Was ist „nötig“?
DER Codex W der Evangelien spielt eine Rolle bei der Übersetzung eines Gesprächs zwischen Jesus und Martha, der Schwester seines Freundes Lazarus. Als Jesus die Geschwister besuchte, hielt es Martha für das wichtigste, Jesus ein gutes Mahl zuzubereiten; er gab ihr allerdings den freundlichen Hinweis, dem Beispiel ihrer Schwester Maria zu folgen, die zu seinen Füßen saß und ihm zuhörte. Er sagte: „Wenige Dinge jedoch sind nötig oder nur eins. Maria ihrerseits hat das gute Teil erwählt, und es wird nicht von ihr weggenommen werden“ (Lukas 10:42).
So wurde der griechische Text von Westcott und Hort (1881) übersetzt, der die Grundlage für die Neue-Welt-Übersetzung bildet. Eine Fußnote in der 1986 in Deutsch erschienenen Studienausgabe dieser Bibel zeigt, daß sich diese Lesart auf die sinaitische (א) und die vatikanische (B) Handschrift stützt, beides Vertreter ein und derselben Textfamilie. In der alexandrinischen Handschrift (A) heißt es dagegen: „Eines jedoch ist nötig. Maria ihrerseits ...“ Wie die Fußnote zeigt, stimmen sowohl der Codex W als auch der Chester Beatty Papyrus (P45) und der Bodmer Papyrus (P75) (beide aus dem dritten Jahrhundert) mit der letzteren Lesart überein. Alle diese Handschriften wurden jedoch erst lange nach 1881 entdeckt, jenem Jahr, in dem Westcott und Hort ihren Text veröffentlichten, so daß sie keine Möglichkeit hatten, diese alternative Lesart in Betracht zu ziehen. Doch ganz gleich, auf welche Version des Textes wir uns heute auch stützen, so gibt uns Jesus in jedem Fall deutlich zu verstehen, daß wir in unserem Leben geistige Dinge an die erste Stelle setzen müssen — ein Rat, den sich jeder von uns zu Herzen nehmen sollte.