Rechte oder Pflichten?
„Mein Sohn, mein Gesetz vergiß nicht, und meine Gebote möge, dein Herz beobachten, denn Länge der Tage und Jahre des Lebens und Frieden werden dir hinzugefügt werden.“ — Spr. 3:1, 2.
1—3. (a) Welche Einstellung haben die Menschen der Welt heute, was Rechte betrifft? (b) Auf wen bezieht sich der Apostel Paulus in 2. Timotheus 3:1-5, und was wird allen widerfahren, die den Geist haben, von dem in Epheser 2:2 die Rede ist?
FÜR die Menschen der Welt ist es heute von großer Bedeutung, ihre Rechte durchzusetzen. Viele glauben, sie hätten das Recht, zu tun, was ihnen gefalle, ohne Rücksicht auf andere. Demzufolge ist die Welt, besonders die sogenannt „christliche“ Welt, in die Lage geraten, die in der Bibel vorhergesagt worden ist, nämlich daß die Menschen ‘anmaßend, hochmütig, den Eltern ungehorsam, undankbar, nicht loyal, ohne natürliche Zuneigung, für keine Übereinkunft zugänglich, unbesonnen’ sein würden. — 2. Tim. 3:1-4.
2 Dies ist der Geist der Welt. Es ist der „Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirksam ist“. (Eph. 2:2) Wir wissen, daß er uns überall umgibt und auf jedermann Druck ausübt. Wir sollten nicht meinen, der Apostel Paulus habe sich bei der Beschreibung der obenerwähnten schlechten Zustände auf die Welt derer bezogen, die nicht an Gott glauben. Nein, er erklärte, diese ungehorsamen Menschen würden „eine Form der Gottergebenheit haben, sich aber hinsichtlich deren Kraft als falsch erweisen“. (2. Tim. 3:5) Gemäß der Bibel würden diese Zustände in der Christenheit eintreten, und so ist es auch. Alle, die diesen schlechten Geist haben, werden schließlich sterben. — Offb. 21:8.
3 Wenn daher irgend jemand diesem schlechten Vorbild folgt, so befindet er sich in der Ungunst Gottes, ob er einer Kirche angehört oder nicht und selbst wenn er sich von den Religionssystemen der Christenheit getrennt hat und ein Zeuge Jehovas geworden ist. Alle, die den Geist der Unabhängigkeit haben und anmaßend und eigensinnig sind oder die von diesem Geist auch nur in geringem Maße angesteckt worden sind, befinden sich in großer Gefahr.
4, 5. Wozu hat dieser Geist sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen geführt?
4 Dieser Geist spiegelt sich in den Nachrichten wider, die wir lesen, besonders in bezug auf die heutige Jugend. Die Tumulte an Schulen und höheren Lehranstalten sind ein Beispiel dafür. Schüler und Studenten haben sogar Gewehre und andere todbringende Waffen bei sich. Sie zerstören das Eigentum der Schule, die sie besuchen, um dort eine Ausbildung zu erhalten. Wir lesen, daß Jugendliche ohne jeglichen Grund Tumulte anzetteln. Sie kommen in eine Stadt, demolieren die Läden und stürzen Wagen unschuldiger Fahrer um — alles ohne Ursache.
5 Diese Zerstörungsaktionen sind die Folge einer Einstellung der Selbstbestimmung, der Unabhängigkeit von allen Gesetzen und Richtlinien. Um ihre Handlungen zu rechtfertigen, behaupten die Betreffenden, sie übten ihre „Rechte“ aus. Sie möchten zeigen, daß sie sich vor niemandem zu verantworten brauchen. Selbst unter reifen Erwachsenen hat der Geist rebellischer Unabhängigkeit Einfluß gewonnen. Tausende beanspruchen das Recht auf ein garantiertes Einkommen, aber sie wollen nicht arbeiten. Sie möchten das Erfreuliche im Leben genießen, aber sie wollen nichts tun. Ursprünglich erhielten Personen im Dienstleistungsgewerbe „Trinkgelder“ für Dienste, die über das hinausgingen, was verlangt wurde. Jetzt aber werden Trinkgelder verlangt, ungeachtet der Güte des geleisteten Dienstes.
6—8. Beschreibe den Unterschied im Familienleben und auf anderen Gebieten, der bewirkt würde, wenn Pflichten statt Rechten Aufmerksamkeit geschenkt würde.
6 In der Versessenheit auf Rechte werden Pflichten somit nicht berücksichtigt. Doch denke man nur einmal daran, wieviel anders alles wäre, wenn jeder über Pflichten ebenso dächte wie über Rechte. Die heutige Situation wäre völlig anders. Dann brauchte sich jemand um seine Rechte überhaupt keine Sorgen zu machen; denn er und andere kämen ja ihren Pflichten nach.
7 Ja, um Rechte zu kämpfen führt tatsächlich zu Spaltungen. Pflichten Aufmerksamkeit zu schenken bewirkt Glück und Frieden. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie vereint eine Familie wäre, wenn jeder an seine Pflichten dächte — die Kinder gegenüber den Eltern, die Eltern gegenüber den Kindern. Es würden Vertrauen und Rücksichtnahme herrschen statt Argwohn und Streit.
8 Wenn im Berufsleben Arbeiter erkennen würden, daß ihr Arbeitgeber das Recht hat, von ihnen eine volle Arbeitsleistung zu erwarten, und wenn der Arbeitgeber auf das Wohl der Arbeiter Rücksicht nehmen und erkennen würde, daß er die Pflicht hat, einen angemessenen Lohn zu zahlen, so wären beide Teile besser daran. Auch die Kunden wären glücklich, denn sie würden gut bedient werden. Der Geschäftsablauf wäre besser, und die Arbeitsplätze wären sicherer. Aber die Welt erkennt dies nicht, da sie selbstsüchtig ist und da jeder Wert auf das legt, was er bekommen kann, ohne an andere zu denken. Diese Selbstsucht ist so verbreitet und so tief eingewurzelt, daß die Welt nicht zu bessern ist.
DIE ANSICHT DES CHRISTEN
9. Wie sind Christen zu dem Kampf um Rechte eingestellt?
9 Aber wie sind Christen gegenüber Rechten und Pflichten eingestellt? Sie haben das ihnen von Gott eingeräumte Recht sowie die Pflicht, Gott anzubeten und seinen Geboten nachzukommen, indem sie die Grundsätze der Bibel in ihrem Leben anwenden. (Matth. 4:10) Sie sollten standhaft für dieses Recht eintreten. (Matth. 22:21) Es ist kein persönliches oder von Menschen geschaffenes Recht, sondern ein Recht von Gott, daß sie vor ihm eine Pflicht zu erfüllen haben. (Matth. 28:18, 19) Wenn sie darauf bestehen, dieses Recht auszuüben, werden sie von Gott unterstützt. Aber die Bibel legt keinen Nachdruck auf persönliche Rechte. Wohl sagt sie viel über Pflichten. — Pred. 12:13; Luk. 17:10.
10—12. (a) Welchen Standpunkt nimmt der Christ in bezug auf Rechte und Pflichten vor Gott ein? (b) Wie sollte der Christ zur Ausübung gewisser „moderner“ Gewohnheiten eingestellt sein?
10 Welchen Standpunkt nehmen wahre Christen ein, die vom Wege dieser Welt umgekehrt sind und Glauben an das Loskaufsopfer Christi ausüben? In der Bibel wird zu ihnen gesagt: „Auch gehört ihr nicht euch selbst, denn ihr seid um einen Preis erkauft worden. Auf jeden Fall verherrlicht Gott in dem aus euch bestehenden Leibe.“ (1. Kor. 6:19, 20) Es besteht somit sehr wenig Grund, daß diese Menschen gegenüber Gott von Rechten sprechen würden, denn aufgrund des Blutes seines Sohnes gehören sie ihm. Sie haben eine Pflicht, nämlich: „Auf jeden Fall verherrlicht Gott.“ Wir können Gott verherrlichen, indem wir friedfertig sind, indem wir zufrieden sind und indem wir geduldig sind, selbst wenn unsere Rechte von jemand anders verletzt werden. Wir verherrlichen Gott, wenn wir unseren Pflichten nachkommen, indem wir nicht etwas verlangen, was wir für unsere persönlichen Rechte halten, und indem wir anderen keinen Kummer oder Ärger bereiten, weil wir auf solchen „Rechten“ bestehen würden. — Spr. 11:2.
11 Christen sollten daher nicht denken, sie könnten, nur weil eine gewisse Gewohnheit in der Welt üblich sei, darauf als auf ihrem Recht bestehen, ohne auf die Christenversammlung und auf deren reifes Denken Rücksicht zu nehmen. Warum sollte ein Christ versuchen, den Geist der Welt oder das, was diesem Geist entspricht — zum Beispiel extreme Kleidermoden, extreme Musik und sogenannte moderne Gewohnheiten —, in sein Leben hineinzubringen, wenn er doch ein Teil der Versammlung ist? Ja, warum sollte er versuchen, so etwas in die Versammlung Gottes hineinzubringen?
12 Jemand könnte sagen: „Das ist eben modern. Wir möchten das tun, was modern ist, und mit der Welt Schritt halten.“ Aber überlege einmal — der Geist dieser Welt wird zusehends schlechter und geht zugrunde; und wir können erwarten, daß es im Laufe der Zeit noch schlimmer wird. Jede Generation in der Vergangenheit hat gemeint, sie sei „modern“ und den übrigen voraus, aber was ist mit diesen Generationen und ihren Bräuchen geschehen? Die Bibel sagt: „Da ist eine Generation, die rein ist in ihren eigenen Augen, die aber nicht von ihrem eigenen Kot rein gewaschen ist.“ — Spr. 30:12.
13. Was sollten wir jetzt tun, statt unabhängig eingestellt zu sein, und warum?
13 Sollten wir in der Versammlung Aufsehen erregen oder unabhängig eingestellt sein und auch nur ein wenig darin nachlassen, jetzt völlig mit der Versammlung zusammenzuarbeiten? Wir sehen, daß die Sturmwolken der „großen Drangsal“ immer dunkler werden und daß das „Klima“ dieser Welt immer frostiger wird, und deshalb sollten wir uns vielmehr enger an die christliche Organisation halten und in inniger Liebe immer fester zueinanderhalten. (Spr. 18:1) Wir sollten besonders sorgfältig auf unsere Einstellung und auf unser Ansehen bei Gott achtgeben. Der Apostel Petrus bringt diese Notwendigkeit sehr deutlich zum Ausdruck: „Wenn der Gerechte mit Mühe gerettet wird, wo wird sich der Gottlose und der Sünder zeigen?“ 1. Petr. 4:18.
14. Warum ist es sinnlos, sich wegen einer Mode oder eines Vorbildes, dem diese Welt folgt, zu ereifern?
14 Überdies mag das, was wir gerade jetzt für so wichtig halten mögen, in Gottes neuer Ordnung überhaupt nichts bedeuten. Ja, schon in einem Jahr mag das, wofür wir kämpfen mögen, weil wir es für ein Recht halten (irgendeine Mode, eine Gewohnheit, eine bestimmte Musik), völlig veraltet sein. Dann möchten wir es selbst nicht mehr. Warum sollten wir es daher jetzt in die Versammlung hineinbringen wollen? Moden und Vorbilder der Welt vergehen schnell und werden vergessen. Aber Gottes Versammlung bleibt immerdar bestehen. In der Bibel heißt es: „Die Szene dieser Welt wechselt.“ (1. Kor. 7:31) Sie wechselt jetzt vom Schlechten zum Schlimmeren, aber sie wird vollständig ersetzt werden. (1. Joh. 2:17) Sie wird völlig aus der Mode kommen. Wo werden dann die jetzigen Modeerscheinungen geblieben sein — das struppige Haar, die unordentliche Kleidung? Wo wird all das sein, worauf wir jetzt bestehen mögen, weil wir es für unser Recht halten?
UNSERE BEWEGGRÜNDE UNTERSUCHEN
15. Warum ist es vorteilhaft, wenn wir dem Rat Aufmerksamkeit schenken, den verantwortliche Männer in der Versammlung erteilen mögen?
15 Jehova liebt alle, die sich im Glauben an ihn wenden. Er wünscht Dienst und Gehorsam, die von Herzen kommen. (Röm. 6:17) Dementsprechend ist es das Ziel der Christenversammlung, klarzumachen, was Jehovas Wille ist, und allen Gliedern der Versammlung den Grund dafür verstehen zu helfen — allen behilflich zu sein, Jehova genauer kennenzulernen. Daher ist es sehr vorteilhaft, wenn wir auf den Rat achten, den verantwortliche Personen in der Versammlung zu aufkommenden Problemen geben. (Vergleiche 2. Mose 18:15, 16.)
16—18. Wie kann jemand seine eigene Einstellung und seine Beweggründe untersuchen, wenn es darum geht, etwas zu tun, was vielleicht richtig zu sein scheint?
16 Wenn du dir wegen einer Frage, die deine Rechte betrifft, Gedanken machst, so ist es gut, zu untersuchen, welches eigentlich deine Überlegungen und Beweggründe sind und wie sie der Denkweise Gottes entsprechen. Um dies durch ein Beispiel zu veranschaulichen, wollen wir einen Mann oder einen Jungen betrachten, der langes, wenig gepflegtes Haar hat. Vielleicht gefällt dir diese Haartracht, und du trägst das Haar so, und vielleicht hat einer der Brüder dir den Hinweis gegeben, daß es angebracht wäre, dir das Haar schneiden zu lassen und es ordentlicher zu tragen.
17 Du könntest dich fragen: „Trage ich das Haar so, weil ich meine, daß ich dadurch besser aussehe, oder trage ich es so wegen der Personen, mit denen ich Umgang habe? Sind diese Personen mit der Versammlung verbunden, oder sind es Außenstehende, Menschen aus der Welt? Wer in der Versammlung hat gegebenenfalls diese Haartracht — die Reifen, die Ältesten oder die Dienstamtgehilfen, diejenigen, die im Dienst eifrig sind?“ Wenn du hierüber nachdenkst, so vergiß nicht die Ermahnung des Apostels: „Gedenket derer, die unter euch die Führung übernehmen, die das Wort Gottes zu euch geredet haben, und während ihr den Ausgang ihres Wandels genau betrachtet, ahmt ihren Glauben nach.“ — Hebr. 13:7.
18 Frage dich dann: „Mit wem werde ich durch meine Haartracht in den Augen der Allgemeinheit in e i n e Gruppe eingestuft? Würde mich jemand, bei dem ich vorspreche, als einen Prediger der Zeugen Jehovas betrachten?“ Warum würdest du dir unter außenstehenden Freunden merkwürdig vorkommen, wenn du kein langes Haar trügest? Fürchtest du dich vor dem, was sie sagen könnten? Meinst du, daß sie von dir als einem Zeugen Jehovas erwarten, daß du dich so kleidest wie sie? Oder denkst du, sie würden dich mehr achten, wenn du dich als Prediger so wie sie kleidest?
19, 20. Welchem Beispiel zu folgen ist vernünftig, wenn uns Brüder in der Versammlung empfehlen, hinsichtlich einer Mode oder Gewohnheit eine Änderung vorzunehmen?
19 Wärest du bereit, eine Änderung vorzunehmen, wenn dir die verantwortlichen Brüder in der Versammlung empfehlen, deine Kleidung oder Haartracht zu ändern, oder wenn andere meinen, sie gezieme sich nicht für einen Prediger? Du könntest vielleicht denken, sie befänden sich im Irrtum oder seien vielleicht unmodern und es bestehe keine Notwendigkeit, eine Änderung vorzunehmen, nur weil andere in der Versammlung sich an etwas stören. Würdest du aber dem Beispiel folgen, das Christus selbst gab?
20 Über Jesus erklärte der Apostel Paulus: „Denn auch Christus hat sich nicht selbst gefallen, sondern so, wie geschrieben steht: ,Die Schmähungen derer, die dich schmähten, sind auf mich gefallen.‘“ (Röm. 15:3) Christus forderte nicht seine Rechte. Es wäre viel bequemer für ihn gewesen, sich anders zu verhalten. Aber welche Hilfe hätte er uns dann leisten können? — Matth. 26:53, 54; 2. Kor. 5:14, 15.
21. Wie zeigt der Apostel Paulus, daß es unchristlich ist, wenn ein Glied der Versammlung auf irgendeiner Gewohnheit besteht, durch die andere zum Straucheln gebracht werden?
21 Angenommen, jemand würde dich auffordern, kein Fleisch mehr zu essen, weil dadurch jemand in der Versammlung zum Straucheln gebracht würde. Was? Ein so grundlegendes Recht aufgeben? Doch der Apostel Paulus folgte dem Beispiel Christi, als er schrieb: „So laßt uns denn den Dingen nachjagen, die dem Frieden dienen, und den Dingen, die zur gegenseitigen Erbauung gereichen. Hört auf, das Werk Gottes bloß der Speise wegen niederzureißen. ... Es ist gut, nicht Fleisch zu essen noch Wein zu trinken, noch irgend sonst etwas zu tun, woran dein Bruder Anstoß nimmt.“ Dann sagt Paulus zu jemandem, dessen Gewissen durch den Genuß von Fleisch nicht beunruhigt wird, der sich aber im Interesse des Wohls der Versammlung davon enthält: „Habe den Glauben, den du entsprechend dir selbst hast, vor Gottes Augen.“ — Röm. 14:19-22 (vergleiche 1. Korinther 8:12, 13).
22. Nenne weitere Gründe, weshalb wir eine Änderung vornehmen sollten, wenn unsere Brüder glauben, durch eine gewisse Gewohnheit oder Mode werde ein verkehrtes Licht auf die gute Botschaft vom Königreich geworfen.
22 Es ist also besser, wenn du nachgibst und die Befriedigung der inneren Gewißheit hast, daß du Gott wohlgefällst, wenngleich du nicht völlig mit der Ansicht anderer übereinstimmst und wenngleich du meinst, daß das, was du jetzt tust, in Ordnung sei. Wer sieht die Kleidung oder Haartracht, die dir gefällt, letzten Endes am meisten? Wer weiß, wie sie dir wirklich steht, und wer kann dein Aussehen mit dem Aussehen anderer vergleichen? Du siehst dich doch nicht selbst. Andere sind es, die dich von allen Seiten sehen. Wenn deine Brüder meinen, dein Aussehen erwecke bei anderen einen verkehrten Eindruck oder lasse die Botschaft, die du überbringst, in einem falschen oder in einem schlechten Licht erscheinen, warum solltest du dann keine Änderung vornehmen und glücklich sein?
ES GEHT NICHT UM DIE MODE, SONDERN DARUM, WELTLICHE GEWOHNHEITEN NICHT MITZUMACHEN
23. In welcher Situation befand sich in Israel ein Mann, der sich lieber glatt rasiert hätte, statt sich einen Bart wachsen zu lassen?
23 Wir können die Frage der Haartracht oder der Kleidung auch von einem anderen Standpunkt aus betrachten. Nimm, wenn du ein Mann bist, einmal an, du würdest in der Zeit der Israeliten unter dem Gesetz leben und würdest keinen Bart mögen. Vielleicht würde dir das Aussehen der Ägypter gefallen, die sich glatt rasierten. Was würdest du tun? Würdest du dein persönliches Recht geltend machen, dich zu rasieren? Nein, denn du hättest kein solches Recht. Du müßtest einen Bart tragen, denn das Gesetz gebot allen Männlichen: „Ihr sollt euer Haar an den Kopfseiten nicht rundum stutzen, und du sollst deine Bartenden nicht zerstören.“ — 3. Mose 19:27; 21:5.
24. Aus welchem Grunde wurde das Gesetz erlassen, das von den Israeliten verlangte, einen Bart zu tragen?
24 Wurde dieses Gesetz aus Modegründen erlassen? Nein. Es sollte die Israeliten davor bewahren, die Handlungsweise einiger der sie umgebenden heidnischen Nationen nachzuahmen. Die Israeliten sollten jedoch dafür sorgen, daß ihre Bärte gestutzt, ordentlich und gut gepflegt waren. Wenn jemand einen ungepflegten Bart trug oder den Bart abrasiert hatte, so war das ein Zeichen von Kummer und Trauer über ein Unglück. (2. Sam. 19:24-28; Jes. 7:20) Auch das Haar wurde von Zeit zu Zeit geschnitten, es sei denn, jemand hätte unter dem Gelübde eines Nasiräers gestanden. In Hesekiels Prophezeiung wird den Priestern geboten, ihr Haar zu stutzen und es nicht lose zu tragen. — Hes. 44:15, 20.
25, 26. Wie zeigt uns Gottes Wort, welche Ansicht Gott hinsichtlich, der Schicklichkeit der Kleidung hat?
25 Ferner berücksichtigte Gott, daß jemand durch die Art seiner Kleidung falsch eingestuft werden kann, denn er gebot: „Kein Kleidungsstück eines körperlich tauglichen Mannes sollte einer Frau angelegt werden, noch sollte ein körperlich tauglicher Mann den Überwurf einer Frau tragen; denn irgend jemand, der diese Dinge tut, ist für Jehova, deinen Gott, etwas Verabscheuungswürdiges.“ (5. Mose 22:5) Warum? Weil dadurch Anlaß zur Unsittlichkeit gegeben würde.
26 Zwar sind einige Arten von Kleidungsstücken einander ähnlich, zum Beispiel Damenhosen und Männerhosen, doch besteht gewöhnlich ein eindeutiger Unterschied in der Machart oder im Stoff. Aber wenn jemand Kleidung trägt, durch die er vom anderen Geschlecht fast nicht zu unterscheiden ist, so ist dies in Jehovas Augen schlecht. Dasselbe gilt in bezug auf Kleidung, die so eng oder knapp ist, daß sie zur Unsittlichkeit beiträgt und der Betreffende dadurch mit Personen in dieselbe Gruppe eingestuft wird, die für abscheuliche Gewohnheiten bekannt sind. Wenn du daher gern auf einer bestimmten Haartracht oder Kleidung oder auf irgendeiner Gewohnheit bestehen möchtest, so frage dich: „Möchte ich dadurch Weltmenschen nachahmen?“
„DIE NATUR SELBST“ LEHRT UNS
27, 28. (a) Wie gibt uns der Apostel Paulus einen guten Anhaltspunkt hinsichtlich dessen, was für einen Christen in bezug auf die Mode richtig ist? (b) Wie äußern sich gewisse Bibelgelehrte über das Wort „Natur“?
27 In der Bibel werden keine ausdrücklichen Regeln darüber aufgestellt, wie lang zum Beispiel jemandes Haar oder wie lang ein Rock sein sollte. Aber der inspirierte Apostel gibt dennoch gute Anhaltspunkte, die es dem aufrichtigen, Gott hingegebenen Christen und der Versammlung ermöglichen, zu wissen, ob eine Modeerscheinung oder ein Brauch passend oder richtig ist. Er erklärt: „Lehrt euch nicht die Natur selbst, daß, wenn ein Mann langes Haar hat, es ihm zur Unehre gereicht, wenn aber eine Frau langes Haar hat, es ihr zur Herrlichkeit gereicht? Denn ihr Haar ist ihr statt einer Kopfbedeckung gegeben.“ — 1. Kor. 11:14, 15.
28 Zu diesen Worten des Apostels äußert sich der Bibelgelehrte Albert Barnes wie folgt:
„Das Wort Natur ... bezeichnet offensichtlich den Sinn für das Schickliche, den alle Menschen haben und der in irgendeinem vorherrschenden oder allgemeinen Brauch zum Ausdruck kommt. ... Dies ist so, wie es der natürliche Sinn der Menschen für das, was angebracht ist, verlangt. ... Mit dem Wort ist daher an dieser Stelle nicht die Beschaffenheit der Geschlechter gemeint, ... auch nicht lediglich die Sitten und Gebräuche, ... sondern es bezieht sich auf ein tiefes inneres Gefühl für das, was recht und richtig ist.“
Und der Gräzist Dr. A. T. Robertson erklärt:
„Hier ist damit der ursprüngliche Sinn für das Schickliche gemeint (vgl. Röm. 2:14), nicht nur das Brauchtum, aber dieser beruht auf dem objektiven Unterschied in der Beschaffenheit der Dinge.“
29. (a) Weshalb benötigt ein Christ keine Regeln über das, was er tun und was er lassen sollte? (b) Was sollte jemand tun, wenn er einmal nicht Bescheid weiß?
29 Es handelt sich daher nicht darum, daß einem genau gesagt werden muß, was man tun und was man lassen sollte, wie dies durch Regeln geschehen würde. Wenn wir Christen sind und unser Herz liebt, was recht ist, wissen wir von Natur aus, besonders aufgrund unseres geschulten Gewissens, ob etwas die Herrlichkeit der guten Botschaft, die wir predigen, erhöht oder beeinträchtigt. Wir wissen, ob wir den Ruf oder das Ansehen der Versammlung in den Augen anderer fördern oder schädigen. Wenn jemand dies aber nicht weiß, dann sollte er sich von dem guten Gewissen der Christenversammlung leiten lassen. Er sollte den guten Rat der verantwortlichen Brüder annehmen und sich auf ihr gutes Urteilsvermögen verlassen. — Spr. 12:15.
30. (a) Welche Verpflichtung ruht auf allen, die in der Versammlung eine verantwortungsvolle Stellung bekleiden? (b) Wie lautet ein maßgebender Grundsatz, der uns Sicherheit bietet? (c) Warum sollten wir mehr an Pflichten als an Rechten interessiert sein?
30 Wahre Christen lieben einander, und diejenigen, die verantwortungsvolle Stellungen bekleiden, sind verpflichtet, nur das zu tun, was für ihre Brüder am besten ist, sei es durch das Beispiel, das sie geben, oder durch den Rat, den sie erteilen. Auch sollten sich die Handlungen eines jeden von uns stets nach dem Grundsatz richten: ‘Schmücke ich die Lehre unseres Retters, Gottes, in allen Dingen?’ Wenn wir unseren Pflichten nachkommen und mit ganzer Seele arbeiten, als wäre es für Jehova und nicht für Menschen, so wird uns Jehova mit Segnungen belohnen, die weit größer als irgendwelche „Rechte“ sind, die wir uns verschaffen mögen, ferner mit Jahren des Lebens und mit Frieden. — Tit. 2:10; Kol. 3:23, 24; Spr. 3:1, 2.