KÖNIGREICH GOTTES
Das Mittel, durch das Gott seine universelle Souveränität gegenüber seinen Geschöpfen zum Ausdruck bringt oder ausübt (Ps 103:19). Der Begriff „Königreich Gottes“ bezeichnet vor allem den Ausdruck der Souveränität Gottes durch eine königliche Verwaltung unter seinem Sohn, Christus Jesus.
Mit dem Wort „Königreich“ wird in den Christlichen Griechischen Schriften der Ausdruck basiléia wiedergegeben, der „Königswürde“, „Königsherrschaft“, „Königreich“, „Königtum“, „königliche Würde“, „königliche Gewalt“ bedeutet (Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, 1986, Bd. II, S. 1023, 1024; S. Ch. Schirlitz, Griechisch-deutsches Wörterbuch zum Neuen Testamente, 1908, S. 70; W. Gemoll, Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, 1965, S. 154). Markus und Lukas verwenden häufig die Wendung „das Königreich Gottes“, und im Bericht des Matthäus kommt die ähnlich lautende Wendung „das Königreich der Himmel“ über 30-mal vor. (Vgl. Mar 10:23 und Luk 18:24 mit Mat 19:23, 24; siehe HIMMEL [Der sinnbildliche Himmel]; KÖNIGREICH.)
Die Regierung Gottes ist, was Aufbau und Funktionsweise betrifft, eine reine Theokratie (von den gr. Wörtern theós, Gott, und krátos, Herrschaft), eine Gottesherrschaft. Der Ausdruck „Theokratie“ wird dem jüdischen Geschichtsschreiber Josephus aus dem 1. Jahrhundert u. Z. zugeschrieben, der ihn offensichtlich in seinem Werk Gegen Apion (2. Buch, Abs. 17) prägte. Bezüglich der über Israel am Sinai eingesetzten Regierung bemerkte Josephus: „Hier hat man die Regierung der Staaten Monarchen, dort wenigen mächtigen Familien, anderwärts den Massen in die Hand gegeben. Unser Gesetzgeber dagegen hat auf keinen solchen Vorgang hingeblickt, sondern den Staat, wie man mit einem etwas erzwungenen Worte sagen könnte, zu einer Gottherrschaft [gr. theokratían] gemacht, indem er Gott die Gewalt und Herrschaft anheimgab.“ Bei einer reinen Theokratie konnte die Regierung natürlich nicht von einem menschlichen Gesetzgeber wie z. B. Moses bestimmt werden, sondern sie musste von Gott bestimmt und eingesetzt werden. Aus dem Bibelbericht geht hervor, dass dies der Fall war.
Ursprung des Ausdrucks. Der Ausdruck „König“ (hebr. mélech) ging offensichtlich nach der weltweiten Flut in den Sprachgebrauch der Menschen ein. Nimrod, „ein gewaltiger Jäger im Widerstand gegen Jehova“, herrschte über das erste irdische Königreich (1Mo 10:8-12). Danach entwickelten sich im Lauf der Zeit bis zu den Tagen Abrahams Stadtstaaten und Nationen, und es gab immer mehr menschliche Könige. Mit Ausnahme des Königreiches Melchisedeks, des König-Priesters von Salem (der als prophetisches Vorbild des Messias diente [1Mo 14:17-20; Heb 7:1-17]), vertrat keines dieser irdischen Königreiche die Herrschaft Gottes oder war von ihm gegründet. Menschen machten auch die falschen Götter, die sie anbeteten, zu Königen und schrieben ihnen die Fähigkeit zu, Menschen Herrschaftsgewalt zu übertragen. Jehova wandte den Titel „König [mélech]“, wie er in den nachsintflutlichen Aufzeichnungen der Hebräischen Schriften zu finden ist, auf sich selbst an, wodurch er den Titel verwendete, den Menschen geprägt und benutzt hatten. Dass Gott den Ausdruck gebrauchte, zeigt, dass er – nicht vermessene menschliche Herrscher oder von Menschen gemachte Götter – als „König“ betrachtet werden sollte und Gehorsam verdiente (Jer 10:10-12).
Jehova war natürlich, schon lange bevor menschliche Königreiche und überhaupt Menschen ins Dasein kamen, der souveräne Herrscher. Die Millionen von Engelsöhnen respektierten ihn als den wahren Gott und als ihren Schöpfer und gehorchten ihm (Hi 38:4-7; 2Ch 18:18; Ps 103:20-22; Da 7:10). Ganz gleich, welchen Titel er trug, wurde er doch von Anfang der Schöpfung an als derjenige anerkannt, dessen Wille rechtmäßigerweise als der höchste galt.
Gottes Herrschaft in den Anfängen der Menschheitsgeschichte. Die ersten Menschen, Adam und Eva, kannten Jehova als Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Sie anerkannten seine Autorität und sein Recht, Befehle zu erteilen, die Erfüllung gewisser Pflichten zu verlangen oder gewisse Handlungen zu verbieten, Land zum Bewohnen oder Bebauen zuzuteilen sowie jemandem die Befugnis zu übertragen, über andere seiner Geschöpfe zu herrschen (1Mo 1:26-30; 2:15-17). Adam hatte zwar die Fähigkeit, Wörter zu prägen (1Mo 2:19, 20), aber nichts deutet darauf hin, dass er den Titel „König [mélech]“ schuf und ihn auf Jehova, seinen Gott und Schöpfer, anwandte, obwohl er ihn als höchste Autorität anerkannte.
Aus den ersten Kapiteln des ersten Buches Mose geht hervor, dass Gott seine Autorität über den Menschen in Eden auf eine gütige Weise ausübte und ihm keine ungebührlichen Einschränkungen auferlegte. Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch setzte den gleichen Gehorsam voraus, wie ihn ein Sohn seinem Vater erweist. (Vgl. Luk 3:38.) Der Mensch hatte kein umfangreiches Gesetz, an das er sich halten musste (vgl. 1Ti 1:8-11); Gottes Gebote waren leicht verständlich und zweckmäßig. Auch deutet nichts darauf hin, dass Adam Anlass gehabt hätte, sich eingeschränkt zu fühlen, weil er bei allem, was er tat, kritisch beobachtet worden wäre; Gott scheint vielmehr, wenn es nötig war, zu gewissen Zeiten mit dem vollkommenen Menschen gesprochen zu haben (1Mo, Kap. 1 bis 3).
Eine neue Ausdrucksform der Herrschaft Gottes vorgesehen. Die offenkundige Übertretung des Gebotes Gottes, deren sich das erste Menschenpaar auf Veranlassung eines Geistsohnes Gottes schuldig machte, war in Wirklichkeit eine Auflehnung gegen die göttliche Autorität (1Mo 3:17-19; siehe BÄUME [Übertragene Bedeutung]). Die Stellung, die Gottes Widersacher (hebr. ßatán) einnahm, war eine Herausforderung, die einen Test verlangte, und stellte eine Streitfrage dar, bei der es um die Rechtmäßigkeit der universellen Souveränität Jehovas ging. (Siehe JEHOVA [Die wichtigste Streitfrage – eine moralische Streitfrage].) Da diese Streitfrage auf der Erde aufkam, ist es angebracht, dass sie auch auf der Erde geklärt wird (Off 12:7-12).
Als Jehova Gott über die ersten Rebellen das Urteil sprach, äußerte er eine in sinnbildliche Worte gekleidete Prophezeiung, aus der seine Absicht hervorging, einen „Samen“ als Mittel zu benutzen, um die rebellischen Mächte schließlich zu vernichten (1Mo 3:15). Demnach sollte Jehovas Herrschaft (die Äußerung seiner Souveränität) als Maßnahme gegen die Auflehnung einen neuen Aspekt annehmen oder durch eine neue Form zum Ausdruck kommen. Die schrittweise Offenbarung der „heiligen Geheimnisse des Königreiches“ (Mat 13:11) zeigte, dass damit die Bildung einer untergeordneten Regierung zusammenhing, einer regierenden Körperschaft mit einem stellvertretenden Herrscher an der Spitze. Die Erfüllung der Verheißung des „Samens“ erfolgt durch das Königreich Christi Jesu, der zusammen mit seinen auserwählten Gefährten regieren wird (Off 17:14; siehe JESUS CHRISTUS [Seine wichtige Rolle in Gottes Vorsatz]). Die schrittweise Verwirklichung des göttlichen Vorsatzes, diesen in Eden verheißenen Königreichs„samen“ hervorzubringen, ist ein grundlegendes Thema der Bibel geworden und ein Schlüssel zum Verständnis der Handlungsweise Jehovas mit seinen Dienern und mit der Menschheit im Allgemeinen.
Dass Gott Geschöpfen große Autorität und Macht überträgt (Mat 28:18; Off 2:26, 27; 3:21), ist insofern bemerkenswert, als die Frage der Lauterkeit aller Geschöpfe Gottes, d. h. ihre völlige Ergebenheit ihm gegenüber und ihre Loyalität gegenüber seiner Stellung als Haupt, einen wesentlichen Bestandteil der von Gottes Widersacher aufgeworfenen Streitfrage bildet. (Siehe LAUTERKEIT [Mit der wichtigsten Streitfrage verbunden].) Dass Jehova überhaupt Geschöpfe vertrauensvoll mit solch beachtlicher Autorität und Macht ausstattet, ist an sich schon ein hervorragender Beweis für die moralische Stärke seiner Herrschaft, was zur Rechtfertigung seines Namens und seiner Stellung sowie zur Bloßstellung der Falschanklagen seines Gegners beiträgt.
Bedürfnis nach göttlicher Regierung deutlich gemacht. Die Zustände, die sich seit dem Beginn der Rebellion der Menschen bis zur Sintflut entwickelten, lassen klar erkennen, dass die Menschheit göttliche Anleitung braucht. Unter den Menschen waren Uneinigkeit, Gewalttat und Mord bald an der Tagesordnung (1Mo 4:2-9, 23, 24). In welchem Ausmaß der Sünder Adam während seiner 930 Lebensjahre patriarchalische Autorität über seine immer größer werdende Nachkommenschaft ausübte, wird nicht berichtet. Aber in der siebten Generation war schockierende Gottlosigkeit offensichtlich gang und gäbe (Jud 14, 15), und zu Lebzeiten Noahs (der rund 120 Jahre nach Adams Tod geboren wurde) hatten sich die Verhältnisse derart verschlechtert, dass „die Erde voller Gewalttat“ war (1Mo 6:1-13). Dass sich Geistgeschöpfe entgegen dem Willen und Vorsatz Gottes Eingang in die menschliche Gesellschaft verschafft hatten, trug zu diesem Zustand noch bei (1Mo 6:1-4; Jud 6; 2Pe 2:4, 5; siehe NEPHILIM).
Obwohl die Erde der Herd der Auflehnung geworden war, gab Jehova seine Herrschaft über sie nicht auf. Die Sintflut war ein Beweis dafür, dass er immer noch die Macht und die Fähigkeit hatte, seinen Willen sowohl auf der Erde als auch im übrigen Universum durchzusetzen. Auch in der Zeit vor der Flut gab er deutlich zu erkennen, dass er bereit war, Personen, die ihn suchten, wie Abel, Henoch und Noah, bei ihrem Tun zu lenken und zu leiten. Besonders in Verbindung mit Noah sehen wir, dass Gott nicht nur über einen willigen irdischen Untertan herrschte, dem er Gebote und Richtlinien gab und den er samt seiner Familie beschützte und segnete, sondern dass sich seine Macht auch auf andere irdische Geschöpfe – die Landtiere und Vögel – erstreckte (1Mo 6:9 bis 7:16). Außerdem bewies Jehova eindeutig, dass er der ihm entfremdeten menschlichen Gesellschaft nicht gestatten würde, die Erde für immer zu verderben, und dass er sich keine Schranken auferlegt, wenn er es für notwendig hält, an Übeltätern sein gerechtes Urteil zu vollstrecken. Darüber hinaus bekundete er seine unumschränkte Macht über die verschiedenen Elemente der Erde, einschließlich ihrer Atmosphäre (1Mo 6:3, 5-7; 7:17 bis 8:22).
Die Gesellschaft unmittelbar nach der Sintflut und ihre Probleme. Nach der Sintflut bildete offenbar ein patriarchalisches System die Grundlage der menschlichen Gesellschaft, das ein gewisses Maß an Stabilität und Ordnung gewährleistete. Die Menschen sollten ‘die Erde füllen’, was voraussetzte, dass sie sich fortpflanzten und ihr Wohngebiet mit der Zeit über den ganzen Erdball ausdehnten (1Mo 9:1, 7). Unter diesen Umständen wären logischerweise weniger soziale Probleme entstanden, da diese im Allgemeinen auf die einzelnen Familien beschränkt geblieben wären und nicht zu den Spannungen geführt hätten, die in dicht bewohnten oder übervölkerten Gebieten oft entstehen. Das eigenmächtige Projekt in Babel erforderte aber eine entgegengesetzte Handlungsweise: ein Zusammenballen der Menschen, damit sie nicht „über die ganze Erdoberfläche zerstreut“ würden (1Mo 11:1-4; siehe SPRACHE). Außerdem wich Nimrod von der patriarchalischen Herrschaft ab und gründete das erste „Königreich“ (hebr. mamlacháh). Nimrod, ein Kuschit aus der Familie Hams, fiel in semitisches Gebiet (in das Land Assur [Assyrien]) ein und baute dort Städte, die er seinem Reich einverleibte (1Mo 10:8-12).
Durch die von Gott bewirkte Sprachverwirrung wurde die Menschenansammlung in der Ebene Schinar zerstreut, doch die von Nimrod eingeführte Regierungsmethode wurde in den Ländern, in die die verschiedenen Familien zogen, allgemein nachgeahmt. In den Tagen Abrahams (2018–1843 v. u. Z.) gab es Königreiche von Mesopotamien (Asien) bis hinab nach Ägypten, wo der König nicht mélech genannt wurde, sondern den Titel „Pharao“ trug. Doch diese Königreiche führten keine Sicherheit herbei. Die Könige schlossen bald Militärbündnisse, führten ausgedehnte Angriffskriege, plünderten und trieben Menschenraub (1Mo 14:1-12). Es gab sogar Städte, in denen Fremde von Homosexuellen angegriffen wurden (1Mo 19:4-9).
Während sich also die Menschen auf der Suche nach Sicherheit zweifellos in Gemeinschaften zusammenschlossen (vgl. 1Mo 4:14-17), fanden sie es bald für nötig, ihre Städte zu ummauern und schließlich zum Schutz vor militärischen Angriffen zu befestigen. Die ältesten weltlichen Berichte, die man gefunden hat, von denen viele aus Mesopotamien stammen, wo sich ursprünglich Nimrods Königreich befand, sind voll von Erzählungen über menschliche Konflikte, über Habgier, Intrigen und Blutvergießen. Die meisten aus der Antike stammenden nichtbiblischen Gesetzesurkunden, die entdeckt wurden, wie z. B. die von Lipitischtar, die aus Eschnunna und die von Hammurabi, zeigen, dass das menschliche Leben äußerst komplex geworden war. Soziale Spannungen führten zu Diebstahl, Betrug, wirtschaftlichen Schwierigkeiten, Streitereien über Eigentum und die Zahlung von Miete, Fragen in Bezug auf Darlehen und Zins, eheliche Untreue, Arztgebühren und ärztliches Versagen, tätliche Angriffe und Körperverletzung usw. Obgleich Hammurabi sich selbst „der mächtige König“ und „der vollkommene König“ nannte, konnte seine Regierung und Gesetzgebung ebenso wenig wie die anderer politischer Reiche des Altertums die Probleme der sündigen Menschheit lösen (Altorientalische Texte zum Alten Testament, herausgegeben von H. Greßmann, Berlin und Leipzig 1926, S. 407; vgl. Spr 28:5). In all diesen Königreichen spielte die Religion eine große Rolle, aber nicht die Anbetung des wahren Gottes. Die Priesterschaft arbeitete zwar eng mit der herrschenden Klasse zusammen und erfreute sich der Gunst des Königs, was aber das sittliche Niveau des Volkes nicht verbesserte. Die Keilinschriften alter religiöser Texte enthalten keinerlei geistige Erbauung oder sittliche Anleitung; die verehrten Götter werden als streitsüchtig, gewalttätig und lüstern dargestellt, als Wesen, die sich nicht von gerechten Maßstäben oder Vorsätzen leiten ließen. Die Menschen benötigten das Königreich Gottes, wollten sie sich eines friedlichen und glücklichen Lebens erfreuen.
Gott übt Königsmacht über Abraham und seine Nachkommen aus. Die Menschen, die Jehova Gott als ihr Oberhaupt betrachteten, blieben zwar von persönlichen Problemen und Schwierigkeiten nicht verschont, aber es wurde ihnen geholfen, diese in Übereinstimmung mit den gerechten göttlichen Grundsätzen zu lösen bzw. zu ertragen, ohne dabei ihre Würde zu verlieren. Gott schützte und stärkte sie (1Mo 13:5-11; 14:18-24; 19:15-24; 21:9-13, 22-33). Nachdem der Psalmist darauf hingewiesen hatte, dass Jehovas ‘richterliche Entscheidungen auf der ganzen Erde sind’, sagte er von Abraham, Isaak und Jakob: „Sie [waren] an Zahl noch wenige ..., ja sehr wenige, und ansässige Fremdlinge darin [in Kanaan]. Und sie wanderten beständig umher, von Nation zu Nation, von einem Königreich zu einem anderen Volk. Er [Jehova] ließ nicht zu, dass irgendein Mensch sie übervorteilte, sondern ihretwegen wies er Könige zurecht, indem er sprach: ‚Tastet meine Gesalbten nicht an, und meinen Propheten tut nichts Böses‘“ (Ps 105:7-15; vgl. 1Mo 12:10-20; 20:1-18; 31:22-24, 36-55). Auch das war ein Beweis dafür, dass Gott immer noch der Souverän über die Erde war und von dieser Stellung in Übereinstimmung mit der Entwicklung seines Vorsatzes Gebrauch machte.
Die treuen Patriarchen schlossen sich weder einem der Stadtstaaten oder Königreiche Kanaans noch denjenigen anderer Länder an. Anstatt Schutz und Sicherheit in einer Stadt unter der politischen Herrschaft eines menschlichen Königs zu suchen, wohnten sie als „Fremde und zeitweilig Ansässige“ in Zelten und warteten gläubig „auf die Stadt, die wahre Grundlagen hat, deren Bildner und Erbauer Gott ist“. Sie erkannten Gott als ihren Herrscher an und warteten auf seine künftige himmlische Einrichtung, seine für die Erde vorgesehene Regierung, die auf seine unumschränkte Macht und seinen souveränen Willen gegründet ist. Sie hegten diese Hoffnung, obwohl ihre Verwirklichung damals noch „fern“ war (Heb 11:8-10, 13-16). Deshalb konnte der von Gott bereits zum König gesalbte Jesus später sagen: „Abraham ... freute sich sehr über die Aussicht, meinen Tag zu sehen, und er sah ihn und freute sich“ (Joh 8:56).
Jehova ging in Bezug auf die Erfüllung seiner Verheißung des Königreichs„samens“ (1Mo 3:15) einen Schritt weiter, als er mit Abraham einen Bund schloss (1Mo 12:1-3; 22:15-18). Damit in Verbindung sagte er voraus, dass „Könige“ aus Abraham (Abram) und seiner Frau „hervorgehen“ würden (1Mo 17:1-6, 15, 16). Die Nachkommen Esaus, des einen Enkels Abrahams, gründeten zwar Scheichtümer und Königreiche, aber Gottes prophetische Verheißung einer königlichen Nachkommenschaft wurde gegenüber Jakob, dem anderen Enkel Abrahams, wiederholt (1Mo 35:11, 12; 36:9, 15-43).
Gründung der Nation Israel. Jahrhunderte später, zur gegebenen Zeit (1Mo 15:13-16), schritt Jehova Gott für die Nachkommen Jakobs – deren Zahl jetzt in die Millionen ging (siehe AUSZUG AUS ÄGYPTEN [Die Zahl der Ausziehenden]) – ein, indem er sie während einer Ausrottungskampagne der ägyptischen Regierung beschützte (2Mo 1:15-22) und sie schließlich aus der grausamen ägyptischen Sklaverei befreite (2Mo 2:23-25). Pharao, der ägyptische Herrscher, wies den Befehl, den Gott ihm durch seine Vertreter Moses und Aaron übermitteln ließ, verächtlich zurück, als ob dieser aus einer Quelle stamme, die in ägyptischen Angelegenheiten keine Autorität habe. Da sich Pharao wiederholt weigerte, Jehovas Souveränität anzuerkennen, führte Gott Plagen herbei, die ein offenkundiger Beweis seiner Macht waren (2Mo 7 bis 12). Dadurch gab Gott zu erkennen, dass er mehr Macht über die Elemente und die Geschöpfe der Erde hatte als irgendein irdischer König (2Mo 9:13-16). Er brachte diese Entfaltung seiner souveränen Macht zum Höhepunkt, indem er Pharaos Streitkräfte auf eine Weise vernichtete, wie es kein einziger der prahlerischen Krieg führenden Könige der Nationen jemals hätte tun können (2Mo 14:26-31). Moses und die Israeliten hatten allen Grund zu singen: „Jehova wird als König regieren auf unabsehbare Zeit, ja immerdar“ (2Mo 15:1-19).
Danach lieferte Jehova weitere Beweise seiner Macht über die Erde, über ihre lebenswichtigen Wasservorräte und ihre Vogelwelt sowie für seine Fähigkeit, die Nation sogar in dürren, unwirtlichen Gegenden zu schützen und am Leben zu erhalten (2Mo 15:22 bis 17:15). Nachdem er all das getan hatte, wandte er sich an die befreiten Israeliten und sagte ihnen, sie könnten, sofern sie ihm als Autorität gehorchen und seinen Bund halten würden, sein besonderes Eigentum aus allen anderen Völkern werden, „denn die ganze Erde gehört mir“, fügte er hinzu; sie könnten „ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation werden“ (2Mo 19:3-6). Nachdem sie eingewilligt hatten, sich Jehovas Souveränität unterzuordnen, gab er ihnen als königlicher Gesetzgeber eine umfangreiche Sammlung von Verordnungen und Gesetzen, wobei er ihnen auf eindrucksvolle und furchteinflößende Weise seine Macht und seine Herrlichkeit vor Augen führte (2Mo 19:7 bis 24:18). Die Stiftshütte oder das Zelt der Zusammenkunft – vor allem die darin aufbewahrte Bundeslade – sollte auf die Gegenwart des unsichtbaren, himmlischen Staatsoberhauptes hinweisen (2Mo 25:8, 21, 22; 33:7-11; vgl. Off 21:3). Die meisten Rechtsfälle wurden zwar von Moses und anderen als Richter eingesetzten Männern entschieden, die sich an Gottes Gesetz hielten, doch manchmal schritt Jehova auch selbst ein, um Gesetzesübertreter zu richten und an ihnen die Strafe zu vollziehen (2Mo 18:13-16, 24-26; 32:25-35). Die ordinierte Priesterschaft sorgte dafür, dass zwischen der Nation und ihrem himmlischen Herrscher ein gutes Verhältnis bestand, indem sie dem Volk in seinem Bemühen, den hohen Maßstäben des Gesetzesbundes zu entsprechen, beistand. (Siehe PRIESTER.) Die Regierung Israels war also eine echte Theokratie (5Mo 33:2, 5).
Als Gott und Schöpfer, dem für die ganze Erde das Enteignungsrecht zusteht und der auch „der Richter der ganzen Erde“ ist (1Mo 18:25), hatte Jehova das Land Kanaan dem Samen Abrahams zugewiesen (1Mo 12:5-7; 15:17-21). Als Staatsoberhaupt befahl er nun den Israeliten, nicht nur die Zwangsenteignung der verurteilten Kanaaniter, die dieses Gebiet bewohnten, vorzunehmen, sondern auch die Todesstrafe an ihnen zu vollstrecken (5Mo 9:1-5; siehe KANAAN, KANAANITER Nr. 2 [Die Eroberung Kanaans durch Israel]).
Die Richterzeit. Nach der Eroberung der vielen kanaanitischen Königreiche durch die Israeliten war Jehova Gott dreieinhalb Jahrhunderte der einzige König der Nation Israel. Von ihm erwählte Richter wirkten zu gewissen Zeiten in Krieg und Frieden als Führer der ganzen Nation oder einzelner Stämme. Nachdem der Richter Gideon Midian geschlagen hatte, bat ihn das Volk, Israels Herrscher zu werden, aber er weigerte sich, da er Jehova als den wahren Herrscher der Nation anerkannte (Ri 8:22, 23). Sein ehrgeiziger Sohn Abimelech machte sich dann zum König über einen kleinen Teil der Nation, was indes schon nach kurzer Zeit ein katastrophales Ende nahm (Ri 9:1, 6, 22, 53-56).
Über die Richterzeit ist zu lesen: „In jenen Tagen gab es keinen König in Israel. Jedermann war gewohnt, zu tun, was in seinen eigenen Augen recht war“ (Ri 17:6; 21:25). Das soll nicht heißen, dass es damals keine Rechtsordnung gab. Jede Stadt hatte Richter, ältere Männer, die Rechtsfragen und -probleme behandelten und dem Recht Geltung verschafften (5Mo 16:18-20; siehe GERICHT, GERICHTSHOF). Die levitische Priesterschaft, die dem Volk vorstand, hatte die Aufgabe, es anzuleiten und im Gesetz Gottes zu unterweisen. Der Hohe Priester besaß die Urim und die Tummim, mit deren Hilfe er Gott in schwierigen Angelegenheiten befragte. (Siehe HOHER PRIESTER; PRIESTER; URIM UND TUMMIM.) Wer sich also diese Vorkehrungen zunutze machte, sich eine Erkenntnis des Gesetzes Gottes aneignete und sie anwandte, verfügte über eine zuverlässige Richtschnur für sein Gewissen. Wenn er in diesem Fall tat, „was in seinen eigenen Augen recht war“, hatte das keine negativen Folgen. Jehova gestattete dem Volk zu offenbaren, ob es in seiner Einstellung und Lebensführung Bereitwilligkeit oder Widerwillen bekundete. Kein menschlicher Monarch beaufsichtigte die Arbeit der Stadtrichter oder befahl den Bürgern, sich an bestimmten Projekten zu beteiligen, oder rief sie zur Verteidigung der Nation auf. (Vgl. Ri 5:1-18.) Deshalb waren die schlimmen Zustände, die sich entwickelten, darauf zurückzuführen, dass die meisten nicht gewillt waren, die Worte und Gesetze ihres himmlischen Königs zu befolgen und aus seinen Vorkehrungen Nutzen zu ziehen (Ri 2:11-23).
Ein menschlicher König gefordert. Nahezu 400 Jahre nach dem Auszug aus Ägypten und über 800 Jahre nachdem Gott mit Abraham seinen Bund geschlossen hatte, verlangten die Israeliten einen menschlichen König, der sie führen sollte, wie es bei anderen Nationen der Fall war. Dadurch verwarfen sie Jehova als ihren König (1Sa 8:4-8). Aufgrund der Verheißung, die Gott – wie bereits erwähnt – Abraham und Jakob gegeben hatte, erwarteten sie zwar mit Recht ein von Gott gegründetes Königreich. Diese Hoffnung stützte sich außerdem auf Jakobs Sterbebettprophezeiung über Juda (1Mo 49:8-10), auf die Worte, die Jehova nach dem Auszug aus Ägypten an Israel gerichtet hatte (2Mo 19:3-6), auf den Wortlaut des Gesetzesbundes (5Mo 17:14, 15) und sogar zum Teil auf die Botschaft, die der Prophet Bileam auf Gottes Veranlassung verkündet hatte (4Mo 24:2-7, 17). Auch Samuels gläubige Mutter Hanna äußerte diese Hoffnung in einem Gebet (1Sa 2:7-10). Jehova hatte aber sein „heiliges Geheimnis“ in Bezug auf das Königreich noch nicht vollständig enthüllt; er hatte noch nicht angedeutet, wann für ihn die Zeit kommen würde, es aufzurichten, oder wie diese Regierung aufgebaut und zusammengesetzt sein sollte – ob es eine irdische oder eine himmlische wäre. Es war also eine Vermessenheit seitens des Volkes, zu jener Zeit einen menschlichen König zu verlangen.
Die drohende Gefahr eines Angriffs der Philister und der Ammoniter förderte offenbar noch den Wunsch der Israeliten nach einem sichtbaren königlichen Oberbefehlshaber. Sie bewiesen dadurch, dass sie an Gottes Fähigkeit, sie zu beschützen, zu führen und für sie als Nation oder als Einzelne zu sorgen, zweifelten (1Sa 8:4-8). Ihr Beweggrund war falsch, dennoch entsprach Jehova Gott ihrer Forderung, allerdings nicht in erster Linie ihretwegen, sondern wegen der Verwirklichung seines guten Vorsatzes, das „heilige Geheimnis“ seines künftigen, unter dem „Samen“ stehenden Königreiches schrittweise zu enthüllen. Ein menschliches Königtum würde für die Israeliten jedoch Probleme mit sich bringen und von ihnen Opfer fordern. Diese Tatsachen führte Jehova dem Volk vor Augen (1Sa 8:9-22).
Die Könige, die Jehova danach einsetzte, sollten als seine irdischen Vertreter dienen, und seine Souveränität über die Nation sollte durch ihre Herrschaft nicht im Geringsten beeinträchtigt werden. Sie waren stellvertretende Könige und saßen in Wirklichkeit auf dem Thron Jehovas (1Ch 29:23). Jehova gebot die Salbung Sauls, des ersten Königs (1Sa 9:15-17), stellte aber zugleich den Mangel an Glauben bloß, den die Nation bewiesen hatte (1Sa 10:17-25).
Damit das Königtum sich vorteilhaft auswirkte, mussten sowohl der König als auch die Nation Gottes Autorität respektieren. Waren sie unrealistisch und suchten woanders Anleitung und Schutz, würden Volk und König weggerafft werden (5Mo 28:36; 1Sa 12:13-15, 20-25). Der König durfte nicht auf militärische Stärke vertrauen, er sollte sich die Frauen nicht mehren und sich nicht von der Gier nach Reichtum beherrschen lassen. Er sollte sein Königtum ausschließlich im Rahmen des Gesetzesbundes ausüben. Der König musste auf göttliche Anordnung seine eigene Abschrift des Gesetzes anfertigen und täglich darin lesen, damit er die rechte Furcht vor der souveränen Autorität bewahrte, demütig blieb und an einem gerechten Lauf festhielt (5Mo 17:16-20). In dem Maß, wie er das tat und Gott mit ganzem Herzen liebte sowie seinen Nächsten wie sich selbst, würde seine Herrschaft ein Segen sein, und es gäbe dann keinen echten Grund, sich wegen Unterdrückung oder Mühsal zu beklagen. Aber ebenso wie dem Volk, so gestattete Jehova auch den Herrschern, den Königen, zu offenbaren, was in ihrem Herzen war, ob sie willens waren oder nicht, Gottes Autorität und Willen anzuerkennen.
Davids beispielhafte Herrschaft. Da der Benjaminiter Saul die Autorität und die Anordnungen der „Hoheit Israels“ nicht respektierte, zog er sich Gottes Missfallen zu und büßte für seine Nachkommen den Thron ein (1Sa 13:10-14; 15:17-29; 1Ch 10:13, 14). Durch die Herrschaft seines Nachfolgers David aus dem Stamm Juda erfüllte sich ein weiterer Teil der Sterbebettprophezeiung Jakobs (1Mo 49:8-10). David beging zwar zufolge menschlicher Schwächen Fehler, doch seine Herrschaft war beispielhaft, weil er Jehova Gott von Herzen ergeben war und sich ihm demütig unterordnete (Ps 51:1-4; 1Sa 24:10-14; vgl. 1Kö 11:4; 15:11, 14). Als das Volk freiwillige Gaben für den Tempelbau brachte, betete David zu Gott vor dem versammelten Volk, indem er sprach: „Dein, o Jehova, ist die Größe und die Macht und die Schönheit und die Hoheit und die Würde; denn alles in den Himmeln und auf der Erde ist dein. Dein ist das Königreich, o Jehova, der du dich auch als Haupt über alles erhebst. Der Reichtum und die Herrlichkeit sind deinetwegen, und du beherrschst alles; und in deiner Hand sind Kraft und Macht, und in deiner Hand steht es, groß zu machen und allen Stärke zu geben. Und nun, o unser Gott, wir danken dir und preisen deinen herrlichen Namen“ (1Ch 29:10-13). Davids letzter Rat an seinen Sohn Salomo lässt ebenfalls seine hervorragende Einstellung zu dem Verhältnis zwischen dem irdischen Königtum und seinem göttlichen Urheber erkennen (1Kö 2:1-4).
Als David die Bundeslade, mit der Jehovas Gegenwart verbunden war, in die Hauptstadt Jerusalem brachte, sang er: „Mögen die Himmel sich freuen, und möge die Erde frohlocken, und man spreche unter den Nationen: ‚Jehova selbst ist König geworden!‘“ (1Ch 16:1, 7, 23-31). Daraus ersehen wir, dass Jehova – obwohl er von Anfang der Schöpfung an regiert – zu gewissen Zeiten oder bei bestimmten Gelegenheiten seine Macht auf besondere Weise zum Ausdruck bringen oder gewisse Einrichtungen schaffen kann, die ihn vertreten, weshalb dann mit Recht von ihm gesagt werden kann, er sei „König geworden“.
Der Bund für ein Königreich. Jehova schloss mit David einen Bund für ein Königreich, das für immer in seinem Geschlecht bestehen sollte, indem er sagte: „Ich [werde] bestimmt deinen Samen nach dir erwecken, ... und ich werde zweifellos sein Königtum festigen. ... Und dein Haus und dein Königtum werden gewiss bis auf unabsehbare Zeit vor dir beständig sein; ja dein Thron wird bis auf unabsehbare Zeit gefestigt werden“ (2Sa 7:12-16; 1Ch 17:11-14). Dieser gegenüber dem davidischen Herrschergeschlecht rechtskräftige Bund war ein weiterer Beweis für die allmähliche Erfüllung der von Gott in Eden gegebenen Verheißung seines Königreiches durch den vorhergesagten „Samen“ (1Mo 3:15) und ermöglichte es zudem, diesen „Samen“ zu erkennen, wenn er kommen würde. (Vgl. Jes 9:6, 7; 1Pe 1:11.) Die von Gott eingesetzten Könige wurden für ihr Amt gesalbt, weshalb der Ausdruck „Messias“ (was „Gesalbter“ bedeutet) auf sie zutraf (1Sa 16:1; Ps 132:13, 17). Offensichtlich diente das irdische Königreich, das Jehova über Israel aufgerichtet hatte, als ein Vorbild oder Miniaturbild des kommenden Königreiches unter dem Messias, Jesus Christus, dem „Sohn Davids“ (Mat 1:1).
Niedergang und Ende der israelitischen Königreiche. Weil man sich nicht an Jehovas gerechte Wege hielt, waren die Verhältnisse schon am Ende der Regierung des dritten und zu Beginn der Herrschaft des vierten Königs so unbefriedigend, dass sie zu einer Rebellion und einer Teilung der Nation führten (997 v. u. Z.). Dadurch entstanden das Nordreich und das Südreich. Dessen ungeachtet blieb Jehovas Bund mit David gegenüber den Königen des Südreiches Juda in Kraft. Im Lauf der Jahrhunderte gab es in Juda nur wenige treue Könige, und im Nordreich Israel fehlten sie ganz. Die Geschichte des Nordreiches wurde von Götzendienst, Intrigen und Mordtaten geprägt, und oft folgten die Könige sehr rasch aufeinander. Das Volk wurde ungerecht behandelt und unterdrückt. Ungefähr 250 Jahre nach seiner Entstehung ließ Jehova zu, dass das Nordreich wegen seiner Auflehnung gegen Gott vom König von Assyrien zerstört wurde (740 v. u. Z.) (Hos 4:1, 2; Am 2:6-8).
Da die Könige des Südreiches oder des Königreiches Juda alle aus dem Hause Davids stammten, erfreute sich dieses zwar größerer Stabilität, doch schließlich übertraf seine Sittenverderbnis diejenige des Nordreiches noch, und das trotz des Bemühens gottesfürchtiger Könige, wie Hiskia und Josia, dem Hang zum Götzendienst und der Ablehnung des Wortes und der Autorität Jehovas Einhalt zu gebieten (Jes 1:1-4; Hes 23:1-4, 11). Soziale Ungerechtigkeit, Tyrannei, Habgier, Unehrlichkeit, Bestechung, sexuelle Perversion, Überfälle und Blutvergießen sowie religiöse Heuchelei, die Gottes Tempel in eine „Räuberhöhle“ verwandelte – all das wurde von Jehovas Propheten in ihren Warnungsbotschaften, die sie den Herrschern und dem Volk verkündeten, angeprangert (Jes 1:15-17, 21-23; 3:14, 15; Jer 5:1, 2, 7, 8, 26-28, 31; 6:6, 7; 7:8-11). Weder die Unterstützung abtrünniger Priester noch ein politisches Bündnis mit anderen Nationen konnte den bevorstehenden Sturz dieses treulosen Königreiches aufhalten (Jer 6:13-15; 37:7-10). Im Jahr 607 v. u. Z. wurde Jerusalem, die Hauptstadt, von den Babyloniern zerstört und das Land Juda zu einer wüsten Einöde gemacht (2Kö 25:1-26).
Jehovas Stellung als König bleibt unbeeinträchtigt. Die Zerstörung der Königreiche Israel und Juda warf keineswegs ein schlechtes Licht auf Jehovas Regierungsweise und deutete nicht im Geringsten auf eine Schwäche seinerseits hin. Während der ganzen Geschichte der Nation Israel gab Jehova immer wieder zu verstehen, dass ihm an bereitwilligem Dienst und an Gehorsam gelegen war (5Mo 10:12-21; 30:6, 15-20; Jes 1:18-20; Hes 18:25-32). Er lehrte, wies zurecht, erzog, warnte und bestrafte. Er gebrauchte seine Macht aber nicht, um den König oder das Volk zu zwingen, gerecht zu handeln. Sie waren an den schlimmen Verhältnissen, die sich entwickelt hatten, an dem Leid, das ihnen widerfuhr, und an dem Unglück, das sie traf, selbst schuld, denn sie waren widerspenstig, hatten ihr Herz verhärtet und verfolgten törichterweise einen Weg der Unabhängigkeit, der ihren eigenen Interessen zuwiderlief (Klg 1:8, 9; Ne 9:26-31, 34-37; Jes 1:2-7; Jer 8:5-9; Hos 7:10, 11).
Jehova bewies seine souveräne Macht, indem er die feindseligen, expansionsfreudigen Assyrer und Babylonier bis zu der von ihm bestimmten Zeit zurückhielt, ja sie so lenkte, dass sich durch ihr Vorgehen seine Prophezeiungen erfüllten (Hes 21:18-23; Jes 10:5-7). Als er der Nation Israel schließlich seinen Schutz entzog, vollstreckte er als souveräner Herrscher an ihr sein gerechtes Urteil (Jer 35:17). Für Gottes gehorsame Diener, die durch seine Prophezeiungen gewarnt worden waren, war die Verwüstung Israels und Judas keine schockierende Überraschung. Die Erniedrigung hochmütiger Herrscher erhöhte die ‘Pracht der Hoheit Jehovas’ (Jes 2:1, 10-17). Vor allem aber erwies sich Jehova als Beschützer und Retter derer, die selbst in Zeiten von Hungersnöten, Seuchen und blutigen Kriegen zu ihm als ihrem König aufschauten, ja die sogar auf ihn vertrauten, wenn sie von denen, die Gerechtigkeit hassten, verfolgt wurden (Jer 34:17-21; 20:10, 11; 35:18, 19; 36:26; 37:18-21; 38:7-13; 39:11 bis 40:5).
Israels letzter König wurde vor der bevorstehenden Beseitigung seiner Krone – des Symbols, das ihn als gesalbten König und königlichen Vertreter Jehovas kennzeichnete – gewarnt. Es sollte kein gesalbter König aus dem Hause Davids mehr herrschen, bis der käme, „der das gesetzliche Recht hat“, ihm würde Jehova es geben (Hes 21:25-27). Das Vorbildkönigreich, das nun in Trümmern lag, hatte also zu wirken aufgehört, und die Aufmerksamkeit wurde erneut auf den kommenden „Samen“, den Messias, gelenkt.
Politische Nationen wie Assyrien und Babylon verwüsteten die abtrünnigen Königreiche Israel und Juda. Wenn Gott davon spricht, dass er sie selbst gegen diese verurteilten Königreiche „erweckte“ oder „brachte“ (5Mo 28:49; Jer 5:15; 25:8, 9; Hes 7:24; Am 6:14), ist das in einem ähnlichen Sinn zu verstehen wie die Äußerung, dass Gott das Herz Pharaos „verstockt werden“ ließ. (Siehe VORHERBESTIMMUNG, VORHERWISSEN [Vorherwissen in Bezug auf Einzelpersonen].) Das heißt, Gott „brachte“ die angreifenden Streitkräfte, indem er zuließ, dass sie den Wunsch, der bereits in ihrem Herzen war, ausführten (Jes 10:7; Klg 2:16; Mi 4:11), und er seine schützende „Hand“ von der Zielscheibe ihres ehrgeizigen und habsüchtigen Strebens zurückzog (5Mo 31:17, 18; vgl. Esr 8:31 mit Esr 5:12; Ne 9:28-31; Jer 34:2). Die abtrünnigen Israeliten, die sich hartnäckig weigerten, sich Jehovas Gesetz und Willen zu unterwerfen, erhielten somit „Freiheit ... für das Schwert, für die Pest und für den Hunger“ (Jer 34:17). Doch die angreifenden heidnischen Nationen erlangten nicht Gottes Gunst und hatten auch keine „reinen Hände“ in seinen Augen, als sie das Nordreich und das Südreich sowie die Hauptstadt Jerusalem und ihren heiligen Tempel rücksichtslos vernichteten. Weil sie ‘sein Erbe plünderten’, konnte Jehova, der Richter der ganzen Erde, sie somit rechtmäßig dazu verurteilen, die gleiche Vernichtung zu erleiden, die sie an seinem Bundesvolk angerichtet hatten (Jes 10:12-14; 13:1, 17-22; 14:4-6, 12-14, 26, 27; 47:5-11; Jer 50:11, 14, 17-19, 23-29).
Visionen von Gottes Königreich in den Tagen Daniels. Die Prophezeiung Daniels hebt als Thema nachdrücklich die universelle Souveränität Gottes hervor und gibt weiteren Aufschluss über Jehovas Vorsatz. Daniel, der als Verbannter in der Hauptstadt der Weltmacht lebte, von der Juda besiegt worden war, wurde von Gott gebraucht, um eine Vision des babylonischen Herrschers zu deuten, durch die der Aufmarsch der Weltmächte und ihre schließliche Vernichtung durch ein von Jehova selbst aufgerichtetes ewiges Königreich vorhergesagt wurde. Ohne Zweifel zur Verwunderung seines Hofes wurde König Nebukadnezar, der Eroberer Jerusalems, nun veranlasst, vor Daniel, dem Verbannten, huldigend niederzufallen und dessen Gott als „Herrn der Könige“ anzuerkennen (Da 2:36-47). Auch durch Nebukadnezars Traum vom ‘umgehauenen Baum’ machte Jehova unmissverständlich klar, dass „der Höchste der Herrscher ist im Königreich der Menschheit und dass er es gibt, wem er will, und er darüber sogar den niedrigsten der Menschen setzt“ (Da 4; eine Abhandlung über diese Vision ist unter dem Stichwort BESTIMMTE ZEITEN DER NATIONEN zu finden). Der Reichsherrscher Nebukadnezar wurde durch die Erfüllung des Traumes, soweit sie ihn betraf, wiederum veranlasst, Daniels Gott als den „König der Himmel“ anzuerkennen, als den, der „nach seinem eigenen Willen [tut] inmitten des Heeres der Himmel und der Bewohner der Erde. Und es existiert keiner, der seiner Hand wehren oder der zu ihm sprechen kann: ‚Was hast du getan?‘“ (Da 4:34-37).
Gegen Ende der babylonischen Weltherrschaft sah Daniel in prophetischen Visionen eine Reihenfolge von Weltreichen, die raubtierähnliche Merkmale aufwiesen. Er sah ferner, wie Jehovas hohes himmlisches Gericht tagte, wie es über die Weltmächte das Urteil fällte und sie für unwürdig erklärte zu herrschen. Dann sah er einen, der aussah „wie ein Menschensohn ... Und ihm wurde Herrschaft und Würde und Königtum gegeben, damit die Völker, Völkerschaften und Sprachen alle ihm dienen sollten“, ihm, dessen Herrschaft „eine auf unabsehbare Zeit dauernde Herrschaft [ist], die nicht vergehen wird“. Darüber hinaus sah er, wie die letzte Weltmacht gegen „die Heiligen“ Krieg führte, dass sie deshalb gänzlich vernichtet wurde und danach „das Königreich und die Herrschaft und die Größe der Königreiche unter allen Himmeln ... dem Volk der Heiligen des Allerhöchsten“, Jehova Gott, gegeben wurde (Da 7, 8). Das zeigte deutlich, dass zu dem verheißenen „Samen“, der die Regierung ausmachen sollte, nicht nur ein königliches Oberhaupt, der „Menschensohn“, gehören würde, sondern auch eine Anzahl Mitregenten, die „Heiligen des Allerhöchsten“.
Wie Gott gegenüber Babylon und Medo-Persien seine königliche Macht zum Ausdruck brachte. Gottes unumstößliches Urteil über das mächtige Babylon wurde plötzlich und unerwartet vollstreckt; die Tage dieses Reiches waren gezählt, und es wurde ihm ein Ende gemacht (Da 5:17-30). Während der nachfolgenden medo-persischen Herrschaft offenbarte Jehova weitere Einzelheiten über das messianische Königreich. Er sagte nicht nur vorher, wann der Messias erscheinen und wann er „abgeschnitten“ würde, sondern wies auch auf eine zweite Zerstörung der Stadt Jerusalem und ihrer heiligen Stätte hin (Da 9:1, 24-27; siehe SIEBZIG WOCHEN). Wie während der babylonischen Herrschaft, so erwies sich Jehova Gott auch jetzt wieder als Beschützer derer, die seine Souveränität anerkannten, selbst wenn sie sich dadurch den Zorn der Regierung zuzogen oder sich der Todesgefahr aussetzten; er bekundete seine Macht sowohl über Naturgewalten als auch über Raubtiere (Da 3:13-29; 6:12-27). Er bewirkte, dass die Tore Babylons zur rechten Zeit geöffnet wurden, sodass sein Bundesvolk freikam und in seine Heimat zurückkehren konnte, um das Haus Jehovas dort wieder aufzubauen (2Ch 36:20-23). Da er die Befreiung seines Volkes veranlasst hatte, konnte zu Zion gesagt werden: „Dein Gott ist König geworden!“ (Jes 52:7-11). Danach wurden Verschwörungen gegen sein Volk vereitelt und Schwierigkeiten, die durch verleumderische Anklagen untergeordneter Beamter sowie durch feindliche Regierungsverordnungen hervorgerufen worden waren, überwunden, da Jehova verschiedene persische Könige bewog, die Durchführung seines souveränen Willens zu unterstützen (Esr 4 bis 7; Ne 2, 4, 6; Est 3 bis 9).
Auf diese Weise schritt die Verwirklichung des unabänderlichen Vorsatzes Jehovas Jahrtausende hindurch unaufhaltsam vorwärts. Ganz gleich, welche Wende die Ereignisse auf der Erde nahmen, war Gott jederzeit Herr der Lage und seinen Gegnern stets voraus, sowohl Menschen als auch dem Teufel. Er ließ nicht zu, dass die vollkommene Verwirklichung seines Vorsatzes oder Willens irgendwie verhindert wurde. Durch die Nation Israel und ihre Geschichte wurden nicht nur prophetische Bilder geschaffen, die auf Gottes künftiges Handeln mit der Menschheit hinwiesen, sondern es wurde dadurch auch gezeigt, dass ohne von Herzen kommende Anerkennung und Unterordnung unter Gottes Leitung Harmonie, Frieden und Glück nicht von Bestand sein können. Die Israeliten hatten den Vorteil, dass sie alle die gleichen Vorfahren hatten, die gleiche Sprache redeten und das gleiche Land bewohnten. Sie hatten auch die gleichen Feinde. Ihre Einheit, Stärke, Rechtschaffenheit und echte Lebensfreude hielten jedoch nur so lange an, wie sie Jehova Gott anbeteten und ihm treu und loyal dienten. Sobald die Bande, durch die sie mit Jehova Gott verbunden waren, lockerer wurden, verschlechterte sich der Zustand der Nation sehr schnell.
Das Königreich Gottes ‘naht sich’. Da der Messias ein Nachkomme Abrahams, Isaaks und Jakobs sowie ein Angehöriger des Stammes Juda und ein „Sohn Davids“ sein sollte, musste er als Mensch geboren werden; er musste gemäß der prophetischen Erklärung Daniels ein „Menschensohn“ sein. Als „die Grenze der Fülle der Zeit gekommen war“, sandte Jehova Gott seinen Sohn, der von einer Frau geboren wurde und alle gesetzlichen Forderungen erfüllte, um der Erbe des ‘Thrones Davids, seines Vaters’, zu werden (Gal 4:4; Luk 1:26-33; siehe GESCHLECHTSREGISTER JESU CHRISTI). Sechs Monate vor der Geburt Jesu war Johannes, der der Täufer wurde und Jesu Vorläufer werden sollte, geboren worden (Luk 1:13-17, 36). Die Worte, die die Eltern dieser Söhne äußerten, ließen erkennen, dass sie gespannt darauf warteten, dass Gott in Verbindung mit seiner Herrschaft etwas tun würde (Luk 1:41-55, 68-79). Die Worte der Engel, die aus Anlass der Geburt Jesu ausgesandt worden waren, um die Bedeutung dieses Ereignisses anzukündigen, wiesen ebenfalls auf herrliche Taten Gottes hin (Luk 2:9-14). Auch die Worte, die Simeon und Anna im Tempel äußerten, brachten die Hoffnung auf Taten der Rettung und Befreiung zum Ausdruck (Luk 2:25-38). Sowohl aus der Bibel als auch aus nichtbiblischen Quellen geht hervor, dass die Juden im Allgemeinen damals das baldige Kommen des Messias erwarteten. Viele waren jedoch vor allem daran interessiert, von dem schweren Joch der römischen Herrschaft befreit zu werden. (Siehe MESSIAS.)
Der Auftrag des Johannes bestand darin, die Herzen von Menschen zu veranlassen, zu Jehova umzukehren – zu seinen Bündnissen und zu dem „Vorrecht ..., ihm ohne Furcht heiligen Dienst darzubringen mit Loyalität und Gerechtigkeit“ –, und dadurch „ein zubereitetes Volk für Jehova bereit zu machen“ (Luk 1:16, 17, 72-75). Er sagte den Leuten in unmissverständlichen Worten, dass ihnen eine Zeit bevorstehe, in der sie von Gott gerichtet würden, und dass „das Königreich der Himmel ... sich genaht“ habe, weshalb sie unbedingt bereuen und den Weg des Ungehorsams gegenüber Gottes Willen und Gesetz verlassen sollten. Das war wiederum ein deutlicher Beweis dafür, dass Jehova grundsätzlich nur solche Personen als Untertanen haben möchte, die bereit sind, die Rechtmäßigkeit seiner Wege und seiner Gesetze anzuerkennen, und sie auch schätzen (Mat 3:1, 2, 7-12).
Der Messias kam, als Jesus vor Johannes erschien, um sich taufen zu lassen, und dann mit Gottes heiligem Geist gesalbt wurde (Mat 3:13-17). Er wurde dadurch der designierte König, der von Jehovas „Gericht“ als derjenige anerkannt wurde, der das gesetzliche Recht auf den Thron Davids hatte, ein Recht, von dem in den vorangegangenen 600 Jahren kein Gebrauch gemacht worden war. (Siehe JESUS CHRISTUS [Seine Taufe].) Darüber hinaus schloss Jehova mit Jesus, diesem anerkannten Sohn, einen Bund für ein himmlisches Königreich, in dem dieser wie Melchisedek im alten Salem sowohl König als auch Priester sein sollte (Ps 110:1-4; Luk 22:29; Heb 5:4-6; 7:1-3; 8:1; siehe BUND). Als der verheißene „Same Abrahams“ wird dieser himmlische König-Priester der von Gott bestimmte Hauptvermittler sein, durch den Menschen aus allen Nationen gesegnet werden (1Mo 22:15-18; Gal 3:14; Apg 3:15).
Zu Beginn des Lebens Jesu auf der Erde offenbarte Jehova seine Königsmacht zugunsten seines Sohnes. Gott lenkte die orientalischen Astrologen, die den tyrannischen König Herodes über den Aufenthaltsort des kleinen Kindes unterrichten wollten, auf einen anderen Weg. Außerdem veranlasste Jehova Jesu Eltern, nach Ägypten zu fliehen, bevor die Beauftragten des Herodes unter den Kleinkindern in Bethlehem ein Massaker anrichteten (Mat 2:1-16). Da in der Prophezeiung in Eden ursprünglich Feindschaft zwischen dem verheißenen „Samen“ und dem „Samen der Schlange“ vorausgesagt worden war, konnte dieser Angriff auf Jesu Leben nur bedeuten, dass Gottes Widersacher, Satan, der Teufel, versuchte, wenn auch vergeblich, Jehovas Vorsatz zu vereiteln (1Mo 3:15).
Nachdem sich der getaufte Jesus etwa 40 Tage in der Wildnis Judäa aufgehalten hatte, trat ihm der Hauptgegner der Souveränität Jehovas, Satan, der Teufel, gegenüber. Irgendwie machte ihm dieser Widersacher aus dem geistigen Bereich einige raffinierte Vorschläge, die ihn hätten veranlassen sollen, Jehovas ausdrücklichem Willen und Wort zuwiderzuhandeln. Satan bot dem gesalbten Jesus sogar die Herrschaft über sämtliche Königreiche der Erde an. Jesus hätte weder darum kämpfen noch dafür leiden, sondern lediglich vor Satan einen Akt der Anbetung verrichten müssen. Als Jesus das Angebot ablehnte, indem er für Jehova als den allein wahren Souverän und den Quell jeder rechtmäßigen Autorität, dem allein Anbetung gebührt, eintrat, begann Gottes Widersacher, andere Pläne zu ersinnen, um gegen Jehovas Repräsentanten zu kämpfen, wobei er menschliche Werkzeuge auf verschiedene Weise benutzte, wie er es lange Zeit vorher im Falle Hiobs getan hatte (Hi 1:8-18; Mat 4:1-11; Luk 4:1-13; vgl. Off 13:1, 2).
Inwiefern war das Königreich Gottes ‘in der Mitte’ derer, denen Jesus predigte?
Jesus, der auf Jehovas Macht, ihn zu beschützen und ihm zum Erfolg zu verhelfen, vertraute, kündigte zu Beginn seines öffentlichen Dienstes dem Bundesvolk Jehovas an, dass „die bestimmte Zeit“ erfüllt sei und sich deshalb Gottes Königreich genaht habe (Mar 1:14, 15). Um zu ermitteln, in welchem Sinn das Königreich „nahe“ war, seien seine Worte erwähnt, die er an gewisse Pharisäer richtete, nämlich: „Das Königreich Gottes ist in eurer Mitte“ (Luk 17:21). In dem Theologisch-homiletischen Bibelwerk von J. P. Lange wird zu diesem Text gesagt: „Insofern der König des Gottesreiches schon in ihrer Mitte lebte und wirkte, war potentiell dieses Reich schon in ihre nächste Umgebung gekommen. Die Erklärung: in animis vestris [inwendig in euch] ... ist wohl sprachlich zu vertheidigen ..., wird aber durch den Zusammenhang nicht begünstigt. Für die Übersetzung: ‚in eurer Mitte‘ spricht, ... daß das Gottesreich wahrlich nicht in den Herzen dieser Pharisäer aufgerichtet war, ... daß auch ... für die scheinbar tiefsinnige, aber wirklich nicht sehr verständliche Annahme, daß das Reich Gottes i n dem Menschen gefunden werde, keine anderen Beweise in den eigenen Worten des Herrn zu finden sind“ (Das Evangelium nach Lukas, 1859, S. 264). Da das Wort „Königreich [basiléia]“ auch „Königswürde“ bedeuten kann, wollte Jesus damit offensichtlich sagen, dass er – Gottes königlicher Repräsentant, der von Gott zum König Gesalbte – in ihrer Mitte sei. Er war aber nicht nur in dieser Eigenschaft gegenwärtig, sondern hatte auch die Befugnis, Werke zu vollbringen, die Gottes königliche Macht offenbarten, sowie die Vollmacht, Personen, denen eine Stellung in seiner kommenden Königreichsregierung in Aussicht stand, auf diese Stellung vorzubereiten. Deshalb konnte von der „Nähe“ des Königreiches gesprochen werden; es war eine Zeit, die eine außergewöhnliche Gelegenheit bot.
Eine Regierung, die tatsächlich Macht und Gewalt hat. Jesu Jünger verstanden unter dem Königreich eine tatsächliche Regierung Gottes, obwohl sie sich über den Umfang ihres Herrschaftsgebiets nicht im Klaren waren. Nathanael sagte zu Jesus: „Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist König von Israel“ (Joh 1:49). Die Jünger wussten, was in der Prophezeiung Daniels über die „Heiligen“ vorhergesagt worden war (Da 7:18, 27). Jesus verhieß seinen Aposteln und Nachfolgern ausdrücklich, dass sie auf „Thronen“ sitzen würden (Mat 19:28). Jakobus und Johannes strebten nach gewissen Vorzugsstellungen in der messianischen Regierung, und Jesus bestätigte, dass es solche Vorzugsstellungen geben würde, erklärte aber, dass es seinem Vater, dem souveränen Herrscher, zustehe, sie zu vergeben (Mat 20:20-23; Mar 10:35-40). Obwohl also seine Jünger irrtümlich dachten, die königliche Herrschaft des Messias sei auf die Erde, besonders auf das buchstäbliche Israel, beschränkt (sogar noch an dem Tag, als der auferstandene Jesus in den Himmel auffuhr [Apg 1:6]), wussten sie doch, dass es sich dabei um eine tatsächliche Regierung handelte. (Vgl. Mat 21:5; Mar 11:7-10.)
Jehovas königliche Macht über seine irdische Schöpfung wurde von seinem königlichen Repräsentanten auf vielerlei Weise sichtbar demonstriert. Durch Gottes Geist oder wirksame Kraft übte Gottes Sohn Macht aus über den Wind und das Meer, die Pflanzenwelt, die Fische und sogar über die organischen Bestandteile in Nahrungsmitteln, weshalb er Nahrung vermehren konnte. Diese Machttaten bewirkten, dass seine Jünger einen tiefen Respekt vor der Gewalt, die er besaß, entwickelten (Mat 14:23-33; Mar 4:36-41; 11:12-14, 20-23; Luk 5:4-11; Joh 6:5-15). Noch eindrucksvoller war seine Ausübung der göttlichen Macht über menschliche Körper, denn er heilte alle Leiden, von Blindheit bis zum Aussatz, ja er rief sogar Tote ins Leben zurück (Mat 9:35; 20:30-34; Luk 5:12, 13; 7:11-17; Joh 11:39-47). Geheilte Aussätzige sandte er zu den von Gott bevollmächtigten, aber gewöhnlich ungläubigen Priestern, damit sie sich ihnen zeigten, „zu einem Zeugnis für sie“ (Luk 5:14; 17:14). Und schließlich bewies er, dass Gott Macht hat über die Geister. Die Dämonen anerkannten die ihm verliehene Gewalt. Statt es auf eine entscheidende Erprobung der ihn unterstützenden Macht ankommen zu lassen, gehorchten sie seinem Befehl, aus den von ihnen besessenen Personen auszufahren (Mat 8:28-32; 9:32, 33; vgl. Jak 2:19). Da Jesus die Dämonen durch Gottes Geist austrieb, bedeutete dies, dass das Königreich Gottes seine Zuhörer wirklich „eingeholt“ hatte (Mat 12:25-29; vgl. Luk 9:42, 43).
All das war ein stichhaltiger Beweis dafür, dass Jesus königliche Autorität besaß und dass diese Autorität von keiner irdischen, menschlichen, politischen Quelle stammte. (Vgl. Joh 18:36; Jes 9:6, 7.) Jesus wies die Boten, die der inhaftierte Johannes der Täufer ausgesandt hatte und die Zeugen dieser Machttaten wurden, an, zu Johannes zurückzukehren und ihm zu erzählen, was sie als Bekräftigung, dass Jesus wirklich „der Kommende“ war, gesehen und gehört hatten (Mat 11:2-6; Luk 7:18-23; vgl. Joh 5:36). Jesu Jünger sahen und hörten den Beweis der Königreichsmacht, von dem die Propheten gern Zeugen gewesen wären (Mat 13:16, 17). Darüber hinaus war Jesus in der Lage, seinen Jüngern Autorität zu übertragen, sodass sie als seine eingesetzten Vertreter ähnliche Machttaten vollbringen konnten, was ihrer Botschaft „Das Königreich der Himmel hat sich genaht“ Nachdruck und Gewicht verlieh (Mat 10:1, 7, 8; Luk 4:36; 10:8-12, 17).
Eingang in das Königreich. Jesus sprach nachdrücklich vom Anbruch der Zeit, die eine besondere Gelegenheit bieten sollte. Über seinen Vorläufer, Johannes den Täufer, sagte er: „Unter den von Frauen Geborenen ist kein Größerer erweckt worden als Johannes der Täufer; doch jemand, der ein Geringerer ist im Königreich der Himmel, ist größer als er. Aber seit den Tagen Johannes’ des Täufers bis jetzt ist das Königreich der Himmel das Ziel, dem Menschen entgegendrängen [biázetai], und die Vorandrängenden [biastái] ergreifen es. [Vgl. ZB; ferner Alb, Fn.] Denn alle, die PROPHETEN und das GESETZ, haben bis auf Johannes prophezeit“ (Mat 11:10-13). Die Dienstzeit des Johannes, die mit seiner Hinrichtung bald enden sollte, kennzeichnete somit das Ende einer Epoche und den Beginn einer anderen. Über das griechische Verb biázomai, das in diesem Text gebraucht wird, heißt es in Vine’s Expository Dictionary of Old and New Testament Words: „Das Verb deutet auf ein eifriges Streben hin“ (1981, Bd. 3, S. 208). Zu Matthäus 11:12 bemerkt der deutsche Gelehrte Heinrich Meyer: „So wird bildlich das begierige, alle Hindernisse überwältigende Trachten und Ringen nach dem nahen Messiasreiche ... bezeichnet ... So erregt und energisch (nicht mehr ruhig und abwartend) ist das Interesse für das Reich. Die βιασταί [biastái] sind also die Gläubigen [keine feindlichen Angreifer] in ihrem gewaltigen Drängen und Ringen“ (Kritisch exegetisches Handbuch über das Evangelium des Matthäus, 1864, S. 272, 273).
In das Königreich Gottes aufgenommen zu werden würde demnach nicht so leicht sein, wie den Weg in eine offene Stadt zu gehen, auf dem man kaum oder überhaupt keine Schwierigkeiten zu überwinden hätte. Stattdessen hat Jehova Gott, der höchste Souverän, Schranken gesetzt, um Unwürdige auszuschließen. (Vgl. Joh 6:44; 1Ko 6:9-11; Gal 5:19-21; Eph 5:5.) Alle, die Eingang fänden, müssten einen schmalen Weg gehen, das enge Tor finden, fortwährend bitten, unablässig suchen, immer wieder anklopfen, dann wird ihnen Einlass gewährt. Der Weg ist für sie insofern „schmal“, als er diejenigen, die ihn gehen, davon zurückhält, etwas zu tun, was ihnen oder anderen zum Schaden wäre (Mat 7:7, 8, 13, 14; vgl. 2Pe 1:10, 11). Sie müssen vielleicht, bildlich gesprochen, bereit sein, ein Auge oder eine Hand zu verlieren, um hineinzugelangen (Mar 9:43-47). Das Königreich wird keine Plutokratie sein, in der man sich die Gunst des Königs erkaufen könnte; für einen Reichen (gr. ploúsios) wird es schwierig sein hineinzugelangen (Luk 18:24, 25). Das Königreich wird auch keine Aristokratie sein; eine angesehene Stellung unter Menschen gilt nichts (Mat 23:1, 2, 6-12, 33; Luk 16:14-16). Diejenigen, die wegen ihrer bedeutsamen religiösen Vergangenheit anscheinend die „Ersten“ wären, sollten die „Letzten“ sein, und die „Letzten“ sollten als „Erste“ die mit dem Königreich Gottes verbundenen besonderen Vorrechte empfangen (Mat 19:30 bis 20:16). Die angesehenen, aber heuchlerischen Pharisäer, die auf ihre Vorzugsstellung vertrauten, sollten sehen, wie Huren und Steuereinnehmer, die sich geändert hatten, vor ihnen in das Königreich eingehen würden (Mat 21:31, 32; 23:13). Personen, die Jesus zwar heuchlerisch „Herr, Herr“ nannten, das Wort und den Willen Gottes, worüber Jesus Aufschluss gab, jedoch außer Acht ließen, würden mit den Worten zurückgewiesen werden: „Ich habe euch nie gekannt! Weicht von mir, ihr Täter der Gesetzlosigkeit“ (Mat 7:15-23).
Der Eingang wird denen gewährt, die zuerst das Königreich und Gottes Gerechtigkeit suchen und materiellen Interessen eine untergeordnete Bedeutung beimessen (Mat 6:31-34). Wie Gottes gesalbter König Christus Jesus lieben sie Gerechtigkeit und hassen Gesetzlosigkeit (Heb 1:8, 9). Geistig gesinnte, barmherzige Personen, die reinen Herzens und friedliebend sind, mögen geschmäht und verfolgt werden, haben aber die Aussicht, in das Königreich aufgenommen zu werden (Mat 5:3-10; Luk 6:23). Solche Personen forderte Jesus auf, sein „Joch“ auf sich zu nehmen, mit anderen Worten: sich seiner königlichen Gewalt unterzuordnen. Dieses Joch war aber ein sanftes Joch, dessen Last für alle, die wie der König „mild gesinnt und von Herzen demütig“ waren, leicht war (Mat 11:28-30; vgl. 1Kö 12:12-14; Jer 27:1-7). Das hätte das Herz seiner Zuhörer erwärmen und sie davon überzeugen sollen, dass er als Herrscher nicht die unerwünschten Eigenschaften aufweisen würde, die frühere Herrscher – sowohl israelitische als auch nichtisraelitische – hatten. Sie konnten mit Recht davon überzeugt sein, dass seine Herrschaft weder hohe Steuerlasten noch Zwangsarbeit noch irgendwelche Form der Ausbeutung mit sich bringen würde. (Vgl. 1Sa 8:10-18; 5Mo 17:15-17, 20; Eph 5:5.) Wie Jesus durch seine späteren Worte zeigte, würde er als Haupt der kommenden Königreichsregierung seine Selbstlosigkeit beweisen, indem er sogar sein Leben für sein Volk hingeben würde, und auch seine Mitregenten würden eher bereit sein zu dienen, als sich bedienen zu lassen (Mat 20:25-28; siehe JESUS CHRISTUS [Seine Werke und seine Eigenschaften]).
Bereitwillige Unterordnung wichtig. Jesus selbst hatte vor dem souveränen Willen und der Autorität seines Vaters den tiefsten Respekt (Joh 5:30; 6:38; Mat 26:39). Solange der Gesetzesbund in Kraft war, sollten Jesu jüdische Nachfolger den Bestimmungen dieses Bundes selbst gehorchen und auch andere dazu anhalten, dies zu tun. Eine entgegengesetzte Handlungsweise würde den Eingang in sein Königreich verhindern. Es sollte aber ein von Herzen kommender Respekt und Gehorsam sein, nicht nur eine formelle oder einseitige Beachtung des Gesetzes, bei der es vor allem auf bestimmte Handlungen ankam. Es ging darum, die im Gesetz enthaltenen Grundsätze des Rechts, der Barmherzigkeit und der Treue zu beachten (Mat 5:17-20; 23:23, 24). Zu dem Schriftgelehrten, der Jehovas einzigartige Stellung anerkannte und zugab, dass „dieses [Gebot], ‚ihn zu lieben mit ganzem Herzen und mit ganzem Verstand und mit ganzer Kraft‘, und dieses, ‚seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst‘, ... weit mehr wert [ist] als alle Ganzbrandopfer und Schlachtopfer“, sagte Jesus: „Du bist nicht fern vom Königreich Gottes“ (Mar 12:28-34). Jesus machte also in jeder Hinsicht klar, dass Jehova Gott nur willige Untertanen sucht, solche, die seine gerechten Wege bevorzugen und den brennenden Wunsch haben, unter seiner souveränen Autorität zu leben.
Bundesverhältnis. Als Jesus in seiner letzten Nacht mit seinen Jüngern zusammen war, sprach er zu ihnen von einem „neuen Bund“, der aufgrund seines Loskaufsopfers für seine Nachfolger wirksam werden sollte (Luk 22:19, 20; vgl. 12:32). Der Mittler dieses Bundes zwischen Jehova, dem höchsten Souverän, und den Nachfolgern Jesu würde er selbst sein (1Ti 2:5; Heb 12:24). Außerdem schloss Jesus mit seinen Nachfolgern einen persönlichen Bund „für ein Königreich“, damit sie mit ihm an seinen königlichen Vorrechten teilhaben könnten (Luk 22:28-30; siehe BUND).
Die Welt besiegen. Die anschließende Verhaftung Jesu, die Prüfungen und die Hinrichtung ließen seine königliche Stellung zwar schwach erscheinen, aber in Wirklichkeit kennzeichneten sie auf eindrucksvolle Weise die Erfüllung göttlicher Prophezeiungen, weshalb Gott die Leiden Jesu auch zuließ (Joh 19:10, 11; Luk 24:19-27, 44). Jesus bewies durch seine Loyalität und Lauterkeit bis zum Tod, dass „der Herrscher der Welt“, Gottes Widersacher, Satan, ihm „nicht beikommen“ konnte und dass er tatsächlich „die Welt besiegt“ hatte (Joh 14:29-31; 16:33). Des Weiteren offenbarte Jehova seine Überlegenheit und Macht, selbst als sein Sohn am Pfahl hingerichtet wurde: Das Sonnenlicht blieb eine Zeit lang aus, es ereignete sich ein starkes Erdbeben, und der große Vorhang im Tempel riss entzwei (Mat 27:51-54; Luk 23:44, 45). Am dritten Tag nach diesen Ereignissen erbrachte Gott noch einen weit großartigeren Beweis seiner Souveränität, als er seinen Sohn zu Leben als Geistperson auferweckte, trotz des armseligen Versuchs einiger Menschen, die Auferweckung zu verhindern, indem sie vor Jesu versiegeltem Grab Wachen aufstellten (Mat 28:1-7).
„Das Königreich des Sohnes seiner Liebe“. Zehn Tage nach Jesu Himmelfahrt, zu Pfingsten des Jahres 33 u. Z., erhielten seine Jünger den Beweis dafür, dass er „zur Rechten Gottes erhöht worden“ war, da er den heiligen Geist auf sie ausgoss (Apg 1:8, 9; 2:1-4, 29-33). Auf diese Weise wurde der „neue Bund“ für sie wirksam, und sie wurden der Kern einer neuen „heiligen Nation“, des geistigen Israel (Heb 12:22-24; 1Pe 2:9, 10; Gal 6:16).
Christus saß jetzt zur Rechten seines Vaters und war das Haupt der Versammlung (Eph 5:23; Heb 1:3; Php 2:9-11). Aus der Bibel geht hervor, dass zu Pfingsten 33 u. Z. ein geistiges Königreich über seine Jünger aufgerichtet wurde. Als der Apostel Paulus im ersten Jahrhundert an die Christen in Kolossä schrieb, nahm er auf Jesus Christus als jemand Bezug, der bereits ein Königreich hat: „Er [Gott] hat uns von der Gewalt der Finsternis befreit und uns in das Königreich des Sohnes seiner Liebe versetzt“ (Kol 1:13; vgl. Apg 17:6, 7).
Christi Königreich von Pfingsten 33 u. Z. an ist ein geistiges Reich, das über das geistige Israel (Christen, die von Gottes Geist gezeugt worden sind, um die geistigen Kinder Gottes zu werden) herrscht (Joh 3:3, 5, 6). Sobald diese geistgezeugten Christen ihre himmlische Belohnung erhalten, sind sie keine irdischen Untertanen des geistigen Königreiches Christi mehr, sondern Könige mit Christus im Himmel (Off 5:9, 10).
„Königreich unseres Herrn und seines Christus“. Der Apostel Johannes, der gegen Ende des 1. Jahrhunderts u. Z. schrieb, erhielt durch eine göttliche Offenbarung eine Vorschau auf die Zeit, in der Jehova Gott durch seinen Sohn eine neue Ausdrucksform seiner Herrschaft schaffen würde. Zu jener Zeit – wie zu der Zeit, als David die Bundeslade nach Jerusalem gebracht hatte – würde gesagt werden, Jehova habe ‘seine große Macht an sich genommen und als König zu regieren begonnen’. Dann würden laute Stimmen im Himmel verkünden: „Das Königreich der Welt ist das Königreich unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird für immer und ewig als König regieren“ (Off 11:15, 17; 1Ch 16:1, 31).
‘Unser Herr’, der Souveräne Herr Jehova, macht seine Autorität über „das Königreich der Welt“ geltend, indem er eine neue Ausdrucksform seiner Souveränität gegenüber der Erde geltend macht. Er überträgt seinem Sohn, Jesus Christus, einen Anteil an diesem Königreich, weshalb es „das Königreich unseres Herrn und seines Christus“ genannt wird. Dieses Königreich ist umfangreicher und größer als „das Königreich des Sohnes seiner Liebe“, von dem in Kolosser 1:13 die Rede ist. „Das Königreich des Sohnes seiner Liebe“ existiert seit Pfingsten 33 u. Z. und herrscht über Christi gesalbte Jünger; „das Königreich unseres Herrn und seines Christus“ wird am Ende „der bestimmten Zeiten der Nationen“ hervorgebracht und herrscht über die ganze Menschheit auf der Erde (Luk 21:24).
Nachdem Jesus Christus einen Anteil am „Königreich der Welt“ empfangen hat, unternimmt er die notwendigen Schritte, um mit allen Gegnern der Souveränität Gottes aufzuräumen. Der erste Schritt wird im himmlischen Bereich unternommen; Satan und seine Dämonen werden besiegt und in den irdischen Bereich hinabgeworfen. Daraufhin erfolgt die Ankündigung: „Jetzt ist die Rettung und die Macht und das Königreich unseres Gottes und die Gewalt seines Christus herbeigekommen“ (Off 12:1-10). Satan, der Hauptwidersacher, fährt während der kurzen, ihm noch verbleibenden Frist fort, die Prophezeiung aus 1. Mose 3:15 zu erfüllen, indem er gegen die „Übriggebliebenen“ des „Samens“ der Frau – gegen die „Heiligen“, die mit Christus regieren sollen – Krieg führt (Off 12:13-17; vgl. Off 13:4-7; Da 7:21-27). Trotzdem werden Jehovas „gerechte Verordnungen“ bekannt gemacht, und seine Urteilssprüche kommen in Form von Plagen über seine Gegner und führen zur Vernichtung der geheimnisvollen Babylon der Großen, die Gottes Diener auf der Erde am schlimmsten verfolgt hat (Off 15:4; 16:1 bis 19:6).
Danach wird „das Königreich unseres Herrn und seines Christus“ seine himmlischen Heere gegen die Herrscher aller irdischen Königreiche und ihre Heere in den Krieg von Harmagedon aussenden, in dem diese ihr Ende finden werden (Off 16:14-16; 19:11-21). Dadurch wird die an Gott gerichtete Bitte erhört: „Dein Königreich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf der Erde“ (Mat 6:10). Satan wird dann in einen Abgrund geworfen, und es wird eine Tausendjahrperiode beginnen, in der Christus Jesus und seine Mitregenten als Könige und Priester über die Bewohner der Erde herrschen werden (Off 20:1, 6).
Christus ‘übergibt das Königreich’. Auch der Apostel Paulus vermittelt uns ein Bild von Christi Herrschaft zur Zeit seiner Gegenwart. Nach der Auferweckung seiner Nachfolger macht Christus „Regierungen von aller Art und alle Gewalt und Macht zunichte“ (womit natürlich Regierungen von aller Art, alle Gewalt und Macht gemeint sind, die sich dem souveränen Willen Gottes widersetzen). Dann, am Ende seiner Tausendjahrherrschaft, ‘übergibt er das Königreich seinem Gott und Vater’ und unterwirft sich selbst dem, „der ihm alle Dinge unterworfen hat, sodass Gott allen alles sei“ (1Ko 15:21-28).
In welchem Sinne ist Christi Königreich „ewig“, wie das wiederholt in der Bibel zu lesen ist, da er doch „seinem Gott und Vater das Königreich übergibt“? (2Pe 1:11; Jes 9:7; Da 7:14; Luk 1:33; Off 11:15). Sein Königreich wird „nie zugrunde gerichtet werden“; die Errungenschaften des Königreiches werden für immer bestehen; er wird für seine Rolle als messianischer König in alle Ewigkeit geehrt werden (Da 2:44).
Während der Tausendjahrherrschaft Christi über die Erde werden Priesterdienste für die gehorsame Menschheit verrichtet (Off 5:9, 10; 20:6; 21:1-3). Dadurch endet die Vorherrschaft der Sünde und des Todes als Könige über die gehorsame Menschheit, die ihrem „Gesetz“ unterworfen war; unverdiente Güte und Gerechtigkeit regieren dann (Rö 5:14, 17, 21). Da Sünde und Tod von den Bewohnern der Erde völlig weggenommen werden sollen, wird auch Jesu Dienst als ein „Helfer beim Vater“ nicht mehr benötigt, d. h., Jesus braucht für die Sünden unvollkommener Menschen keine Sühne mehr zu leisten (1Jo 2:1, 2). Das bringt die Menschheit in den ursprünglichen Stand zurück, den der vollkommene Mensch Adam in Eden besaß. Als Adam vollkommen war, brauchte er niemand, der zwischen ihm und Gott stand, um Sühne zu leisten. So werden auch am Ende der Tausendjahrherrschaft Jesu die Bewohner der Erde sowohl in der Lage sein als auch die Verpflichtung haben, vor Jehova Gott, dem höchsten Richter, ohne einen gesetzlichen Mittelsmann oder Helfer für ihren Lebenswandel Rechenschaft abzulegen. Jehova, der souveräne Mächtige, wird auf diese Weise „allen alles“ werden. Das bedeutet, dass Gottes Vorsatz, „in dem Christus wieder alle Dinge zusammenzubringen, die Dinge in den Himmeln und die Dinge auf der Erde“, voll und ganz verwirklicht worden sein wird (1Ko 15:28; Eph 1:9, 10).
Jesu Tausendjahrherrschaft wird ihren Zweck völlig erfüllt haben. Die vollständig gereinigte, wiederhergestellte Erde, einst ein Mittelpunkt der Rebellion, wird unbestritten zum Herrschaftsbereich des universellen Souveräns gehören. Zwischen Jehova und der gehorsamen Menschheit wird kein untergeordnetes Königreich bestehen bleiben.
Danach werden jedoch alle irdischen Untertanen endgültig auf ihre Lauterkeit und Hingabe geprüft werden. Satan wird aus dem Abgrund, in dem er gefangen gehalten wurde, losgelassen. Bei der Verführung derer, die sich von ihm beeinflussen lassen, geht es wieder um die in Eden erhobene Streitfrage hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Souveränität Gottes. Das zeigt sich darin, dass sie „das Lager der Heiligen und die geliebte Stadt“ angreifen. Da diese Streitfrage dann vom himmlischen „Gericht“ erledigt und dieser Fall für abgeschlossen erklärt worden ist, wird keine länger andauernde Auflehnung mehr geduldet. Diejenigen, die nicht loyal auf Gottes Seite stehen, können sich nicht an Jesus Christus als ‘sühnenden Helfer’ wenden, sondern Jehova Gott wird ihnen ‘alles sein’; es gibt für sie keine Berufungsinstanz, keine Stelle, die für sie vermitteln würde. Alle Rebellen, geistige und menschliche, werden aufgrund des göttlichen Urteils Vernichtung, d. h. den „zweiten Tod“, erleiden (Off 20:7-15).