Kapitel 69
Wer ist der Vater?
DIE Diskussion, die Jesus im Jahre 32 u. Z. während des Laubhüttenfestes mit den jüdischen Vorstehern führt, wird immer hitziger. „Ich weiß, daß ihr Nachkommen Abrahams seid“, bestätigt Jesus, „ihr aber sucht mich zu töten, weil mein Wort keine Fortschritte unter euch macht. Was ich bei meinem Vater gesehen habe, das rede ich; und daher tut ihr die Dinge, die ihr von eurem Vater gehört habt.“
Jesus nennt zwar ihren Vater nicht, läßt aber keinen Zweifel daran, daß er einen anderen Vater hat als sie. Ohne zu wissen, wen Jesus im Sinn hat, entgegnen die jüdischen Vorsteher: „Unser Vater ist Abraham.“ Ihrer Ansicht nach haben sie denselben Glauben wie Abraham, der Freund Gottes.
Doch Jesus schockiert sie mit folgender Antwort: „Wenn ihr Abrahams Kinder seid, so tut die Werke Abrahams.“ Ein wahrer Sohn würde seinen Vater nachahmen. „Nun aber sucht ihr mich zu töten“, sagt Jesus, „einen Menschen, der euch die Wahrheit gesagt hat, die ich von Gott gehört habe. Das hat Abraham nicht getan.“ Daher wiederholt Jesus: „Ihr tut die Werke eures Vaters.“
Sie verstehen immer noch nicht, wovon Jesus spricht, und bekräftigen ihre Behauptung, legitime Söhne Abrahams zu sein: „Wir sind nicht durch Hurerei geboren worden.“ Da sie wahre Anbeter Gottes wie Abraham zu sein behaupten, erklären sie: „Wir haben e i n e n Vater, Gott.“
Ist Gott aber wirklich ihr Vater? „Wenn Gott euer Vater wäre“, erwidert Jesus, „würdet ihr mich lieben, denn ich bin von Gott ausgegangen und bin hier. Auch bin ich ja nicht aus eigenem Antrieb gekommen, sondern jener hat mich ausgesandt. Wie kommt es, daß ihr nicht versteht, was ich rede?“
Jesus wollte den religiösen Führern vor Augen führen, welche Folgen es hätte, ihn zu verwerfen. Doch jetzt sagt er unverblümt: „Ihr seid aus eurem Vater, dem Teufel, und nach den Begierden eures Vaters wünscht ihr zu tun.“ Welche Art von Vater ist der Teufel? Jesus bezeichnet ihn als einen Totschläger und fügt hinzu: „Er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.“ Die Folgerung Jesu lautet daher: „Wer aus Gott ist, hört auf die Worte Gottes. Darum hört ihr nicht zu, weil ihr nicht aus Gott seid.“
Erzürnt über Jesu Tadel, antworten die Juden: „Sagen wir nicht mit Recht: Du bist ein Samariter und hast einen Dämon?“ Der Begriff „Samariter“ wird als Ausdruck der Verachtung und der Schande gebraucht, da die Juden das Volk der Samariter hassen.
Jesus ignoriert die verächtliche Verleumdung, ein Samariter zu sein, und erwidert: „Ich habe keinen Dämon, sondern ich ehre meinen Vater, und ihr entehrt mich.“ Dann äußert er die aufsehenerregende Verheißung: „Wenn jemand mein Wort hält, wird er den Tod überhaupt nie sehen.“ Damit meint Jesus natürlich nicht, daß seine Nachfolger buchstäblich den Tod nicht sehen werden. Er will damit vielmehr sagen, daß sie die ewige Vernichtung oder den „zweiten Tod“, aus dem es keine Auferstehung gibt, niemals sehen werden.
Die Juden fassen Jesu Worte jedoch buchstäblich auf. Daher sagen sie: „Jetzt erkennen wir, daß du einen Dämon hast. Abraham ist gestorben, ebenfalls die Propheten; du aber sagst: ‚Wenn jemand mein Wort hält, wird er den Tod überhaupt nie schmecken.‘ Du bist doch nicht etwa größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist? Auch die Propheten sind gestorben. Wer zu sein, beanspruchst du?“
Jesus will diese Männer ganz offensichtlich auf die Tatsache hinweisen, daß er der verheißene Messias ist. Doch statt auf die Frage nach seiner Identität direkt zu antworten, sagt er: „Wenn ich mich selbst verherrliche, ist meine Herrlichkeit nichts. Mein Vater ist es, der mich verherrlicht, er, von dem ihr sagt, er sei euer Gott; und doch habt ihr ihn nicht erkannt. Ich aber kenne ihn. Und wenn ich sagte: Ich kenne ihn nicht, wäre ich wie ihr ein Lügner.“
Jesus bezieht sich ein weiteres Mal auf den treuen Abraham und sagt: „Abraham, euer Vater, freute sich sehr über die Aussicht, meinen Tag zu sehen, und er sah ihn und freute sich.“ Ja, mit dem Auge des Glaubens blickte Abraham dem Kommen des verheißenen Messias entgegen. In ihrem Unglauben entgegnen die Juden: „Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt, und dennoch hast du Abraham gesehen?“
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham ins Dasein kam, bin ich gewesen“, antwortet Jesus. Er spricht hier natürlich von seiner vormenschlichen Existenz als mächtiges Geistgeschöpf im Himmel.
Aus Zorn über Jesu Behauptung, vor Abraham gelebt zu haben, heben die Juden Steine auf, um sie auf ihn zu werfen. Er verbirgt sich jedoch und kann den Tempel unbeschadet verlassen. Johannes 8:37-59; Offenbarung 3:14; 21:8.
▪ Wie zeigt Jesus, daß er einen anderen Vater hat als seine Feinde?
▪ Was bedeutet es, daß die Juden Jesus einen Samariter nennen?
▪ Was meint Jesus damit, daß seine Nachfolger den Tod nicht sehen werden?