Ihr Ältesten, richtet mit Gerechtigkeit
„Bei einem Verhör zwischen euren Brüdern sollt ihr mit Gerechtigkeit ... richten“ (5. MOSE 1:16).
1. Welche Übertragung richterlicher Autorität ist erfolgt, und was bedeutet das für menschliche Richter?
JEHOVA, der höchste Richter, hat seinem Sohn richterliche Autorität übertragen (Johannes 5:27). Christus, das Haupt der Christenversammlung, bedient sich seinerseits der Klasse des treuen und verständigen Sklaven und dessen leitender Körperschaft zur Ernennung von Ältesten, die zuweilen als Richter amten müssen (Matthäus 24:45-47; 1. Korinther 5:12, 13; Titus 1:5, 9). Als stellvertretende Richter sind sie verpflichtet, sich eng an das Beispiel der himmlischen Richter, Jehova und Christus Jesus, zu halten.
Christus — der vorbildliche Richter
2, 3. (a) Welche messianische Prophezeiung offenbart Christi Eigenschaften als Richter? (b) Welche Gedanken sind besonders beachtenswert?
2 Über den Christus in seiner Funktion als Richter wurde folgende Prophezeiung aufgezeichnet: „Auf ihm soll sich der Geist Jehovas niederlassen, der Geist der Weisheit und des Verständnisses, der Geist des Rates und der Macht, der Geist der Erkenntnis und der Furcht Jehovas; und er wird seine Freude haben an der Furcht Jehovas. Und er wird nicht nach dem bloßen Augenschein richten noch einfach gemäß dem zurechtweisen, was seine Ohren hören. Und mit Gerechtigkeit wird er die Geringen richten, und mit Geradheit wird er Zurechtweisung erteilen müssen zugunsten der Sanftmütigen der Erde“ (Jesaja 11:2-4).
3 Man beachte in dieser Prophezeiung die Eigenschaften, die Christus befähigen, „die bewohnte Erde in Gerechtigkeit [zu] richten“ (Apostelgeschichte 17:31). Er tut es in Übereinstimmung mit dem Geist Jehovas sowie mit dessen Weisheit, Verständnis, Rat und Erkenntnis. Des weiteren ist zu beachten, daß er in der Furcht Jehovas richtet. Der „Richterstuhl des Christus“ steht somit stellvertretend für den „Richterstuhl Gottes“ (2. Korinther 5:10; Römer 14:10). Jesus ist darauf bedacht, jeden Fall so zu richten, wie Gott es tun würde (Johannes 8:16). Er richtet nicht einfach nach dem bloßen Augenschein oder lediglich nach dem Hörensagen. Er richtet in Rechtschaffenheit mit Rücksicht auf die Sanftmütigen und Geringen. Welch ein wunderbarer Richter! Und welch ein hervorragendes Beispiel für unvollkommene Menschen, die heute eine richterliche Funktion wahrnehmen müssen!
Richter auf der Erde
4. (a) Welche Funktion werden die 144 000 während der Millenniumsherrschaft Christi unter anderem wahrnehmen? (b) Welche Prophezeiung zeigt, daß einige gesalbte Christen bereits auf der Erde zu Richtern ernannt werden würden?
4 Wie die Bibel zeigt, werden die relativ wenigen gesalbten Christen — die ersten von ihnen waren die 12 Apostel — während des Millenniums Mitrichter Christi Jesu sein (Lukas 22:28-30; 1. Korinther 6:2; Offenbarung 20:4). Ein Überrest der gesalbten Glieder des geistigen Israel auf der Erde wurde in den Jahren 1918/19 selbst gerichtet und wiederhergestellt (Maleachi 3:2-4). Über die Wiederherstellung des geistigen Israel war prophezeit worden: „Ich will wieder Richter für dich zurückbringen wie zuerst und Ratgeber für dich wie zu Beginn“ (Jesaja 1:26). Der wiederhergestellte Überrest erhielt von Jehova gerechte Richter und Ratgeber wie das fleischliche Israel „zu Beginn“.
5. (a) Wer wurde nach der Wiederherstellung des geistigen Israel ‘als Richter eingesetzt’, und wie werden sie in der Offenbarung beschrieben? (b) Wer hilft den gesalbten Aufsehern heute im Werk des Richtens, und wie werden diese geschult, bessere Richter zu sein?
5 Anfänglich waren sämtliche ‘Weisen, die als Richter eingesetzt’ wurden, gesalbte ältere Männer oder Älteste (1. Korinther 6:4, 5). Das Bibelbuch Offenbarung beschreibt, daß treue, geachtete gesalbte Aufseher sozusagen in Jesu rechter Hand gehalten werden, das heißt unter seiner Aufsicht und Leitung stehen (Offenbarung 1:16, 20; 2:1). Seit 1935 erhalten die Gesalbten die loyale Unterstützung einer ständig wachsenden „großen Volksmenge“, die die Hoffnung hat, die „große Drangsal“ zu überleben und für immer auf einer paradiesischen Erde zu leben (Offenbarung 7:9, 10, 14-17). Da die „Hochzeit des Lammes“ näher rückt, werden mehr und mehr Angehörige der großen Volksmenge von der gesalbten leitenden Körperschaft dazu ernannt, als Älteste und Richter in den über 66 000 Versammlungen der Zeugen Jehovas auf der ganzen Erde zu dienen (Offenbarung 19:7-9).a Durch besondere Schulungen werden sie ausgerüstet, in der Gesellschaft der „neuen Erde“ Verantwortung zu tragen (2. Petrus 3:13). Die Königreichsdienstschule, die Ende 1991 in vielen Ländern durchgeführt wurde, legte Nachdruck auf die richtige Behandlung von Rechtsfällen. Älteste, die als Richter dienen, sind verpflichtet, Jehova und Christus Jesus nachzuahmen, deren Gerichte wahrhaftig und gerecht sind (Johannes 5:30; 8:16; Offenbarung 19:1, 2).
Richter, die ‘ihren Wandel mit Furcht führen’
6. Warum müssen Älteste, die in einem Rechtskomitee dienen, ‘ihren Wandel mit Furcht führen’?
6 Wenn schon Christus in der Furcht Jehovas und mit der Hilfe seines Geistes richtet, wieviel mehr müssen es dann unvollkommene Älteste tun! Falls sie beauftragt werden, in einem Rechtskomitee zu dienen, müssen sie ‘ihren Wandel mit Furcht führen’ und ‘den Vater, der unparteiisch richtet’, anrufen, er möge ihnen helfen, in Gerechtigkeit zu richten (1. Petrus 1:17). Sie müssen bedenken, daß sie es mit „Seelen“, d. h. mit Menschenleben, zu tun haben, und zwar als solche, „die Rechenschaft ablegen werden“ (Hebräer 13:17). In Anbetracht dessen wird Jehova sie für alle vermeidbaren Fehler, die ihnen in Rechtsangelegenheiten unterlaufen, zur Rechenschaft ziehen. J. H. A. Ebrard schrieb in seinem Kommentar zu Hebräer 13:17, „daß es Pflicht des Hirten ist, zu w a c h e n über die Seelen, und daß er R e c h e n s c h a f t wird geben müssen über alle ihm anvertrauten Seelen, auch über die, so durch s e i n e Schuld verloren gegangen sind. O das ist ein schweres Wort. Bedenke doch ein jeder Diener des Wortes, daß er f r e i w i l l i g dies verantwortungsschwere Amt übernommen hat!“ (Vergleiche Johannes 17:12; Jakobus 3:1.)
7. (a) Was müssen heutige Richter im Sinn behalten, und was sollte ihr Ziel sein? (b) Welche Lehre sollten Älteste aus Matthäus 18:18-20 ziehen?
7 Älteste, die eine richterliche Funktion wahrnehmen, müssen im Sinn behalten, daß die wahren Richter eines jeden Falls Jehova und Jesus Christus sind. Erinnern wir uns an das, was den Richtern in Israel gesagt wurde: „Nicht für einen Menschen richtet ihr, sondern für Jehova; und er ist in der Sache des Gerichts mit euch. Und nun möge der Schrecken Jehovas auf euch sein! ... So solltet ihr tun, damit ihr euch nicht Schuld zuzieht“ (2. Chronika 19:6-10). Mit ehrerbietiger Furcht müssen Älteste, die einen Rechtsfall behandeln, ihr Äußerstes tun, um sicherzugehen, daß Jehova tatsächlich ‘mit ihnen ist in der Sache des Gerichts’. Ihre Entscheidung sollte genau widerspiegeln, wie Jehova und Christus den Fall betrachten. Das, was sie in symbolischer Weise auf der Erde „binden“ (die Schuld feststellen) oder „lösen“ (die Unschuld feststellen), sollte im Himmel bereits gebunden oder gelöst sein — geoffenbart durch das, was im inspirierten Wort Gottes geschrieben steht. Wenn sie in Jesu Namen zu Jehova beten, wird Jesus „in ihrer Mitte“ sein, um ihnen zu helfen (Matthäus 18:18-20, NW, Stud., Fußnote; Der Wachtturm, 15. Februar 1988, Seite 9). Die Atmosphäre bei einer Verhandlung vor dem Rechtskomitee sollte zeigen, daß Christus tatsächlich in ihrer Mitte ist.
Vollzeithirten
8. Worin besteht die Hauptverantwortung der Ältesten gegenüber der Herde, wie das Beispiel Jehovas und das Beispiel Jesu Christi zeigen? (Jesaja 40:10, 11; Johannes 10:11, 27-29).
8 Älteste sind keine Vollzeitrichter; sie sind Vollzeithirten. Sie sollen heilen, nicht bestrafen (Jakobus 5:13-16). Der Gedanke, der dem griechischen Wort für Aufseher (epískopos) zugrunde liegt, ist der der schützenden Fürsorge. In einem Werk wird gesagt: „Als Nachtrag zu Hirte [in 1. Petrus 2:25] weist das Wort [epískopos] auf die Hirtentätigkeit des Bewachens oder Beschützens hin“ (Theological Dictionary of the New Testament). Ja, ihre Hauptverantwortung besteht darin, über die Schafe zu wachen und sie zu beschützen, dafür zu sorgen, daß sie in der Herde bleiben.
9, 10. (a) Wie hob Paulus die Hauptverpflichtung der Ältesten hervor, und welche Frage könnte man daher stellen? (b) Was zeigen die Worte des Paulus aus Apostelgeschichte 20:29, und wie können Älteste versuchen, die Zahl der Rechtsfälle zu verringern?
9 Als der Apostel Paulus zu den Ältesten der Versammlung in Ephesus sprach, legte er den Nachdruck auf das Wesentliche: „Gebt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher euch der heilige Geist zu Aufsehern ernannt hat, um die Versammlung Gottes zu hüten, die er mit dem Blut seines eigenen Sohnes erkauft hat“ (Apostelgeschichte 20:28). Paulus hob das Hüten hervor, nicht das Bestrafen. Für einige Älteste wäre es gut, über folgende Frage nachzudenken: Könnten wir nicht viel Zeit, die erforderlich ist, um Rechtsfälle zu untersuchen und zu behandeln, sparen, wenn wir mehr Zeit und Mühe für das Hüten einsetzen würden?
10 Es stimmt, Paulus warnte vor ‘bedrückenden Wölfen’. Aber machte er ihnen nicht den Vorwurf, ‘die Herde nicht zu schonen’? (Apostelgeschichte 20:29). Und zeigen seine Worte nicht, daß die treuen Ältesten, wenn sie auch solche „Wölfe“ vertreiben sollten, die übrigen Glieder der Herde ‘schonend’ behandeln müssen? Was benötigt ein Schaf, das geistig schwach wird und aufhört, Gott zu dienen — muß es geschlagen oder geheilt, bestraft oder gehütet werden? (Jakobus 5:14, 15). Älteste sollten daher regelmäßig Zeit für die Hirtentätigkeit einplanen. Das kann sich dahin gehend positiv auswirken, daß weniger Zeit wegen langwieriger Rechtsfälle aufgewendet werden muß, in die Christen verwickelt werden, weil sie von der Sünde übermannt wurden. Es sollte auf jeden Fall das Hauptanliegen der Ältesten sein, eine Quelle der Hilfe und der Erfrischung zu sein, indem sie den Frieden, die Ruhe und die Sicherheit unter dem Volk Jehovas fördern (Jesaja 32:1, 2).
Als wohlwollende Hirten und Richter dienen
11. Warum müssen Älteste, die in einem Rechtskomitee dienen, unparteiisch sein, und warum benötigen sie die „Weisheit von oben“?
11 Wird eine intensivere Hirtentätigkeit durchgeführt, bevor ein Christ einen Fehltritt begeht, kann die Zahl der Rechtsfälle unter dem Volk Jehovas sicher verringert werden. (Vergleiche Galater 6:1.) Doch zufolge der menschlichen Sünde und Unvollkommenheit werden sich christliche Aufseher trotzdem von Zeit zu Zeit mit Missetaten beschäftigen müssen. Von welchen Grundsätzen sollten sie sich dabei leiten lassen? Von Grundsätzen, die sich seit der Zeit Mose bzw. der ersten Christen nicht geändert haben. Das, was Moses zu den Richtern in Israel sagte, hat immer noch Gültigkeit: „Bei einem Verhör zwischen euren Brüdern sollt ihr mit Gerechtigkeit ... richten. Ihr sollt beim Rechtsprechen nicht parteiisch sein“ (5. Mose 1:16, 17). Unparteilichkeit ist ein charakteristisches Merkmal der „Weisheit von oben“, jener Weisheit, die Älteste unbedingt benötigen, wenn sie in einem Rechtskomitee dienen (Jakobus 3:17; Sprüche 24:23). Diese Weisheit wird ihnen erkennen helfen, ob etwas aus Schwäche oder aus Böswilligkeit getan wurde.
12. In welchem Sinne müssen Richter nicht nur gerechte, sondern auch gute Menschen sein?
12 Älteste müssen „mit Gerechtigkeit ... richten“, d. h. in Übereinstimmung mit Jehovas Maßstäben für Recht und Unrecht (Psalm 19:9). Doch während sie sich bemühen, gerechte Menschen zu sein, sollten sie auch versuchen, gute Menschen zu sein, und zwar im Sinne jenes Unterschieds, den Paulus in Römer 5:7, 8 machte. Über diese Verse heißt es in dem Werk Einsichten über die Heilige Schrift unter dem Stichwort „Gerechtigkeit“: „Der Gebrauch des griechischen Wortes läßt erkennen, daß jemand, der als ‚guter‘ Mensch bekannt ist, wohlwollend (geneigt, anderen Gutes zu tun und ihnen zu nützen) und wohltätig ist (er bringt diese Güte durch Taten zum Ausdruck). Er ist nicht nur darauf bedacht zu tun, was die Gerechtigkeit verlangt, sondern läßt sich darüber hinaus von dem Wunsch leiten, andere zuvorkommend und rücksichtsvoll zu behandeln, ihnen zu nützen und ihnen zu helfen“ (Band 1, Seite 870). Älteste, die nicht nur gerecht, sondern auch gut sind, werden Missetäter mit gütiger Rücksichtnahme behandeln (Römer 2:4). Sie sollten Barmherzigkeit und Erbarmen bekunden. Und sie sollten tun, was sie können, um dem Missetäter zu helfen, die Notwendigkeit der Reue zu erkennen, selbst wenn er anfänglich auf ihre Bemühungen nicht zu reagieren scheint.
Die richtige Einstellung bei Verhandlungen
13. (a) Was ist ein Ältester, auch wenn er als Richter amtet? (b) Welcher Rat des Paulus ist auch auf Verhandlungen vor einem Rechtskomitee anzuwenden?
13 Wenn eine Situation eine Verhandlung vor dem Rechtskomitee erfordert, dürfen Älteste nicht vergessen, daß sie immer noch Hirten unter dem „vortrefflichen Hirten“ sind und daß sie es mit Schafen Jehovas zu tun haben (Johannes 10:11). Der Rat des Paulus bezüglich der allgemein üblichen Hilfe für Schafe, die sich in Schwierigkeiten befinden, ist ohne Abstriche auch auf Verhandlungen vor einem Rechtskomitee anzuwenden. Er schrieb: „Brüder, wenn auch ein Mensch einen Fehltritt tut, ehe er es gewahr wird, so versucht ihr, die geistig Befähigten, einen solchen Menschen im Geist der Milde wieder zurechtzubringen, während du dich selbst im Auge behältst, damit nicht auch du versucht wirst. Fahrt fort, einander die Bürden zu tragen, und so erfüllt das Gesetz des Christus“ (Galater 6:1, 2).b
14. Wie sollten Aufseher Verhandlungen vor einem Rechtskomitee betrachten, und wie sollten sie dem Missetäter gegenüber eingestellt sein?
14 Älteste, die in einem Rechtskomitee dienen, dürfen sich nicht als höherstehende Richter betrachten, die zusammengekommen sind, um eine Strafe zu verhängen; sie sollten die Verhandlung statt dessen als weiteren Aspekt ihrer Hirtentätigkeit betrachten. Eines der Schafe Jehovas ist in Schwierigkeiten. Was können sie tun, um den Betreffenden zu retten? Ist es zu spät, um diesem Schaf zu helfen, das sich von der Herde entfernt hat? Das wollen wir nicht hoffen. Die Ältesten sollten gern Barmherzigkeit bekunden, wenn dies angebracht ist. Das heißt natürlich nicht, daß sie die Maßstäbe Jehovas herabsetzen dürften, wenn eine schwere Sünde begangen wurde. Doch irgendwelche mildernde Umstände in Betracht zu ziehen wird ihnen helfen, Barmherzigkeit zu üben, sofern möglich (Psalm 103:8-10; 130:3). Leider sind manche Missetäter so halsstarrig, daß die Ältesten mit Festigkeit vorgehen müssen, jedoch dürfen sie niemals barsch sein (1. Korinther 5:13).
Das Ziel von Verhandlungen vor dem Rechtskomitee
15. Was sollte zunächst festgestellt werden, wenn Einzelpersonen ernste Probleme untereinander haben?
15 Wenn Einzelpersonen ernste Probleme untereinander haben, werden kluge Älteste zunächst feststellen, ob die Betreffenden schon versucht haben, die Angelegenheit persönlich im Geist von Matthäus 5:23, 24 oder Matthäus 18:15 beizulegen. Hat dies zu keinem Ergebnis geführt, wird womöglich Rat von ein oder zwei Ältesten genügen. Richterliche Maßnahmen sind nur dann erforderlich, wenn eine schwere Sünde begangen wurde, die zum Gemeinschaftsentzug führen kann (Matthäus 18:17; 1. Korinther 5:11). Voraussetzung für die Bildung eines Rechtskomitees ist eine eindeutige biblische Grundlage. (Siehe Wachtturm, 15. September 1989, Seite 18.) Wenn es dazu kommt, sollten die Ältesten ausgewählt werden, die für den betreffenden Fall am besten geeignet sind.
16. Was versuchen Älteste durch Verhandlungen vor dem Rechtskomitee zu erreichen?
16 Was versuchen Älteste durch Verhandlungen vor dem Rechtskomitee zu erreichen? Es ist unmöglich, mit Gerechtigkeit zu richten, wenn die Wahrheit nicht bekannt ist. Wie in Israel muß bei schwerwiegenden Angelegenheiten „gründlich nachgeforscht“ werden (5. Mose 13:14; 17:4). Ein Ziel der Verhandlung besteht somit darin, die den Fall betreffenden Tatsachen zu ergründen. Das kann und sollte aber mit Liebe geschehen (1. Korinther 13:4, 6, 7). Sobald die Tatsachen bekannt sind, werden die Ältesten alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Versammlung zu schützen und in ihr die hohen Maßstäbe Jehovas aufrechtzuerhalten sowie den ungehinderten Fluß seines heiligen Geistes zu gewährleisten (1. Korinther 5:7, 8). Ein weiteres Ziel einer Verhandlung besteht darin, einen gefährdeten Sünder wenn irgend möglich zu retten. (Vergleiche Lukas 15:8-10.)
17. (a) Wie sollte eine angeklagte Person während der Verhandlung behandelt werden, und mit welchem Ziel? (b) Was erfordert das von den Mitgliedern des Rechtskomitees?
17 Eine angeklagte Person sollte keinesfalls anders behandelt werden als eines der Schafe Gottes. Mit ihr sollte gütig umgegangen werden. Wenn eine Sünde begangen wurde (oder Sünden), ist es das Ziel gerechter Richter, dem Sünder zu helfen, sich zu korrigieren, den Irrtum seines Weges zu erkennen, zu bereuen und auf diese Weise „aus der Schlinge des Teufels“ herauszukommen. Es wird erforderlich sein, die „Kunst des Lehrens“ anzuwenden und ‘mit Milde zu unterweisen’ (2. Timotheus 2:24-26; 4:2). Wie verhält es sich, wenn der Betreffende dann erkennt, daß er gesündigt hat, wenn es ihm wirklich wie ein Stich durchs Herz geht und er Jehova um Vergebung bittet? (Vergleiche Apostelgeschichte 2:37.) Wenn das Komitee überzeugt ist, daß er aufrichtig Hilfe wünscht, ist es im allgemeinen nicht nötig, ihm die Gemeinschaft zu entziehen. (Siehe Wachtturm, 1. April 1983, Seite 31, Absatz 1.)
18. (a) Wann sollte ein Rechtskomitee mit Festigkeit vorgehen und einem Missetäter die Gemeinschaft entziehen? (b) Angesichts welcher erschütternden Situation sollten Älteste sich um Schafe bemühen, die vom rechten Weg abkommen?
18 Haben es die Mitglieder eines Rechtskomitees dagegen mit einem eindeutigen Fall von hartherziger Abtrünnigkeit, vorsätzlicher Rebellion gegen die Gesetze Jehovas oder reiner Bosheit zu tun, ist es ihre Pflicht, die anderen Angehörigen der Versammlung zu schützen, indem sie dem reuelosen Sünder die Gemeinschaft entziehen. Das Rechtskomitee ist nicht verpflichtet, wiederholt mit dem Missetäter zusammenzukommen oder ihm Worte in den Mund zu legen in dem Versuch, ihn zur Reue zu drängen, wenn er offensichtlich kein gottgefälliges Bedauern empfindet.c In den letzten Jahren lag die Zahl der Gemeinschaftsentzüge weltweit bei ungefähr einem Prozent der Verkündiger. Demnach ging von etwa hundert Schafen in der Hürde eines verloren — zumindest vorübergehend. Ist es in Anbetracht der Zeit und Mühe, die es kostet, einen Menschen in die Hürde zu bringen, nicht erschütternd zu wissen, daß jedes Jahr Zehntausende ‘dem Satan übergeben’ werden? (1. Korinther 5:5).
19. Was sollten Älteste, die in einem Rechtskomitee dienen, nie vergessen, und was sollte daher ihr Ziel sein?
19 Älteste, die einen Rechtsfall übernehmen, sollten daran denken, daß die meisten Fälle von Sünde in der Versammlung auf Schwäche und nicht auf Bosheit zurückzuführen sind. Sie dürfen nie Jesu Gleichnis vom verlorenen Schaf vergessen, das er mit den Worten abschloß: „Ich sage euch, daß so im Himmel mehr Freude über einen einzigen Sünder sein wird, der bereut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Reue nicht bedürfen“ (Lukas 15:7). Ja, „Jehova ... will [nicht], daß irgend jemand vernichtet werde, sondern will, daß alle zur Reue gelangen“ (2. Petrus 3:9). Mögen Rechtskomitees in der ganzen Welt mit der Hilfe Jehovas ihr Äußerstes tun, um Anlaß zur Freude im Himmel zu geben, indem sie Missetätern helfen, die Notwendigkeit der Reue zu erkennen und ihren Fuß wieder auf den schmalen Weg zu setzen, der zu ewigem Leben führt (Matthäus 7:13, 14).
[Fußnoten]
a Was die Stellung der Ältesten aus den Reihen der anderen Schafe im Hinblick auf die rechte Hand Christi betrifft, siehe das von der Wachtturm-Gesellschaft herausgegebene Buch Die Offenbarung — Ihr großartiger Höhepunkt ist nahe!, Seite 136, Fußnote.
Wiederholungsfragen
◻ Was sollte das Hauptinteresse der Ältesten sein, wie das Beispiel des großen Hirten und das des vortrefflichen Hirten zeigen?
◻ Wie können Älteste versuchen, die Zahl der Rechtsfälle zu verringern?
◻ In welchem Sinne müssen Richter nicht nur gerecht, sondern auch gut sein?
◻ Wie sollte ein Missetäter während der Verhandlung behandelt werden, und mit welchem Ziel?
◻ Warum ist ein Gemeinschaftsentzug das letzte Mittel?
[Bild auf Seite 16]
Wird das Hirtenwerk von vornherein durchgeführt, können möglicherweise viele Rechtsfälle vermieden werden
[Bild auf Seite 18]
Auch in einer Verhandlung vor dem Rechtskomitee sollten sich Älteste bemühen, einen Missetäter im Geist der Milde zurechtzubringen