Kapitel 35
Die berühmteste Predigt, die je gehalten wurde
DIE Szene ist eine der bekanntesten der ganzen Bibel: Jesus sitzt an einem Abhang und hält seine berühmte Bergpredigt. Der Ort liegt in der Nähe des Galiläischen Meeres, wahrscheinlich in der Umgebung von Kapernaum. Nachdem Jesus die ganze Nacht gebetet hat, erwählt er 12 seiner Jünger zu Aposteln. Dann begibt er sich mit ihnen allen an einen ebenen Platz auf dem Berg.
Man sollte eigentlich annehmen, daß Jesus jetzt sehr müde ist und ein wenig schlafen möchte. Es hat sich jedoch eine große Volksmenge versammelt. Einige sind aus Judäa und Jerusalem gekommen und haben somit etwa 100 Kilometer zurückgelegt. Andere stammen aus den Hafenstädten Tyrus und Sidon, die im Norden liegen. Sie haben sich hier eingefunden, um Jesus zu hören und um von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Sogar Menschen, die von Dämonen, den bösen Engeln Satans, belästigt werden, sind darunter.
Als Jesus hinuntergeht, drängen sich die Kranken in seine Nähe, um ihn zu berühren, und er heilt sie alle. Später steigt Jesus offensichtlich wieder etwas höher auf den Berg hinauf. Dort setzt er sich nieder und beginnt die Volksmenge zu belehren, die sich auf dem ebenen Platz vor ihm befindet. Und denke nur, kein einziger unter seinen Zuhörern leidet mehr an einer schweren Krankheit!
Die Menschen warten gespannt darauf, den Lehrer zu hören, der diese erstaunlichen Wunder wirken kann. Jesus hält seine Predigt jedoch hauptsächlich zum Nutzen seiner Jünger, die wahrscheinlich in seiner unmittelbaren Nähe Platz genommen haben. Doch damit auch wir noch etwas davon haben, wurde sie von Matthäus und Lukas aufgezeichnet.
Der von Matthäus verfaßte Bericht über die Predigt ist etwa viermal so lang wie der von Lukas. Bestimmte Teile aus der Aufzeichnung des Matthäus werden von Lukas einer anderen Zeit des Dienstes Jesu zugeordnet, was einem Vergleich von Matthäus 6:9-13 mit Lukas 11:1-4 und von Matthäus 6:25-34 mit Lukas 12:22-31 zu entnehmen ist. Das sollte uns jedoch nicht überraschen. Jesus lehrte dieselben Dinge offensichtlich mehr als einmal, und Lukas hat einige Lehren in einem anderen Zusammenhang aufgezeichnet.
Jesu Bergpredigt ist nicht nur wegen des tiefgründigen Inhalts so wertvoll, sondern auch deshalb, weil er die Wahrheiten so einfach und verständlich darlegt. Er bezieht sich auf alltägliche Begebenheiten und auf Dinge, mit denen die Menschen vertraut sind. Dadurch können alle, die noch besser gemäß Gottes Willen leben möchten, seine Gedanken leicht verstehen.
Wer ist wirklich glücklich?
Jeder möchte glücklich sein. Da sich Jesus dessen bewußt ist, beschreibt er zu Beginn seiner Bergpredigt, wer wirklich glücklich ist. Wir können uns vorstellen, wie sehr das von Anfang an seine große Zuhörerschaft fesselt. Dennoch müssen seine einleitenden Worte vielen widersprüchlich erscheinen.
Jesus richtet seine Äußerungen an seine Jünger und beginnt wie folgt: „Glücklich seid ihr Armen, denn euer ist das Königreich Gottes. Glücklich seid ihr, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. Glücklich seid ihr, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. Glücklich seid ihr, wann immer die Menschen euch hassen ... Freut euch an jenem Tag, und hüpft; denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel.“
Das ist der Bericht des Lukas über die Einleitung der Predigt Jesu. Aber gemäß dem Bericht des Matthäus sagt Jesus auch, daß die Mildgesinnten, die Barmherzigen, diejenigen, die reinen Herzens sind, und die Friedsamen glücklich sind. Wie Jesus erklärt, sind sie glücklich, denn sie werden die Erde erben, ihnen wird Barmherzigkeit erwiesen werden, sie werden Gott sehen und werden Söhne Gottes genannt werden.
Wenn Jesus vom Glücklichsein spricht, meint er jedoch nicht einfach, heiter und vergnügt zu sein, als ob es darum ginge, sich zu amüsieren. Wahres Glück geht tiefer; es bedeutet Zufriedenheit, das Gefühl der Befriedigung und Erfüllung im Leben.
Die wirklich Glücklichen sind, wie Jesus zeigt, Menschen, die ihre geistigen Bedürfnisse erkennen, traurig sind über ihren sündhaften Zustand und Gott kennenlernen und ihm dann dienen. Ja selbst wenn sie gehaßt oder verfolgt werden, weil sie Gottes Willen tun, sind sie glücklich, denn sie wissen, daß sie Gott gefallen und seinen Lohn, ewiges Leben, erhalten werden.
Viele Leute von heute gleichen einem Großteil der Zuhörer Jesu, weil sie glauben, der Mensch sei glücklich, wenn er vermögend und erfolgreich sei und sein Vergnügen habe. Jesus dagegen weiß es besser. Er zeigt einen Gegensatz auf, der wohl viele seiner Zuhörer überrascht:
„Wehe euch, ihr Reichen, denn ihr habt bereits euren vollen Trost. Wehe euch, die ihr jetzt satt seid, denn ihr werdet hungern. Wehe euch, die ihr jetzt lacht, denn ihr werdet trauern und weinen. Wehe, wenn alle Menschen gut von euch reden, denn desgleichen taten ihre Vorväter den falschen Propheten.“
Was will Jesus damit sagen? Warum ist es ein Unheil, reich zu sein, lachend Vergnügungen nachzugehen und den Beifall der Menschen zu genießen? Dem ist so, weil im Leben eines Menschen, der diese Dinge hat und ihnen zugetan ist, der Dienst für Gott, der allein wahres Glück bringt, ausgeklammert wird. Andererseits will Jesus nicht sagen, ein Mensch sei allein dadurch glücklich, daß er arm und hungrig sei oder trauere. Oft gehen jedoch solche benachteiligten Menschen auf Jesu Lehren ein und werden dadurch mit wahrem Glück gesegnet.
Als nächstes wendet sich Jesus an seine Jünger mit den Worten: „Ihr seid das Salz der Erde.“ Natürlich meint er nicht, sie seien buchstäbliches Salz. Salz ist ein Konservierungsstoff. Beim Tempel Jehovas lag neben dem Altar ein großer Haufen Salz, und die dort amtierenden Priester nahmen davon, um die Opfer zu salzen.
Die Jünger Jesu sind insofern das „Salz der Erde“, als sie einen lebenerhaltenden Einfluß auf die Menschen ausüben. Ja, die Botschaft, die sie verkündigen, wird bewirken, daß alle, die darauf eingehen, am Leben erhalten werden. Sie wird in ihr Leben Beständigkeit, Loyalität und Treue bringen und sie vor geistigem und moralischem Verfall bewahren.
„Ihr seid das Licht der Welt“, sagt Jesus zu seinen Jüngern. Eine Lampe stellt man nicht unter ein Gefäß, sondern auf einen Leuchter. Daher sagt Jesus: „Ebenso laßt euer Licht vor den Menschen leuchten.“ Jesu Jünger tun das, indem sie öffentlich Zeugnis ablegen und durch einen den biblischen Grundsätzen entsprechenden Lebenswandel als leuchtendes Vorbild dienen.
Ein hoher Maßstab für seine Nachfolger
In den Augen der religiösen Führer ist Jesus ein Übertreter des Gesetzes Gottes, und sie sind sogar übereingekommen, ihn zu töten. Jesus sagt daher, als er mit seiner Bergpredigt fortfährt: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das GESETZ oder die PROPHETEN zu vernichten. Nicht um zu vernichten, bin ich gekommen, sondern um zu erfüllen.“
Jesus hat höchste Achtung vor Gottes Gesetz und fordert das auch von anderen. So sagt er: „Wer immer daher eines dieser geringsten Gebote bricht und die Menschen demgemäß lehrt, der wird hinsichtlich des Königreiches der Himmel ‚Geringster‘ genannt werden“, d. h., ein solcher wird überhaupt nicht in das Königreich eingehen.
Jesus mißachtet keineswegs Gottes Gesetz; er verurteilt sogar jede Geisteshaltung, die dazu beiträgt, daß jemand es bricht. Er führt an, daß es im Gesetz heißt: „Du sollst nicht morden“, und fügt dann hinzu: „Doch ich sage euch, daß jeder, der seinem Bruder fortgesetzt zürnt, dem Gerichtshof Rechenschaft wird geben müssen.“
Da es eine so ernste Sache ist, seinem Mitmenschen fortgesetzt zu zürnen — es kann sogar zu Mord führen —, veranschaulicht Jesus, wie weit man um des Friedens willen gehen soll. Seine Anweisung lautet: „Wenn du nun deine [Opfer-]Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem Altar und geh weg; schließe zuerst mit deinem Bruder Frieden; und dann, wenn du zurückgekommen bist, bringe deine Gabe dar.“
Jesus lenkt nun die Aufmerksamkeit auf das siebente der Zehn Gebote: „Ihr habt gehört, daß gesagt wurde: ‚Du sollst nicht ehebrechen.‘ “ Er verurteilt jedoch schon die Bereitschaft zum Ehebruch: „Ich aber sage euch, daß jeder, der fortwährend eine Frau ansieht, um so in Leidenschaft zu ihr zu entbrennen, in seinem Herzen schon mit ihr Ehebruch begangen hat.“
Es geht hier nicht bloß um einen vorübergehenden unmoralischen Gedanken, sondern darum, jemand ‘fortwährend anzusehen’. Solch ständiges Betrachten weckt leidenschaftliche Begierden, die bei passender Gelegenheit zum Ehebruch führen können. Wie kann man das verhindern? Jesus veranschaulicht, welch extreme Maßnahmen erforderlich sein mögen: „Wenn nun dein rechtes Auge dich straucheln macht, so reiß es aus und wirf es von dir weg. ... Und wenn deine rechte Hand dich straucheln macht, so hau sie ab und wirf sie von dir weg.“
Viele Menschen sind bereit, ein erkranktes buchstäbliches Glied zu opfern, um ihr Leben zu retten. Gemäß Jesu Worten ist es jedoch noch wichtiger, wirklich alles ‘wegzuwerfen’, selbst etwas so Wertvolles wie ein Auge oder eine Hand, um sich vor unmoralischem Denken und Handeln zu hüten. Andernfalls, so sagt Jesus, würde man in die Gehenna (ein brennender Müllplatz bei Jerusalem) geworfen, was ewige Vernichtung symbolisiert.
Jesus spricht auch über den Umgang mit Personen, die Schaden stiften und Kränkung verursachen. „Widersteht nicht dem, der böse ist“, lautet sein Rat. „Wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so wende ihm auch die andere zu.“ Jesus meint damit nicht, daß man sich oder seine Angehörigen nicht verteidigen darf, wenn man angegriffen wird. Ein solcher Schlag soll den anderen nicht körperlich verletzen, sondern beleidigen. Christus wollte zeigen, daß es verkehrt wäre, zurückzuschlagen, wenn jemand versuchen würde, einen durch buchstäbliche Schläge mit der flachen Hand oder durch beleidigende Worte herauszufordern.
Nachdem Jesus die Aufmerksamkeit auf Gottes Gesetz, seinen Nächsten zu lieben, gelenkt hat, sagt er: „Doch ich sage euch: Fahrt fort, eure Feinde zu lieben und für die zu beten, die euch verfolgen.“ Er gibt dafür auch einen überzeugenden Grund an: „Damit ihr euch als Söhne eures Vaters erweist, der in den Himmeln ist, da er seine Sonne über Böse und Gute aufgehen ... läßt.“
Jesus schließt diesen Teil seiner Bergpredigt mit der Ermahnung ab: „Ihr sollt demnach vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ Er meint damit nicht, daß wir in absolutem Sinne vollkommen sein können. Wer Gott nachahmt, kann jedoch in seiner Liebe so weit werden, daß sie sogar Feinde einschließt. In dem von Lukas verfaßten Parallelbericht werden Jesu Worte wie folgt wiedergegeben: „Fahrt fort, barmherzig zu werden, wie euer Vater barmherzig ist.“
Gebet und Gottvertrauen
Im weiteren Verlauf seiner Predigt verurteilt Jesus die Heuchelei derjenigen, die ihre vermeintliche Gottergebenheit zur Schau stellen. „Wenn du also Gaben ... spendest“, sagt er, „so posaune nicht vor dir her, wie es die Heuchler ... tun.“
Jesus fährt fort: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht wie die Heuchler sein; denn sie beten gern stehend in den Synagogen und an den Ecken der breiten Straßen, um von den Menschen gesehen zu werden.“ Seine Anweisung lautet: „Wenn du betest, geh in deinen Privatraum, und nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ Da Jesus selbst öffentliche Gebete sprach, verurteilt er diese nicht. Er prangert jedoch Gebete an, die jemand spricht, um die Zuhörenden zu beeindrucken und ihre Bewunderung auf sich zu ziehen.
Des weiteren gibt Jesus den Rat: „Wenn ihr aber betet, sagt nicht immer und immer wieder dasselbe wie die Leute von den Nationen.“ Jesus meint damit nicht, daß Wiederholungen an sich verkehrt seien. Bei einer Gelegenheit sprach er selbst wiederholt „dasselbe Wort“, als er betete. Er mißbilligt es jedoch, auswendig gelernte Sätze „immer und immer wieder“ herzusagen, wie es beispielsweise jemand tut, der den Rosenkranz betet und dabei seine Gebete mechanisch wiederholt.
Um seinen Zuhörern zu zeigen, wie man beten soll, lehrt Jesus sie ein Mustergebet, das sieben Bitten enthält. In den drei ersten werden passenderweise die Souveränität Gottes und seine Vorsätze anerkannt. Es sind Bitten um die Heiligung des Namens Gottes, um das Kommen seines Königreiches und darum, daß sein Wille geschehen möge. Die vier übrigen sind persönliche Bitten um die tägliche Nahrung, um Vergebung von Sünden und daß man nicht über sein Vermögen versucht, sondern vom Bösen befreit werden möge.
Dann zeigt Jesus, daß es zu einer Schlinge werden kann, ungebührlichen Nachdruck auf materiellen Besitz zu legen. Er sagt: „Hört auf, euch Schätze auf der Erde aufzuhäufen, wo Motte und Rost sie verzehren und wo Diebe einbrechen und stehlen.“ Solche Schätze sind nicht nur vergänglich, sondern auch ohne Wert bei Gott.
Er empfiehlt statt dessen: „Häuft euch vielmehr Schätze im Himmel auf.“ Das tut man, indem man den Dienst für Gott im Leben an die erste Stelle setzt. Niemand kann einem diese „Schätze“, die auf diese Weise bei Gott aufgehäuft werden, oder die großartige Belohnung wegnehmen. Dann fügt Jesus noch hinzu: „Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.“
In Verbindung mit der Schlinge des Materialismus führt Jesus noch folgende Veranschaulichung an: „Die Lampe des Leibes ist das Auge. Wenn nun dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein; wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein.“ Ein gesundes Auge ist für den Körper wie eine brennende Lampe an einem dunklen Ort. Damit man jedoch deutlich sehen kann, muß das Auge lauter sein, d. h., es muß sich auf eine Sache genau einstellen. Kann ein Auge nicht scharf sehen, wird man die Dinge nicht richtig abschätzen können. Man wird materielle Bestrebungen vor den Dienst für Gott stellen, wodurch schließlich der ‘ganze Leib’ finster wird.
Jesus krönt das Ganze mit einer ausdrucksstarken Veranschaulichung: „Niemand kann ein Sklave zweier Herren sein; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird sich zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Sklaven Gottes und des Reichtums sein.“
Im Anschluß an diesen Rat versichert Jesus seinen Zuhörern, daß sie sich keine Sorgen um ihre materiellen Bedürfnisse zu machen brauchen, wenn sie den Dienst für Gott an die erste Stelle setzen. „Beobachtet aufmerksam die Vögel des Himmels“, sagt er, „denn sie säen nicht, noch ernten sie, noch sammeln sie etwas in Vorratshäuser ein; dennoch ernährt sie euer himmlischer Vater.“ Dann stellt er die Frage: „Seid ihr nicht mehr wert als sie?“
Als nächstes verweist Jesus auf die Lilien des Feldes und erwähnt, „daß nicht einmal Salomo in all seiner Herrlichkeit wie eine von diesen bekleidet war“. Er fährt fort: „Wenn nun Gott die Pflanzen des Feldes ... so kleidet, wird er nicht vielmehr euch kleiden, ihr Kleingläubigen?“ Daher sagt Jesus abschließend: „Macht euch nie Sorgen und sprecht: ‚Was sollen wir essen?‘ oder: ‚Was sollen wir trinken?‘ oder: ‚Was sollen wir anziehen?‘ ... Denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr all diese Dinge benötigt. So fahrt denn fort, zuerst das Königreich und SEINE Gerechtigkeit zu suchen, und alle diese anderen Dinge werden euch hinzugefügt werden.“
Der Weg zum Leben
Wer den Weg gehen möchte, der zum Leben führt, muß Jesu Lehren befolgen. Das ist jedoch nicht leicht. Die Pharisäer neigen zum Beispiel dazu, andere streng zu richten, und wahrscheinlich ahmen viele sie darin nach. Als Jesus seine Bergpredigt fortsetzt, mahnt er daher: „Hört auf zu richten, damit ihr nicht gerichtet werdet; denn mit dem Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden.“
Es ist gefährlich, der Führung der überkritischen Pharisäer zu folgen. Gemäß dem Bericht des Lukas veranschaulicht Jesus diese Gefahr folgendermaßen: „Kann wohl ein Blinder einen Blinden leiten? Werden nicht beide in eine Grube stürzen?“
Anderen gegenüber zu kritisch zu sein, ihre Fehler aufzubauschen und darauf herumzuhacken ist ein ernstes Vergehen. Jesus fragt deshalb: „Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: ‚Erlaube mir, den Strohhalm aus deinem Auge zu ziehen‘, wenn, siehe, ein Balken in deinem eigenen Auge ist? Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge, und dann wirst du klar sehen, wie du den Strohhalm aus deines Bruders Auge ziehen kannst.“
Das bedeutet jedoch nicht, daß Jesu Jünger im Umgang mit anderen kein Unterscheidungsvermögen anzuwenden brauchten, denn Jesus sagt: „Gebt das Heilige nicht Hunden, noch werft eure Perlen Schweinen vor.“ Die Wahrheiten aus Gottes Wort sind heilig. In übertragenem Sinne sind sie wie Perlen. Wenn jemand jedoch gleich einem Hund oder einem Schwein keine Wertschätzung für diese kostbaren Wahrheiten hat, sollen sich Jesu Jünger nicht weiter mit diesem Menschen abgeben, sondern nach jemand suchen, der empfänglicher ist.
Jesus hat in seiner Bergpredigt zwar schon einmal über das Gebet gesprochen, jetzt betont er jedoch die Notwendigkeit, darin zu beharren. „Bittet fortwährend“, sagt er, „und es wird euch gegeben werden.“ Um Gottes Bereitschaft, Gebete zu erhören, zu veranschaulichen, fragt Jesus: „Wer ist der Mensch unter euch, den sein Sohn um Brot bittet — er wird ihm doch nicht etwa einen Stein reichen? ... Darum, wenn ihr, obwohl ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wißt, wieviel mehr wird euer Vater, der in den Himmeln ist, denen gute Dinge geben, die ihn bitten!“
Als nächstes stellt Jesus eine bekannte Verhaltensregel auf, die gewöhnlich die „Goldene Regel“ genannt wird. Er sagt: „Alles daher, was ihr wollt, daß euch die Menschen tun, sollt auch ihr ihnen ebenso tun.“ Nach dieser Regel zu leben schließt positives Handeln gegenüber anderen ein, d. h., man muß sie so behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte.
Daß der Weg zum Leben nicht leicht ist, geht aus folgender Anweisung Jesu hervor: „Geht ein durch das enge Tor; denn breit und geräumig ist der Weg, der in die Vernichtung führt, und viele sind es, die auf ihm hineingehen; doch eng ist das Tor und eingeengt der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden.“
Die Gefahr, irregeleitet zu werden, ist groß. Daher warnt Jesus: „Nehmt euch vor den falschen Propheten in acht, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie raubgierige Wölfe.“ Jesus zeigt, daß genauso, wie gute und schlechte Bäume an ihren Früchten erkannt werden können, auch falsche Propheten an ihrem Wandel und an ihren Lehren erkannt werden können.
Des weiteren erklärt Jesus, daß jemand nicht einfach durch das, was er sagt, sondern durch das, was er tut, zu seinem Jünger wird. Einige behaupten, Jesus sei ihr Herr, aber sie tun nicht den Willen seines Vaters. Auf sie treffen folgende Worte Jesu zu: „Ich [will] ihnen dann bekennen: Ich habe euch nie gekannt! Weicht von mir, ihr Täter der Gesetzlosigkeit.“
Schließlich äußert Jesus die denkwürdigen Schlußworte seiner Predigt. Er sagt: „Jeder nun, der diese meine Worte hört und danach handelt, wird mit einem verständigen Mann verglichen, der sein Haus auf den Felsen baute. Und der Regen strömte hernieder, und die Fluten kamen, und die Winde wehten und schlugen gegen jenes Haus, aber es stürzte nicht ein, denn es war auf den Felsen gegründet worden.“
Andererseits erklärt Jesus: „Jeder, der diese meine Worte hört und nicht danach handelt, [wird] mit einem törichten Mann verglichen, der sein Haus auf den Sand baute. Und der Regen strömte hernieder, und die Fluten kamen, und die Winde wehten und stießen an jenes Haus, und es stürzte ein, und sein Zusammensturz war groß.“
Als Jesus seine Rede beendet hat, sind die Volksmengen über seine Art zu lehren erstaunt, da er sie wie jemand lehrt, der Gewalt hat, und nicht wie ihre religiösen Führer. Lukas 6:12-23; Matthäus 5:1-12; Lukas 6:24-26; Matthäus 5:13-48; 6:1-34; 26:36-45; 7:1-29; Lukas 6:27-49.
▪ Wo befindet sich Jesus, als er seine bekannteste Predigt hält, wer ist anwesend, und was hat sich unmittelbar vorher zugetragen?
▪ Warum überrascht es nicht, daß Lukas einige Lehren, die wir in der Bergpredigt finden, in einem anderen Zusammenhang aufgezeichnet hat?
▪ Was macht Jesu Bergpredigt so wertvoll?
▪ Wer ist wirklich glücklich, und warum?
▪ Über wen kommt Unheil, und warum?
▪ Inwiefern sind Jesu Jünger „das Salz der Erde“ und „das Licht der Welt“?
▪ Wie zeigt Jesus, daß er höchste Achtung vor Gottes Gesetz hat?
▪ Welche Anweisung gibt Jesus, um die Ursachen für Mord und Ehebruch auszumerzen?
▪ Was meint Jesus, wenn er davon spricht, die andere Wange hinzuhalten?
▪ Inwiefern können wir so vollkommen sein wie Gott?
▪ Welche Anweisungen gibt Jesus in bezug auf das Gebet?
▪ Warum sind himmlische Schätze von so großem Wert, und wie kann man sie erlangen?
▪ Welche Veranschaulichungen helfen einem, den Materialismus zu meiden?
▪ Warum sagt Jesus, man brauche sich keine Sorgen zu machen?
▪ Was sagt Jesus über das Richten, doch wie zeigt er, daß seine Jünger im Umgang mit anderen Unterscheidungsvermögen anwenden müssen?
▪ Was sagt Jesus noch über das Gebet, und welche Verhaltensregel stellt er auf?
▪ Wie zeigt Jesus, daß der Weg zum Leben nicht leicht ist und daß die Gefahr besteht, irregeleitet zu werden?
▪ Womit bringt Jesus seine Predigt zum Abschluß, und welche Wirkung hat sie?