeichnete. Leute, die nicht verstehen, weshalb solche Gaben heute fehlen, mögen fragen: Ist das Christentum heute nicht dasselbe wie damals? Leidet Jehovas christliche Kirche denn heute nicht unter einem empfindlichen Mangel, wenn ihr diese überzeugenden geistlichen Gaben fehlen, womit sie wirken und „dieses Evangelium vom Königreich“ predigen könnte? Vermöchten wir in dieser kritischen Zeit, da der gottlose Kommunismus und religiöse Weltlichkeit sich überall ausbreiten, nicht ein wirksameres Zeugnis für sein Königreich zu geben, wenn wir diese Wundergaben des Geistes zu unserer Unterstützung und zur Überzeugung der Zweifelnden besässen?
8 Wir antworten, dass das reine Christentum (nicht aber das Kirchentum) heute dasselbe ist wie das Christentum in seiner Frühzeit. Es hat weder eine Zurücksetzung noch eine Einschränkung noch eine Schwächung erlitten dadurch, dass Gottes wirksame Kraft oder sein Geist jetzt nicht mit geistlichen Wundergaben wirkt. Dass solche Gaben nicht vorhanden sind, überrascht uns nicht. Dies war vom Apostel Paulus im ersten Jahrhundert mit den Worten vorausgesagt worden: „Seien es aber Prophezeiungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen (Zungenreden, rev. Zürcher B.), sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden (vergeht, Rösch).“ (1. Kor. 13:8) Das Aufhören der Gaben des Zungenredens und das Vergehen der Gaben des Prophezeiens und der Erkenntnis ist kein Zeichen der Ungunst Gottes noch einer Schwäche oder Kraftlosigkeit seines Geistes. Jene Wundergaben waren nicht für alle Christen bestimmt, und nicht alle hatten sie. Von seiner eigenen Zeit redend, sagt Paulus: „Sind etwa alle Apostel? alle Propheten? alle Lehrer? haben alle Wunderkräfte? haben alle Gnadengaben der Heilungen? reden alle in Zungen? legen alle aus?“ (1. Kor. 12:29, 30, Fussnote) Der Apostel stellt all diese Fragen derart, dass die Antwort ein Nein sein muss! Folglich wäre das Fehlen einiger oder aller solcher Gaben kein Anzeichen von Gottes Missfallen, sondern würde seine andere Art der Wirksamkeit anzeigen. Wir haben keine Macht über die Austeilung solcher Wundergaben oder die Verleihung besonderer Gaben, sondern Gott tut dies auf Theokratische Weise. Er stattet die Glieder seiner Kirche, von Jesus Christus an hinab, so aus, wie er will. Und sein Geist kann wirken und wirkt tatsächlich heute ebenso machtvoll ohne jene geistlichen Gaben als mit denselben im ersten Jahrhundert. In der Tat vollführt der treue Überrest der wahren christlichen Kirche heute durch den Geist Gottes Jehovas ein mächtigeres Zeugnis für seinen Namen und sein Königreich als je zuvor im christlichen Zeitalter.
9. Was macht heute die Kirche zur selben wie ehedem, ohne dass sie unter einem wirklichen Verlust litte?
9 Da die geistlichen Wundergaben schon lange aufgehört haben, weil sie an diesem vorgerückten Tage der wahren Kirche nicht mehr nötig sind, wäre es nutzlos, wenn irgendein geweihter Christ solche heute ernstlich begehren würde, zum Beispiel Reden in fremden Zungen, die Fähigkeit sie zu übersetzen, Kraft zum Heilen, Prophezeien oder inspiriertes Predigen usw. Die Zeit hierfür ist vorbei, und Jehova Gott würde ein Gebet dafür niemals beantworten. Vor neunzehnhundert Jahren war es ein guter und wirksamer Weg, die christliche Gemeinde zu gründen und aufzubauen, indem ihren Gliedern jene Ehrfurcht einflössenden Gaben des Geistes verliehen wurden. Aber der Überrest der wahren Kirche folgt heute unter Gottes Führung und durch seinen Geist einem vortrefflicheren Weg als dem der Verwendung geistlicher Gaben, nämlich dem Weg der Liebe. Das ist es, was die wahre christliche Kirche heute zur selben macht wie sie im ersten Jahrhundert, in ihrer Kindheit war, als sie die Zeichen geistlicher Wundergaben benötigte. Die wahre Kirche besitzt heute die gleiche unentbehrliche Eigenschaft der Liebe wie in den Tagen der Apostel. Durch Liebe wird sie auferbaut und vollbringt all ihre Werke im Gehorsam gegen Gott und in Nachahmung Jesu Christi. Auf diesem bleibenden, allerwichtigsten Weg hat sie all diese neunzehnhundert Jahre zu wandeln gesucht. Es ist ein vortrefflicherer Weg als derjenige einer Wirksamkeit lediglich mittels der Gaben des Geistes. Demzufolge hat die Kirche, wenn sie diesem Wege auf dem Höhepunkt des christlichen Zeitalters völlig folgte, keinen wirklichen Verlust, keine Behinderung, keinen Schaden erlitten dadurch, dass ihr die Gaben vorenthalten sind. Sie ist ebenso mit dem Geiste erfüllt wie je. Ihr Glaube, ihre Hoffnung sind so stark und brennen so hell wie je, wenn nicht stärker und heller jetzt, da wir das Ende dieser Welt erreicht haben und da sich die Prophezeiungen gänzlich erfüllen.
10. Wie ist der Weg der Liebe im Vergleich zu geistlichen Gaben, und weshalb?
10 Auf dieses bezieht sich der Apostel, wenn er zeigt, dass es eine Verschiedenheit geistlicher Gaben gebe und fragt, ob alle Christen alle und dieselben Gaben hätten. Da es verschiedene Gaben gibt, sollten einige andern vorgezogen werden. Doch so sehr man auch solche Gaben begehren sollte, gibt es doch etwas weit Wichtigeres, Unerlässlicheres, das nicht aus dem Auge gelassen werden darf. Zu Recht sollten während der Zeit, da Gaben ausgeteilt werden, die grösseren begehrt werden, doch gibt es etwas weit Vortrefflicheres als Wundergaben und somit etwas weit Begehrens- und Erstrebenswerteres. Der Apostel lenkt die Aufmerksamkeit darauf mit den Worten: „Begehret aber ernstlich die höheren Gaben. Und einen noch vorzüglicheren Weg will ich euch zeigen.“ (1. Kor. 12:31, Rev. Stand.-B.) Wir Christen von heute können der Ermunterung des Apostels folgen und ebenso ernstlich und vertrauensvoll nach solchem trachten wie unsere Brüder in seinen Tagen. Obwohl wir der Wundergaben ermangeln, können wir heute ebenso völlig und treulich auf diesem vorzüglicheren Wege wandeln wie sie damals in apostolischen Zeiten und können uns so der ewigen Errettung als würdig erweisen. Der Weg ist Gottes Weg, ein Weg der Liebe.
OHNE IHN KEIN GEWINN FÜR UNS SELBST
11, 12. Wie könnte jemand in Zungen reden und doch nichts sein? Warum?
11 Um zu zeigen, wieviel vorzüglicher dieser Weg ist, zeigt uns der Apostel seine Wichtigkeit. Angenommen, jemand hatte eine oder alle Gaben, die auf wundersame Weise durch Gottes Geist verliehen wurden, doch wenn er die unentbehrliche Eigenschaft, die Liebe, nicht pflegte, nützte es ihm nichts. Immer noch von den Gaben des Geistes redend, beginnt der Apostel das dreizehnte Kapitel seines Briefes mit den Worten: „Wenn ich mit Menschen- ja mit Engelzungen rede, habe aber die Liebe nicht, so bin ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle (schallende Zimbel, Elberf. B.). Und wenn ich die Prophetengabe habe und alle Geheimnisse weiss und alle Erkenntnis besitze und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetzen kann, habe aber die Liebe nicht, so bin ich nichts.“ (1. Kor. 13:1, 2, Perk) Wenn jemand befugt war, so zu schreiben, so war es der Apostel Paulus, denn er hatte all die Gaben, die er hier erwähnt, und zwar in reichem Masse. Mit dem Ausdruck „Menschenzungen“ nahm er nicht auf Rednertalent oder Beredsamkeit Bezug, wodurch eine Zuhörerschaft in Bann geschlagen oder hingerissen wird zu irgendeiner Meinung oder Tat, denn der Apostel behauptete nicht, diese zu besitzen. Einige der Korinther, an die er schrieb, sagten von Paulus: „Die Briefe sind gewichtig und kräftig, aber seine persönliche Gegenwart ist schwach, und seine Rede kommt nicht zur Geltung.“ Paulus stimmte diesem auch zu mit den Worten: „Auch wenn ich ungewandt bin im Sprechen, so doch nicht in der Erkenntnis.“ (2. Kor. 10:10 und 11:6, Rev. Stand.-B.) Mit „Menschenzungen“ meinte der Apostel wunderbar verliehene Gaben des Redens in fremden Sprachen der Menschen, und in solchen „Menschenzungen“ konnte er durch Gottes Geist oder seine unsichtbare Kraft reden. Im nächsten Kapitel ruft er aus: „Ich sage Gott Dank, mehr als ihr alle rede ich in Zungen.“ — 1. Kor. 14:18, rev. Zürcher B.
12 Was nun, wenn Paulus durch den Geist in all diesen verschiedenen Zungen sprach und nicht auch auslegte oder jemand von seiner Zuhörerschaft für ihn auslegen liess? Es wäre ihnen nicht mehr zum Guten geworden, als einem heidnischen Barbar zu lauschen. „Wer ‚Zunge‘ redet, redet nicht mit Menschen, sondern mit Gott, niemand vernimmt [versteht] es, er redet im Geiste [göttliche] Geheimnisse. Wer Zunge redet, erbaut sich selbst; . . . Darum soll der, der Zunge redet, derart beten, dass er es auch auslegen könne. Wenn ich mit der Zunge bete, so betet wohl mein Geist, aber mein Verstand schafft nichts dabei (nützt niemand etwas, Moffatt).“ Wenn nun Paulus darauf bestanden hätte, in Zungen zu reden, ohne eine Auslegung folgen zu lassen, so wäre das bestimmt lieblos von ihm gewesen. Seine Zuhörer hätten keinen Nutzen daraus gezogen, ausgenommen, dass sie ein Zeichen von der Einwirkung des Geistes auf den Apostel gesehen hätten, in welchem Falle Paulus einfach versucht hätte, seine Gabe zur Schau zu stellen. Ein solches Handeln hätte ihn aber nicht auferbaut in der Liebe und ihm daher keinen bleibenden Nutzen gebracht. Weil Paulus jene liebte, die nach geistlicher Erbauung und Errettung trachteten, gab er ferner folgenden Entschluss bekannt: „Dank meinem Gotte, steht mir das Zungenreden mehr zu Gebot als euch allen. Aber in der Gemeinde will ich lieber fünf Worte mit meinem Verstand sprechen, damit ich auch andere belehre, als zehntausend Worte mit der Zunge.“ — 1. Kor. 14:2, 4, 13, 14, 18, 19, Weizsäcker.
13, 14. Was hat den Vorrang, das Prophezeien oder das Zungenreden? Warum dies?
13 Aus demselben weisen und liebenden Grunde sollte ein Prediger des Reiches Gottes in der gewöhnlichen Sprache zu reden suchen, die das Volk gebraucht und versteht, statt die Sprache höherer Bildung zu gebrauchen, wodurch er in der Tat seine höhere Bildung hervorheben würde, was aber für das Volk gleich einer fremden Zunge wäre. Mit diesem Gedanken im Sinn bemüht sich die Wachtturm Bibel-Schule Gilead, den Missionaren, die diese Schule besuchen, eine grundlegende Kenntnis der Sprache jener Länder zu vermitteln, wohin sie gesandt werden. Die Engel haben ihre eigene Sprache, doch wenn Paulus oder jemand anders in dieser himmlischen Sprache geredet hätte, hätte er wohl eine höhere Gabe zur Schau gestellt, doch was hätten seine Worte dann Geschöpfen auf Erden genützt? Er wäre für andere so gut wie ein tönendes Erz oder eine schallende Zimbel gewesen, ja, er wäre auch in Gottes Augen nicht mehr als dies gewesen. Als Gottes Engel Männern und Frauen erschienen, redeten sie in Sprachen, die jene Menschen verstanden, damit sie Gottes Botschaft erfassen und daraus Nutzen ziehen konnten.
14 Die Gabe der Prophezeiung war vorzüglicher als diejenige fremder Zungen. „Wer aber weissagt [prophezeit], redet mit Menschen zur Erbauung, Ermahnung, Tröstung. Wer Zunge redet, erbaut sich selbst; wer weissagt, erbaut die Gemeinde. Ich gönne euch, dass ihr alle Zungen redet: viel mehr wünsche ich, dass ihr weissagtet. Der weissagt, ist mehr, als der Zungen redet, es sei denn, dass dieser es übersetze, damit die Gemeinde ihre Erbauung habe . . . Trachtet nach dem Weissagen (nach der prophetischen Gabe, Moffatt), hindert das Zungenreden nicht.“ (1. Kor. 14:3-5, 39, Weizsäcker) Weil durch die Macht der Gabe der Prophezeiung jemand seine Geschwister in der Sprache, die sie verstanden, auferbauen konnte, sollte sie verschiedenen andern Gaben vorgezogen werden. In der Tat erwähnt Paulus die mit der prophetischen Gabe Ausgestatteten gleich nach den Aposteln, wenn er sagt: „Gott hat etliche in der Versammlung [Kirche] gesetzt: erstens Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer.“ Er erwähnt die verschiedenen Sprachen oder Zungen an achter und letzter Stelle. Die Gabe der Prophezeiung wurde sowohl Männern wie Frauen verliehen. Die Prophezeiung aus Joel 2:28, 29 sagte voraus, dass der Geist auf beide Geschlechter ausgegossen werde und dass die Söhne und Töchter wie auch die Knechte und Mägde prophezeien würden. Geradeso zeigt die Aufzeichnung, dass Frauen wie Männer an dieser Gabe teilhatten. Die vier Jungfrauen-Töchter des Evangelisten Philippus prophezeiten. Und zur Regelung des Prophezeiens durch Frauen in der Versammlung von Korinth schrieb Paulus, sie sollten beim Prophezeien verschleiert sein aus Respekt vor den geweihten Männern, die das Haupt der Kirche, Jesus Christus, vertreten. Er sagt: „Des Weibes Haupt aber der Mann . . . Jedes Weib aber, das betet oder weissagt [prophezeit] mit unbedecktem Haupte, entehrt ihr Haupt.“ — 1. Kor. 11:3-5; Apg. 21:8, 9.
15. Wie könnte die Gabe des Prophezeiens gebraucht werden, ohne dass sie dem sie Gebrauchenden zum Nutzen wäre?
15 Paulus stand unter denen, die zufolge der Gabe des Geistes prophezeiten, obenan. Er erkannte jedoch, dass er den rechten Beweggrund haben musste, wenn er so prophezeite, sofern es ihm zum Segen gereichen sollte. Jene, die seine inspirierte Predigt hörten, mochten wohl im Glauben und in der Erkenntnis auferbaut werden, doch wenn Paulus sich in seinem Wunsch, ein Prophet von dieser Art zu sein, nicht von Liebe treiben liess, und sich nicht aus Liebe dazu hergab, so hätte sein inspiriertes Predigen auf ihn selbst keine gute Wirkung ausgeübt. Er wäre dem früheren Propheten Bileam gleich gewesen, der in den Tagen Moses lebte, als dieser die Israeliten aus Ägypten hinaus- und dem verheissenen Land entgegenführte. Bileam wünschte selbstischen, materiellen Gewinn und verdingte sich an Balak, den König von Moab, um den Israeliten zu fluchen. Im Gegensatz jedoch zu Bileams bösen Beweggründen veranlasste ihn Gottes unwiderstehlicher Geist, den Israeliten einen Segen zu prophezeien. Bileams Herz war nicht in jener Segens-Prophezeiung. Kurz danach wurde er als ein Prophet getötet, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte und dem Segen entgegenzuwirken suchte durch die Verstrickung der gesegneten Israeliten in unsittlichen Götzendienst. (4. Mose 22:1 bis 25:3; 31:8; Off. 2:14; 2. Pet. 2:15, 16) So sagte denn der Apostel den Korinthern, dass er, damit nicht sein selbstsüchtiges Fleisch seine Beweggründe beherrsche, seinen Leib zügle und bändige, „auf dass ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt, selbst verwerflich (unbrauchbar, Schlatter) werde.“ — 1. Kor. 9:15-18, 26, 27.
16, 17. Mit welchem Beweggrund und wie müssen wir das Königreich predigen? Warum?
16 Die Gabe des Prophezeiens oder des inspirierten Predigens hörte auf, nachdem die Apostel des Lammes Jesus Christus gestorben waren; doch heute wird durch die Macht des Geistes Gottes das Königreichsevangelium zur Errettung der Menschheit wie nie zuvor verkündigt. Das Predigen an öffentlichen Standplätzen und von Haus zu Haus geht zur Auferbauung anderer weiter; doch lautet die Frage für einen jeden, der das Königreich predigt, sei es Mann oder Frau: Mit welchem Beweggrund tue ich es?
17 Wir mögen die Fähigkeit entwickelt haben, eine ausgezeichnete Ansprache zu halten oder ein vorzügliches Zeugnis für die Wahrheit zu geben. Wir mögen die glänzendsten Beweise erbringen, um andere zu überzeugen, dass wir gemäss der Schrift recht haben. Wir mögen fähig sein, die biblischen Wahrheiten zu erklären und sie andern klar verständlich zu machen. Wir mögen andere sogar in die Wahrheit bringen helfen, indem wir ihnen beistehen, ihr Vorrecht, sich Gott völlig zu weihen und ihm zu dienen, zu erkennen. All dies mögen wir für jemand anders tun. Und doch, wenn wir nicht fortdauernd Liebe haben, was würde es uns nützen? Es ist andern zum Guten, sollte jedoch auch uns am meisten zum Guten dienen. Wir sind nicht nur an der Errettung anderer, sondern auch an unserer eigenen interessiert. Wir lieben das Leben und wünschen ewig zu leben. Doch muss unser Leben ein Leben der Liebe sein. Diese muss in der Freundschaft andern gegenüber, die Leben suchen, zum Ausdruck kommen. Somit müssen wir mit der Wärme der Liebe predigen, mit einem Gefühl wirklichen Interesses am bleibenden Wohl der uns Hörenden. Es handelt sich nicht einfach darum, unsern Zuhörern nackte Tatsachen vorzulegen und dem Sinne nach etwa zu sagen: „Da liegt es. Nehmen Sie es oder lassen Sie es!“ Wir müssen ihnen mehr geben. In dem was wir unsern Zuhörern predigen, muss unser Herz sein; wir müssen sie unser tatsächliches Interesse erkennen lassen, dass sie durch Erkenntnis und Dienst für Gott und Christus ewiges Leben empfangen. Wenn wir so handeln, ist Liebe der Beweggrund unseres Prophezeiens von heute, und dies wird nicht nur andern, sondern am meisten auch uns zum ewigen Leben nützen.
GEHEIMNISSE
18, 19. Wieso gebrauchte Paulus die Erkenntnis von Geheimnissen nicht in verkehrter Weise?
18 Ein jeder sollte eine von Gott empfangene Gabe in rechter Weise, nämlich in erster Linie aus Liebe zu Gott und dann aus Liebe zu seinem Nächsten gebrauchen. Sonst wird die Anwendung der Gabe dem sie Gebrauchenden nichts nützen, nicht einmal die Gabe der Erkenntnis aller heiligen Geheimnisse. Wenn Paulus uns diesbezüglich warnt, muss er gewusst haben, wovon er redete. Er hätte sich durch die Fülle der ihm durch Gottes Geist gegebenen Offenbarungen erhaben vorkommen können. Er wollte aber nicht, dass seine Brüder ihn persönlich zu hoch einschätzten, weil er so manche Geheimnisse oder geheime Wahrheiten mit solcher Klarheit wusste. So sagte er: „So soll man uns ansehen: als Diener Christi und Haushalter über Geheimnisse Gottes (als Verwalter, die ermächtigt sind, die geheimen Wahrheiten Gottes auszuteilen, Eine Amerik. Übers.). Nun verlangt man im übrigen von den Haushaltern, dass einer treu (verlässlich, Eine Amerk. Übers.) erfunden werde.“ — 1. Kor. 4:1, 2, rev. Zürcher B.
19 Indem Paulus seine Geschwister so unterwies, handelte er ihnen und Gott gegenüber im Gebrauch seiner Erkenntnis der geheimen Wahrheiten mit Liebe. Er hätte diese Erkenntnis dazu benutzen können, die Geschwister zu bewegen, ihm zu folgen und eine Sekte zu bilden, indem sie ihn als wunderbar weise betrachtet hätten, als jemand, der bei Gott einen besonderen Stand innehat, wodurch er unter die besonders Eingeweihten, in den inneren, geheimen Kreis der Unterrichteten gelangt sei. Ein solches Handeln aber wäre der Selbstsucht, der Selbsterhöhung entsprungen. Es hätte zu Gottes Missbilligung und dadurch zu seinem schliesslichen Untergang geführt. Um seine christlichen Brüder zu hindern, ihm gegenüber eine verkehrte, verehrungsvolle Haltung einzunehmen, erinnerte der begabte Apostel sie daran, dass die Geheimnisse nicht seiner eigenen Weisheit und Einsicht entsprangen, sondern dass Christus sie ihm lediglich anvertraut hatte. Somit war er nur ein schlichter Diener Christi, und es oblag ihm die Pflicht, die Erkenntnis dieser Geheimnisse Wahrheitssuchenden zu vermitteln. Die Ehre, diese Erkenntnis erlangt zu haben, war daher nicht Paulus, der bloss ein Diener war, zuzuschreiben, sondern Christus, dem Offenbarer der heiligen Geheimnisse. Paulus war verpflichtet, seinem Meister Christus Jesus im Übermitteln der Erkenntnis dieser Geheimnisse an die Nachfolger Christi treu zu sein. Er sollte wegen seiner Treue und Zuverlässigkeit, mit der er dies tat, nicht vergöttert und angebetet werden, noch sollte man ihm wie einem Sektenführer folgen. Er tat lediglich seine Pflicht Christus gegenüber, und der Dank, die Lobpreisung, Ehre und Nachfolge gehörten Christus. Wenn Paulus Gott und Christus und seine Geschwister liebte, so gebrauchte er diese Geheimnisse selbstlos, nicht zur Selbsterhebung unter den Menschen, sondern zur Verherrlichung Gottes, der die heiligen Geheimnisse durch Christus offenbart. Das musste Paulus zum Nutzen gereichen.
20. Wie gebrauchte Jesus jene Erkenntnis, und wie erlangen wir sie jetzt?
20 Christus Jesus sagte seinen treuen Nachfolgern: „Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu wissen, den übrigen aber in Gleichnissen, auf dass sie sehend nicht sehen und hörend nicht verstehen.“ (Luk. 8:10) Jesus kannte diese Königreichs-Geheimnisse. Doch gebrauchte er seine Erkenntnis derselben nicht selbstsüchtig, nein, sondern er offenbarte seine Erkenntnis auf liebende Weise. Er hätte die Geheimnisse selbstsüchtig gebrauchen können, um für sich eine grosse Schar nomineller Anhänger zu gewinnen. Weit davon entfernt, so zu verfahren, sprach er von den Geheimnissen zu grossen Volksmengen in Gleichnissen und dunklen Reden, und privat erklärte er die Geheimnisse nur den wenigen Erwählten, denen Gott diese Erkenntnis gewähren wollte. Heute wird den Nachfolgern Christi geholfen, die heiligen Geheimnisse des Wortes und Vorhabens Gottes zu verstehen, nicht durch inspirierte Gaben der Erkenntnis, sondern durch die erleuchtende Macht seines Geistes. So bleibt dennoch das geschriebene Wort wahr: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in kein Menschenherz gedrungen ist, das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben. Uns aber hat es Gott durch den Geist geoffenbart, denn der Geist erforscht alles, sogar die Tiefen Gottes.“ — 1. Kor. 2:9, 10, Perk.
21, 22. Wie müssen wir diese Erkenntnis von Geheimnissen heute verwenden und weshalb?
21 Einmal erlangt, könnte die Erkenntnis solch wunderbarer Geheimnisse, die den Schlüssel zum Verständnis der Bibel bildet, selbstsüchtig gebraucht werden. Ausgerüstet mit einer besonderen Fähigkeit, sie andern zu erklären, könnten wir damit grosstun, um Lob und Bewunderung zu ernten. Oder wir könnten einer gewissen Sympathie und Antipathie nachgeben und die Geheimnisse nicht gleichmässig jedem und allen vermitteln, die danach fragen und sie erkennen möchten. Oder wir könnten uns aus Menschenfurcht zurückhalten, diese Geheimnisse, die die Organisation und die Tätigkeit der Feinde Gottes blossstellen, zu verkündigen. Damit würden wir zeigen, dass wir Gott nicht lieben. Denn: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet (vollkommen gemacht, engl. B.) in der Liebe. Hierin ist die Liebe mit uns vollendet [vollkommen gemacht] worden, damit wir Freimütigkeit haben an dem Tage des Gerichts.“ — 1. Joh. 4:18, 17.
22 Deswegen bat Paulus seine christlichen Brüder, für ihn zu Gott zu flehen, wenn er sagte: „Und für mich, auf dass mir Rede verliehen werde im Auftun meines Mundes, um mit Freimütigkeit kundzutun das Geheimnis des Evangeliums.“ Er bat um ihre Gebete, „auf dass Gott uns eine Tür des Wortes auftue, um das Geheimnis des Christus zu reden.“ (Eph. 6:19; Kol. 4:3) Ohne Zweifel hatte Paulus ausser einer grossen Erkenntnis der Geheimnisse eine selbstaufopfernde Liebe, und bestimmt müssen heute christliche Ehemänner und Frauen, die die Geheimnisse Christi und seiner Kirche kennen, Liebe bekunden, indem sie diese Erkenntnis in ihren gegenseitigen Beziehungen anzuwenden suchen. Als Paulus dies erklärte, sagte er: „Dieses Geheimnis ist gross; ich aber sage es in bezug auf Christum und auf die Versammlung. Doch auch ihr, ein jeder von euch liebe sein Weib also wie sich selbst; das Weib aber, dass sie den Mann fürchte (ihrem Manne Ehrfurcht beweise, van Ess).“ (Eph. 5:32, 33) Damit unsere Erkenntnis dieser tiefen Geheimnisse Gottes uns selbst und auch andern nütze, müssen wir sie liebevoll anwenden.
ERKENNTNIS
23, 24. Was für eine andere Erkenntnis könnten wir haben, wie Jesus und Petrus dies zeigten?
23 Es gibt noch eine weitere Erkenntnis ausser derjenigen der heiligen Geheimnisse, und daher entsteht hier die passende Frage: Wie sollen wir diese Erkenntnis anwenden und weitergeben? Paulus sagte, dass er sich vor Gott als nichts erweisen würde, wenn er auch alle Erkenntnis besässe, dabei aber keine Liebe hätte, ungeachtet wie gescheit er christlichen Geschwistern erscheinen mochte. Er bezog sich hier besonders auf gelegentliche Gaben der Erkenntnis, die durch ein Wunder vom Geiste verliehen wurden und im Laufe der Zeit verschwinden sollten.
24 Zum Beispiel hatte Jesus eine solch besondere, momentane Gabe der Erkenntnis, wenn er hinsichtlich des sich nähernden Nathanael ausrief: „Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in welchem kein Trug ist.“ „Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich?“ Ja, wie kannte ihn Jesus, ausser durch den Geist Gottes? Somit konnte Jesus zeigen, wie völlig er Nathanael kannte, indem er auf seine Frage antwortete: „Ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.“ (Joh. 1:47, 48) Auch der Apostel Petrus hatte eine zeitgemässe Gabe der Erkenntnis, nachdem der heilige Geist an Pfingsten ausgegossen war, als die zwei Jünger Ananias und Sapphira zusammen den Plan gefasst hatten, sich als solche auszugeben, die einen vollen Beitrag an den Dienst Gottes leisteten. Jene Erkenntnisgabe befähigte ihn, das falsche Spiel aufzudecken. Als der Mann durch das Darbringen eines Teiles der Summe einen falschen Eindruck zu erwecken suchte, wusste Petrus, was vor sich ging. Er sagte: „Ananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, dass du den heiligen Geist belogen und von dem Kaufpreis des Feldes beiseite geschafft hast? Blieb es nicht dein, wenn es so blieb, und war es nicht, nachdem es verkauft war, in deiner Gewalt? Was ist es, dass du dir diese Tat in deinem Herzen vorgenommen hast? Nicht Menschen hast du gelogen, sondern Gott.“ Ananias fiel tot nieder, und später, als sich zeigte, dass sein Weib Sapphira im Komplott mitmachte, sagte Petrus zu ihr: „Was ist es, dass ihr übereingekommen seid, den Geist des Herrn zu versuchen?“ Auch sie fiel tot nieder, doch nicht weil Petrus von seiner Erkenntnis lieblos Gebrauch gemacht hätte. — Apg. 5:1-10.
25, 26. Wie gebrauchte Paulus diese Erkenntnis, und wie sprach er sich ferner über Erkenntnis aus?
25 In einem Fall hatte der Apostel Paulus eine zeitgemässe Gabe der Erkenntnis, als er sich an Bord eines nach Rom fahrenden Schiffes befand. Als der Schiffbruch unvermeidlich schien und der militärische Offizier mit seinen Leuten im Begriff war, das Schiff zu verlassen, sagte Paulus zu ihnen: „Wenn diese Leute nicht im Schiffe bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden.“ Und am Morgen des Tages des Schiffbruches sagte Paulus zu allen an Bord Weilenden: „Heute sind es vierzehn Tage, dass ihr vor banger Erwartung ohne Nahrung geblieben seid und nichts zu euch genommen habt. Darum rate ich euch, jetzt etwas zu geniessen. Das ist auch zu eurer Rettung notwendig. Denn keiner von euch wird ein Haar vom Haupte verlieren.“ „Wir müssen aber an irgendeiner Insel auf den Strand laufen.“ (Apg. 27:31, 33, 34, 26, Perk) Wie fürsorglich konnten doch die Gaben der Erkenntnis sein, und wie wunderbar wäre es, all die nötigen Kenntnisse zu besitzen!
26 Paulus kannte die Gefahren der Erkenntnis wohl, denn er konnte von sich selbst sagen: „Wenn ich vielleicht auch kein Redner bin, so besitze ich doch Erkenntnis; nie habe ich verfehlt, mich euch verständlich zu machen.“ (2. Kor. 11:6, Moffatt u. Stage) Wenn wir aber mehr wissen als andere, könnten wir uns aufblähen und uns so schaden. Und mit höherer Erkenntnis und dem erleuchteten Gewissen, die sie verleiht, könnte jemand selbstisch handeln. Er könnte seiner Gewissensfreiheit gemäss handeln, ohne sich darum zu sorgen, ob seine freien Taten andere zu Fall bringen, die nicht so viel wissen und Gewissensnöte leiden. So sollte denn Liebe der Erkenntnis die Waage halten und sie beherrschen. Darüber sagt der Apostel beim Besprechen von Ernährungsfragen: „Was aber das Götzenopferfleisch betrifft, so wissen wir, dass wir insgesamt Erkenntnis haben. Die Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber baut auf. Wenn jemand meint, etwas erkannt zu haben, so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen soll, wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt. Doch nicht in allen ist die Erkenntnis.“ (1. Kor. 8:1-7, rev. Zürcher B.) Die da Erkenntnis haben, sollten in liebender Weise auf die Unwissenheit anderer Rücksicht nehmen.
27, 28. Wie kann Erkenntnis ihrem Besitzer schaden? Wie zur Hilfe gereichen?
27 Aufgebläht von dem, was sie recht erkennt, mag eine selbstsüchtige Person sagen: „Ich will meine Freude haben. Weshalb sollte ich mich um das kümmern, was andere von mir denken? Ich weiss, dass ich zu dem, was ich tue, ein Recht habe. Wenn andere unwissend sind, bin doch nicht ich dafür verantwortlich. Warum sollte ich mir meine Freiheit durch ihre Unwissenheit und ihr unerleuchtetes Gewissen beschneiden lassen und mich davon zurückhalten, mich an dem zu erfreuen, worauf ich ein Recht habe?“ Da eine solche Handlungsweise nicht der Auferbauung anderer dient, sondern auch denen, die Christen sind, schaden könnte, wäre es kein Handeln mit Liebe. Jemand mag auf Grund seiner Erkenntnis denken, er schade sich selbst nicht, weil sein eigenes Gewissen ihn nicht schlägt. Und doch schadet er sich, denn er hindert sich selbst daran, in der Liebe zu wachsen, und Gott könnte ihn dafür verantwortlich machen, dass er über einen andern geistiges Verderben bringt, weil er in bezug auf das, was er als gesetzmässig erkennt, selbstsüchtig handelt.
28 Erkenntnis sollte uns helfen, unserer Liebe auf eine hilfreichere Art Ausdruck zu geben. Wenn ein Ehemann die Sache mit seiner Frau kennt und versteht, kann er seine Zuneigung zu ihr auf eine erleuchtetere Art zeigen. Petrus gibt Ehemännern den Rat, gerade das zu tun. Er sagt: „Ihr Männer gleicherweise, wohnet bei ihnen nach Erkenntnis, als bei einem schwächeren Gefässe, dem weiblichen, ihnen Ehre gebend, als die auch Miterben der Gnade des Lebens sind, auf dass eure Gebete nicht verhindert werden. Endlich aber seid alle gleichgesinnt, mitleidig, voll brüderlicher Liebe, barmherzig, demütig.“ (1. Pet. 3:7, 8) Im Einklang mit der Überlegenheit der Liebe über die Erkenntnis, zeigt Petrus, wie Christen wachsen und handeln müssen, um des himmlischen Preises nicht verlustig zu gehen, und dann erwähnt er die Liebe als Höchstes. Er sagt, sie müssten Fleiss anwenden, zu ihrem Glauben die Tugend beizufügen, zur Tugend aber die Erkenntnis, und dann zur Erkenntnis nicht nur Selbstbeherrschung, Ausharren und Gottseligkeit, sondern auch brüderliche Zuneigung und zur brüderlichen Zuneigung als Krönung die Liebe. — 2. Pet. 1:5-7, Fussnote.