Ursache und Behandlung des Alkoholismus
WAS führt dazu, daß Menschen buchstäblich zu Sklaven des Alkohols werden und dadurch sogar ihr eigenes sowie das Leben ihrer Angehörigen ruinieren?
Der Alkohol ist nicht das eigentliche Problem. Im Unterschied zum Tabak oder zum Heroin macht er an sich nicht süchtig. Die Schwierigkeit liegt bei demjenigen, der Alkohol genießt. Es gibt mannigfaltige Faktoren, die dazu beitragen. Doch alle weisen auf einen grundlegenden Mangel oder ein Bedürfnis hin, und dieses wiederum liefert den Hinweis auf die wirkliche Lösung.
Die Forschung zeigt, daß bei Kindern, deren Eltern dem Alkohol sehr zusprechen, eine sehr große Wahrscheinlichkeit besteht, daß sie ebenfalls dieser Gewohnheit verfallen. Andererseits geht aus einem Bericht des US-Ministeriums für Gesundheit, Erziehung und Wohlfahrt hervor, daß es dort weniger Alkoholiker gibt, wo Personen „innerhalb einer festgefügten Familie oder religiösen Gruppe frühzeitig mit kleineren Mengen schwacher alkoholischer Getränke in Berührung kommen“ und wo man alkoholische Getränke hauptsächlich als Nahrungsmittel betrachtet und bei den Mahlzeiten genießt.
Viele Personen, die von ihren Eltern nicht auf vernünftige Weise über den Genuß alkoholischer Getränke aufgeklärt worden sind, mögen zufolge dieses Mangels an Kenntnis Gefahr laufen, süchtig zu werden. Sie beachten vielleicht nicht, daß die einzelnen Getränke unterschiedlich viel Alkohol enthalten. Bier zum Beispiel enthält ungefähr 5 Prozent, die meisten Tafelweine 10 bis 14 Prozent, während verbesserte Weine, wie der Sherry und der Portwein, 16 bis 20 Prozent Alkohol enthalten. Branntweine (wie Rum, Gin, Whisky) enthalten 40 bis 50 Prozent Alkohol. Doch selbst Personen, denen dies bekannt ist, mag nicht bewußt sein, daß sie ihrem Organismus durch einen halben Liter Bier ebensoviel Alkohol zuführen wie durch ein Gläschen Whisky.
Auch jemandes Körpergröße spielt im allgemeinen eine Rolle — je größer jemand ist, desto größer sind seine Blutmenge und die Zahl der Körperzellen, und der Alkohol wird daher in einer geringeren Konzentration absorbiert. Doch selbst bei Menschen mit gleichem Körperbau mögen unterschiedliche Reaktionen auftreten; der eine fühlt sich bereits bei einer geringen Menge Alkohol benommen, wohingegen der andere bei der doppelten Menge kaum eine Wirkung verspürt. Bei leerem Magen wird der Alkohol schnell ins Blut aufgenommen, während sich dieser Vorgang bei vollem Magen verzögert. Und da der Körper stündlich nur etwa ein hundertstel Liter Alkohol abzubauen bzw. auszuscheiden vermag, kommt es auch darauf an, wieviel Zeit verstreicht, bis man wieder trinkt.
Es spielt eine wichtige Rolle, mit welchen Personen man zusammen ist. Gilt Trinken als Beweis dafür, daß man „wirklich ein Mann“, „schneidig“ oder „ein Mann von Welt“ ist, so verspürt man einen Druck, sich dieser Ansicht anzupassen. Junge Männer und Frauen lassen sich dadurch häufig zu starkem Trinken verleiten. Sie steigern laufend die Menge, bis sie sich daran gewöhnen und sozusagen unwillkürlich zu Trinkern werden, da sie sich in regelmäßigen Abständen bei Parties oder bei Trinkgelagen am Samstagabend berauschen. Im Laufe der Zeit trinken sie vielleicht auch an immer mehr Tagen während der Woche. Dieser Prozeß mag sich täuschend langsam vollziehen. Studien zeigen, daß es bei Männern durchschnittlich sechzehn Jahre, bei Frauen nur acht Jahre dauert, bis sie Alkoholiker sind.
Im späteren Leben sind die persönlichen Verhältnisse ein ausschlaggebender Faktor. Familiäre Probleme, Ehezerwürfnisse, große Schulden, Krankheit, Enttäuschungen und die daraus resultierende Niedergeschlagenheit — all das führt oft dazu, daß jemand zum Alkohol Zuflucht nimmt. Männer in leitenden Stellungen oder Personen, die von ihrer Arbeit stark beansprucht werden, mögen sich dem Alkohol zuwenden, um sich Erleichterung zu verschaffen. Geschäftsleute „ölen“ gewöhnlich die Beziehungen zu ihren Geschäftspartnern mit Alkohol. Männer mit einer eintönigen Arbeit wiederum mögen ihre Freizeit damit verbringen, daß sie in einer Kneipe die angebliche Freundschaft von Arbeitskollegen suchen.
Die Alkoholsucht nimmt heute besonders unter Frauen stark zu. Einige haben eine gutbezahlte Arbeit, doch das Leben ist für sie alles andere als befriedigend. Auch eine Hausfrau kann zur Gewohnheitstrinkerin werden; sie kann dies eine Zeitlang verheimlichen, da sie den Blicken der Öffentlichkeit weitgehend entzogen ist. Veränderungen im Hormonhaushalt, die mit der monatlichen Regel zusammenhängen, mögen bei Frauen genügen, um sie zu veranlassen, vorübergehend übermäßig viel zu trinken.
WO DIE LÖSUNG ZU FINDEN IST
All das deutet im wesentlichen auf ein und dieselbe Tatsache hin: Menschen, die der Trunksucht verfallen (die unfähig sind, ihre Trinkgewohnheit zu beherrschen), sprechen dem Alkohol zu, um ein seelisches Bedürfnis zu befriedigen. Im Laufe der Zeit mögen sich die Zellen ihres Körpers so sehr an einen hohen Alkoholgehalt gewöhnt haben, daß ein Entzug von Alkohol heftige Reaktionen auslöst, und somit ist auch eine körperliche Abhängigkeit eingetreten. Zur körperlichen Abhängigkeit wäre es aber zweifellos nie gekommen, hätte nicht bereits eine seelische Abhängigkeit bestanden. Doch Alkohol löst keine seelischen Probleme; er schafft lediglich noch schlimmere. Alkohol vermittelt keinen Trost, verleiht keinen Mut, schließt keine Freundschaften und schafft keinen Ausweg aus den Problemen des Lebens. Nur wer dies einsieht, kann die wirkliche Lösung für seine Alkoholabhängigkeit finden.
Damit kommen wir zu dem schwierigsten Teil der Aufgabe, für einen Alkoholiker Abhilfe zu schaffen. Worin besteht dieser? Man muß dem Betreffenden zu der Erkenntnis verhelfen, daß er tatsächlich alkoholsüchtig ist. Ja, eigenartigerweise stellt der Alkoholiker häufig als letzter fest, daß dies sein Problem ist. Ein Mann mag am Morgen einen kleinen Drink nehmen, mittags zwei oder drei Gläser trinken, ein Glas im Laufe des Nachmittags, eines, wenn er nach Hause kommt, und wiederum zwei Gläser am Abend, und er mag immer noch behaupten, nicht süchtig zu sein. Erst wenn er aus irgendeinem Grund von seinen Trinkgewohnheiten abstehen muß und dann die schrecklichen Reaktionen erlebt, die bei Säuferwahnsinn auftreten, mag er wachgerüttelt werden und sich bewußt sein, in welcher Lage er sich in Wirklichkeit befindet.
Der erste Schritt zur Lösung des Problems besteht daher darin, daß der Betreffende erkennt, daß er dem Alkohol versklavt ist. In der Bibel wird die Wahrheit mit Freiheit und die Lüge mit Sklaverei in Verbindung gebracht (Joh. 8:32; 2. Petr. 2:18, 19). Der Büroangestellte, der eine Flasche in der untersten Schublade seines Schreibtisches versteckt, und die Hausfrau, die während ihrer täglichen Arbeit immer wieder heimlich ein Gläschen trinkt, sie beide werden nie den Weg finden, auf dem sie von ihrer Sucht frei werden, wenn sie sich nicht selbst ihr Problem eingestehen.
Ferner sollte der Betreffende — statt den Alkohol als „Seelentröster“ oder als eine „Krücke“ zu benutzen, um seine Persönlichkeit daran aufzurichten — nach der richtigen Quelle Ausschau halten, aus der er seine seelischen Bedürfnisse befriedigen kann. Kameraden und Freunde sollte er sich unter Personen suchen, die eine gesunde Lebensanschauung und die richtige Ansicht über den Alkoholgenuß haben. Frühere „Freunde“ mögen sich zwar über ihn lustig machen, wenn er den früheren „Lauf [mit „übermäßigem Weingenuß“ und „Trinkgelagen“] zu demselben Tiefstand der Ausschweifung nicht mit ihnen fortsetzt“. Doch welche Unannehmlichkeiten auch immer damit verbunden sein mögen, es lohnt sich, sie auf sich zu nehmen, um dem Zustand der Entwürdigung zu entfliehen (1. Petr. 4:3, 4; 1. Kor. 15:33).
Um eine wirksame Abhilfe zu schaffen, muß man ‘seinen Sinn neugestalten’ und nach neuen, nach rechten Normen leben (Röm. 12:2). Es genügt nicht, zu wissen, daß die meisten Menschen Alkoholsüchtige verurteilen oder daß man als Alkoholiker von seinem Ehegefährten, seinen Kindern oder Verwandten mißbilligt wird. Gottes Standpunkt zu kennen kann dafür ausschlaggebend sein, daß man die erforderliche Entschlossenheit und Ausdauer aufbringt, um einen dauerhaften Sieg über das Problem der Alkoholsucht zu erringen. In Gottes Wort wird uns versichert, daß Trunkenbolde nicht an dem verheißenen Königreich Gottes und dessen lebenvermittelnden Segnungen teilhaben werden (1. Kor. 6:10; Gal. 5:19-21).
Man benötigt vor allem etwas Zuverlässiges, worauf man hoffen und woran man glauben kann, eine feste Grundlage für die Zuversicht, daß die Probleme des Lebens zufriedenstellend gelöst werden. Dieses Bedürfnis läßt sich nur durch die Bibel befriedigen. Wir können zwar an bestimmten Verhältnissen im Leben — zum Beispiel an einem schlechten Gesundheitszustand, an den Härten, die die gegenwärtigen Weltverhältnisse im allgemeinen mit sich bringen, und an den sich daraus ergebenden täglichen Problemen — eigentlich nichts ändern, doch die Bibel zeigt, daß Gott auf diesen Gebieten Veränderungen herbeiführen kann. Sein prophetisches Wort hat genau das vorhergesagt, was wir heute beobachten, und es vermittelt die gesicherte Hoffnung, daß „die Schöpfung selbst auch von der Sklaverei des Verderbens frei gemacht werden wird zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes“. Dies wird in einer von Gott geschaffenen neuen Ordnung geschehen, in der sich alle, die Gerechtigkeit und Wahrheit lieben, des Friedens und guter Gesundheit erfreuen werden (Röm. 8:20-22).
Immer mehr Menschen finden die wohltuende Gemeinschaft echter Freunde, indem sie mit Jehovas Zeugen in ihren Königreichssälen zusammenkommen. Sie erlangen eine zuverlässige Hoffnung für die Zukunft und lernen vernünftige Grundsätze kennen, die ihnen helfen, den täglichen Problemen gewachsen zu sein. Zu ihnen zählen viele, die früher dem Alkohol versklavt waren oder in ähnlichen ernsthaften Schwierigkeiten steckten, die sie jedoch heute überwunden haben. Jeder einzelne ist eingeladen, aus der biblischen Unterweisung, die Jehovas Zeugen erteilen, Nutzen zu ziehen.